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2.4.1 Struktur und Nomenklatur von Fettsäuren

Fettsäuren sind Monocarbonsäuren, also Verbindungen aus einer Carboxylgruppe und einer unterschiedlich langen, fast ausschließlich unverzweigten, geradzahligen Kohlenwasserstoffkette. Fettsäuren sind vorwiegend mit Alkoholen verestert, in geringen Mengen liegen sie aber auch in freier Form vor (KOOLMAN u. RÖHM 1994). Man unterscheidet sie an der Zahl der Kohlenstoffatome (C-Atome) sowie der Anwesenheit, Anzahl und Position etwaiger Doppelbindungen. Fettsäuren mit einer Doppelbindung werden als ungesättigt bezeichnet, mit mehr als einer Doppelbindung als mehrfach ungesättigt. Ungesättigte Fettsäuren tragen die erste Doppelbindung in der Regel zwischen den Kohlenstoffatomen C-9 und C-10. Bei mehrfach ungesättigten Fettsäuren treten die weiteren Doppelbindungen dann im Abstand von drei C-Atomen auf, d.h. es handelt sich um isolierte Doppelbindungen (KOOLMAN u. RÖHM 1994). Meist ist die Doppelbindung cis-konfiguriert, was einen Knick von ca. 30 ° in der Kohlenwasserstoffkette bedingt. Alle Fettsäuren mit mindestens einer Doppelbindung distal des neunten C-Atoms sind für den Menschen und alle Säugetiere (KOOLMAN u. RÖHM 1994) essentiell, d. h. sie können sie nicht selbst synthetisieren, da die zur Synthese aus Ölsäure benötigten Desaturasen fehlen. Bei der Nomenklatur wird die Anzahl der C-Atome, gefolgt von der Anzahl der Doppelbindungen, angegeben. Die Position der Doppelbindungen wird als Exponent hinter ein ∆ gestellt (z.B. C 18:3 ∆ 9,12,15 = cis-, cis-, cis-9,12,15-octadecatrienic acid = α-linolenic acid). Eine andere Methode der Nomenklatur stellt die Omega-Zählweise dar. Das C-Atom, das am weitesten von der Carboxylgruppe entfernt ist, wird als ω-C-Atom bezeichnet. Die Position der Doppelbindung kann in Relation zum ω-C-Atom gesetzt werden. Somit ist die α-linolenic acid nach dieser Nomenklatur eine ω-3 mehrfach ungesättigte Fettsäure (C 18:3 ω, DHEIN et al.

2005). Die relevantesten langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren bzw.

2. Literaturübersicht________________________________________________________________

polyunsaturated fatty acids (PUFAs) sind cis-5,8,11,14,17- eicosapentaenoic acid (EPA), cis-4,7,10,13,16,19- docosahexaenoic acid (DHA) und cis-9,12,15-α-linolenic acid (ALA). Alle diese PUFAs sind ω-3 Fettsäuren (DHEIN et al. 2005).

Abbildung 4:

Strukturformel cis- 9,12,15-α-linolenic acid (ALA).

Abbildung 5:

Strukturformel cis-5,8,11,14,17- eicosapentaenoic acid (EPA).

Abbildung 6:

Strukturformel cis- 4,7,10,13,16,19- docosahexaenoic acid (DHA).

2.4.2 Vorkommen von PUFAs

Neben den ω-3-PUFAs existieren außerdem essentielle ω-6-PUFAs. Eine Umwandlung von ω-3 in ω-6-FS oder umgekehrt ist im menschlichen und tierischen Organismus nicht möglich, wohl aber die Kettenverlängerung sowie die Einführung neuer Doppelbindungen (BAHRI et al. 2002). Beide Gruppen sind für das normale Wachstum, die Entwicklung und eine optimale Gehirn- und Herzfunktion von großer

ω-3

ω-3

ω-3

Bedeutung. Linolsäure (LA; C18:2 ω-6) stellt die Ausgangssubstanz der ω-6-Fettsäuren dar. LA kann mittels Elongasen und Desaturasen zu Arachidonsäure (AA; C 20:4 ω-6) umgewandelt werden. Arachidonsäure wiederum ist die Quelle der ω-6-Eicosanoide wie Prostaglandine, Leukotriene und Thromboxane, die wichtige Mediatoren (z. B. als chemotaktisch wirksamer Mediator bei Entzündungsreaktionen und allergisch bedingten Erkrankungen) darstellen.

