• Keine Ergebnisse gefunden

3. Querschnittsthemen

3.1. Die Verkehrswende

In zahlreichen Medien ist aktuell von der „Verkehrswende“ die Rede. Darunter versteht der DUDEN die „grundlegende Umstellung des öffentlichen Verkehrs“. Diese bezieht sich auf unterschiedliche Bereiche:

3.1.1. Die Antriebs- und Technologiewende: Elektromobilität und autonome Steuerung

Einerseits auf eine Antriebswende: Diese betont – rein technisch – neu entwickelte Kraftquellen des Fahrzeugs. Waren im 20. Jahrhundert vor allem Verkehrsmittel mit Verbrennungsmotoren auf den Straßen unterwegs, so werden diese heute zunehmend durch solche ersetzt, die mit Wasser-stoff, Brennstoffzellen oder batterieelektrisch angetrieben werden. Entsprechend erhöht sich die Vielfalt an Verkehrsmitteln im Straßenbild. So sind zum Beispiel vor allem in urbanen Gebieten vermehrt E-Fahrräder und E-Autos unterwegs. Laut den Angaben des Bundeswirtschaftsministe-riums sind mit Stand Juni 2020 insgesamt 60 elektrische Fahrzeugmodelle deutscher Hersteller auf dem Markt, die an rund 24.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkten mit Strom geladen werden können. In der gesellschaftlichen und politischen Diskussion ist auch das Wasserstoffauto, welches bisher kaum verbreitet ist.

Neben dem Antrieb sind neue, technisch weiterentwickelte Fahrzeuge im Gespräch und in der Entwicklung. So z.B. E-Autos, die autonom fahren. Das heißt: Die Steuerung ist digital getrieben, Entscheidungen trifft im Verkehr der programmierte, aber lernende Algorithmus eines Computers.

Das autonome, digital gesteuerte Fahren muss unterschieden werden von der automatisierten Fernsteuerung von Fahrzeugen, so z.B. von der Metro-Linie 1 in Paris. Diese transportiert bereits seit 2012 täglich Millionen Fahrgäste – führerlos. Hier ist die Fahrt vorprogrammiert. Ein lernender Algorithmus fehlt aber.

Schließlich sind E-Flugzeuge (Flugtaxis) im Gespräch. Diese sollen ohne einen Piloten zukünftig Personen befördern können, die sie anfordern. Die Steuerung übernimmt auch hier ein lernender Algorithmus eines Computers. Entsprechende Urban-Air-Mobility-Konzepte werden aktuell disku-tiert. In diesem Zusammenhang werden auch Drohnen für die Auslieferung von Waren an Kund:in-nen getestet.

3.1.2. Die Mobilitätswende: Verändertes Verkehrsverhalten in der Gesellschaft

Andererseits spricht man von einer Mobilitätswende: Diese bezieht sich weniger auf neue Techno-logien, vielmehr auf das Verkehrsverhalten innerhalb einer Gesellschaft, auf veränderte Mobilitäts-entscheidungen. Die Gründe für das Umsteigen auf andere Verkehrsmittel können individueller Natur sein: Ein neues E-Auto erweist sich als für „Digital Natives“, für Menschen, die mit dem Inter-net aufgewachsen und im Netz zu Hause sind, vielleicht zeitgemäßer als ein Verbrenner. Im Som-mer steigt man lieber auf das Fahrrad, als im Auto zu schwitzen. Die Reise in den Urlaub möchte man nicht mehr im Flugzeug, sondern komfortabel und umweltfreundlich im Zug genießen. Ande-ren ist die Bahn vielleicht zu teuer, das Flugzeug vielleicht günstiger und schneller. Der E-Scooter ist vielleicht für einen kurzen Zeitraum bei Jugendlichen beliebt, weil ein beliebter Influencer in den sozialen Netzwerken dafür geworben hat.

