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4. DISKUSSION UND SCHLUSSFOLGERUNGEN

4.2 Verteilungsmuster und Nutznießer der AgrarSubventionen in der BRD

Bekanntlich besteht zwischen den restriktiven Normen volkswirtschaftlich zu rechtfertigender Subventionen als Idealvorstellung und dem Alltag der Subventionsrealität nicht nur im Agrarsektor eine enorme Diskrepanz (vgl. Gerken et a l . 1985). Politisch entspricht dem eine Frageverschie­

bung, wie angesichts bestehender Interessen-, Macht- und Einflußmuster zumindest die Höhe und Struktur von Subventionsmaßnahmen derart gestaltet

---So gelangen auch Koester, Nuppenau (1987), die die mangelnde Effizienz staatlicher Ausgaben für die Landwirtschaft untersuchen und belegen, zu dem Schluß (S. 71): "Wenn die Ausgaben für die im Agrarsektor Täti­

gen eindeutig höher sind als die Einkommen und wenn die Erlöse durch den Verkauf der Überschüsse auf dem Weltmarkt nicht einmal ausreichen, um die variablen Faktoren zu entgelten, hat die Ineffizienz der Agrar­

politik ein nicht mehr akzeptables Ausmaß angenommen."

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-werden kann, daß die intendierten Ziele bestimmter Subventionen nicht völlig aus den Augen verloren werden. Diese Frage kann hier allerdings nicht beantwortet werden. Dennoch sollen durch die Darstellung der Ver­

teilungsmuster und der Nutznießer der Agrarsubventionen Interessenlagen und Einflußchancen unterschiedlicher agrarpolitischer Gruppen und Akteure aufgezeigt werden, an denen eine Strukturveränderung der Agrarsubventio­

nen sowie deren Abbau politisch ansetzen müßte.

Die Gesamthöhe der direkten und indirekten Subventionen für die bundes­

deutsche Landwirtschaft läßt sich kaum ermitteln und hängt von den ge­

wählten Abgrenzungen ab. Jedoch dürfte relativ unbestritten sein, daß die Subventionen den Bruttoproduktionswert der Landwirtschaft übertreffen, daß sie - gerade auch in den letzten Jahren - deutlich weiter angestiegen sind und inzwischen einen Betrag zwischen 35 und 60 Milliarden DM errei­

chen dürften. Für 1981 schätzte der Deutsche Verbraucher Schutzverband (DVS 1983) die gesamten Subventionen auf gut 55 Mrd. DM einschließlich 21 Mrd. DM durch überhöhte Agrarpreise. Ohne die vom Verbraucher zu tragen­

den höheren Agrarpreise kam Thoenes (1985) für das Jahr 1982 auf ein Sub­

ventionsvolumen von gut 15 Mrd. DM. Inzwischen sind mit der Erstattung der Mehrwertsteuerpauschale (seit 1985) und der deutlichen Erhöhung der staatlichen Zuschüsse zur Altersversorgung der Landwirte (seit 1986) wei­

tere Subventionen im Milliardenhöhe hinzugekommen. Sie sollen die Einkom­

mensverluste der deutschen Bauern, die durch die Abschaffung der Wäh­

rungsausgleichsbeiträge (1985) hervorgerufen wurden, zum Teil

kompensie-Tabelle 50 stellt die verschiedenen Subventionsgruppen in ihrer ungefäh­

ren Größenordnung zusammen. Hierzu sind zunächst einige Erläuterungen an­

gebracht:

- Die preispolitischen Subventionen wirken überwiegend indirekt durch Marktentlastung, die die Absatzmöglichkeiten für die Landwirtschaft er­

höht. Von den direkten Zahlungen aus dem EAGFL-Garantiefonds erreichen 78---

---Man stelle sich vor, die deutsche Industrie könnte bei Aufwertungen der D-Mark oder Abwertungen von Pfund oder Franc ähnliche Kompensa­

tionsforderungen realisieren.