In Chloroplasten von Grünpflanzen, Algen und Phytoplankton kann AA mittels einer Desaturase von der ω-6 in die ω-3 Form ALA (C 18:3 ω-3) umgewandelt werden. ALA stellt die Ausgangssubstanz für EPA und DHA dar. Jedoch ist die für die Umwandlung benötigte Desaturase in ihrer Aktivität begrenzt, so dass eine hohe ALA-Zufuhr keine hohe Umwandlung in EPA oder DHA bedingt. Zusätzlich zur geringen Aktivität konkurrieren die ω-6-FS um dasselbe Enzym, so dass das Verhältnis von ω-3 zu ω-6-FS für die Umwandlungsrate bedeutend ist (WEHRMÜLLER et al. 2008). Schätzungen zur Umwandlungsrate von ALA zu EPA liegen zwischen 0,2 bis 8 %, wobei junge Frauen bis zu 16 % umwandeln können.

Die Umwandlung von ALA in DHA wird mit 0,05 % wesentlich geringer geschätzt, wobei auch hier bei jungen Frauen eine Umwandlung bis zu 9 % gezeigt werden konnte (MORRIS 2008).

Natürliche Quellen für PUFAs sind Pflanzenöle, Fische und Muscheln. ALA kann nur von Pflanzen synthetisiert werden und ist vor allem in Oliven- und Leinsamenöl sowie in Walnüssen zu finden (LEAF et al. 2003).

EPA und DHA stellen Fischöle dar. Besonders hohe Mengen an EPA und DHA bieten die sogenannten Fettfische wie z. B. Thunfisch, Lachs und Makrele (BRANDT 2008). Diese beiden ω-3-Fettsäuren sind in den Phospholipidanteilen von Zellmembranen integriert, besonders in Zellmembranen von Gehirn und Herz (LEAF et al. 2005). Alternative Möglichkeiten der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend ω-3-Fettsäuren könnten sich durch die Züchtung von Algen ergeben, die einen hohen Anteil von ω-3-Fettsäuren enthalten. Es wäre denkbar, dass auch Schweine und Rinder, die mit diesen Algen gefüttert werden, einen höheren Gehalt an ω-3-Fettsäuren in Blut und Gewebe aufweisen. Eine weitere Möglichkeit ist in der Gentechnik zu sehen. So ist es in gezüchteten Ratten-Myozyten bereits gelungen,

2. Literaturübersicht________________________________________________________________

auch Säugetierzellen die Möglichkeit zu geben, ω-6 in ω-3-Fettsäuren umzuwandeln (GOHLKE 2004).

2.4.3 ω-3-Fettsäuren in der Kardiologie

Die Ernährung beeinflusst das Risiko für den plötzlichen Herztod nicht nur über die Entstehung oder Verhinderung eines Herzinfarkts im Rahmen einer koronaren Herzerkrankung, sondern möglicherweise auch über spezifische Rhythmus-stabilisierende Eigenschaften einzelner Nahrungskomponenten. Den ω-3-Fettsäuren im weiteren Sinne kommt hierbei vermutlich eine besondere Rolle bei der Prävention des Herzinfarkts, aber auch bei der Prävention des plötzlichen Herztodes zu (GOHLKE 2004).

