• Keine Ergebnisse gefunden

5. DISKUSSION

5.3 Einfluss auf die Spermaqualität

Obwohl der DHA-Gehalt bei den V-Bullen zum Ende des Versuchzeitraumes leicht angestiegen war (vgl. Abb. 4.22), hatte dies keinen Einfluss auf die klassischen Spermaparameter Spermakonzentration, Ejakulatvolumen, Spermienzahl und Vorwärts-beweglichkeit der Spermien. Weder bei den V- noch bei den K-Bullen zeigte sich eine Veränderung über die Zeit. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu den Untersuchungen von CEROLINI et al. (1997) an Hahnsperma sowie von NISSEN u. KREYSEL (1983) an humanem Sperma. Sie fanden heraus, dass ein erhöhter Anteil an DHA mit einer verbesserten Vorwärtsbeweglichkeit assoziiert ist. Auch die Ergebnisse von CONQUER et al. (1999) legen die Vermutung nahe, dass sich ein hoher DHA-Gehalt positiv auf die Spermakonzentration und die Vorwärtsmotilität auswirkt. Bei den Untersuchungen der letztgenannten Autoren an humanen Spermien zeigte sich, dass eine Reduktion von DHA, bedingt durch eine Asthenozoospermie oder eine Lipidperoxidation, eine Reduktion der Spermakonzentration und der Vorwärtsmotilität zur Folge hatte.

Eine altersbedingte Reduzierung des Ejakulatvolumens bei Bullen wird ebenfalls auf eine Abnahme von mehrfach ungesättigten Fettsäuren in der Membran zurückgeführt (KELSO et al. 1997c). ROOKE et al. (2001) konnten im Gegensatz zur eigenen Studie durch die Fütterung von Thunfischöl an Schweine den Anteil an vorwärtsbeweglichen Spermien steigern. Auch PENNY (2000) beobachtete eine Spermaqualitätssteigerung in Form von einer Zunahme der Gesamtspermienzahl, der Spermakonzentration und des Anteils lebender Spermien bei Ebern durch DHA-Zulage. Den Spermien von Ebern und Männern ist gemein, dass ihre DHA-Anteile in der Membran physiologischerweise nicht so hoch sind wie bei Bullen. Eventuell könnten sie daher eine höhere Kapazität haben, DHA neu einzubauen mit der Folge der Verbesserung der Spermaparameter.

Bei dem Fütterungsversuch von BRINSKO et al. (2005) an Hengsten wurden keine Änderungen der Bewegungsmerkmale von Spermien unmittelbar nach der

Flüssigkonservierung nachgewiesen. Achtundvierzig Stunden später war aber vor allem bei subfertilen Hengsten ein positiver Effekt der DHA-Gabe auf die gesamte Motilität und die Vorwärtsmotilität zu beobachten. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Variabi-litäten in der Spermaqualität und der Fertilität bei Hengsten viel höher als bei Bullen sind (NEILD et al. 2005). Dies liegt daran, dass Hengste ausschließlich aufgrund ihres Pedigrees bzw. ihrer sportlichen Erfolge für die Zucht ausgewählt werden (NEILD et al. 2005), während Bullen, die in der künstlichen Besamung eingesetzt werden, seit Jahrzehnten auch bezüglich der Kryokonservierbarkeit des Spermas selektiert wurden. So handelte es sich bei den Bullen, die in der vorliegenden Studie eingesetzt wurden, um Tiere mit relativ guter Fruchtbarkeit (OSMERS, pers. Mitteilung 2006).

Außerdem ist zu bedenken, dass die Vorwärtsmotilität in dem vorliegenden Versuch nur geschätzt wurde. In den Versuchen von BRINSKO et al. (2005) und ROOKE et al. (2001) wurde dieser Parameter mittels computergestützter Motilitätsanalyse ermittelt. Diese Erfassung kann genauere Ergebnisse bringen, da das Schätzverfahren immer einer gewissen Subjektivität unterliegt. Weiterhin wurden die klassischen Spermaparameter nur an nativem Sperma unmittelbar nach dessen Gewinnung ermittelt, d.h. es war noch keinem Stress durch Verdünnung und Kryokonservierung ausgesetzt. Die eventuellen Vorteile einer elastischeren Spermamembran hatten sich evtl. zu diesem Zeitpunkt noch nicht gezeigt. So waren, wie bereits erwähnt, in dem Versuch von BRINSKO et al. (2005) Unterschiede infolge der Fütterung von Thunfischöl erst nach 48-stündiger Flüssigkonservierung des Spermas zu erkennen.