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-nur Teile den Landwirt. Darüber hinaus bestehen auch bei eigentlich den Landwirten zugedachten Mitteln für die Z w i s c h e n g e s c h ä f t e n Instanzen Möglichkeiten, etwas für sich abzuzweigen. So können die verarbeitenden Unternehmen (z.B. Molkereien) bei Exporterstattungen durch Tricks (z.B.

Ausnutzung von Rationalisierungsreserven bei Zugrundelegung nur mittle- rer Effizienzgrade der Produktverarbeitung) und Schwindel 29 zusätzlich profitieren. Auch bei den Preisausgleichsbeihilfen, die aus technischen Gründen vielfach an den verarbeitenden Sektor vergeben werden, lassen sich durch entsprechende Preisgestaltung gegenüber den landwirtschaft­

lichen Produzenten zusätzliche Gewinne machen, die nicht als subven­

tionsbedingt nachweisbar sind. Abbildung 6 zeigt noch einmal, wieviel aus den gezahlten Exporterstattungen dem Landwirt je nach Produkt zugu­

te kommt.

- Die zusätzlichen Bundeszuschüsse im Rahmen der Agrarsozialpolitik (3.

Agrarsozi ales Ergänzungsgesetz, Sozi alversi cherungs-Bei tragsentla- stungsgesetz) seit 1986 betragen knapp 1 Mrd. DM und erklären die große Schwankungsbreite in dieser Position.

- Die Schätzung von Steuermindereinnahmen aus landwirtschaftlichen Ein­

kommen ist naturgemäß von vielfältigen Annahmen abhängig. Die angegebe­

nen Werte ergeben sich aus Thoenes (1985) einerseits und DVS (1983) zu­

züglich der Erhöhung der Mehrwertsteuerpauschale für die Landwirtschaft ab 1985 andererseits.

- Maßnahmen im Rahmen der Agrarstrukturpolitik kommen zu einem Großteil den Landwirten nur indirekt zugute (z.B. Wegebau im Rahmen einer Flur­

bereinigung) und sind nicht unbedingt der Landwirtschaft zuzurechnen, insofern solche Maßnahmen teils auch unabhängig von landwirtschaftli­

chen Interessenlagen durchgeführt werden.

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Bekannt sind die entsprechenden Export-Import-Geschäfte oder die An­

meldung nicht existierender Erntemengen im Weinbau. Der Anteil er- schwindelter Subventionen an den Agrarmarktausgaben dürfte beträcht­

lich sein und könnte nach manchen Schätzungen 20 bis 30 % erreichen (vgl. Fußnote 4).

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desamt, Reihe Finanzen und S teuern; eigene Berechnungen.

Anmerkungen: 2 ohne F o rs tw irts c h a ft und F is c h e re i; E inzelhandel m it Blumen.

A b b ild u n g 6: Einkom m ensbeitrag in d e r L a n d w irts c h a ft j e 1.000 DM E x p o rte rs ta ttu n g e n

Q u e lle : L e h rs tu h l f ü r M a rk tfo rs c h u n g , U n iv e r s it ä t Bonn.

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-- Daß die bürokratische Verwaltung des Agrarsektors zu vermehrten Ver­

waltungskosten führt, ist unbestritten. Bestreitbar ist allerdings die Ausweisung dieser Kosten als Subventionen, soweit es sich nicht um Zu­

schüsse zu den Arbeiten etwa der Offizialberatung handelt. Angesetzt wurden u.a. die Hälfte der Kosten für die Ministerialbürokratie, was unterstellt, daß ohne Subventionsapparat nur die Hälfte des administra­

tiven Personals notwendig wäre.

