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5. DISKUSSION

5.1 Versuchsdesign

5.1 Versuchsdesign

In dem vorliegenden Versuch wurde kein Thunfischöl wie bei ähnlichen Versuchen an Ebern und Hengsten (ROOKE et al. 2001; BRINSKO et al. 2005) verwendet. Stattdessen wurde die Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure (C18:3n3) als eine mögliche Vorstufe von DHA, in gecoateter, kristalliner Form mit dem Futter zugeführt. Das Coating erfolgte überwiegend mit gesättigtem Palmfett. Die Ummantelung und der erhöhte Schmelzpunkt der gehärteten Fette tragen zur Pansenstabilität bei. ASHES et al. (1992) sehen in Methoden wie dem Coating die Gefahr, dass das eingesetzte Fett nur unvollständig vor der Biohydrogenierung im Pansen geschützt wird.

Das Supplement Bergafat® besteht überwiegend aus gesättigten C16- und C18-Fettsäuren.

Aufgrund seiner hohen Schmelztemperatur (59°C) ist es panseninert, so dass von keiner Beeinträchtigung der Pansenflora auszugehen ist (SCHRÖDER 2000). Der Schmelzpunkt der Fette liegt oberhalb der Körpertemperatur, deshalb sind sie relativ lagerstabil und im Pansen schlecht löslich. Analog zu der eingesetzten gecoateten Linolensäure ist auch hier durch die feine kristalline Struktur eine vollständige Emulgierung im Dünndarm gewährleistet und eine ausreichende Verdaulichkeit sichergestellt.

Um die Pansenflora und die Leber nicht durch zu hohe Fettgaben zu überlasten, wurde die Fettration so ausgewählt, dass 3 bis 5% der Trockenmasse der Tagesration nicht überschritten wurden. Da das Coaten der Alpha-Linolensäure mit gehärteten Fetten 50% des Gewichtes ausmacht, bedeutete dies für die V-Bullen eine Fettzulage von 800g/Tag (400g Leinöl umhüllt von 400g Palmfett) und für die K-Bullen eine Zulage von 400g/Tag. Dies entspricht den Empfehlungen für laktierende Kühe. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Fettzulagen von 3 bis 5% (ELLIOT 1996) oder 6% der Trockenmasse (BATEMAN u.

JENKINS 1998) als unbedenklich angesehen werden können. BERNING (2004) sieht die Fettsupplementation mit dem Futter als kritisch an, da es durch Selektion bestimmter Futterbestandteile zu einer möglichen unvollständigen Fettaufnahme kommen kann. In dem vorliegenden Versuch wurde aber das Leinöl mit Heuaroma versetzt und deshalb von den Bullen sehr gut angenommen.

5.2 Einfluss auf die Fettsäurenzusammensetzung in den Spermien

Die orale Verabreichung von Alpha-Linolensäure mit dem Futter führte bei den V-Bullen zu einem Anstieg der Docosahexaensäure (DHA) in den Spermien. Bei den K-Bullen war bezüglich dieser Fettsäure keine Änderung festzustellen. Diese Beobachtung deutet darauf hin, dass die bei den V-Bullen eingesetzte Linolensäure verschiedene Elongations- und Desaturationsschritte durchlaufen hat (SCOLLAN et al. 2001). Auch BERNING (2004) beschreibt einen Anstieg des DHA-Gehaltes in der Muskulatur nach der Gabe von Alpha- Linolensäure an Kühe. Bei dieser Studie wurde die Linolensäure jedoch über eine Labmagensonde zugeführt. Im Gegensatz dazu konnte WOOD et al. (1999) nach der Fütterung von formaldehydgeschütztem Leinöl an Ochsen nur einen Anstieg von Linolensäure (C18:3n3) und Eicosapentaensäure (C20:5n3) in der Muskulatur beobachten.