Hinsichtlich der Integrität der Plasmamembran und des Akrosoms waren vor der Kryokonservierung keine Effekte der Fütterung von Leinöl und Palmfett festzustellen. Bei den kryokonservierten Spermien war jedoch nach dem Auftauen eine Zunahme des Anteils plasmamembranintakter Spermien und eine Abnahme der akrosomalen Schädigungen zu beobachten. Diese Änderungen beschränkten sich aber nicht auf die Bullen, denen Leinöl verabreicht worden war, sondern zeigten sich in gleichem Ausmaß auch bei den mit Palmfett gefütterten Tieren. Dies bedeutet, dass die beobachteten Effekte nicht auf die Erhöhung des Anteils von DHA in der Spermienmembran zurückzuführen waren.

Als Ursache für die Zunahme der PMI-Spermien und die Abnahme der akrosomalen Schädigungen kann eventuell eine Vermehrung von Fettsäuren in den Membranen

verantwortlich sein. In der vorliegenden Studie wurden aber nur die relativen und nicht die absoluten Fettsäurengehalte bestimmt, so dass diesbezüglich keine definitiven Aussagen gemacht werden können.

Es ist aber auch zu beachten, dass im Laufe der Versuche sowohl bei den V- als auch bei den K-Bullen Vitamin E supplementiert wurde. Vitamin E ist ein Antioxidans und damit in der Lage Spermienzellen vor der Lipidperoxidation zu schützen (BECONI et al. 1991). Bei dem Fütterungsversuch von ROOKE et al. (2001) war ebenfalls, wie im beschriebenen Versuch, eine Änderung der Spermienqualität in beiden Gruppen zu beobachten. Die Kontrolleber erhielten das Grundfutter und zusätzlich Vitamin E. Das Futter der Versuchseber unterschied sich von dem Kontrollfutter nur durch die Thunfischölzugabe. ROOKE et al. (2001) führten die Zunahme der Vorwärtsbeweglichkeit und die Abnahme der Spermien mit morphologischen Veränderungen auf das zu beiden Futtermitteln zugesetzte Vitamin E zurück.

BRINSKO et al. (2005) überprüften, wie in der vorliegenden Studie, den akrosomalen Status und die Plasmamembranintegrität der kryokonservierten Spermien mittels Durchflusszyto-metrie. Im Gegensatz zu den Ergebnissen der vorliegenden Studie traten keine Verbesserungen der durchflusszytometrischen Parameter auf, obwohl der DHA-Gehalt in der Spermienmembran bei der Versuchsgruppe um das Dreifache angestiegen war. Die Umstände, bei denen Hengstsperma eingefroren wird, sind andere als diejenigen, bei denen Bullensperma eingefroren wird. So werden unterschiedliche Verdünner eingesetzt. Da die Verdünner mit der Spermamembran interagieren, ist es durchaus vorstellbar, dass der Effekt der Fütterung von mehrfach ungesättigten Fettsäuren auch vom eingesetzten Verdünner abhängt. Ebenso können laut FISCHER (2008) unterschiedliche Verdünnungsstufen die Spermaqualität beeinflussen.

Weder bei den V- noch bei den K-Bullen traten während der Versuche Änderungen in der DNA-Integrität auf. Dieses Ergebnis stimmt mit den Untersuchungen von BRINSKO et al.

(2005) überein. Da die ungesättigten Fettsäuren in der Spermienmembran bevorzugtes Ziel von ROS sind, besteht bei einem erhöhten Anteil eine größere Gefahr für die Lipidperoxidation (BROUWERS u. GADELLA 2003; BROUWERS et al. 2005). Es wird jedoch nicht nur die Membran, sondern auch intrazelluläre Strukturen wie z.B. die DNA durch ROS geschädigt (SIKKA et al. 1995). In dem vorliegenden Versuch war keine

Änderung der DNA-Integrität trotz eines höheren DHA-Anteils bei den V-Bullen zu verzeichnen. Möglicherweise ist dies auch auf den erhöhten Vitamin E-Gehalt zum Ende des Versuches zurückzuführen. Dies entspricht auch den Ergebnissen der Untersuchungen zum oxidativen Stress. Er ist nach Leinölfütterung nicht - wie vermutet - angestiegen, sondern hat intrazellulär zum Versuchsende abgenommen.

Zu keinem Zeitpunkt traten bei Bodipy vor der Kryokonservierung Unterschiede zwischen den Tiergruppen auf. Ebenso zeigten sich keine zeitlichen Änderungen bei den V-Bullen. Bei den K-Bullen nahm die Lipidperoxidation zwischen den Phasen I und II signifikant ab. Dieser Abfall könnte ebenfalls durch Zufütterung von Vitamin E und den weniger starken oxidativen Effekt durch das Fehlen von DHA im Vergleich zu den V-Bullen bedingt sein.