- D i e Berechnung der Verbrauchersubventionen für überhöhte Agrarpreise im Vergleich zum aktuellen Weltmarktpreisniveau ist insofern irreführend, als dieses Niveau wesentlich mitbestimmt wird durch die auf den Welt­

markt drängenden Überschüsse, die durch Abnahme- und Preisgarantien ab­

geschotteter Agrarmärkte erst generiert werden. Andererseits besteht unter Experten weitgehende Übereinstimmung, daß unter freien Marktbe­

dingungen im Durchschnitt die Agrarpreise mittelfristig deutlich unter den heutigen Erzeugerpreisen (ca. 20 - 30 %) liegen würden (Buckwell et al. 1982, Castle et a l . 1985, Conway 1986). Diese Ziffer entspricht recht genau der unteren Angabe über 15 Mrd. DM Subventionen seitens der Verbraucher. Die in den letzten Jahren vielfach real gesunkenen land­

wirtschaftlichen Erzeugerpreise mögen diese Schätzung etwas modifizie­

ren.

- Die externalisierten Kosten der Beseitigung von Gesundheits- und Um­

weltschäden, die der Landwirtschaft zuzurechnen sind, lassen sich nicht genau beziffern. Daß es sich hierbei allerdings um Milliardenbeträge handelt, ist relativ gesichert (vgl. Leipert 1986, Wicke 1986). Unter deren Berücksichtigung ist die Schätzung der gesamten Agrarsubventionen seitens des DVS (1983) nicht als überzogen einzuordnen.

Folgende Punkte verdienen nun in Tabelle 50 festgehalten zu werden:

1. Vorleistungen, Bruttowertschöpfung und Subventionen für die Landwirt­

schaft liegen in der gleichen Größenordnung von ca. 30 Mrd. DM. Dies impliziert, platt gesprochen, daß mehr in die Landwirtschaft hinein­

gesteckt wird, als für den Verbraucher herauskommt. Dies macht den

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-Angelpunkt einer politisch und ökonomisch schlagkräftigen Kritik an den Agrarsubventionen aus.

2. Die Landwirtschaft trägt lediglich zu ca. 20 % zur Bruttowertschöp­

fung des Agrobusiness insgesamt bei, das jedoch letztlich auch in seiner Gesamtheit von erweiterter Agrarproduktion profitiert. Von da­

her ist der Widerstand gegen einen Subventionsabbau oder auch nur seiner Umorientierung auf weniger indirekte und weniger produktions­

wirksame Subventionsformen nicht zu unterschätzen. Schließlich hat auch die Agrarbürokratie ein strukturelles Eigeninteresse am Erhalt eines komplizierten Systems von Agrarproduktion und -politik.

3. Die Nutznießer der Agrarsubventionen setzen sich zusammen aus direkt und indirekt Begünstigten. 30 Insofern sind ihrer eindeutigen Bestimm­

barkeit Grenzen gesetzt. Deutlich wird aber, daß die häufig anzutref­

fende Behauptung, nur ein Bruchteil der Agrarsubventionen käme bei den Landwirten an, in bezug auf deren Gesamtheit nicht zutrifft. Die Bauern sind eindeutig die direkten Hauptprofiteure landwirtschaft­

licher Subventionen. Diese Aussage ließe sich nur dann relativieren, wenn die nachgelagerte verarbeitende Industrie der Hauptnutznießer des EG-Außenschutzes wäre und die Landwirte die Subventionen in Form überhöhter Vorleistungspreise weiterzureichen gezwungen wären. Si­

cherlich profitiert die Nahrungsmittelindustrie ebenfalls vom hohen EG-Preisniveau, doch zeigten der internationale Vergleich der land­

wirtschaftlichen Erzeugerpreise und die Höhe der Zölle und Agrarab­

schöpfungen, daß in erster Linie die Landwirtschaft selbst Vorteile vom hohen EG-Preisniveau hat. Auf der Seite der Vorleistungen diffe­

riert das Niveau der Preise international gleichfalls nicht in einem solchen Ausmaß, um die obige Aussage zu relativieren. Auch in Neusee­

land kosten Landmaschinen und Pestizide nicht viel weniger als in der Bundesrepublik. 31 Besonders im Bereich der Futtermittel führen die

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Einzelne Personen und Gruppen können dabei für verschiedene Subven­

tionsarten beiden Kategorien angehören.

