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Verwaltungsgerichtliches Urteil

Im Dokument Referendariat in Thüringen (2020) (Seite 40-44)

Verwaltungsgericht Weimar 2 K 456/03. WE

Urteil

Im Namen des Volkes In dem Verwaltungsstreitverfahren 1

der Frau Katrin Wilmersdorf, Pfortengasse 12, 99706 Sondershausen

Prozessbevollmächtigter:

Rechtsanwalt Maximilian Kaufmann, LL.M, Goetheweg 2, 07646 Stadtroda

-Klägerin- gegen

die Stadt Sondershausen, vertreten durch den Bürgermeister, Markt 7, 99706 Sondershausen

-Beklagte- 2

1 Die Eingangsformel beginnt mit der Einleitung „In dem Verwaltungsrechtsstreit“, „In der Verwaltungsrechtssache“, „In dem Verwaltungsstreitverfahren“, letzteres ist in TH gebräuchlich.

2 Die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten erfolgt gem. § 117 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im verfahren. Auch bei Prozessbevollmächtigten ist es üblich, die volle Anschrift anzugeben. Bei der Fassung des Rubrums ist zwischen dem bloßen Terminsvertreter und dem Prozessbevollmächtigten zu unterschreiben. Die eine Behörde vertretenden Bediensteten haben i.d.R. nur eine Terminsvollmacht. In diesem Fall erscheinen sie nicht (!) im Rubrum. Gerichtskästen für Rechtsanwälte existieren bei den Verwaltungsgerichten in der Regel nicht

Beigeladene: Kartonagenwerke GmbH Sondershausen, vertreten durch den Geschäftsführer, Herrn Andreas Steinbutt, Pfortengasse 8-10, 99706 Sondershausen3

wegen Baugenehmigung 4

hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Weimar durch Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Dr. Gärtner, die Richter am Verwaltungsgericht Günz und Dr. Mehldron sowie die ehrenamtlichen Richter Bohnen Falk 5 aufgrund der mündlichen Verhandlung6 vom 3. März 2003 für Recht erkannt:

Der Bescheid der Stadt Sondershausen vom 13.08.2001 (Az.: ZO-NDH-4356-345) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamtes Kyffhäuserkreis vom 25.01.2002 (Az.: 600-826-12/01) wird aufgehoben. 7 2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der

außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen. Die Zuziehung des Rechtsanwaltes Weitzel im Vorverfahren war notwendig. 8

3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. 9 Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckenbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin

3 Wichtig ist die Aufnahme aller Beteiligter, also auch der Beigeladenen und des Vertreters des öffentlichen Interesses (§ 36 VwGO). Falls Dritte zum Verfahren beigeladen worden sind, werden sie im Rubrum nach den Hauptbeteiligten, d.h. nach dem Beklagten, aufgeführt. Ebenso wird der Vertreter des öffentlichen Interesses als Beteiligter aufgeführt, wenn er seine Beteiligung erklärt hat (§ 63 Ziff. 3 und 4 VwGO).

4 Im sog. „Betreff“ wird bei den Verwaltungsgerichten in Thüringen üblicherweise (nur) das jeweilige Rechtsgebiet angegeben (z.B. „wegen Rückübertragungsrechts“, „wegen Versammlungsrechts“). Eine genauere Bezeichnung ist unschädlich.

5 Im Einleitungssatz sind gem. § 117 Abs. 2 Nr. 2 VwGO alle Richter zu nennen, also auch – was zuweilen vergessen wird – die ehrenamtlichen Richter. Vgl. i.Ü. die Ausführungen zum verwaltungsgerichtlichen Beschluss.

6 Unter der Voraussetzung des § 101 Abs. 2 VwGO kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.

7 Weitere Beispiele für Entscheidungsformeln (nicht erschöpfend):

Teilerfolg einer Anfechtungsklage:

Der Bescheid vom… in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom …wird insoweit aufgehoben, als … Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Erfolg einer Verpflichtungsklage:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom …in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom …verpflichtet, … (nicht etwa: …wird verurteilt! Vgl. § 113 Abs. 5 VwGO; „verurteilt“ nur bei zu erbringenden Leistungen iRd Leistungsklage).

Erfolg einer Fortsetzungsfeststellungsklage:

Es wird festgestellt, dass der Bescheid vom… in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom … rechtswidrig waren.

8 Die Kosten(grund)entscheidung ist nach § 161 Abs. 1 VwGO geboten und richtet sich nach §§ 154 ff. VwGO.

Im Rahmen der Kostenentscheidung heißt es nicht: „Die Kosten des Rechtsstreits…“, sondern: „Die Kosten des Verfahrens…“, da gem. § 162 Abs. 1 VwGO auch über die Kosten des Vorverfahrens entschieden wird. U.U. sind Entscheidungen nach §§ 154 Abs.

3, 162 Abs. 2 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO zu treffen. Ein Ausspruch nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO erfolgt nur auf Antragt (str.). Ist das Verfahren gerichtskostenfrei (z.B. nach § 188 Satz 2 VwGO), ist dieser Umstand in der Kostenentscheidung eigens hervorzuheben („Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.“). Damit die Kosten eines im Vorverfahren tätigen Rechtsanwalts erstattungsfähig sind, ist eine Entscheidung des Gerichts notwendig 8§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Auch die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn das Gericht hierzu ausdrücklich entscheidet (§ 162 Abs. 3 VwGO).