Eine Steigerung von DHA konnte nicht erreicht werden. Weiterhin bedeutet der Anstieg von DHA in den Spermien, dass das Coaten seinen Zweck zumindest zum Teil erfüllt hat und außerdem nicht die gesamten ungesättigten Fettsäuren im Pansen biohydrogeniert wurden.

Die in der hier vorliegenden Studie erfolgreiche Steigerung des DHA-Gehaltes in den Spermien durch orale Omega-3-Fett-Zulage entspricht den Studienergebnissen von BRINSKO et al. (2005) bei Hengsten und KELSO et al. (1997) bei Hähnen. Studien zur Fettsäurenmetabolisierung in Rattenhoden haben gezeigt, dass es prinzipiell möglich ist, durch eine Ration, die reich an Omega-3-Fettsäuren ist, den Anteil an DHA in Rattenspermien zu steigern (RETTERSTOL et al. 1998). RETTERSTOL et al. (1998) führten ihre Studien an frischem Rattenhodengewebe durch und setzten Linolsäure und Linolensäure ein. Neben erfolgreichen Elongations- und Desaturationsschritten von Linolensäure zu DHA konnten RETTERSTOL et al. (2001) außerdem zeigen, dass nicht die Spermien an sich, sondern die Sertoli-Zellen im Hodengewebe für die Synthese von DHA verantwortlich waren.

Deshalb war bei den Ebern in dem Fütterungsversuch von ROOKE et al. (2001) ein Anstieg von DHA erst drei Wochen nach Beginn der Fütterung zu beobachten. Um zu überprüfen, ob ein ähnlicher Mechanismus wie bei Ratten auch beim Rind vorherrscht, wäre es interessant, auch beim Rind den Fettsäurengehalt in den Spermien wiederholt in etwa zweiwöchigen Abständen nach Beginn der Fütterung zu untersuchen.

Erstaunlicherweise hat sich der Gehalt an Palmitinsäure (C16:0) bei den K-Bullen nicht verändert, obwohl das eingesetzte Bergafat® zu großen Teilen aus Palmitinsäure besteht. Es war zwar ein Anstieg bei den K-Bullen zu beobachten, doch dieser war nicht signifikant. Der in Woche 16 beobachtete Unterschied im Gehalt an Palmitinsäure zwischen den V- und K-Bullen beruht also nicht auf dem alleinigen Anstieg bei den K-K-Bullen. Übereinstimmend mit der Studie von SCOLLAN et al. (2001) trat bei den V-Bullen eine - wenn auch nicht signifikante - Verminderung des Palmitinsäuregehaltes ein. Die Addition dieser beiden nicht signifikanten Veränderungen in den beiden Gruppen führte so zu einer größeren Differenz und somit zur Signifikanz.

Weiterhin war eine Abnahme der Stearinsäure (C18:0) und der Ölsäure (C18:1n9) bei den K-Bullen zu verzeichnen. BERNING (2004) führt eine Abnahme des Ölsäuregehaltes nach der Applikation von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren auf einen Anstieg von ungesättigten n3- und n6-Fettsäuren zurück. Diese würden effektiver in die Phospholipide eingebaut als n9- Fettsäuren. So konkurrieren z.B. Ölsäure (C18:1n9) und Eicosapentaensäure (C20:5n3) um die sn2-Stellung im Phosphatidylcholin (ASHES et al. 1992). Nach diesen Erkenntnissen wäre eigentlich ein Absinken der beiden Fettsäuren bei den V-Bullen zu erwarten gewesen.

Dort ist auch eine Verminderung der Ölsäure nach der Fütterung von Omega-3-Fettsäuren aufgetreten; aufgrund der großen Variabilität innerhalb der Gruppe war diese Änderung jedoch nicht signifikant.

Vergleicht man die prozentualen Fettsäurenanteile mit den Ergebnissen anderer Studien, so zeigen sich einige Unterschiede, jedoch ist wie in anderen Studien auch DHA mit rund 41%

die überwiegende Fettsäure in den Spermien (NEILL u. MASTERS 1972; POULOS et al.