Eine Mobilitätswende kann aber auch auf veränderte gesellschaftliche oder politische Rahmbedin-gungen zurückgeführt werden. So begünstigt die staatliche Förderung der Elektromobilität (zum Beispiel durch zeitlich befristete Kaufanreize und den Ausbau von Ladesäulen) die Produktion und den Ankauf von E-Autos. Weiterhin kann ein staatlich geförderter Ausbau von Mobilitätsangeboten und -dienstleistungen eine Mobilitätswende auslösen. Wird beispielsweise der ÖPNV in einer Re-gion ausgebaut, kann dies dazu führen, dass die Nutzung oder gar die Verkaufszahlen von privat genutzten Autos zurückgehen, die Menschen auf Bus und Bahn umsteigen. Infrastrukturelle Maß-nahmen wie der Ausbau von Fahrradschnellwegen kann zu einem Anstieg des Bedarfs an Fahrrä-dern in bestimmten Gebieten führen. Letztlich hat die Liberalisierung des Fernbusverkehrs im Jahr 2013 zu einem Boom an Anbietern für Fernbusreisen geführt. Daraufhin haben sich zahlreiche Menschen dafür entschieden, Fernreisen und Kurzstrecken innerhalb einer Region, gar innerhalb Europas, nicht mehr per Bahn oder Flugzeug zurückzulegen, sondern mit dem Fernbus.

3.1.3. Mobility-as-a-Service: Der Kunde und seine Mobilitätsbedürfnisse im Zentrum

Im Zuge der Mobilitätswende ergeben sich neue, auf den Kund:innen abgestimmte Geschäftsmo-delle und Dienstleistungen, die sich unter dem Begriff „Mobility-as-a-Service“ zusammenfassen.

Der Begriff entspringt einem Problem: Früher buchte jede und jeder ihre oder seine Reise über ein Reisebüro oder über einen Schalter eines Verkehrsunternehmens. Heute planen und buchen viele Menschen ihre Reise selbst – im Internet, von Zu Hause aus und zwar von der Adresse, in der sie wohnen bis zum Standort des Hotels, in das sie am Ankunftsort einchecken wollen.

Dabei greifen sie auf verschiedene Plattformen im Netz zu: Von der App des regionalen ÖPNV, über die Webseite des Anbieters für Flug- oder Bahnreisen bis zur Fahrplanauskunft des regiona-len Verkehrsbetriebs am Ankunftsort. Dort nutzen sie für Ausflüge oder kurze Strecken möglicher-weise weitere Apps, z.B. für die Nutzung von E-Bikes oder E-Scooter. Die Koordination der Reise mit unterschiedlichen Webseiten und Apps erweist sich häufig als schwierig und unübersichtlich.

Bei zahlreichen Verkehrsportalen hinterlässt er oder sie persönliche Datenspuren, überall muss er sich neu registrieren und einloggen. Das kostet viel Zeit und viele Nerven.

Dieses Problem haben viele Unternehmen inzwischen erkannt. Zukünftig soll es daher Apps und Webseiten geben, die nicht ein bestimmtes Verkehrsmittel in das Zentrum ihres Mobilitätsange-bots setzen, sondern den individuellen Reisenden und seine Mobilitätswünsche und -bedarfe über die gesamte Reise hinweg. Dieser kann dann zukünftig auf zentralen Plattformen im Netz Start- und Zieladresse eingeben, verschiedene oder alle Verkehrsmittel auswählen und bekommt schließlich persönliche Reisepläne angezeigt – mit zahlreichen, unterschiedlichen Verkehrsmitteln verschiedener Unternehmen. Im besten Fall kann sie oder er mit einer Registrierung alle Verkehrs-mittel buchen.

Beispielhaft steht dafür das Unternehmen Google. Mit der App „Google Maps“ können heute Rou-ten schnell und unkompliziert berechnet und auf KarRou-ten zur Navigation angezeigt werden. Zur Auswahl steht neben dem Zurücklegen der Strecke per Auto, Fahrrad oder zu Fuß auch die Op-tion, Verkehrsunternehmen und ihre vielfältigen Angebote – Bus, Bahn, Flugzeug, Schiff, Taxi oder E-Scooter – zu nutzen, über Landes- und Staatsgrenzen hinweg. Aber auch für den Nahverkehr gibt es entsprechende Angebote. So haben die Berliner Verkehrsbetriebe für die Hauptstadt die App „Jelbi“ veröffentlicht. Damit lassen sich Strecken innerhalb Berlins planen, unabhängig vom Verkehrsmittel. So kann die Fahrt mit dem Bus oder mit der U-Bahn starten, mit dem E-Roller fort-gesetzt werden und mit dem Taxi enden. Auch die Deutsche Bahn bietet heutzutage in ihrer Fahr-planauskunft Angebote verschiedener Verkehrsunternehmen von unterschiedlichen regionalen Verkehrsverbünden an. Außerdem bindet die Bahn mit „Call a Bike“ auch Fahrräder in den Fahr-weg des Einzelnen ein.

