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6   Relaxation in Poly(ethyl methacrylat)

6.6   Zusammenfassende Diskussion der Relaxationseigenschaften

6.6.2   Verhalten relaxierter Proben

Zum Vergleich der unterschiedlichen spektroskopischen Methoden werden im Folgenden Er-gebnisse betrachtet, die an Proben mit vergleichbarem Relaxationszustand aufgenommen wurden. In Abbildung 6.36 ist die Dämpfungsdifferenz zwischen beschichteten und un-beschichteten Oszillatoren für die verschiedenen Schwingungsmoden des DPOs bzw. für die Biegeschwingung des PPXRs aufgetragen. Der DPO ist mit einer 1,4 µm dicken, das PPXR mit einer 2,8 µm dicken PEMA-Schicht beschichtet. Die Proben wurden vor der Messung bei 475 K ausgelagert.

Abbildung 6.36: Dämpfungsdifferenz zwischen beschichteten und unbeschichteten Oszillatoren für die mit den ver-schiedenen Methoden zugänglichen Schwingungsmoden, links sind die Absolutwerte in logarithmischer Skala aufge-tragen, rechts in linearer Skala die normierten Werte. Die vollen Symbole repräsentieren die Messungen am All-Mode-DPO (1,4 µm), die leeren Dreiecke zeigen die mit dem PPXR (2,8 µm) bei 1.700 Hz bestimmten Werte. Die Temperaturskala für die Ergebnisse der PPXR-Messung ist um 15 K verschoben, was auf apparative Unterschiede zurückzuführen ist.

Die zu den mit dem PPXR aufgenommenen Messwerten gehörende Temperaturskala am obe-ren Rand des Graphen ist um 15 K nach rechts verschoben. Diese Verschiebung ist auf appa-rative Unterschiede zurückzuführen und konnte bereits von Scharf beobachtet werden [16].

Im linken Teil der Abbildung sind die Absolutwerte der Dämpfungsdifferenz in logarithmi-scher Skala dargestellt. Hier zeichnen sich die Ergebnisse, die mit den beiden Asymmetri-schen Torsionsmoden AS1 und AS2 bestimmt wurden, durch sehr geringe Dämpfung aus. Die Dämpfungswerte aller weiteren Moden liegen weit oberhalb dieser Werte. Signifikante Unter-schiede in Form und Position der Maxima sind in dieser Auftragung hingegen nur schwer auszumachen.

Auch in der Darstellung der normierten Dämpfungswerte im rechten Teil von Abbildung 6.36 lassen sich kaum Unterschiede in der Form der einzelnen Dämpfungsmaxima feststellen. Die

mit dem PPXR gemessenen Werte zeigen einen mit den DPO-Kurven vergleichbaren Kurven-verlauf. Unterschiede zwischen den Messdaten des DPOs und des PPXR, wie sie von Scharf für PMMA gefunden wurden [16], treten hier nicht auf, können aber auch nicht gänzlich aus-geschlossen werden, da die PPXR-Messung nicht zuverlässig bis in den Bereich weit unter der Glasübergangstemperatur durchgeführt werden konnte. Anhand der in Kapitel 7 folgenden Ergebnisse an PMMA und PBMA wird jedoch gezeigt werden, dass auch die Niedertempera-turflanken der Dämpfungen, die mit den unterschiedlichen Methoden aufgenommen wurden keine signifikanten Unterschiede aufweisen.

Für Proben, die sich nach Auslagerung schließlich in einem klar definierten und erholten, ins-besondere auch vergleichbaren Relaxationszustand befinden, werden also mit den hier unter-suchten Methoden unabhängig von Messfrequenz und Art der Anregung (Biege- oder Torsi-onsschwingung) analoge Verlustspektren gefunden, die die Charakteristik eines reinen α-Prozesses aufweisen. Dabei kann hier keine eindeutige Abhängigkeit der Maximumstempe-ratur, bzw. der Glasübergangstemperatur von der Messfrequenz gefunden werden, wie schon in Abbildung 6.22 dargestellt. Bedingt durch den hohen Fehler mit dem die Temperatur des Maximimus behaftet ist, kann diese Abhängigkeit hier aber auch nicht ausgeschlossen wer-den. Dennoch scheint die Abhängigkeit der Fließprozesse von der Messfrequenz im engen Messfenster von 5 kHz hier als zu gering, um aufgelöst zu werden zu können.