1973b; KELSO et al. 1997c). POULOS et al. (1973b) berichten sogar von 56% DHA in ejakulierten Spermien. Im Unterschied zu den angeführten Autoren, die nur die phospholipidgebundenen Fettsäuren analysierten, wurden in der vorliegenden Studie die Fettsäuren aller in den Spermien enthaltenen Lipidkomponenten bestimmt. Nach NEILL u.

MASTERS (1972) ist jedoch der Hauptteil der ungesättigten Fettsäuren in den Phospholipiden verestert. Möglicherweise beeinflussen die in anderen Lipidkomponenten enthaltenen Fettsäuren die prozentuale Zusammensetzung in der Art, dass der Gesamtanteil an DHA niedriger ist als die Literaturwerte.

5.3 Einfluss auf die Spermaqualität

Obwohl der DHA-Gehalt bei den V-Bullen zum Ende des Versuchzeitraumes leicht angestiegen war (vgl. Abb. 4.22), hatte dies keinen Einfluss auf die klassischen Spermaparameter Spermakonzentration, Ejakulatvolumen, Spermienzahl und Vorwärts-beweglichkeit der Spermien. Weder bei den V- noch bei den K-Bullen zeigte sich eine Veränderung über die Zeit. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu den Untersuchungen von CEROLINI et al. (1997) an Hahnsperma sowie von NISSEN u. KREYSEL (1983) an humanem Sperma. Sie fanden heraus, dass ein erhöhter Anteil an DHA mit einer verbesserten Vorwärtsbeweglichkeit assoziiert ist. Auch die Ergebnisse von CONQUER et al. (1999) legen die Vermutung nahe, dass sich ein hoher DHA-Gehalt positiv auf die Spermakonzentration und die Vorwärtsmotilität auswirkt. Bei den Untersuchungen der letztgenannten Autoren an humanen Spermien zeigte sich, dass eine Reduktion von DHA, bedingt durch eine Asthenozoospermie oder eine Lipidperoxidation, eine Reduktion der Spermakonzentration und der Vorwärtsmotilität zur Folge hatte.

Eine altersbedingte Reduzierung des Ejakulatvolumens bei Bullen wird ebenfalls auf eine Abnahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren in der Membran zurückgeführt (KELSO et al. 1997c). ROOKE et al. (2001) konnten im Gegensatz zur eigenen Studie durch die Fütterung von Thunfischöl an Schweine den Anteil an vorwärtsbeweglichen Spermien steigern. Auch PENNY (2000) beobachtete eine Spermaqualitätssteigerung in Form von einer Zunahme der Gesamtspermienzahl, der Spermakonzentration und des Anteils lebender Spermien bei Ebern durch DHA-Zulage. Den Spermien von Ebern und Männern ist gemein, dass ihre DHA-Anteile in der Membran physiologischerweise nicht so hoch sind wie bei Bullen. Eventuell könnten sie daher eine höhere Kapazität haben, DHA neu einzubauen mit der Folge der Verbesserung der Spermaparameter.

Bei dem Fütterungsversuch von BRINSKO et al. (2005) an Hengsten wurden keine Änderungen der Bewegungsmerkmale von Spermien unmittelbar nach der

Flüssigkonservierung nachgewiesen. Achtundvierzig Stunden später war aber vor allem bei subfertilen Hengsten ein positiver Effekt der DHA-Gabe auf die gesamte Motilität und die Vorwärtsmotilität zu beobachten. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Variabi-litäten in der Spermaqualität und der Fertilität bei Hengsten viel höher als bei Bullen sind (NEILD et al. 2005). Dies liegt daran, dass Hengste ausschließlich aufgrund ihres Pedigrees bzw. ihrer sportlichen Erfolge für die Zucht ausgewählt werden (NEILD et al. 2005), während Bullen, die in der künstlichen Besamung eingesetzt werden, seit Jahrzehnten auch bezüglich der Kryokonservierbarkeit des Spermas selektiert wurden. So handelte es sich bei den Bullen, die in der vorliegenden Studie eingesetzt wurden, um Tiere mit relativ guter Fruchtbarkeit (OSMERS, pers. Mitteilung 2006).