3.1.4. Sharing Economy: Fahrzeuge mit Anderen teilen

Angesichts der Digitalisierung sowie unter Berücksichtigung des Konzepts „Moblity-as-a-Service“

haben sich in den letzten Jahren neue Geschäftsmodelle herausgebildet, mit denen neue, aber auch etablierte Unternehmen versuchen, Kund:innen zu gewinnen und Mobilitätsentscheidungen zu beeinflussen.

So z.B. mit Car-Sharing: Hierbei kann jede und jeder mittels App und auf der Grundlage eines Kun-denvertrags kurzfristig ein Auto mieten. Die App zeigt an, in welcher Entfernung sich das nächste frei verfügbare Auto befindet, welches kurzerhand aus der Ferne reserviert werden kann. Begibt man sich daraufhin zu dem Fahrzeug, wird dieses mit einer persönlichen Schlüsselkarte oder mit-tels App geöffnet. Nach der Fahrt wird das Fahrzeug wieder – digital – verriegelt. Für die jeweilige Dauer der Fahrt oder auf der Grundlage der Entfernung wird ein vorher im Vertrag festgelegter Be-trag vom Konto abgebucht. Weitere Kosten (beispielsweise für das Tanken oder Parken) entstehen für den Kund:innen nicht. Dieses Geschäftsmodell hat sich in den letzten Jahren von Autos nicht nur auf Autos, sondern auch auf weitere Verkehrsmittel ausgedehnt, so z.B. auf das Bike- und E-Bike-Sharing, das Teilen von herkömmlichen oder von elektrisch angetriebenen Fahrrädern. In den letzten Jahren hat sich das E-Scooter-Sharing in größeren Innenstädten durchgesetzt.

Darüber hinaus verbreiten sich weitere Angebote. So lassen sich heute über Apps und Webseiten mobile Fahrgemeinschaften und Mitfahrgelegenheiten mit dem Auto schnell und digital organisie-ren. Dieses Carpooling muss unterschieden werden vom Ridepooling. Dabei handelt es sich um eine Dienstleistung des ÖPNV: Die Fahrt findet in Kleinbussen (Vans) statt, aber unabhängig von einem Fahrplan und einem festgelegten Linienweg. Diese Vans werden vom Kund:innen per App angefordert, im Gegensatz zum Taxi steigen aber zwischendurch weitere Gäste ein und aus. Die tatsächliche Fahrtstrecke berechnet ein Algorithmus anhand des Streckenbedarfs der Kund:innen.

3.1.5. Smart Insurance: Intelligente Versicherungen

Dank der Digitalisierung und im Zuge der Verkehrswende sind weitere neue Geschäftsmodelle entwickelt und umgesetzt worden. So z.B. „Pay per use-Versicherungen“. Dabei ermöglichen nut-zungsbasierte Tarife Versicherungsnehmern, verursachungsgerechte, also an ihrem tatsächlichen Fahrverhalten gemessene Versicherungsbeiträge, z.B. für das eigene Auto, zu bezahlen. Dabei werden individuelle fahrbezogene Date (bspw. Fahrhäufigkeit, Uhrzeiten, Brems- und Beschleu-nigungsverhalten) herangezogen, die in regelmäßigen Abständen über den Mobilfunk übertragen werden.

3.1.6. Digitale Verkehrsflussanalyse und Verlehrsleitsysteme

Mit digitalen Verkehrsleitsystemen und Verkehrsflussanalysen werden heute verkehrsbezogene Daten digital erfasst und automatisiert ausgewertet. So z.B. wie viele Verkehrsteilnehmer mit wel-chen Verkehrsmitteln zu welwel-chen Zeiten welwel-chen Bereich überquert haben. Das Ziel ist dabei die effiziente Organisation, Information und Lenkung des Verkehrs. Diese Daten werden ausgewertet und sollen auch genutzt werden, um die Mobilität in der Zukunft zu unterstützen

3.1.7. Smart Parking: Intelligentes Parken

Smart Parking umfasst einerseits smarte Parkleitsysteme, die über digitale Anzeigetafeln

oder über Navigationsgeräte zu einem freien Parkplatz führen können. Anderseits sind Apps auf dem Markt, die Parkgebühren anhand der Angabe von Parkzeiten abbuchen können. Damit ent-fällt das Suchen nach einem Parkautomat.

