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2 Methodisches

2.2 Einkommens-, Vermögensbegriff und Verteilungsmaße

2.2.3 Verteilungsmaße

Zur Darstellung der personellen Einkommens- und Vermögensverteilung bieten sich verschiedene Verteilungsmaße an. Neben Kennziffern, die versuchen, den Konzentrationsgrad in einer Zahl abzubilden, finden auch komplexere Indikato-ren sowie graphische Darstellungen Verwendung. Im Rahmen der vorliegenden Analyse werden die folgenden Verteilungsmaße berechnet, wobei sich deren simultane Betrachtung insofern anbietet, als die einzelnen Indikatoren über je-weils spezifische Besonderheiten und damit Vor- und Nachteile verfügen. Eines der bekanntesten - weil einfachen und hoch aggregierten - Verteilungsmaße ist der Gini-Koeffizient, welcher auf dem Konzept der Lorenzkurve basiert und da-her die Anteile der nach der Höhe ihres Einkommens geordneten Personen an der Gesamtbevölkerung zu ihrem Anteil am Gesamteinkommen in Bezug setzt.7 Ein Nachteil des Gini-Koeffizienten besteht darin, dass er für unterschiedliche Einkommensverteilungen denselben numerischen Wert annehmen kann.

Ein etwas anderer Ansatz liegt den beiden Theil-Koeffizienten zugrunde: Der Theil 0-Koeffizient (besser bekannt als mean logarithmic deviation (MW) oder mittlere logarithmische Abweichung) errechnet sich aus der mittleren Abwei-chung der logarithmierten Einkommen von ihrem logarithmierten Mittelwert.

Für die Ermittlung des Theil !-Koeffizienten werden die individuellen Abwei-chungen zusätzlich mit dem jeweiligen Einkommensanteil gewichtet, wodurch der Theil !-Koeffizient weniger sensitiv bezüglich Änderungen im unteren Ein-kommensbereich reagiert.8 9 10

7 Der Gini-Koeffizient kann Werte im Intervall von Obis 1 (bisweilen auch O % bis 100 %) annehmen, wobei der Wert O einer Situation vollkommener Gleichverteilung und der Wert 1 der der maximalen Konzentration (,,einer hat alles, alle anderen nichts") entspricht.

8 Beide Theil-Koeffizienten nehmen bei Gleichverteilung den Wert O an, sind allerdings nach oben (das heißt für den Fall maximaler Ungleichheit) nicht auf I normiert. Als Faustregel gilt jedoch, dass ein Theil-Koeffizient von I in etwa einer Verteilung entspricht, bei der die reich-sten 20 % 80 % der „Ressourcen" besitzen und die übrigen 80 % die verbleibenden 20 %.

9 Ein Problem der erwähnten Verteilungsmaße besteht in der Behandlung negativer Merk-malsausprägungen. Die Theil'schen Entropiemaße können nur für positive Werte und der

Soll die Streuung einer Verteilung gemessen werden, bedient man sich übli-cherweise der Varianz oder der Standardabweichung. Weil diese beiden Streuungsmaße jedoch nicht skaleninvariant sind, sondern vielmehr vom Mit-telwert der zugrunde liegenden Verteilung abhängen, bietet sich eine Normie-rung mit diesem an, woraus der sogenannte Variationskoeffizient resultiert. Die Hälfte des Quadrats des Variationskoeffizienten ergibt den half-squared coeffi-cient of variation ( HSCV). Der HSCV reagiert wie der Theil !-Koeffizient sensi-tiv im oberen Einkommensbereich.

Ein detailliertes Bild einer Verteilung kann anhand einer Perzentilsbetrachtung vorgenommen werden. Für die gleich großen Klassen aus nach ihrem Einkommen, Vermögen o. Ä. sortierten Personen können dann Perzentilsanteile oder -verhältnisse bestimmt werden, was eine Abschätzung der Schiefe, Streuung und Lage der Verteilung ermöglicht. Infolge der Klassenbildung liegt der Fokus der Betrachtung in der Analyse der Intergruppendifferenzen, die Unterschiede in-nerhalb der Gruppe werden demgegenüber (zumeist) vernachlässigt.

Bezüglich der Berechnung der Perzentilverhältnisse bestehen verschiedene Möglichkeiten, die exemplarisch am 90/50-Verhältnis erläutert werden sollen.