Die Erhebung des intrazellulären oxidativen Stresses mittels DCFH und DHR123 brachte für beide Färbungen übereinstimmende Ergebnisse. Zu allen drei Messzeitpunkten nahm der oxidative Stress zum Ende des Versuches signifikant ab und es waren keine Unterschiede zwischen den Tiergruppen vorhanden. Generell stieg nach der Kryokonservierung die Differenz der Fluoreszenz an, sowohl bei den 0-Stunden- als auch bei den 3-Stunden-Werten, wobei nach 3 Stunden Inkubation die höchsten Werte erzielt wurden. Dieser Anstieg entspricht den Ergebnissen von Studien an Hengstsperma. Bei einer Studie von BALL et al.

(2001) stieg die H2O2-Produktion im Tiefgefriersperma nach dem Auftauen signifikant an.

SIKKA (2001) fand bei Versuchen mit menschlichen Spermien heraus, dass besonders das an Mitochondrien reiche Mittelstück und nicht der Kopf Hauptangriffspunkt für oxidative Prozesse ist. DE LAMIRANDE u. GAGNON (1992) sehen durch den oxidativen Stress eine negative Beeinflussung der Fähigkeit zur Kapazitation und Akrosomreaktion. Vergleicht man die DHR- und DCFH-Werte vor und unmittelbar nach der Kryokonservierung, so ist festzustellen, dass zu beiden Messzeitpunkten der oxidative Stress bis zum Ende der Fütterungsphase abfiel. Dies zeigte sich anhand einer Abnahme der Differenz der Fluoreszenzintensität zwischen den stimulierten und unstimulierten Proben. In dem gleichen Zeitraum fiel der Anteil der Spermien mit akrosomaler Schädigung nach der Kryokonservierung bis zum Ende der Versuche ab, und der Anteil der plasmamembranintakten Spermien stieg an. Es ist anhand der vorliegenden Studienergebnisse nicht eruierbar, ob die Abnahme der Akrosomschädigungen und die Zunahme der vitalen Spermien Folgen oder Ursachen des reduzierten Stresses sind. Auch DE LAMIRANDE u.

GAGNON (1992) hatten einen Zusammenhang zwischen oxidativem Stress und akrosomaler Schädigung beobachtet.

Da eine Abnahme des oxidativen Stresses in beiden Tiergruppen auftrat, ist ein Einfluss von Alpha-Linolensäure eher auszuschließen. Neben Fetten wurde in beiden Rationen Vitamin E supplementiert. Im Serum war besonders ab der Phase III ein Anstieg von Vitamin E zu verzeichnen (vgl. Abb. 4.20). Möglicherweise gibt der Status im Blut jedoch nicht den Status der Spermien im Ejakulat wieder. So ist z.B. beim Menschen bekannt, dass die Vitamin E-Plasma-Konzentration nicht mit dem diätetisch aufgenommenen Vitamin E-Gehalt korreliert (HORWITT et al. 1972). Vitamin E wird fettgebunden transportiert, der Gehalt im Blut richtet sich nach der Zusammensetzung der Lipoproteine im Blut (DAVIES et al. 1969).

Außerdem wird es vornehmlich aus dem Blut in der Leber gespeichert und angereichert (COHN et al. 1992). Eventuell ist auch eine Anreicherung in den Hoden oder im Seminalplasma möglich. Dazu wäre es interessant gewesen, den Vitamin E-Gehalt nicht nur aus dem Blutserum, sondern auch aus dem Seminalplasma zu bestimmen. Generell ist Vitamin E als ein starkes Antioxidans bekannt. Es reduziert vorhandene Radikale und bildet dabei stabile und reaktionsträge Tocopheryl-Radikale.

Bei der Betrachtung der Ergebnisse des oxidativen Stresses sind die antioxidativen Systeme im Seminalplasma nicht zu vernachlässigen. In einer parallel durchgeführten Studie von CALISICI (unveröffentlicht) wurde aber der Einfluss von Alpha Linolensäure auf die antioxidativen Systeme Superoxid Dismutase (SOD), Glutathion Peroxidase (GPx) sowie die totale antioxidative Kapazität (TAC) untersucht. Es konnte dabei kein Unterschied der antioxidativen Kapazitäten von SOD, TAC und GPx über die Dauer des Versuches festgestellt werden. Daraus lässt sich schließen, dass die in der eigenen Studie beobachtete Abnahme des intrazellulären Stresses nicht an einer gesteigerten antioxidativen Aktivität des Seminalplasmas lag.