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6   Relaxation in Poly(ethyl methacrylat)

6.3   Kombinierte Messungen (All-Mode-DPO)

6.3.2   Speicher- und Verlustmodul

Zur Bestimmung der mechanischen Eigenschaften einer PEMA-Schicht wurde der oben cha-rakterisierte DPO nach der Leermessung mit 5.000 Laserpulsen PEMA beschichtet und erneut vermessen. Um auch hier Relaxationsprozesse des laserdeponierten Materials beobachten zu können, wurde auf eine Auslagerung vor der Messung verzichtet.

Zunächst soll im Vergleich zu Kapitel 6.1 der Einfluss der Schicht auf das Schwingungsver-halten der AS2-Mode untersucht werden. Abbildung 6.12 zeigt die relative Änderung der AS2-Resonanzfrequenz für drei Temperaturzyklen mit unterschiedlicher Endtemperatur. Die vollen Symbole stellen wieder die Heiz-, die leeren Symbole die Kühlmessungen dar. Für die schwarze Neukurve ist zunächst ein horizontaler Verlauf zu beobachten, der ab 350 K zu einer geringen Frequenzdifferenz abknickt. Beim Abkühlen wird dieser Verlauf nicht reproduziert, vielmehr verläuft die Frequenzdifferenz bei geringeren Werten zurück. Die nächste Heizkurve (volle rote Punkte) liegt bis zur vorigen Endtemperatur identisch auf der letzten Kühlkurve und setzt diese dann stetig fort. Die Daten der folgenden Kühlmessung sind wieder zu kleine-rer Frequenzverschiebung versetzt. Diese Werte werden sowohl von der Heiz- als auch der Kühlkurve der letzten Messung (grüne Dreiecke) reproduziert.

Der Verlauf der Frequenzverschiebung ist also von der vorherigen Auslagerungstemperatur abhängig. Ist diese gleich, werden die Daten reproduziert. Gemäß Formel 4.19 ist diese Fre-quenzverschiebung direkt mit dem Schermodul der Schicht verknüpft, die stetige Abnahme der Frequenzverschiebung ist also mit einer Zunahme des Schermoduls verbunden, wie be-reits in Kapitel 6.1 diskutiert. Dieser Prozess überlagert die durch den Glasübergang bestimm-te Abnahme des Schermoduls, die in Abbildung 6.14 quantitativ diskutiert wird.

Abbildung 6.12: Relative Frequenzänderung der AS2-Resonanzfrequenz durch eine mit 5.000 Pulsen laserdeponierte PEMA-Schicht mit unterschiedlicher thermischer Vorgeschichte. Die vollen schwarzen Quadrate beschreiben den ersten Durchgang nach der Deposition. Die leeren Quadrate zeigen die Daten der darauf folgenden Kühlmessung.

Analog zeigen die roten und grünen Symbole die Werte für den zweiten und dritten Messzyklus.

Abbildung 6.13 zeigt den zugehörigen Verlauf der Dämpfungsdifferenz zwischen beschichte-tem und leerem DPO. Die Temperaturabhängigkeit ähnelt dem in Kapitel 6.1 gezeigten Ver-halten, zeigt jedoch auch Unterschiede. Zunächst zeigt die Neukurve im Vergleich mit allen folgenden Heiz- und Kühlkurven eine Verschiebung des Maximums um etwa 10 K. Diese lässt sich wieder durch überlagernde thermisch induzierte Relaxationsprozesse während des Aufheizens erklären. Wie in Kapitel 6.1 dargelegt, setzen diese erst ab einer Temperatur von 375 K signifikant ein, s. d. das Maximum hier unterhalb dieser Temperatur unterdrückt wird.

Das Maximum ist also nicht wirklich verschoben, sondern es fehlen lediglich die Beiträge unterhalb von 375 K, was zur Deformation des Maximums und somit zur scheinbaren Ver-schiebung führt.