31 Daß z.B. die agrochemische Industrie die Düngemittel preise erst um 1983 mit stagnierender Nachfrage und aufgrund einer aggressiven Ver­

kaufspolitik von Norsk Hydro senkte und damit die gesunkenen

Energie 90 Energie

-verzerrten Preisrelationen jedoch zu innerlandwirtschaftlichen regio­

nalen und produktbezogenen Umverteilungsprozessen, so z.B. zur Be­

nachteiligung küstenferner Tierhaltungsbetriebe.

. Die obige Aussage, daß nur der kleinere Teil der Subventionen den einzelnen Landwirt erreiche, trifft begrenzt für die Agrarpreispoli­

tik zu, an der sie üblicherweise auch belegt wird. Dies liegt jedoch zum Teil in deren Konstruktion. Die Landwirte sollen durch die Agrar­

preispolitik vor allem indirekt durch Marktentlastungsmaßnahmen pro­

fitieren.

. Deutlich wird sodann, daß der finanzielle Anteil der EG-Agrarpolitik, die vielfach - weil so bequem - für alle agrarpolitische Unbill und Ausweglosigkeit verantwortlich gemacht wird, an den direkten Subven­

tionen unter 30 % liegt. Erst bei Berücksichtigung des Außenschutzes mit überhöhten Agrarpreisen gilt dies nicht mehr. Zu bedenken ist da­

bei aber auch, daß Agrarpreiserhöhungen und -Subventionen vom Agrar­

ministerrat teils gegen die Vorschläge der EG-Kommission durchgesetzt wurden.

. Staatliche Subventionen für die Landwirtschaft bestehen grob aus gleichen Teilen agrarpreis-, -sozial-, -Steuer- und -strukturpoliti­

scher Maßnahmen. Diese staatlichen Subventionen machen zusammen gut die Hälfte der Gesamtsubventionen ohne Berücksichtigung externer Fol­

gekosten aus.

. Die Vielfalt unterschiedlicher Subventionsarten, die in Tabelle 50 gar nicht deutlich wird (vgl. DVS 1983, Thoenes 1985), ergibt einen Subventionsdschungel, den zu entwirren und zu vereinfachen schon auf­

grund seiner Komplexität einer politischen Sisyphosaufgabe gleich­

kommt. Die Widerständigkeit des Agrarsektors gegenüber einem Abbau oder einer Umorientierung seiner Subventionen hat in einem Rechts­

staat wie der Bundesrepublik auch hier eine Ursache.

kosten stark verzögert weitergab, ist sicher kein ausreichendes Gegen­

beispiel .

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-8. Im Gesamtbild läßt sich die Hypothese partiell bestätigen, daß "gro­

ße" und "reiche" Landwirte mehr von den Agrarsubventionen profitieren als "kleine" und "arme" Bauern. Im Bereich der Preispolitik und des Außenschutzes profitieren umsatzstärkere Landwirte stärker von den Subventionen, weil diese grob gesprochen je Produkteinheit anfallen.

Bei vorliegenden economies of scale und günstigerer Verhandlungsposi­

tion werden sie absolut zusätzlich begünstigt, relativ (d.h. nach dem Anteil der Subventionen am Betriebsgewinn) jedoch benachteiligt. Die­

se Globalaussage ist jedoch produktspezifisch zu modifizieren, da einzelne Produktgruppen unterschiedlich von Subventionen und überhöh­

ten Preisen profitieren und zugleich mit Betriebsgröße und -einkommen korrelieren. Insofern etwa in der Milchwirtschaft Klein- und Mittel­