Die beiden ω-3-Fettsäuren EPA und DHA werden von den bedeutendsten kardiologischen Fachgesellschaften für verschiedene kardiovaskuläre Indikationen empfohlen. Das American College of Cardiology, die American Heart Association sowie die European Society for Cardiology empfehlen ca. 1 g EPA+DHA/Tag zur Nachbehandlung von Myokardinfarkten, zur Senkung des Triglyzeridspiegels sowie zur Vorbeugung des plötzlichen Herztodes und zur Prophylaxe ventrikulärer Rhythmusstörungen (VON SCHACKY 2007a). Diese Empfehlungen beruhen auf einer umfassenden Datenlage, die in systematischen Reviewartikeln und Metaanalysen aufgearbeitet wurde. In epidemiologischen Arbeiten korrelierte der Gehalt an EPA und DHA beim Menschen invers mit der Wahrscheinlichkeit den plötzlichen Herztod zu erleiden (VON SCHACKY 2007a). Da der plötzliche Herztod in der Mehrzahl durch ventrikuläre Arrhythmien hervorgerufen wird, wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass PUFAs ein antiarrhythmisches Potenzial besitzen (DEN RUIJTER et al. 2006). Ein systematischer Review von WANG et al. (2006) berücksichtigte die Literatur bis 2005. Diese Analyse erfasst sowohl epidemiologische Studien als auch Interventionsstudien mit Ernährungsratschlägen oder Fischölkapseln in den Bereichen primäre und sekundäre Prävention. Außerdem wurde zwischen pflanzlichen und maritimen PUFAs differenziert. Dabei wurde ALA hinsichtlich der Gesamtmortalität als unwirksam erkannt, während EPA und DHA

sich in der Reduktion der Gesamtmortalität, insbesondere durch Reduktion des plötzlichen Herztodes, als wirksam erwiesen.

Ein Review von MOZAFFARIAN und RIMM (2006) erfasste die Literatur bis April 2006. Das Ergebnis dieses systematischen Reviews zeigt, dass ein bis zwei Mahlzeiten Fisch, reich an EPA und DHA, pro Woche das Risiko für den Koronartod um 36 % und die Gesamtmortalität signifikant um 17 % senken sowie andere klinische Endpunkte (z. B. Arteriosklerose) positiv beeinflussen. Das Auftreten des plötzlichen Herztodes wird durch EPA und DHA um 50 % gesenkt. Leicht abgeschwächt wird dieser positive Effekt durch die Aufnahme von Methylquecksilber, polychlorierten Biphenylen, Dioxinen und anderen Umweltkontaminanten, die vor allem in langlebigen Fischen und Meeressäugern vorkommen (KRIS-ETHERTON et al. 2003a,b). Dies legt nahe, keine langlebigen Fische zu verzehren bzw. auf hochwertige Fischölpräparate zurückzugreifen, die produktionstechnisch bedingt keine Toxine enthalten (VON SCHACKY 2007b). Laut MOZAFFARIAN und RIMM (2006) scheinen in der primären Prävention Dosen von 250 mg/Tag ausreichend, während in der sekundären Prävention wahrscheinlich höhere Dosen erforderlich sind.

Ende März 2007 wurden die Ergebnisse der Japan EPA Lipid Intervention Study (JELIS) publiziert. Bemerkenswert ist, dass der durch die traditionell fischreiche japanische Kost bedingte hohe EPA Wert durch eine zusätzliche EPA Gabe weiter erhöht werden konnte und der plötzliche Herztod sowie andere tödliche und nicht tödliche kardiovaskuläre Ereignisse durch diese Intervention um 19 % gesenkt werden konnten (MOZAFFARIAN 2007). Aufgrund der Epidemiologie des plötzlichen Herztodes und der Reduktion der Inzidenz durch ω-3-Fettsäuren liegt es nahe, den Gehalt eines Menschen an ω-3-Fettsäuren als zusätzlichen Risikofaktor für den plötzlichen Herztod zu betrachten. Am besten wird der Gehalt an EPA und DHA durch den ω-3-Index beschrieben. Definiert ist dieser als prozentualer Anteil von EPA und DHA in den Erythrozyten. Er gibt Auskunft über die ω-3-Fettsäure-Versorgung der letzten Wochen bis Monate (VON SCHACKY 2007b;

VON SCHACKY u. HARRIS 2007). Im Gegensatz zur Bestimmung im Plasma oder Serum korreliert der ω-3-Index gut mit Konzentrationen im Gewebe, z. B. im Herzen

2. Literaturübersicht________________________________________________________________

(HARRIS et al. 2004). Als Zielwert ist ein Index > 8 % anzusehen. Der ω-3-Index kann als neuer Risikofaktor angesehen und außerdem zur Kontrolle einer Therapie mit EPA und DHA herangezogen werden (VON SCHACKY 2007a). ALBERT (2008) warnt vor einer unkritischen Übernahme der Ergebnisse für alle Patientengruppen.

