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APD 90 : EPA nach Erythromycingabe

4.8 Vergleich von Versuchen, in denen Torsade de Pointes auftraten, mit Versuchen ohne Torsade de Pointes

Aufgrund der geringen Anzahl der Versuche ohne TDPs wurden für den Vergleich zwischen Versuchen ohne und mit TDPs die Daten aller drei Versuchsreihen zusammengefasst. Verglichen wurden die Länge des QT-Intervalls, die APD90 sowie die räumliche und zeitliche Dispersion. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass bezüglich aller vier elektrophysiologischer Parameter der Trend zu höheren Werten bei Versuchen mit TDPs besteht.

In der folgenden Abbildung erkennt man, dass das QT-Intervall in den Versuchen mit TDPs in allen Konzentrationsstufen länger ist als in den Versuchen ohne TDPs. Der Trend zu einer stärkeren Verlängerung des QT-Intervalls in den Versuchen, in denen unter Erythromycingabe TDPs auftraten, ist erkennbar. Auffällig ist, dass bei den

4. Ergebnisse_____________________________________________________________________

Versuchen mit späteren TDPs bereits die „Baseline“-Werte höher waren als bei Versuchen, in denen keine TDPs auftraten.

Vergleich der QT-Intervalle zwischen Versuchen mit und ohne Torsade de Pointes

0 50 100 150 200 250 300 350 400

Baseline 150 µM Ery 300 µM Ery + 10 µM PUFA + 20 µM PUFA Substanzkonzentration [ms]

QT-Intervall [ms]

mit TDPs ohne TDPs

Abbildung 51:

Vergleich der QT-Intervalle zwischen Versuchen mit und ohne TDPs.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bezüglich der APD90. Auch hier waren die gemessenen Werte in den Versuchen mit TDPs in allen Konzentrationsstufen höher. Die Applikation von Erythromycin führte in den Versuchen, in denen TDPs auftraten, zu einer stärkeren Verlängerung der APD90. Genau wie beim Vergleich der QT-Intervalle wurden bereits unter „Baseline“-Bedingungen höhere Werte beobachtet als bei den Versuchen ohne TDPs.

Vergleich der APD90 zwischen Versuchen mit und ohne Torsade de Pointes

0 50 100 150 200 250

Baseline 150 µM Ery 300 µM Ery + 10 µM PUFA + 20 µM PUFA Substanzkonzentration [ms]

APD90 [ms]

mit TDPs ohne TDPs

Abbildung 52:

Vergleich der APD90 zwischen Versuchen mit und ohne TDPs.

4. Ergebnisse_____________________________________________________________________

Vergleicht man die räumliche Dispersion zwischen den Versuchen mit und ohne TDPs, ist ebenfalls der Trend zu erkennen, dass Erythromycin in den Versuchen mit TDPs zu einer stärkeren Vergrößerung der Dispersion führte. Anders als beim QT-Intervall und der APD90 lässt sich unter „Baseline“-Bedingungen jedoch kein Unterschied erkennen.

Vergleich der räumlichen Dispersion bei 90%iger Repolarisation zwischen Versuchen mit und ohne

Torsade de Pointes

0 10 20 30 40 50 60 70

Baseline 150 µM Ery 300 µM Ery + 10 µM PUFA + 20 µM PUFA Substanzkonzentration [ms]

Dispersion [ms]

mit TDPs ohne TDPs

Abbildung 53:

Vergleich der räumlichen Dispersion zwischen Versuchen mit und ohne TDPs.

Die Abbildung zum Vergleich der zeitlichen Dispersion zeigt einen sehr deutlichen Trend zur stärkeren Verlängerung der BVR in den Versuchen, in denen TDPs auftraten. Unter „Baseline“-Bedingungen existieren keine Unterschiede. Nach der Applikation von 300 µM Erythromycin ist die BVR in den Versuchen mit TDPs jedoch mehr als doppelt so lang wie in den Versuchen ohne TDPs. In Versuchen mit TDPs blieb die BVR nach Applikation der PUFA wesentlich höher als in Versuchen ohne TDPs.

Vergleich der zeitlichen Dispersion bei 90%iger Repolarisation zwischen Versuchen mit und ohne

Torsade de Pointes

0 10 20 30 40 50 60

Baseline 150 µM Ery 300 µM Ery + 10 µM PUFA + 20 µM PUFA Substanzkonzentration [ms]

zeitliche Dispersion [ms]

mit TDPs ohne TDPs

Abbildung 54:

Vergleich der zeitlichen Dispersion zwischen Versuchen mit und ohne TDPs.

5. Diskussion_____________________________________________________________________

5. Diskussion

Verschiedene epidemiologische sowie klinische Studien zeigen, dass eine diätetische Zufuhr von PUFAs das Auftreten des plötzlichen Herztodes beim Menschen signifikant reduzieren kann (WANG et al. 2006; VON SCHACKY 2007a).