3.1.8. Netzausbau und 5G

Somit zeigt sich: Die aktuelle Verkehrswende, insbesondere die Mobilitätswende geht einher mit der digitalen Transformation innerhalb der Gesellschaft. Sie ist vorrangig datengetrieben. So be-nötigen viele Sharing-Angebote eine App. Diese benötigt über die gesamte Strecke hinweg den Zugang zum Internet. Spätestens am Ziel braucht die App die Information, dass die Fahrt beendet wurde. Leider sind nicht alle Regionen Deutschland an ein internetfähiges und schnelles Mobil-funknetz angeschlossen. Somit beschränken sich viele Angebote auf größere Städte, bleiben aber in ländlichen Regionen weitestgehend unbekannt.

Beim autonomen Fahren tauschen sich mit Fahrzeuge untereinander auf der Strecke aus, ver-arbeiten ständig Strecken- und Verkehrsdaten. So können Staus oder Unfälle vorhersehen und verhindert werden. Voraussetzung dafür ist eine stabile und technologisch zuverlässige Netzab-deckung über das gesamte Streckennetz hinweg. Experten gehen davon aus, dass hier der neue Mobilfunkstandard 5G zum Einsatz kommen soll. Dieser lässt Datenraten von 10 GB pro Sekunde zu. Durch 5G ist eine Ansprache von 100 Milliarden Fahrzeugen gleichzeitig möglich, ohne dass es zu Verbindungseinbußen oder Abbrüchen kommt. Aufgrund einer Latenzzeit von weniger als einer Millisekunde sind Verzögerungen bei der Verbindung verschiedener Fahrzeuge ausgeschlossen.

3.1.9. Chancen der digitalen Verkehrswende

Viele dieser neuen digitalen Angebote und Lösungen sind nur möglich, wenn eine entsprechen-de Verarbeitung von persönlichen Daten erfolgen kann. Dies geht mit einer Unsicherheit einher:

Welches Unternehmen macht was mit welchen Daten? Findet eine Überwachung statt? Werden Bewegungsprofile erstellt? Sollte man angesichts solcher Risiken und Ängste überhaupt datenge-triebene Angebote nutzen?

Hier muss klar herausgestellt werden, dass die digital getriebene Verkehrswende auch Chancen mit sich bringt:

• Durch intelligente und digitale Verkehrsanalysten und -leitsysteme, aber auch durch die Kom-munikation von Fahrzeugen beim autonomen Fahren können Staus frühzeitig erkannt und durch eine Umleitung von Fahrzeugen verhindert werden.

• Mittels Verkehrsüberwachung im ÖPNV erfahren Fahrgäste in der App ob der Bus oder die Bahn verspätet ist und wann er oder sie voraussichtlich eintreffen wird.

• Sharing-Angebote ermöglichen das Teilen von Fahrzeugen innerhalb einer Gesellschaft. Die Anschaffung eigener Fahrzeuge erübrigt sich damit, was zu Kostenersparnissen für Treibstoff, Parkgebühren und Versicherungen führt. Auch die Wartung und Pflege sowie die Reparatur wird vom Unternehmen übernommen.

• Intelligente Versicherungen ermöglichen eine Reduzierung von Versicherungsbeiträgen, z.B.

durch die Anpassung des Fahrverhaltens. Dadurch erhöht sich auch die allgemeine Verkehrs-sicherheit

• Durch digitales Carpooling ergeben sich schnell und unkompliziert Fahrgemeinschaften. Durch das gemeinschaftliche statt alleinige Fahren wird die Umwelt geschont, neue Bekannt- und Freundschaften werden geschlossen.

• Darüber hinaus ergeben sich wirtschaftliche Vorteile für Unternehmen: Durch neue datenge-triebene Analysen und Erhebungen können kundenorientiertere Angebote unterbreitet wer-den. Langwierige, kostenintensive Kundenumfragen sind somit nicht mehr nötig.

Im Spiel nutzt Felicitas Fogg viele dieser Chancen. Dabei fallen Datenspuren an. Sogar dann, wenn man sie ihr eigenes herkömmliches Fahrrad nutzt. Denn dabei hat sie ihr Smartphone dabei. Über GPS könnte sie daher geortet werden.

Um dies zu verhindern könnte sie ihr Smartphone so einstellen, dass ihr Standort nicht mehr er-kannt wird. Diese und weitere Tipps zum souveränen Umgang mit den eigenen, personenbezoge-ne Daten werden im folgenden Kapitel erläutert.