9 Beachte hierzu § 167 Abs. 1 (i.V.m. §§ 708 ff. ZPO) und Abs. 2 VwGO.

vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

(Ggf. folgt die Zulassung der Berufung10)

Tatbestand: 11

Der Tatbestand muss erkennen lassen, welcher Sachverhalt der rechtlichen Würdigung zugrunde liegt. Er soll den Sach- und Streitstand in gedrängter Form, aber so vollständig wiedergeben, dass alle in den Entscheidungsgründen aufgeführten rechtlichen Erwägungen ihre tatsächliche Grundlage im Tatbestand finden. Siehe zum Inhalt des Tatbestandes auch § 117 Abs. 3 VwGO.

Der formale Aufbau des verwaltungsgerichtlichen Urteilstatbestandes gleicht in seiner Struktur dem des zivilgerichtlichen Urteils. Entsprechend dem historischen Ablauf wird regelmäßig von folgender Reihenfolge auszugehen sein:

a) Geschichtserzählung - feststehender Sachverhalt

- Schilderung des Verwaltungsverfahrens - Schilderung des Widerspruchsverfahrens b) Umstand und Zeitpunkt der Klageerhebung c) Vorbringen des Klägers

d) Antrag des Klägers e) Antrag des Beklagten f) Vorbringen des Beklagten

g) ggf. Antrag des Beigeladenen oder anderer Beteiligter h) ggf. Vorbringen des Beigeladenen oder anderer Beteiligter i) ggf. Prozessgeschichte

Bei der Schilderung des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens sind die Zustellungs- bzw. Bekanntgabe-Daten der Bescheide mitzuteilen. Wichtig ist wiederum der Gebrauch der richtigen Zeitform. So ist die Geschichtserzählung grundsätzlich im Imperfekt darzustellen („Die Beklagte beabsichtigte auf diesem Grundstück …“). Ggf. sind zu Beginn der Geschichtserzählung Angaben über bestimmte Personen oder Sachen angebracht (z.B. „Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks …“). Die Wiedergabe des Beteiligtenvortrags erfolgte regelmäßig im Konjunktiv Präsens (Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin habe …), die der Anträge im Indikativ Präsens („Der Kläger beantragt, …“). Die (relevante) Verfahrensgeschichte, wozu auch der Umstand der Klageerhebung zählt, ist demgegenüber im Perfekt wiederzugeben („Am … hat der Kläger Klage erhoben.“).

Im Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils hat es sich eingebürgert, auch die Rechtsansichten der Beteiligten mitzuteilen. Grund für diese Abweichung vom

10 siehe dazu §§ 124 a Absatz 1 und 135 VwGO.

11 Ein solcher ist nach § 117 Abs. 2 Nr. 4 VwGO erforderlich.

zivilgerichtlichen Urteil ist der Umstand, dass in Verwaltungsstreitverfahren mit Blick auf den dort geltenden Amtsermittlungsgrundsatz sehr viel häufiger allein um Rechtsansichten gestritten wird als in zivilgerichtlichen Streitverfahren. Da der Streit um Tatsachen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren nur selten im Vordergrund steht, besitzt auch die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptungen und Rechtsansichten eine wesentlich geringere Bedeutung. Wählt der Bearbeiter einer Klausur gleichwohl die insoweit einschlägigen Fachbegriffe (z.B. „behaupten“ bzw. „ist der Ansicht“), so müssen diese zutreffend verwendet werden. Fehler gehen zu seinen Lasten. Der Gebrauch neutraler Einleitungen (z.B. „trägt vor“), bei der sprachlich keine Differenzierung erfolgt, ist vor diesem Hintergrund nicht unüblich.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidungsgründe sollen knapp, aber nachvollziehbar darlegen, auf welchen Erwägungen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht. 12

Im Rahmen der Entscheidungsgründe sind Zulässigkeitsfragen auch in einem verwaltungsgerichtlichen Urteil nur zu erörtern, wenn der Fall hierzu Anlass gibt, wenn sie also problematisch sind. Das gilt auch für die Zulässigkeit des Rechtsweges, die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Gerichts, die Klageart und das Rechtsschutzinteresse. Werden diese Punkte, obwohl unproblematisch, kurz angesprochen, ist dies zwar nicht fehlerhaft, Pluspunkte können damit jedoch nicht gesammelt werden. Breite Ausführungen zu unproblematischen Zulässigkeitsfragen hingegen mindern den Wert der Leistung regelmäßig auch dann, wenn sie inhaltlich zutreffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Hier wird über das bzw. die jeweils statthafte(n) Rechtsmittel belehrt. 13

Gärtner Günz Mehldron

(Dr. Gärtner) (Günz) (Dr. Mehldorn)

12 Siehe § 173 VwGO i.V.m. § 313 Abs. 3 ZPO. Von einer Darstellung der Gründe kann unter den Voraussetzungen des § 117 Abs. 5 abgesehen werden. In Prüfungsaufgaben wird die Anwendung des § 117 Abs. 5 oft im Bearbeitervermerk ausgeschlossen.

13 Das Erfordernis einer Rechtsmittelbelehrung ergibt sich aus § 117 Abs. 2 Nr. 6 VwGO. Gegen die einzelnen Teile des Urteils können unterschiedliche Rechtsmittel gegeben sein (z.B. Berufung oder Antrag auf Zulassung der Berufung gegen die Hauptsache-Entscheidung und Beschwerde gegen die Hauptsache-Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren). In Prüfungsaufgaben kann die Ausformulierung der Rechtsmittelbelehrung in Bearbeitervermerk erlassen sein.

Dann ist jedoch die Bezeichnung des statthaften Rechtsmittels und die zugrundliegende Bestimmung anzugeben.

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