bauern überproportional anzutreffen sind, was mit der Arbeitsintensi­

tät dieses landwirtschaftlichen Betriebszweiges zusammenhängt, und die Stützung der Milchpreise bezogen auf den Endproduktionswert eine größere Rolle spielt als z.B. bei Getreide, Geflügel oder Schweine­

fleisch, kommen die agrarpreispolitischen Subventionen durchaus ver­

mehrt Klein- und Mittelbauern zugute, wobei zu beachten ist, daß hier in erster Linie die Landwirte in nördlichen EG-Mitgliedstaaten profi­

tieren. Innerhalb der Milchwirtschaft gilt dann wieder das Umsatzar­

gument, wenn auch seit der Einführung des Quotensystems nicht ohne Einschränkungen. Ebenfalls modifiziert durch Quotenregelung und Mit­

verantwortungsabgabe profitieren Zuckerrübenbauern insbesondere von extrem überhöhten Abnahmepreisen im Vergleich zum Weltmarkt. Insofern Zuckerrübenbauern im Durchschnitt relativ hohe landwirtschaftliche Einkommen haben, sind mit diesem Produktbereich also eher gutgestell- te Landwirte bevorzugte Nutznießer der Agrarsubventionen. - Im Be­

reich der Agrarsozialpolitik dürften die gezahlten Zuschüsse eher einkommensneutral sein, jedoch teils begrenzt auf selbständige Land­

wirte. Sie entsprechen damit jedoch gerade nicht den bei sozialpoli­

tischen Maßnahmen üblicherweise angenommenen Bedürftigkeitskriterien, die erst zum Bezug von Subventionen berechtigen sollen (Thoenes 1985). - Im Bereich der Steuerpolitik profitieren in der Tendenz teilweise Landwirte mit höheren Einkommen überproportional von den wahrnehmbaren Steuererleichterungen (Thoenes 1985), insbesondere was die Vorsteuerpauschale angeht. - Subventionen im Rahmen von

Struktur 92 Struktur

-förderungs- und Kreditprogrammen sind bzw. waren vielfach an bestimm­

te Mindesteinnahmen gebunden und beinhalten eine Förderschwelle, die einkommensschwache Landwirte gewollt ausschließt, weil sie danach keine entwicklungsfähigen Betriebe besitzen.

9. Insofern explizit auf landwirtschaftlich benachteiligte Gebiete zie­

lende Agrarstrukturmaßnahmen (z.B. das Bergbauernprogramm) von ihrem Umfang her bei weitem niedriger als am Umsatz und an entwicklungsfä­

higen Betrieben ansetzende Subventionsströme liegen, werden solche Gebiete in der Tendenz weniger mit Agrarsubventionen bedacht. Die­

ses Bild ist gegebenenfalls wiederum produktbezogen zu modifizieren, sofern bestimmte Agrarregionen mit bestimmten Produktgruppen korre­

lieren.

10. Schließlich ist eine weitere Differenzierung in der Interpretation des Subventionsverteilungsmusters in bezug auf Haupt-, Neben- und Zu­

erwerbslandwirte vorzunehmen. Nur etwa 30 % der in der Landwirtschaft Erwerbstätigen sind vollbeschäftigte Hofbesitzer, inzwischen in der Bundesrepublik Deutschland nur noch rund 360.000 Personen. Während Landarbeiter wenig mit den Agrarsubventionen zu tun haben und in der Bundesrepublik nur etwa 170.000 Personen (110.000 AK-Einheiten) sind, machen Nebenerwerbslandwirte mit einem Zweiteinkommen rund 300.000 Personen aus. 33 Nebenerwerbslandwirte kommen je nach Subventionsart in unterschiedlichem Ausmaß in den Genuß von Agrarsubventionen. Für den Bereich der Agrarpreise sind sie nicht grundsätzlich benachtei­

ligt; diese Aussage ist infolge ihres überproportionalen Anteils in bestimmten Produktionszweigen wie der extensiven Tierhaltung wiederum produktspezifisch zu modifizieren. Die Agrarsozialpolitik benachtei­