So stellt sie heraus, dass die bisherigen klinischen und epidemiologischen Studien vorwiegend an Patienten mit überstandenem Myokardinfarkt bzw. an Gesunden durchgeführt wurden, bei denen vor allem ischämie-bedingte Arrhythmien erwartet werden, während es noch keine Analysen zu Studien mit anderen Patientenkollektiven gibt. Die erste Analyse einer Studie von RAITT et al. (2005) zeigt, dass PUFAs das Risiko für ventrikuläre Arrhythmien in einer bestimmten Patientengruppe, in der ein Reentry den Mechanismus für Arrhythmien darstellt, erhöhen. Des Weiteren zeigt eine Studie von WILHELM et al. (2008), dass Patienten mit Herzinsuffizienz unter PUFA-Gabe ein vielfach höheres Risiko für das Auftreten ventrikulärer Arrhythmien besitzen. Auch DEN RUIJTER et al. (2006) betonen, dass Fischöle bei Patienten mit akuten myokardialen Ischämien die Inzidenz des plötzlichen Herztodes sowie von Arrhythmien erhöhen können. ALBERT (2008) zweifelt zusätzlich an, dass der ω-3-Index bei Patienten mit Herzinsuffizienz mit dem Fettsäurespiegel im Myokard korreliert, da sowohl DAVILA-ROMAN et al. (2002) als auch SACK et al. (1996) zeigen konnten, dass die Aufnahme und der Metabolismus von Fettsäuren sich in insuffizienten Herzen deutlich von gesunden Herzen unterscheiden.

2.4.3.1 Tierexperimentelle Studien

Bereits Mitte der 1970er Jahre konnte in Tierexperimenten ein antiarrhythmischer Effekt von PUFAs festgestellt werden (GUDBJARNASON u. HALLGRIMSSON 1976). In einem Langendorff-Modell konnte auch MURNAGHAN (1981) zeigen, dass ALA die Arrhythmieschwelle des Herzens erhöht. Auch eine Fütterungsstudie an Ratten bestätigte einen antiarrhythmischen Effekt von Fischölen. MC LENNAN et al.

(1988) fütterten Ratten unter anderem mit Thunfischöl und ligierten im Anschluss an die Fütterungsperiode die Koronararterien, wobei die mit Thunfischöl gefütterte Gruppe keine ventrikulären Arrhythmien zeigte, im Gegensatz zu mit Olivenöl

gefütterten Tieren. Diese Beobachtungen stimmen mit Versuchen an Primaten überein (MC LENNAN et al. 1992). Auch BILLMAN et al. (1994, 1999) konnten diese Ergebnisse an einem Hundemodell bestätigen. Bei Hunden wurde ein Myokardinfarkt induziert und zusätzlich durch Verschluss der linken Koronararterie eine ischämische Stresssituation ausgelöst, die regelmäßig in Kammerflattern mündete. Bekamen dieselben Hunde kurz vor Verschluss der Arterie freie ω-3-Fettsäuren intravenös verabreicht, traten keine ventrikulären Arrhythmien auf. In diesem Modell konnte eine antiarrhythmische Wirkung für ALA, EPA und DHA gezeigt werden. Allerdings war aufgrund der geringen Anzahl der Versuche keine Aussage über eine bessere oder geringere Wirksamkeit einer einzelnen Fettsäure möglich (LEAF et al. 2003). Um einen biochemischen oder elektrophysiologischen Mechanismus zu charakterisieren, führte die Arbeitsgruppe um Kang und Leaf Versuche an isolierten neonatalen Kardiomyozyten von Ratten durch. Sie stellten fest, dass sowohl EPA als auch DHA die Schlagfrequenz der Myozyten reversibel senken konnten (KANG u. LEAF 1994).

