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Vertragliche Vereinbarungen zwischen Kommunen, freien Trägern und

Um Vermittlungen der Zielgruppe in den Wohnungsbestand zu erleichtern, empfehlen sich auch ver-tragliche Vereinbarungen zwischen Kommunen, freien Trägern und Wohnungsunternehmen.

Viele Wohnungsunternehmen sind durchaus bereit, solche vertraglichen Vereinbarungen abzu-schließen, wenn ihren (oft erfahrungsgesättigten) Bedenken entsprochen wird und wirtschaftliche Risiken abgedeckt werden. Ohnehin versorgen gerade kommunale Wohnungsunternehmen durch-aus eine große Zahl von Hdurch-aushalten in finanziell und sozial prekären Lebenslagen. Manche Unter-nehmen beschäftigen auch selbst Fachkräfte der sozialen Arbeit oder kooperieren mit freien Trä-gern, wenn Schwierigkeiten in Mietverhältnissen entstehen und Betreuungsbedarfe bei den Mieter-haushalten deutlich werden.

In der Regel verpflichten sich dabei die Kommunen zur Übernahme von Garantieleistungen (und verzichten ggf. auf die Wahrnehmung von einzelnen wohnungsbezogenen Belegungsrechten), es werden konkrete Ansprechpersonen bei Problemen im Mietverhältnis benannt und wohnbeglei-tende Hilfen bei Bedarf zugesagt. Im Gegenzug verpflichten sich die Wohnungsunternehmen zur Versorgung einer Mindestzahl von Haushalten der Zielgruppe. Häufig werden solche Kooperations-verträge auch mit mehreren Wohnungsunternehmen abgeschlossen, nicht zuletzt, um eine bessere sozialräumliche Streuung bei den Vermittlungen zu erzielen.

Als Beispiel kann hier das Berliner Geschützte Marktsegment genannt werden. Dabei handelt es sich um einen Kooperationsvertrag, der erstmals 1993 zwischen dem Landesamt für Gesundheit und Soziales, den Bezirksämtern und einer Reihe von Berliner Wohnungsgesellschaften abgeschlossen wurde und mit dem Letztere sich verpflichten, ein bestimmtes jährliches Kontingent von Wohnun-gen zur Versorgung von Haushalten zur Verfügung zu stellen, die von Wohnungslosigkeit bedroht oder betroffen sind. Die Quote von ursprünglich 2.000 Wohnungen pro Jahr wurde später auf 1.376 abgesenkt, von denen 1.100 Wohnungen für Einpersonenhaushalte bestimmt waren. Im Jahr 2016 vereinbarte die neue Berliner Regierungskoalition eine Aufstockung des Marktsegments auf 2.000

Wohneinheiten pro Jahr. Auch wenn die Zahl der angestrebten Mietvertragsabschlüsse nicht in vol-lem Umfang erreicht wurde, so sind seit 2009 doch in jedem Jahr mehr als 1.000 Wohnungen pro Jahr an die Zielgruppe vermittelt worden. Im Jahr 2016 lag die Zahl der angebotenen Wohnungen laut schriftlicher Auskunft des Landesamtes sogar bei 1.327, allerdings waren nur 662 davon Ein-zimmerwohnungen. Beim Geschützten Marktsegment gibt es eine zentrale Koordinierungsstelle, die sowohl für die Vermittlung von Wohnraum als auch für Interventionen bei Schwierigkeiten im Mietverhältnis und bei der Regulierung von Schadensfällen zuständig ist. Freie Träger sind insbe-sondere bei Bedarf an wohnbegleitenden Hilfen eingebunden.55

Der Hamburger Kooperationsvertrag wurde 2004 erstmals mit der kommunalen SAGA GWG und zehn Wohnungsgenossenschaften geschlossen, um die Versorgung von dringlich Wohnungssu-chenden zu verbessern. 2013 wurde er neu gestaltet und bis 2016 neben der SAGA GWG auch von acht Genossenschaften neu abgeschlossen, von denen einige auch schon 2004 Vertragspartner waren. 2016 gab es insgesamt 13 entsprechende Verträge. Weitere Abschlüsse wurden angestrebt.

Der Vertrag sieht – unabhängig von der Zahl der noch in der öffentlichen Förderung befindlichen Wohnungen des jeweiligen Unternehmens – jeweils eine feste Versorgungsverpflichtung für drei voneinander zu unterscheidende Gruppen vor:

sozialwohnungsberechtigte Haushalte,

vordringlich Wohnungssuchende insgesamt,

wohnungslose Haushalte.

Im Gegenzug gestattet der Kooperationsvertrag die flexible Belegung aller geförderten Wohnungen.

Für die Versorgung wohnungsloser Menschen, die 50 Prozent der zu versorgenden vordringlich Wohnungssuchenden ausmachen sollen, wurde wiederum eine Unterteilung in drei Stufen vorge-nommen:

In Stufe 1 werden geeignete wohnungslose Haushalte ohne besondere Problemlagen von den Bezirksämtern/Fachstellen benannt, denen bei der Wohnungsversorgung keine zusätzlichen Gewährleistungen zugestanden werden.