Tierexperimentelle Studien konnten einen antiarrhythmischen Effekt beweisen (GUDBJARNASON u. HALLGRIMSSON 1976; MURNAGHAN 1981; MC LENNAN et al. 1988; BILLMAN et al. 1994, 1999). In der vorliegenden Arbeit konnte aufgezeigt werden, dass die untersuchten ω-3-Fettsäuren ALA, DHA und EPA antiarrhythmische Eigenschaften besitzen und somit eine Alternative bzw. eine zusätzliche Option zu klassischen Antiarrhythmika darstellen könnten.

In dieser Arbeit wurde der Einfluss der mehrfach ungesättigten ω-3-Fettsäuren ALA, DHA und EPA auf die Arrhythmogenese untersucht. Dabei wurden zunächst die elektrophysiologischen Eigenschaften der drei Substanzen ALA, DHA und EPA im Sinne einer Dosis-Wirkungs-Beziehung bestimmt. Im Anschluss daran erfolgten Untersuchungen, die eine Aussage ermöglichten, inwieweit die eingesetzten PUFAs in der Lage sind, medikamenteninduzierte proarrhythmische Eigenschaften abzuschwächen bzw. zu unterdrücken.

Die elektrophysiologischen Untersuchungen wurden an einem etablierten Modell des isolierten Kaninchenherzens nach Langendorff durchgeführt (LANGENDORFF 1895;

DÖRING 1990, 1996). In dieser Arbeit wurden weibliche Kaninchen gewählt, da sie eher zu TDPs neigen als Männchen. Dies ist vergleichbar mit dem Menschen (CHENG 2006).

Die Gabe aller drei PUFAs führte zu einer deutlichen, statistisch signifikanten Reduktion der QT-Zeit sowie der APD. Diese Ergebnisse dienten als Grundlage für die weiterführenden Experimente, in denen ein möglicher antiarrhythmischer Effekt der PUFAs aufgezeigt werden sollte.

Mit Hilfe des Makrolidantibiotikums Erythromycin, einem IKr-Blocker, konnte das LQTS 2 simuliert werden. Die Applikation resultierte in einer statistisch signifikanten Verlängerung der QT-Zeit, der APD sowie der Dispersion der Repolarisation, was bei einer Reduktion der K+-Konzentration in der

Perfusionslösung Rhythmusstörungen vom TDP-Typ provozierte. Die zusätzliche Applikation aller drei PUFAs reduzierte die durch Erythromycin hervorgerufene Verlängerung der oben genannten elektrophysiologischen Parameter wieder. Als Folge traten auch statistisch signifikant weniger EADs und Tachykardien vom TDP-Typ auf. Die Substanzen DHA und EPA verhinderten das Auftreten von EADs und TDPs bei einer Konzentration von 20 µM gänzlich, womit ihnen in dieser Arbeit eine höhere antiarrhythmische Wirkung zugesprochen werden kann als ALA.

Die antiarrhythmische Wirkung ist vor allem in der Unterdrückung von EADs zu sehen, da allen aufgezeichneten TDPs zuvor EADs vorausgingen. Außerdem fehlt durch die Reduzierung der Dispersion das Substrat für die Aufrechterhaltung der TDPs. Erwähnenswert ist die besonders starke Reduktion der transmuralen Dispersion durch den besonders hohen Verkürzungseffekt auf die APD der endokardialen Kardiomyozyten (Abb. 31). Man kann spekulieren, dass PUFAs eine besondere Affinität zu endokardialen Zellen besitzen.

5.1 Einfluss der ω-3-Fettsäuren ALA, DHA und EPA auf die myokardiale Repolarisation

Den PUFAs ALA, DHA und EPA wird von vielen Autoren ein antiarrhythmischer Effekt zugesagt. EPA und DHA werden sogar von den bedeutendsten kardiologischen Fachgesellschaften für verschiedene kardiovaskuläre Indikationen empfohlen, unter anderem auch zur Prophylaxe ventrikulärer Rhythmusstörungen (VON SCHACKY 2007a). In dieser Arbeit führte die alleinige Gabe von ALA, DHA und EPA in verschiedenen Konzentrationen zu einer deutlichen Reduktion der APD sowie der QT-Zeit. Die APD wurde durch alle drei Substanzen statistisch signifikant und in ähnlich starkem Ausmaß verkürzt, wobei DHA und EPA eine etwas stärkere Wirkung aufwiesen. Verschiedene Studien bestätigen die in dieser Arbeit beobachteten Effekte der PUFAs auf die APD sowie die QT-Zeit. KANG et al. (1995) konnten an neonatalen Ratten-Myozyten eine APD Verkürzung durch ALA, DHA und EPA sowie weiteren PUFAs zeigen, während gesättigte oder einfach ungesättigte FS