Zusätzlich konnte eine z.B. durch Erhöhung der extrazellulären Ca-Konzentration induzierte Arrhythmie durch die Zugabe von EPA verhindert bzw. terminiert werden.

Dieser Effekt war durch die Zugabe von bovinem Serumalbumin reversibel. Daraus schlossen LEAF et al. (2003), dass die Wirksamkeit von EPA nicht auf starken ionalen oder kovalenten Bindungen mit Komponenten der Zellmembran beruht, sondern dass PUFAs direkt an den Ionenkanälen selbst angreifen. Ein weiteres wichtiges Ergebnis in diesem Experiment war, dass nur die freie Fettsäure wirkte, nicht aber die veresterte Form von EPA.

2.4.3.2 Elektrophysiologische Untersuchungen

Aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse folgten Versuchsansätze, die den Effekt von PUFAs auf die Elektrophysiologie der Myozyten näher charakterisieren sollten.

KANG et al. (1995) konnten zeigen, dass PUFAs myokardiale Zellen stabilisieren können.

2. Literaturübersicht________________________________________________________________

Aktionspotenzialdauer, Erregbarkeit

Die akute Gabe von 5-25 µM ω-3-Fettsäuren führte zu einer Verkürzung des AP in neonatalen Myozyten von Ratten, Meerschweinchen und Kaninchen (KANG et al.

1995; MACLEOD et al. 1998; ANDER et al. 2004). Auch eine diätetische Zufuhr von Fischölen bewirkte eine Verkürzung des AP in isolierten Schweine-Myozyten (VERKERK et al. 2006). Kaninchen, die mit ALA-reichem Futter gefüttert wurden, zeigten verkürzte QT-Intervalle (ANDER et al. 2004). Im Gegensatz dazu führte eine Infusion von ALA und EPA zu einer Verlängerung der QT-Zeit (DHEIN et al. 2005).

Ähnliches konnte nach Gabe von niedrigen ALA-Konzentrationen (< 10 µM) an isolierten Ratten-Myozyten beobachtet werden (BOGDANOV et al.1998; MACLEOD et al. 1998). Folglich lässt sich zusammenfassen, dass PUFAs die APD sowohl verkürzen als auch verlängern können. Dieser Befund scheint abhängig von der Tierart und der Form der Applikation zu sein. Die Erregbarkeit der Membran wurde durch eine akute Gabe von EPA und DHA (5-10 µM) in isolierten Kardiomyozyten reduziert, indem sie die Schwelle für die Auslösung eines AP erhöhten und das Ruhemembranpotenzial weiter ins Negative verschoben (KANG et al. 1995). Auch in einem Langendorff-Modell erhöhte eine akute EPA oder DHA Infusion (1-20 µM) die Schwelle für das Eintreten von ventrikulären Extrasystolen. Die Erregbarkeit von isolierten Schweine-Myozyten war nach einer mehrwöchigen ω-3-Fettsäuren-reichen Fütterung dagegen nicht verändert (VERKERK et al. 2006).

DHEIN et al. (2005) konnten zeigen, dass sowohl die longitudinale als auch die transversale Erregungsweiterleitungsgeschwindigkeit durch eine direkte Gabe von 1-20 µM DHA herabgesetzt wird. Dies kann als Hinweis auf eine verminderte Verfügbarkeit von Na-Kanälen oder auch auf eine reduzierte gap junction Kommunikation gesehen werden (DEN RUITJER et al. 2006).

Einfluss auf Ionenkanäle, Ionenaustauscher und intrazelluläres Calcium

Es gibt zahlreiche Untersuchungen zur Wirkung von PUFAs auf Na+-, K+- und Ca2+- Ströme. Während die Wirkung auf Na+-Ströme relativ einheitlich beschrieben wird, existieren kontroverse Resultate bezüglich der Wirkung auf kardiale Ca2+- und K+-Ströme.

Natriumstrom

INa ist verantwortlich für die schnelle Depolarisation und spielt eine wichtige Rolle in der Impuls-Weiterleitung. Der Effekt von PUFAs auf den schnellen Na+-Kanal wurde unter anderem von XIAO et al. (1995) an isolierten Myozyten von Ratten untersucht.