Außerdem ist zu bedenken, dass die Vorwärtsmotilität in dem vorliegenden Versuch nur geschätzt wurde. In den Versuchen von BRINSKO et al. (2005) und ROOKE et al. (2001) wurde dieser Parameter mittels computergestützter Motilitätsanalyse ermittelt. Diese Erfassung kann genauere Ergebnisse bringen, da das Schätzverfahren immer einer gewissen Subjektivität unterliegt. Weiterhin wurden die klassischen Spermaparameter nur an nativem Sperma unmittelbar nach dessen Gewinnung ermittelt, d.h. es war noch keinem Stress durch Verdünnung und Kryokonservierung ausgesetzt. Die eventuellen Vorteile einer elastischeren Spermamembran hatten sich evtl. zu diesem Zeitpunkt noch nicht gezeigt. So waren, wie bereits erwähnt, in dem Versuch von BRINSKO et al. (2005) Unterschiede infolge der Fütterung von Thunfischöl erst nach 48-stündiger Flüssigkonservierung des Spermas zu erkennen.

Hinsichtlich der Integrität der Plasmamembran und des Akrosoms waren vor der Kryokonservierung keine Effekte der Fütterung von Leinöl und Palmfett festzustellen. Bei den kryokonservierten Spermien war jedoch nach dem Auftauen eine Zunahme des Anteils plasmamembranintakter Spermien und eine Abnahme der akrosomalen Schädigungen zu beobachten. Diese Änderungen beschränkten sich aber nicht auf die Bullen, denen Leinöl verabreicht worden war, sondern zeigten sich in gleichem Ausmaß auch bei den mit Palmfett gefütterten Tieren. Dies bedeutet, dass die beobachteten Effekte nicht auf die Erhöhung des Anteils von DHA in der Spermienmembran zurückzuführen waren.

Als Ursache für die Zunahme der PMI-Spermien und die Abnahme der akrosomalen Schädigungen kann eventuell eine Vermehrung von Fettsäuren in den Membranen

verantwortlich sein. In der vorliegenden Studie wurden aber nur die relativen und nicht die absoluten Fettsäurengehalte bestimmt, so dass diesbezüglich keine definitiven Aussagen gemacht werden können.

Es ist aber auch zu beachten, dass im Laufe der Versuche sowohl bei den V- als auch bei den K-Bullen Vitamin E supplementiert wurde. Vitamin E ist ein Antioxidans und damit in der Lage Spermienzellen vor der Lipidperoxidation zu schützen (BECONI et al. 1991). Bei dem Fütterungsversuch von ROOKE et al. (2001) war ebenfalls, wie im beschriebenen Versuch, eine Änderung der Spermienqualität in beiden Gruppen zu beobachten. Die Kontrolleber erhielten das Grundfutter und zusätzlich Vitamin E. Das Futter der Versuchseber unterschied sich von dem Kontrollfutter nur durch die Thunfischölzugabe. ROOKE et al. (2001) führten die Zunahme der Vorwärtsbeweglichkeit und die Abnahme der Spermien mit morphologischen Veränderungen auf das zu beiden Futtermitteln zugesetzte Vitamin E zurück.