ligt Nebenerwerbslandwirte im Vergleich zu Haupterwerbslandwirten insbesondere durch deren Ausschluß aus dem System der landwirtschaft­

lichen Alterssicherung. Steuerlich profitieren Nebenerwerbslandwirte 35---

?---Hierin liegt auch ein Grund, weshalb reichere Agrarregionen (Südeng­

land, Nordfrankreich) sich gegen eine Reorientierung von EG-Ausgaben auf Struktur- und regionalpolitische Zwecke sperren.

Der Kreis der mithelfenden Familienangehörigen macht über 1 Million Personen aus (BML 1986).

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-kaum von der pauschalierten Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (13a - Landwirte), die insbesondere kleinere Betriebe betrifft. Im Bereich der Agrarstrukturpolitik betrifft der wesentliche Nachteil der Nebenerwerbslandwirte das einzelbetriebliche Förderungsprogramm, an dem sie nicht partizipieren können. Insgesamt kommt für Nebener­

werbslandwirte die in Punkt 8 gemachte Tendenzaussage zum Tragen, daß kleinere Betriebe weniger von den Agrarsubventionen profitieren als große, insofern sie im Schnitt geringere Betriebsflächen bewirtschaf- ten und niedrigere Umsatzzahlen verzeichnen.34

11. Da inzwischen die Subventionen für die Landwirtschaft vorwiegend ein­

kommenspolitisch begründet werden, seien abschließend noch zwei Ge­

sichtspunkte festgehalten. Von wenigen Maßnahmen abgesehen, die ge­

messen am Gesamtsubventionsvolumen wenig ins Gewicht fallen, zeichnen sich zum einen die Agrarsubventionen dadurch aus, daß sie entweder einkommensneutral ausfallen oder einkommensschwache Betriebe relativ und/oder absolut benachteiligen. Einkommensschwache Landwirte sind aufgrund der ihnen zukommenden Subventionen begrenzt überlebensfähig.

Das Erreichen dieser einkommenspolitischen Zielsetzung wird jedoch aufgrund der Konstruktion des Verteilungsmusters der Agrarsubventio­

nen mit der Gewährung einer sehr viel höheren Subventionssumme an solche Betriebe gekoppelt, die diese unter einkommenspolitischen Ge­

sichtspunkten gar nicht erhalten dürften. - Zum anderen ist die tat­

sächliche Einkommenslage der Landwirte weitgehend unbekannt. Die of­

fiziellen Daten unterschätzen aufgrund der Erhebungsverfahren und der Vernachlässigung einkommensrelevanter Positionen, wie z.B. geringer Wohnkosten, systematisch die Höhe der landwirtschaftlichen Einkom- men. 35 Damit wäre aus einkommenspolltischer Sicht der tatsächliche 33---

;---Bei der EG-weiten Diskussion der partiellen Umstellung der Preissub­

ventionen auf direkte Einkommensbeihilfen sind Nebenerwerbslandwirte im allgemeinen nicht als Empfängergruppe vorgesehen, schon um die Ge­

samtkosten solcher Zahlungen zu begrenzen. Umgekehrt liegt hier ein Hauptgrund für das von Priebe und anderen favorisierte Modell der flä­

chenbezogenen Ausglei chszahlungen.

Laut Priebe, der durchaus für die Förderung klein- und mittelbäuerli­

cher Betriebe plädiert, gibt es "keine Beweise für einen generellen Einkommensrückstand der Landwirtschaft." (zitiert nach Wirtschaftswo­

che 24/1986, S. 48) 35

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-Subventionsbedarf geringer anzusetzen. In Rechnung zu stellen sind dabei wiederum die extremen Einkommensdisparitäten innerhalb der Landwirtschaft, die durch den Verteilungsmechanismus der Subventions­

zahlungen eher noch verstärkt werden.