5. Diskussion_____________________________________________________________________

diesen Effekt nicht aufwiesen. Ebenfalls konnte eine APD-Verkürzung an adulten Ratten- und Meerschweinchen-Myozyten durch DHA und EPA beobachtet werden, wobei EPA eine stärkere Wirkung hatte als DHA (MACLEOD et al. 1998). ANDER et al. (2004) führten einen Fütterungsversuch an männlichen Kaninchen der Rasse

„Weiße Neuseeländer“ durch und untersuchten die Herzen im Anschluss an die mehrwöchige Fütterungsperiode elektrophysiologisch mit Hilfe einer Langendorff-Anlage. Die Fütterung einer ALA-reichen Diät führte sowohl zu einer Verkürzung der QT-Zeit als auch zu einer Reduktion von auftretenden Arrhythmien.

Diese Beobachtung konnten sie auch nach einer akuten ALA- und DHA-Applikation bestätigen. Auch eine Studie an Schweine-Myozyten (VERKERK et al. 2006) bestätigte, dass die APD nach Fütterung von Fischölen sinkt. DHEIN et al. (2005) beobachteten dagegen am Modell des Langendorff-perfundierten isolierten Kaninchenherzens eine Verlängerung der QT-Zeit unter Gabe von ALA und EPA.

Gründe für diese Diskrepanz der Ergebnisse könnten in methodischen Unterschieden liegen. So verwendeten DHEIN et al. (2005), im Gegensatz zur Methode dieser Arbeit, männliche Kaninchen. Außerdem wurden von ihnen die MAPs mit Hilfe von Elektrodenplatten aufgezeichnet. Zusätzlich wurde die QT-Zeit nicht wie in der vorliegenden Arbeit für jede einzelne Stimulationsfrequenz manuell ausgewertet, sondern rechnerisch als QTc-Zeit ermittelt.

Eine Verkürzung der QT-Zeit sowie der APD allein kann nicht per se als pro- bzw. antiarrhythmische Eigenschaft eingestuft werden. Wie bereits in Kapitel 2.3 erwähnt, kann eine Verkürzung der APD antiarrhythmisch wirken, wenn die zugrundeliegende Arrhythmie durch eine getriggerte Aktivität verursacht wird. Jedoch bewirkt eine Verkürzung der APD auch eine Verkürzung der Refraktärzeit und begünstigt auf diese Weise Reentry-Mechanismen (DEN RUIJTER et al. 2006). Eine Verlängerung der APD ist das wichtigste antiarrhythmische Wirkprinzip und kann im Umkehrschluss also einen Reentry verhindern. Eine Verlängerung der Repolarisation kann aber auch proarrhythmisch wirken. Die meisten proarrhythmischen Effekte wurden von primär nicht antiarrhythmisch wirkenden Substanzen beschrieben, die IKr

blockieren (ECKARDT et al. 1998a; HAVERKAMP et al. 2000). Antiarrhythmika der Klasse III wirken durch eine Verlängerung der Repolarisationsphase und können

damit ein Auftreten von Rhythmusstörungen verhindern. Genau dieser Effekt kann aber wiederum ebenfalls das Auftreten von TDP-Arrhythmien begünstigen (HONDEGHEM et al. 2001). Das proarrhythmische Potenzial repolarisationsverlängernder Medikamente sehen HONDEGHEM et al. (2001) nicht in der APD-Verlängerung, sondern unter anderem in einer dreieckigen Formveränderung des AP. Gleiches konnten MILBERG et al. (2002) zeigen. Eine Verkürzung der APD kann aus einem verminderten Kationen-Einstrom, einem gesteigertem Kationenausstrom sowie einer Kombination aus beidem resultieren.

Nachgewiesen ist, dass PUFAs den Ionenkanal ICaL inhibieren (XIAO et al. 1997).

Außerdem konnten Effekte auf repolarisierende K+-Ströme nachgewiesen werden.

Allerdings sind diese Ergebnisse widersprüchlich. Während KIM und CLAPHAM (1989) zeigten, dass PUFAs den auswärtsgerichteten K+-Strom in Ratten-Myozyten aktivieren und somit eine Verkürzung des AP bedingen, zeigten HONORÉ et al.

(1994) eine Abschwächung desselben Stroms in Maus- und Ratten-Myozyten.

Bestätigt wurde dies durch Beobachtungen von GUIZY et al. (2005), die nachwiesen, dass eine akute DHA-Applikation das HERG-Gen, welches die wichtige Kanal-bildende Komponente des IKr bildet, blockiert. Um den zugrundeliegenden elektrophysiologischen Mechanismus hinsichtlich der APD-Verkürzung aufzudecken, sind weitere Versuche auf zellulärer Ebene erforderlich.