BRINSKO et al. (2005) überprüften, wie in der vorliegenden Studie, den akrosomalen Status und die Plasmamembranintegrität der kryokonservierten Spermien mittels Durchflusszyto-metrie. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der vorliegenden Studie traten keine Verbesserungen der durchflusszytometrischen Parameter auf, obwohl der DHA-Gehalt in der Spermienmembran bei der Versuchsgruppe um das Dreifache angestiegen war. Die Umstände, bei denen Hengstsperma eingefroren wird, sind andere als diejenigen, bei denen Bullensperma eingefroren wird. So werden unterschiedliche Verdünner eingesetzt. Da die Verdünner mit der Spermamembran interagieren, ist es durchaus vorstellbar, dass der Effekt der Fütterung von mehrfach ungesättigten Fettsäuren auch vom eingesetzten Verdünner abhängt. Ebenso können laut FISCHER (2008) unterschiedliche Verdünnungsstufen die Spermaqualität beeinflussen.

Weder bei den V- noch bei den K-Bullen traten während der Versuche Änderungen in der DNA-Integrität auf. Dieses Ergebnis stimmt mit den Untersuchungen von BRINSKO et al.

(2005) überein. Da die ungesättigten Fettsäuren in der Spermienmembran bevorzugtes Ziel von ROS sind, besteht bei einem erhöhten Anteil eine größere Gefahr für die Lipidperoxidation (BROUWERS u. GADELLA 2003; BROUWERS et al. 2005). Es wird jedoch nicht nur die Membran, sondern auch intrazelluläre Strukturen wie z.B. die DNA durch ROS geschädigt (SIKKA et al. 1995). In dem vorliegenden Versuch war keine

Änderung der DNA-Integrität trotz eines höheren DHA-Anteils bei den V-Bullen zu verzeichnen. Möglicherweise ist dies auch auf den erhöhten Vitamin E-Gehalt zum Ende des Versuches zurückzuführen. Dies entspricht auch den Ergebnissen der Untersuchungen zum oxidativen Stress. Er ist nach Leinölfütterung nicht - wie vermutet - angestiegen, sondern hat intrazellulär zum Versuchsende abgenommen.

Zu keinem Zeitpunkt traten bei Bodipy vor der Kryokonservierung Unterschiede zwischen den Tiergruppen auf. Ebenso zeigten sich keine zeitlichen Änderungen bei den V-Bullen. Bei den K-Bullen nahm die Lipidperoxidation zwischen den Phasen I und II signifikant ab. Dieser Abfall könnte ebenfalls durch Zufütterung von Vitamin E und den weniger starken oxidativen Effekt durch das Fehlen von DHA im Vergleich zu den V-Bullen bedingt sein.

Die Erhebung des intrazellulären oxidativen Stresses mittels DCFH und DHR123 brachte für beide Färbungen übereinstimmende Ergebnisse. Zu allen drei Messzeitpunkten nahm der oxidative Stress zum Ende des Versuches signifikant ab und es waren keine Unterschiede zwischen den Tiergruppen vorhanden. Generell stieg nach der Kryokonservierung die Differenz der Fluoreszenz an, sowohl bei den 0-Stunden- als auch bei den 3-Stunden-Werten, wobei nach 3 Stunden Inkubation die höchsten Werte erzielt wurden. Dieser Anstieg entspricht den Ergebnissen von Studien an Hengstsperma. Bei einer Studie von BALL et al.

(2001) stieg die H2O2-Produktion im Tiefgefriersperma nach dem Auftauen signifikant an.

SIKKA (2001) fand bei Versuchen mit menschlichen Spermien heraus, dass besonders das an Mitochondrien reiche Mittelstück und nicht der Kopf Hauptangriffspunkt für oxidative Prozesse ist. DE LAMIRANDE u. GAGNON (1992) sehen durch den oxidativen Stress eine negative Beeinflussung der Fähigkeit zur Kapazitation und Akrosomreaktion. Vergleicht man die DHR- und DCFH-Werte vor und unmittelbar nach der Kryokonservierung, so ist festzustellen, dass zu beiden Messzeitpunkten der oxidative Stress bis zum Ende der Fütterungsphase abfiel. Dies zeigte sich anhand einer Abnahme der Differenz der Fluoreszenzintensität zwischen den stimulierten und unstimulierten Proben. In dem gleichen Zeitraum fiel der Anteil der Spermien mit akrosomaler Schädigung nach der Kryokonservierung bis zum Ende der Versuche ab, und der Anteil der plasmamembranintakten Spermien stieg an. Es ist anhand der vorliegenden Studienergebnisse nicht eruierbar, ob die Abnahme der Akrosomschädigungen und die Zunahme der vitalen Spermien Folgen oder Ursachen des reduzierten Stresses sind. Auch DE LAMIRANDE u.

