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Was Gesamthilfesysteme grundsätzlich kennzeichnet und welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um alle lokal verfügbaren Angebote für Menschen in Wohnungsnotfällen präventiv auszu-richten, wird nachfolgend dargestellt. Aber nicht immer ist gleich alles möglich. Diese Praxishilfe skizziert Idealbedingungen, aber sie verlangt sie nicht. Auf unterschiedliche Umsetzungsbedingun-gen gehen die Teile A bis D zu den Umsetzungsbedingun-genannten Handlungsfeldern ein, die alle auch unabhängig von-einander genutzt werden können. Eine erhobene Hand in der Seitenspalte warnt vor problemati-schen Lösungen oder vor vermeidbaren Umsetzungsproblemen.

2 Regionaler Zuschnitt

Jede Entscheidung zum Aufbau trägerübergreifender Strukturen beinhaltet zugleich eine Entschei-dung über den regionalen Zuschnitt eines Hilfesystems. In kreisfreien Städten ist es naheliegend und sinnvoll, für das gesamte Stadtgebiet zu planen.

Schwieriger wird die Entscheidung in kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Soll es ein Hilfe-system für eine einzelne Stadt bzw. Gemeinde geben oder wird eine kreisweite Lösung angestrebt?

Welche zusätzlichen Anforderungen ergeben sich, wenn mehrere Städte oder Gemeinden miteinan-der kooperieren, welche Schwierigkeiten sind zu bewältigen, wenn nur ein Teil miteinan-der kreisangehörigen Kommunen ein Gesamthilfesystem will? Wie lässt sich verhindern, dass ein verbessertes Angebot in einem Teil des Kreisgebiets zu mehr Nachfrage aus den nicht beteiligten kreisangehörigen Ge-meinden führt?

Aus unterschiedlichen Zuständigkeitsregeln ergibt sich Abstimmungsaufwand zwischen den öffent-lichen Trägern. Bestimmte Aufgaben liegen nämlich bei den Gemeinden, so etwa die Unterbringung obdachloser Haushalte. Die Kreise übernehmen beispielsweise als kommunale Träger der Grundsi-cherung für Arbeitsuchende (Glossar ) nach dem SGB II Aufgaben, und die beiden Kommunalver-bände in Nordrhein-Westfalen, der Landschaftsverband Rheinland und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, haben z. B. die Zuständigkeit für die Gewährung wohnbezogener Hilfen nach

§§ 67 ff. und nach §§ 53 ff. SGB XII. Überregional tätige Anbieter von Leistungen stehen unter Um-ständen vor dem Problem, Angebote für den Teil ihres Einzugsgebiets, in dem es ein Gesamthilfe-system gibt, anders organisieren zu müssen als für den übrigen Teil.

Welche besonderen fachlichen Fragen sich stellen, wenn präventive Strukturen auf der Ebene von (ländlich strukturierten) Kreisen aufgebaut werden sollen, behandelt ausführlich das Teilkonzept A

„Prävention“ (6 und 7).

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3 Wer sind die Akteurinnen und Akteure in den Kommunen?

An der Entwicklung eines lokalen Gesamthilfesystems für Menschen in Wohnungsnotlagen sollten sich alle Träger beteiligen, bei denen relevante gesetzliche Zuständigkeiten liegen, insbesondere und zuerst also die öffentlichen Träger mit ihren Ämtern und Institutionen. Partner dieser öffentli-chen Träger sind die freien Träger der Wohlfahrtspflege, die bereits in einem der vier Handlungsfel-der tätig sind oHandlungsfel-der die dort tätig werden wollen. Weil die Frage Handlungsfel-der Wohnungsversorgung für Ge-samthilfesysteme zentral ist, sollte auch die Wohnungswirtschaft von Beginn an einbezogen wer-den, Ähnliches gilt, wenn auch nicht so umfassend, für Energieversorgungsunternehmen. Schließ-lich sollten auch bürgerschaftSchließ-liche Initiativen und Vereine, zu deren Zielgruppen wohnungslose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen zählen, grundsätzlich eingeladen werden, sich an einem Gesamthilfesystem zu beteiligen. Kooperierende Institutionen sind also:

Kreisfreie Städte und Kreise, kreisangehörige Städte und Gemeinden, insbesondere mit Fachstellen, Wohnungslosenhilfe ( Glossar),