Eine Berechnungsweise ist die Division des Dezilsanteils des zehnten durch den des fünften Dezils. Dieser (zumindest theoretisch) äquivalent ist die Division der Mittelwerte des zehnten und fünften Dezils. Im Folgenden wird jedoch ein ande-rer Weg verfolgt und das 90/50-Verhältnis wird ermittelt als das Verhältnis aus der Untergrenze des zehnten bzw. der Obergrenze des neunten Dezils und dem Median. Damit kann der resultierende Wert interpretiert werden als der Faktor, um den das Vermögen (o. Ä.) des Ärmsten unter den reichsten 10 % größer ist als das des Reichsten der unteren Hälfte der Verteilung.

Gini-Koeffizient nur für nicht-negative Werte berechnet werden. Daher ist ein Ausschluss sämtlicher nicht-positiver bzw. negativer Werte erforderlich, wofür zwei Verfahren in Be-tracht kommen. Entweder werden die betreffenden Merkmalsträger ausgeschlossen oder die Merkmale werden gleich bzw. marginal größer Null gesetzt. In der vorliegenden Analyse wurden - um den Informationsverlust gering zu halten - nicht die betreffenden Merkmalsträ-fier ausgeschlossen, sondern lediglich die entsprechenden Merkmalsausprägungen umcodiert.

0 Sofern intertemporale Vergleiche vorgenommen werden, ist eine Preisbereinigung sinnvoll und/oder erforderlich. Diese erfolgt anhand des Verbraucherpreisindex (2000 = 100), wobei das DIW bis einschließlich des Jahres 1999 unterschiedliche Verbraucherpreisindizes für West- und Ostdeutschland und ab dem Jahr 2000 einen einheitlichen Verbraucherpreisindex für das gesamte Bundesgebiet anbietet. infolge der für die bislang erwähnten Verteilungs-kennziffern geltenden Skaleninvarianz ist irrelevant, ob sie auf Basis der nominalen oder der realen Einkommen berechnet werden. Geringfügige Unterschiede ergeben sich höchstens auf-grund der unterschiedlichen Preisindizes für Ost- und Westdeutschland bis zum Jahr 1999.

Eine weitere und sehr anschauliche Möglichkeit der Verteilungsanalyse besteht in Form von graphischen Darstellungen: Mit einer Dichtefunktion werden die relativen Häufigkeiten einer Variable gegen ihre Ausprägungen abgetragen, d. h.

die Fläche unter der Dichtefunktion ist auf l normiert. Im Rahmen empirischer Analysen bietet sich die Berechnung sogenannter Kernel-Dichtefunktionen an, die gewissermaßen geglättete Dichtefunktionen darstellen. (Vgl. Schaubild 1 )11

Schaubild 1: Vergleich von Dichtefunktion und Kernel- Dichtefunktion am Beispiel der Net-tovermögen des Jahres 2002

~

~

i

q /ll

1!

i

-"

0 ;;

:

q

J!l $

~ 0

i

;; ~

q ,11

i

~ .3

Oe+OO 2e+0S 4e+05 6e+05 Se+OS Oe<-00 2e+05 4e+05 6e+05 8e+05

Vermögen Vermögen

Dichtefunktion Kernel-Dichtefunktion

Quelle: Eigene Berechnungen, Quelle für Rohdaten: SOEP.

In sogenannten Streudiagrammen werden im Gegensatz zu den Dichtefunktio-nen nicht die relativen Häufigkeiten gegen die Ausprägungen eines Merkmals abgetragen, sondern die Ausprägungen zweier Merkmale gegeneinander. Sofern in dem betrachteten Datensatz Gewichtungsfaktoren vorliegen, können die ver-schieden hohen Gewichte der einzelnen Ausprägungen durch verver-schieden große Symbole bzw. Punkte angedeutet werden. Eine weitere sehr anschauliche Dar-stellungsweise ist der Boxplot, welcher fünf wichtige Informationen in einer Graphik zusammenfasst: Das untere Ende der Box symbolisiert das untere Quar-til, das obere Ende das obere QuarQuar-til, wodurch die Hälfte der analysierten Daten in der Box, die andere Hälfte außerhalb liegt. Der Interquartilsabstand kann an der Länge, der Median an dem Strich in der Box abgelesen werden. Die

Whis-11 Die Verteilungsfunktion wird berechnet, indem das Integral über die Dichtefunktion gebil-det wird, bisweilen wird die Verteilungsfunktion daher auch als kumulierte Dichtefunktion bezeichnet.

ker, die aus der Box herausragen, sind eineinhalbmal so lang wie der Interquar-tilsabstand und zudem besteht die Möglichkeit, Ausreißer (vor allem außerhalb der Whisker) speziell zu kennzeichnen. Anhand der Gestalt dieser Graphik kön-nen sowohl die Schiefe als auch die Streuung der zugrunde liegenden Verteilung visualisiert werden.

3 Diagnose: Verteilungssituation in Deutschland