GAGNON (1992) hatten einen Zusammenhang zwischen oxidativem Stress und akrosomaler Schädigung beobachtet.

Da eine Abnahme des oxidativen Stresses in beiden Tiergruppen auftrat, ist ein Einfluss von Alpha-Linolensäure eher auszuschließen. Neben Fetten wurde in beiden Rationen Vitamin E supplementiert. Im Serum war besonders ab der Phase III ein Anstieg von Vitamin E zu verzeichnen (vgl. Abb. 4.20). Möglicherweise gibt der Status im Blut jedoch nicht den Status der Spermien im Ejakulat wieder. So ist z.B. beim Menschen bekannt, dass die Vitamin E-Plasma-Konzentration nicht mit dem diätetisch aufgenommenen Vitamin E-Gehalt korreliert (HORWITT et al. 1972). Vitamin E wird fettgebunden transportiert, der Gehalt im Blut richtet sich nach der Zusammensetzung der Lipoproteine im Blut (DAVIES et al. 1969).

Außerdem wird es vornehmlich aus dem Blut in der Leber gespeichert und angereichert (COHN et al. 1992). Eventuell ist auch eine Anreicherung in den Hoden oder im Seminalplasma möglich. Dazu wäre es interessant gewesen, den Vitamin E-Gehalt nicht nur aus dem Blutserum, sondern auch aus dem Seminalplasma zu bestimmen. Generell ist Vitamin E als ein starkes Antioxidans bekannt. Es reduziert vorhandene Radikale und bildet dabei stabile und reaktionsträge Tocopheryl-Radikale.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse des oxidativen Stresses sind die antioxidativen Systeme im Seminalplasma nicht zu vernachlässigen. In einer parallel durchgeführten Studie von CALISICI (unveröffentlicht) wurde aber der Einfluss von Alpha Linolensäure auf die antioxidativen Systeme Superoxid Dismutase (SOD), Glutathion Peroxidase (GPx) sowie die totale antioxidative Kapazität (TAC) untersucht. Es konnte dabei kein Unterschied der antioxidativen Kapazitäten von SOD, TAC und GPx über die Dauer des Versuches festgestellt werden. Daraus lässt sich schließen, dass die in der eigenen Studie beobachtete Abnahme des intrazellulären Stresses nicht an einer gesteigerten antioxidativen Aktivität des Seminalplasmas lag.

5.4 Schlussfolgerungen und Ausblick

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass die Fütterung von gecoateter Alpha-Linolensäure zu einer Verbesserung der Qualität kryokonservierten Spermas führte. Diese Effekte sind jedoch nicht auf die Erhöhung des Anteils an DHA in den Spermien zurückzuführen, da dieselben Änderungen in der Spermaqualität auch bei den Bullen der

Kontrollgruppe, denen Palmfett gefüttert worden war und bei denen sich der DHA-Anteil in der Spermienmembran nicht änderte, beobachtet wurden. Es ist aber nicht auszuschließen, dass die festgestellten Effekte auf den zu Anfang der Versuche vorherrschenden Vitamin E-Mangel zurückzuführen sind.

Um abzuklären, welche Ursachen die im Laufe der Versuche festzustellende Verbesserung der Spermaqualität hat, sollten weitere Fütterungsversuche durchgeführt werden, bei denen neben den genannten beiden Gruppen eine weitere Tiergruppe untersucht wird, der eine energetisch gleichwertige Ration ohne Fett gefüttert wird. Es ist außerdem wichtig darauf zu achten, dass kein Vitamin E-Mangel bei den Tieren besteht. Außerdem sollten die erzeugten Spermaportionen in einem Besamungsversuch eingesetzt werden, um nicht nur ausschließlich die Auswirkungen auf die Spermaqualität, sondern auch auf die Fertilität beurteilen zu können.