Sozialämtern, Ordnungsämtern,

Liegenschafts- und Wohnungsämtern

bzw. entsprechenden „Fachbereichen“, „Fachdiensten“ oder Abteilungen der Kommunalver-waltung,

Überörtliche Träger der Sozialhilfe ( Glossar) in Nordrhein-Westfalen, der Landschaftsverband Rheinland (LVR),

der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL),

(Kommunale) Jobcenter; gegebenenfalls Bundesagentur für Arbeit (BA),

Wohlfahrtsverbände,

Diakonische Werke, Vereine und Stiftungen,

Caritasverbände und katholische Verbände wie Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) und Sozialdienst katholischer Männer (SkM),

Der Paritätische Nordrhein-Westfalen und seine örtlichen Mitglieder, die Arbeiterwohlfahrt (AWO), sowie private Vermieterinnen und Vermieter

bzw. ihre Interessensvertretungen (z. B. „Haus und Grund“), Energieunternehmen,

Bürgerschaftliche Initiativen, z. B. Mahlzeitendienste und Tafeln,

z. B. Betreiber von Kleiderkammern oder Sozialkaufhäusern.

Zu den Personen, Trägern und Institutionen, die unter Umständen zunächst in einer Projektgruppe zusammenarbeiten, bis alle fachlichen Fragen geklärt sind, und die ihre Kooperation später verste-tigen, kommen ggf. weitere Beteiligte, mit denen an hilfesystemübergreifenden fachlichen Fragen, Absprachen und Verfahren gearbeitet wird.

Geht es um die Versorgung psychisch kranker oder suchtkranker Wohnungsloser, so sollten Ge-sundheitsämter, Sozialpsychiatrische Dienste, Kliniken, rechtliche Betreuerinnen und Betreuer so-wie die Leistungsanbieter der Eingliederungshilfe ( Glossar) einbezogen werden. Um Menschen systematisch zu versorgen, die aus institutioneller Unterbringung ( Glossar) entlassen werden, sind Absprachen mit (psychiatrischen) Krankenhäusern und den Justizvollzugsanstalten in der Re-gion erforderlich. Auch bietet es sich an, mit den Amtsgerichten genau zu vereinbaren, an wen die Mitteilungen in Zivilsachen über eingegangene Räumungsklagen konkret übermittelt werden.

Übersicht 1: Wer macht was im Gesamthilfesystem?

Wohnungssicherung durch

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4 Zielgruppen der Hilfen in Wohnungsnotfällen

Mit dem Aufbau eines lokalen Gesamthilfesystems nehmen sich unterschiedliche Beteiligte die ge-meinsame Lösung eines Problems vor, für dessen Bearbeitung sie bis zu diesem Zeitpunkt meist nur teilweise „zuständig“ waren. Sie stellen ihre Angebote auf den Prüfstand, vereinbaren die Bün-delung von Ressourcen und treten in einen gemeinsamen Prozess der trägerübergreifenden Orga-nisationsentwicklung ein, zu dem gehört, Ziele und Zielgruppen des Hilfesystems möglichst genau zu bestimmen.

Wie weit die Zielgruppe in einem Gesamthilfesystem gefasst wird, hängt unter anderem von den fachlichen Schwerpunkten der beteiligten Akteurinnen und Akteure und ihren Angeboten, aber auch von der Einschätzung ab, welche Menschen institutionalisierter Hilfen bedürfen. Was macht einen

„Wohnungsnotfall“ ( Glossar) zum Fall für das lokale Hilfesystem?

In der Regel bringen die vor Ort tätigen Träger und Institutionen die Zielgruppe/-n ihrer jeweiligen Leistungen (z. B. Menschen mit bestimmten Rechtsansprüchen oder Menschen, die in einem be-stimmten Gebiet wohnen) bereits mit. Es mag allerdings auch Regionen geben, in denen es bislang noch überhaupt keine Angebote für wohnungslose bzw. von Wohnungslosigkeit bedrohte Haushalte gibt. Zu den wesentlichen Voraussetzungen für den Aufbau eines Gesamthilfesystems gehört ein erster Abgleich: Welche Zielgruppen werden bereits versorgt? Für welche Zielgruppen sollen beste-hende Angebote angepasst werden, und für welche Zielgruppen sollen neue Angebote geschaffen werden?