In Stufe 2 erhalten von den Fachstellen benannte wohnungslose Haushalte mit sozialen Proble-men bei Abschluss eines Hauptmietvertrages bestimmte Garantie- und Zusatzleistungen (Übernahme von Genossenschaftsanteilen, Direktüberweisung der Miete bei Haushalten im Be-zug von ALG II oder Sozialhilfe, ggf. Übernahme von Mietschulden und Schäden an der Woh-nung).

In Stufe 3 erhalten wohnungslose Haushalte in besonderen Schwierigkeiten „für einen Zeitraum von 12 Monaten zunächst ein Nutzungsrecht für die zur Verfügung gestellten Wohnungen, die über einen Träger durch Vermittlung der Fachstelle angemietet werden. Der Träger stellt in Zu-sammenarbeit mit der Fachstelle die Beratung und Unterstützung der Nutzer sicher. Bei prob-lemlosem Verlauf des Nutzungsverhältnisses wird dieses nach 12 Monaten in einen Hauptmiet-vertrag zwischen Mieter und [Wohnungsunternehmen] umgewandelt.“56 In diesen Fällen gelten auch die Garantie- und Zusatzleistungen wie in Stufe 2.

Der Vertrag enthält auch zusätzliche Regelungen zur Übernahme von Altschulden und zur Woh-nungssicherung von Familien.

55 Materialien zum Geschützten Marktsegment unter https://www.berlin.de/lageso/soziales/geschuetztes-marktsegment/

(Zugriff 15.02.2019)

56 Text des Hamburger Kooperationsvertrags, hier Paragraph 13, download unter

http://suche.transparenz.hamburg.de/dataset/kooperationsvertrag-gemaess-11-hmbwofg-i-v-m-7-hmbwobindg-zwi-schen-fhh-und-saga-gwg (Zugriff 15.02.2019)

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2016 wurden im Rahmen des Hamburger Kooperationsvertrags mehr als 1.200 wohnungslose Haushalte (einschließlich Geflüchteter mit gesichertem Aufenthaltsstatus) mit Normalwohnraum versorgt. Der Großteil der vereinbarten Versorgungsverpflichtungen (1.000 Wohnungslose) entfiel auf die städtische Gesellschaft SAGA GWG, für die 12 Genossenschaften lag die Versorgungsver-pflichtung 2016 lediglich bei insgesamt 164 Wohnungslosen, es wurden aber deutlich mehr versorgt.

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Für freie Träger, die im Rahmen des Hamburger Kooperationsvertrags Untermietverhältnisse für Wohnungslose nach Stufe 3 eingehen und wohnbegleitende Hilfen erbringen, sah das Budget der Hamburger Sozialbehörde im Jahr 2016 und in den Jahren zuvor Mittel für jährlich 150 Personen mit einem Hilfebedarf nach §§ 67 ff. SGB XII vor. Dieser Zahl entsprach auch die Verpflichtung der am Kooperationsvertrag beteiligten Wohnungsunternehmen zur jährlichen Versorgung von Wohnungs-losen in besonderen sozialen Schwierigkeiten (Stufe 3).58

Dass auch im ländlichen Raum durch Kooperationsverträge zwischen Wohnungsunternehmen und freien Trägern Wohnraum für besonders schwer zu vermittelnde Wohnungslose akquiriert werden kann, zeigt das aus dem Aktionsprogramm „Hilfen in Wohnungsnotfällen“ geförderte Projekt Woh-nenPlus in Minden-Lübbecke (Gute Praxis C1). Ähnlich wie es auch für einen Teil der Wohnungen im Rahmen des Hamburger Kooperationsvertrags praktiziert wird, mietet der Träger für den Zeitraum von ca. einem Jahr die Wohnungen von Wohnungsunternehmen an und erbringt wohnbegleitende Hilfen. Bei positivem Verlauf des Untermietverhältnisses kann es dann in ein Hauptmietverhältnis mit dem Wohnungsunternehmen überführt werden. Der Träger achtet besonders darauf, dass diese Form der Wohnungsvermittlung nur bei Wohnungssuchenden mit besonders hohen Vermittlungs-hemmnissen und entsprechendem Bedarf an wohnbegleitenden Hilfen zur Anwendung kommt.

57 Vgl. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (2017): Antwort auf Große Anfrage zu Wohnungspolitik für Benach-teiligte in Hamburg (DIE LINKE), Drucksache 21/9012, S. 9 f.

58 Zu den Erfahrungen eines freien Trägers mit dem „Stufe-3-Modell“ vgl. Brüchmann, Katharina (2014): Wohnen mit Beglei-tung – ein Beispiel gelungener Wohnungsintegration in Kooperation mit der Wohnungswirtschaft, in: Keicher, Rolf / Gillich, Stefan (Hg.): Wenn Würde zur Ware verkommt. Soziale Ungleichheit, Teilhabe und Verwirklichung eines Rechts auf Wohn-raum, Wiesbaden, S. 119–128

7 Erschließung von zusätzlichem

Wohnraum für die Zielgruppe