Die beim ersten Vergleich der Messungen von DPO und PPXR in Kapitel 6.2 aufgetretenen Abweichungen im Hochtemperaturverhalten können hier nicht verifiziert werden. Die Dämp-fung bei hohen Temperaturen steigt für die hier gezeigten Messungen weder für die vom Elas-tizitätsmodul noch für die vom Schermodul dominierten an. Das in Kapitel 6.2 gefundene abweichende Verhalten scheint also experimentellen Ursprungs zu sein. Möglich ist ein Ein-fluss der Umgebungsluft auf das Hochtemperaturverhalten, da experimentell bedingt für die Messungen in der ex-situ Anlage das Vakuum gebrochen werden musste. Wahrscheinlicher ist aber der Einfluss der unterschiedlichen Ofengeometrien und ein eventuelles Überheizen der Schicht im Strahlungsofen der ex-situ Anlage, das zu einem verstärkten duroplastischen Cha-rakter der Schicht und somit zu erhöhter Dämpfung bei hohen Temperaturen führen würde.

Deutliche Unterschiede zeigen sich im Vergleich mit den Ergebnissen der dielektrischen Spektroskopie. In Abbildung 6.37 ist der temperaturabhängige dielektrische Verlust einer mit 400 Pulsen hergestellten PEMA-Schicht dargestellt. Die unterschiedlichen Kurven repräsen-tieren die Daten, die bei unterschiedlichen Frequenzen, ähnlich denen der mechanischen

Mes-sungen in Abbildung 6.36, aufgenommen wurden. Das in Abbildung 6.36 dargestellte, in sei-ner Position nahezu frequenzunabhängige, Maximum der mechanischen Dämpfung des α-Prozesses findet hier keine Entsprechung. Stattdessen ist bei geringeren Temperaturen ein Maximum im Verlust zu erkennen, das auf den in der dielektrischen Spektroskopie dominie-renden β-Prozess zurückzuführen ist. Dieser β-Prozess zeigt im Gegensatz zum mechanisch gemessenen viskosen Fließprozess eine starke Abhängigkeit der Temperatur des maximalen Verlustes von der Messfrequenz. Mit steigender Frequenz wird die Lage des Verlustmaxi-mums zu höheren Temperaturen verschoben.

Abbildung 6.37: Temperaturabhängiger dielektrischer Verlust einer mit 400 Pulsen laserdeponierten PEMA-Probe, aufgetragen bei verschiedenen Frequenzen, die auch mit den Methoden der mechanischen Spektroskopie zugänglich sind. Im linken Graph sind die Absolutwerte aufgetragen, rechts sind die Daten normiert dargestellt.

Während die Position der Maximumsfrequenzen und somit die typischen Relaxationszeiten den Literaturdaten von bulk-PEMA entsprechen, sind die anhand der Arrhenius-Auswertung in Abbildung 6.29 gefundenen Aktivierungsenergien von 0,21 eV etwa einen Faktor 3 bis 4 geringer als die entsprechenden Werte in der Literatur [127, 128, 139-142]. Eine mögliche Ursache ist wiederum in der Modifikation des Polymers während der Laserbehandlung zu finden. Insbesondere der mögliche Verlust vereinzelter Ester-Seitengruppen, der z.B. bei La-serbestrahlung von PMMA auftritt [12], hat einen starken Einfluss auf die β-Relaxation. Ein homogener Verlust der Seitengruppen, der zur Bildung von alternierenden Einfach- und Dop-pelbindungen im Backbone und somit zu konjugierten Bindungen, ähnlich wie im Polyacety-len, führen würde [7], ist aber unwahrscheinlich, auch wenn dadurch die erhöhte Gleichstrom-leitfähigkeit teilweise erklärt werden könnte. Wichtiger scheint der Einfluss im Polymer ein-geschlossener kleiner radikaler Fragmente, die als zusätzliche Ladungsträger auftreten kön-nen.

Bei Temperaturen von etwa 440 K tritt in Abbildung 6.37 ein zweites, frequenzunabhängiges Maximum auf. Die Interpretation dieses Maximums als Ergebnis des aus der mechanischen Spektroskopie bekannten α-Prozesses scheidet beim Vergleich der Temperaturen des maxima-len Verlustes aus. Vielmehr scheint es seine Ursache in Polarisationsprozessen in der glatten Komponente des PEMAs zu haben. Hier ist erneut zu betonen, dass die hier untersuchten la-serdeponierten Polymere zweikomponentige Materialien sind. Während in der mechanischen Spektroskopie sicher der Einfluss der bulk-ähnlichen Tröpfchenkomponente überwiegt [16], ist insbesondere in der dielektrischen Spektroskopie der Einfluss der glatten Komponente, die sich durch eine starke Modifikation im Vergleich zu Ausgangsmaterial und insbesondere star-ke Vernetzung auszeichnet, nicht zu vernachlässigen.

7 Vergleich mit Poly(methyl methacrylat) und Poly(butyl