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4   Mechanische Spektroskopie

4.2   Das Plasma Plume eXcited Reed (PPXR)

Neben dem hochsensiblen Doppelpaddeloszillator wird im Rahmen dieser Arbeit auch eine Variation der klassischen Biegebalkenmethode „vibrating reed“ verwendet [98]. Das Plasma Plume eXcited Reed, PPXR wurde hier in Göttingen von Scharf entwickelt [99].

4.2.1 Aufbau, Anregung und Detektion

Kernstück des PPXRs ist ein 100 µm dicker Siliziumbalken, der als schwingendes Substrat für die zu untersuchende Schicht dient.

Abbildung 4.12 zeigt den schematischen Aufbau der Anlage. Der in einer Vakuumanlage montierte Biegebalken kann ausgelenkt und so zum freien Schwingen angeregt werden, in-dem er in der PLD-Anlage mit einem Silber-Puls beschichtet wird. Der Impuls der Teilchen in der Plasmakeule, die auf den Balken treffen, bewirkt eine Auslenkung des Balkens, s. d. die-ser dann größtenteils mit seiner ersten Eigenmode ausschwingt. Durch geeignete Wahl der Geometrie des Biegebalkens lassen sich Resonanzfrequenzen zwischen 500 Hz und 10 kHz realisieren. Die Schwingung wird über einen Lichtzeiger in Verbindung mit einem positions-empfindlichen Detektor detektiert und über eine AD-DA Wandlerkarte an einen Computer übergeben. Um temperaturabhängige Messungen durchführen zu können, ist die Halterung des Biegebalkens an einen Ofen bzw. einen Kühlfinger gekoppelt, s. d. in Verbindung mit einem KNÜRR-HEINZINGER POLARIS 35-20Netzteil mit einem EUROTHERM 3508 PID Regler Temperaturen zwischen 200 und 600 K realisierbar sind.

Abbildung 4.12: Schematischer Aufbau der PPXR Apparatur. Der Impuls der Ag-Teilchen in der Plasmakeule, die auf den Biegebalken treffen, lenken diesen aus, woraufhin er frei ausschwingt. Über einen Lichtzeiger kann die Auslen-kung detektiert werden.

Im Vergleich zur Methode des Doppelpaddeloszillators zeigen sich zwei Unterschiede auf:

Erstens ist die Güte der Schwingung aufgrund der nicht optimierten Geometrie etwa eine Größenordnung schlechter als die der AS2 Mode des DPOs. Begrenzender Faktor ist hier die Energiedissipation über die Klemmung. Zweitens ist die Form der Schwingung beim PPXR aufgrund der einmaligen Auslenkung, gefolgt von freier Schwingung auf die erste Biegemode beschränkt. Um höhere Moden vermessen zu können, wäre hier eine kompliziertere externe Anregung notwendig, die dem schlanken Aufbauprinzip dieser Methode widersprechen wür-de. Die in-situ-Messung bei unterschiedlichen Frequenzen bleibt also dem DPO vorbehalten.

4.2.2 Durchführung und Auswertung

Die Aufnahme der Messpunkte erfolgt auch bei diesem Verfahren mit einem rampenförmigen Temperaturprofil. Zunächst wird die nächste Temperaturstufe angefahren, dann wird fünf Mi-nuten gewartet, bis das System sicher im thermischen Gleichgewicht ist. Die Messwertauf-nahme an der Wandlerkarte wird gestartet und zur Anregung wird ein Laserpuls abgegeben.

Nach einer definierten Zeit zwischen 2 und 10 Sekunden wird die Aufnahme an der Wandler-karte gestoppt. Zur Verbesserung der Statistik werden pro Temperaturschritt typischerweise drei Messungen durchgeführt. Die im wav-Format gespeicherten Messdaten werden zunächst grob Fourier-gefiltert (Bandsperrfilter über die 50 Hz des Stromnetzes und die 1.000 Hz der Turbomolekularpumpen) und dann weiter ausgewertet. Dazu wird ausgehend vom absoluten

Maximalwert der Messdaten an jede Halbschwingung (begrenzt durch die jeweiligen Mess-werte mit entgegengesetztem Vorzeichen) eine Sinus-Schwingung A0 sin(ωt+φ) angepasst, s.

d. für jede Halbschwingung die Lage und die Amplitude des Extremwerts bestimmt werden kann. Die somit erhaltenen Parameter des gesamten Schwingungsverlaufs werden einem Aus-reißertest unterzogen und man erhält das logarithmische Dekrement und die Resonanzfre-quenz, also die zur Bestimmung des inversen Qualitätsfaktors Q-1 benötigten Werte für jeden Ring-Down.

Zur Bestimmung des komplexen Elastizitätsmoduls ist auch hier, ähnlich wie in Kapitel 4.1.4, etwas klassische Mechanik notwendig. Der Realteil des Elastizitätsmoduls eines einseitig ein-gespannten Balkens der Dicke t und der Breite b ergibt sich nach [100] zu:

12 k3

E′ = bt . Formel 4.30

Dabei bezeichnet k die Biegesteifigkeit, also die gespeicherte Energie pro Länge und Krüm-mung, die von der als temperaturunabhängig angenommenen Massendichte ρ (Masse pro Länge), der temperaturabhängigen Resonanzfrequenz ω = 2πf0 und dem temperaturunabhän-gigen Parameter γ abhängt:

( )

4 2

( )

k T ρ ω T

= γ . Formel 4.31

γ lässt sich abhängig von der Länge des Balkens l durch Lösung des Differentialgleichungs-systems eines gedämpft schwingenden Balkens bestimmen. Für die Grundmode gilt:

γ = 1,8751/l. Formel 4.30 in Formel 4.31 eingesetzt liefert dann den temperaturabhängigen Speichermodul des Substrats.

Der Speichermodul eines zusätzlichen dünnen Films ergibt sich durch Integration über dessen Biegesteifigkeit von der Unterkante des Substrates bis zur Oberkante des Films zu:

2 2

wobei die Näherung zulässig ist, weil die Dicke des Films sehr viel kleiner ist als die des Sub-strats. Die Dicke des polymeren Films wird dabei mit der Annahme bestimmt, dass für Tem-peraturen weit über der Glasübergangstemperatur der Speichermodul verschwindet. Somit sollte dann für T>>Tg die Frequenzverschiebung nur durch die zusätzliche träge Masse auf dem Reed bedingt sein. Diese Annahme ist für unvernetzte Polymere, die bei hohen Tempera-turen vollständig flüssig werden, sicherlich zulässig. In wie weit sie auch für die hier verwen-deten laserdeponierten Filme legitim ist, wird in Kapitel 6.2 diskutiert.

Obwohl die Bestimmung des Speichermoduls also letztlich von der sehr präzise zu bestim-menden Verschiebung der Resonanzfrequenz abhängt, ist die Messung doch stark fehlerbehaf-tet, da die Biegesteifigkeit des Substrates sehr viel größer ist als die des Films. Die tatsächlich gemessene relative Änderung bleibt somit sehr klein und fehlerbehaftet.

Bedeutend genauer kann der Verlustmodul des Films bestimmt werden. Hier ist der die Auflö-sung limitierende Faktor die Güte der Schwingung des leeren Biegebalkens. Mit einem dem aus Kapitel 4.1.1 ähnlichem Formalismus ergibt sich:

( )

1 1 1

3

Substrat Film Film Film Substrat Film Substrat Substrat

Film

E Q E Q Q E t

t

′′ = ′ = + − ′ . Formel 4.33