Die folgende Heizmessung reproduziert nicht, wie anhand der Ergebnisse aus den Frequenz-messungen erwartet werden könnte, die Daten der ersten Kühlmessung, sondern zeigt über den kompletten Temperaturbereich eine höhere Dämpfung. Dieses Verhalten kann hier nicht eindeutig erklärt werden, besonders da die weiteren Messungen wieder die bekannte Abhän-gigkeit der Dämpfung von der vorigen Auslagerungstemperatur zeigen.

Abbildung 6.13: Differenz der inversen Qualitätsfaktoren von beschichtetem und unbeschichtetem DPO der AS2-Mode an einer mit 5.000 Pulsen laserdeponierten PEMA-Schicht mit unterschiedlicher thermischer Vorgeschichte.

Die vollen schwarzen Quadrate beschreiben den ersten Durchgang nach Deposition. Die leeren Quadrate zeigen die Daten der darauf folgenden Kühlmessung. Analog zeigen die roten und grünen Symbole die Werte für den zweiten und dritten Messzyklus.

Zur quantitativen Berechnung des Schermoduls ist nun gemäß Formel 4.20 die Schichtdicke erforderlich. Diese wurde anhand von der bekannten Depositionsrate zu tFilm = 1,4 µm be-stimmt. Abbildung 6.14 zeigt die so bestimmten Real- und Imaginärteile des Schermoduls abhängig von der vorigen Auslagerung. Zusätzlich eingetragen sind die Daten eines vierten Messdurchgangs, der nach dem dritten Durchgang bis 470 K durchgeführt wurde.

Wie auch schon bei der Betrachtung der Frequenzverschiebung sind beim Speichermodul zwei unterschiedliche Effekte zu erkennen. Das Erhitzen der Probe auf „neue“ Temperaturen, also Temperaturen, der die Probe zuvor noch nicht ausgesetzt war, führt ab 360 K zu einer starken, monotonen und irreversiblen Erhöhung des Speichermoduls mit steigender Tempera-tur. Diesem Prozess überlagert ist mit dem Erweichen der Schicht der eigentliche Glas-übergang. Dieser ist in allen Messungen ausschließlich der ersten Heizmessung klar zu erken-nen, bei mittleren Auslagerungstemperaturen (Kühlmessung des ersten Durchgangs, folgende Heizmessung) zeigt sich klassisches Verhalten: Der Speichermodul zeigt drei charakteristi-sche Bereiche: Bis 330 K nimmt G‘ mit steigender Temperatur leicht linear ab, danach fällt er schneller, aber weiter linear ab, um schließlich in ein Plateau abzuknicken. Die Heiz- und Kühlmessungen liegen gut übereinander, was auf gute Reproduzierbarkeit schließen lässt.

Die weitere Auslagerung in Durchgang 2, 3 und 4 führt zu zusätzlicher, irreversibler Härtung des Films. Parallel ist für die letzten beiden Durchgänge ein minimales Abdampfen nicht voll-ständig auszuschließen, da die Messdaten für den letzten Durchgang systematisch über denen des dritten Durchgangs liegen.

Aus dem Anfang des Maximums im Verlustmodul lässt sich die Glasübergangstemperatur zu 330 K ablesen und verifiziert damit den in Kapitel 6.1 bestimmten Wert. Die Temperatur des Maximums in der Auftragung von G‘‘ entspricht gemäß den Kramers-Kronig-Relationen [123, 124] der Temperatur des Wendepunkts der Kurve des Speichermoduls. Die Temperatur des folgenden Wendepunkts in G‘‘ ist identisch mit der Temperatur des zweiten Knickpunkts in G‘.

Während der Speichermodul mit steigender Auslagerungstemperatur ansteigt, führt die ther-misch induzierte Relaxation auch zu einer starken Zunahme des Verlustmoduls, was auf eine erhöhte Effizienz der Energiedissipation im Material zurückzuführen ist.

Abbildung 6.14: Temperaturabhängiger Schermodul der laserdeponierten PEMA-Schicht im ausgelagerten Zustand für Heiz- und Kühlmessung. Links ist der Speichermodul, rechts der Verlustmodul abgebildet. Als Schichtdicke für die Berechnung der Module wurde 1,4 µm verwendet.