6. ZUSAMMENFASSUNG

Frauke Dehning (2008): Einfluss der Fütterung von Omega-3-Fettsäure auf die Spermaqualität von Bullen

Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es zu untersuchen, ob durch die Zufütterung der Omega-3-Fettsäure Alpha-Linolensäure (C18:3n3) zum einen klassische und durchflusszytometrische Spermaparameter beeinflusst werden können und zum anderen der Gehalt der Omega-3-Fettsäure Docosahexaensäure (C22:6n3) in den Spermien verändert wird.

Für diese Studie standen anfangs 20 Bullen der Rasse Holstein Frisian zur Verfügung. Drei Bullen mussten frühzeitig aus dem Versuch aus nicht mit dem Versuch zusammenhängenden Gründen ausscheiden. Das durchschnittliche Alter der aus 9 Tieren bestehenden Versuchsgruppe betrug 3,2 ± 1,0 Jahre und der aus acht Tieren bestehenden Kontrollgruppe 3,7 ± 0,8 Jahre. Neben der Grundration erhielt die Versuchsgruppe 800 g gecoatete Alpha-Linolensäure (entspricht 400 g Alpha-Alpha-Linolensäure) und die Kontrollgruppe 400 g Palmitinsäure (Bergafat®), aufgeteilt auf zwei Portionen am Tag (morgens und abends). Die Samenentnahme erfolgte zweimal wöchentlich im Abstand von drei bzw. vier Tagen über 16 Wochen (4 Wochen Vorversuchsphase ohne Fettsupplementation und 12 Wochen Hauptversuchsphase mit Fettsupplementation). Zur Beurteilung des Spermas wurden direkt nach der Spermagewinnung Volumen, Dichte und Gesamtspermienzahl des Ejakulates bestimmt und die Vorwärtsmotilität mikroskopisch geschätzt. Nach der Verdünnung mit TRIS-Eigelbverdünner wurden an den flüssigkonservierten Ejakulaten durchflusszytometrisch die prozentualen Anteile plasmamembranintakter Spermien (PMI) und akrosomal geschädigter Spermien (AS) mittels Fitc-PNA/PI-Färbung und der Grad der Lipidperoxidation bzw. Peroxidation mittels C11-Bodipy581/591 bzw. DCFH- und DHR-Färbung ermittelt. An den kryokonservierten Proben wurden direkt nach dem Auftauen und nach dreistündiger Inkubation ebenfalls die vorher genannten durchflusszytometrischen Qualitätsparameter bestimmt. Zusätzlich wurde der Chromatinstatus mittels SCSA nach dreistündiger Inkubation ermittelt.

Die gaschromatographische Bestimmung der im Sperma enthaltenen Fettsäuren erfolgte an schockgefrorenen Spermien, welche in den Wochen 1 und 16 gewonnen worden waren.

Die Zugabe von Alpha-Linolensäure hatte keinen Effekt (p>0,05) auf die klassischen Spermaqualitätsparameter und die durchflusszytometrischen Parameter im flüssigkonservierten Sperma. Direkt nach der Kryokonservierung nahm der Anteil der PMI-Spermien bis zum Ende des Versuches in beiden Gruppen zu und der Anteil der AS-PMI-Spermien

Die Zugabe von Alpha-Linolensäure hatte keinen Effekt (p>0,05) auf die klassischen Spermaqualitätsparameter und die durchflusszytometrischen Parameter im flüssigkonservierten Sperma. Direkt nach der Kryokonservierung nahm der Anteil der PMI-Spermien bis zum Ende des Versuches in beiden Gruppen zu und der Anteil der AS-PMI-Spermien