Eine extrazelluläre Gabe von EPA und DHA sowie von ω-6-Fettsäuren führte zu einer konzentrations-, zeit- und spannungsabhängigen Unterdrückung des Na+-Kanals, was sich in einer Senkung des Peaks um 51 % im AP zeigte. Allerdings war der Effekt nach Gabe der ω-6-Fettsäuren geringer. Zusätzlich führte diese Konzentration zu einer Verschiebung des steady states ins Negativere, ohne den Aktivierungsbereich von INa zu verändern.

Auch in einer humanen embryonalen Nierenzelllinie (HEK 293t) konnten PUFAs ähnliche Effekte auslösen (XIAO et al. 1998). Auffällig ist, dass PUFAs eine höhere Affinität zum inaktiven als zum aktiven oder ruhenden Status zeigen (XIAO et al. 1998), was auch die lange Refraktärzeit bei verkürzter APD erklären kann.

Bereits der Austausch einer einzelnen Aminosäure im menschlichen Na-Kanal hH1α konnte die Fähigkeit von EPA, den Na+-Kanal zu blocken, deutlich reduzieren. Dies lässt auf eine direkte Interaktion zwischen EPA und dem Ionenkanal-Protein schließen (XIAO et al. 2001). Im Gegensatz zur akuten Gabe von PUFAs konnte eine PUFA-reiche Diät in isolierten Myozyten von Schweinen und Ratten keine Veränderungen des INa auslösen (LEIFERT et al. 2000; VERKERK et al. 2006).

Calciumstrom

Die L-Untereinheit des Calcium-Kanals ist maßgeblich für das Plateau und damit für die Dauer des AP verantwortlich. Nach akuter Gabe wurde ICaL

konzentrationsabhängig in ventrikulären Myozyten von Ratten und Meerschweinchen unterdrückt (XIAO et al. 1997; MACLEOD et al. 1998; XIAO et al. 2006). Auch inkorporierte PUFAs reduzierten ICaL um ca. 20 % (VERKERK et al. 2006). Ein erneutes Öffnen des L-Typ Calcium-Kanals während der Plateauphase konnte vermindert werden. Auf diesem Wege wurde ein wichtiger Faktor zur Entstehung von TDPs verhindert (VERKERK et al. 2006). Die Wirkung von PUFAs auf T-Typ Calcium-Kanäle scheint ähnlich zu sein (DANTHI et al. 2005).

2. Literaturübersicht________________________________________________________________

Gegensätzliche Beobachtungen stammen von HUANG et al. (1992). Sie beobachteten, dass sowohl ungesättigte als auch gesättigte langkettige Fettsäuren den Calciumstrom in Meerschweinchen-Myozyten erhöhen.

Repolarisierende Ströme

It0 konnte in isolierten Ratten- und Frettchen-Myozyten nachweislich durch eine akute Gabe von EPA und DHA geblockt werden (BOGDANOV et al. 1998;

MACLEOD et al. 1998; XIAO et al. 2002), während eingelagerte PUFAs in isolierten Myozyten von Ratten keine Veränderungen bewirkten (VERKERK et al. 2006).

Ein Block des It0 müsste die transmurale Dispersion der Repolarisation verringern und somit Reentry-Arrhythmien vermindern bzw. verhindern (ANTZELEVITCH et al.

1991). Ein Ziel dieser Arbeit war es, die Effekte von PUFAs auf die Dispersion der Repolarisation systematisch zu untersuchen.

IK, bestehend aus IKr und IKs, sind verantwortlich für die schnelle Phase 3 Repolarisation. Im Jahr 1989 konnten KIM und CLAPHAM bereits zeigen, dass ungesättigte Fettsäuren den auswärtsgerichteten K+-Strom in Ventrikel-Zellen von Ratten aktivieren, während HONORÉ et al. (1994) eine Abschwächung desselben Stroms in Maus- und Ratten-Myozyten beobachteten. GUIZY et al. (2005) zeigten, dass eine akute DHA-Applikation das HERG-Gen, welches die wichtige Kanal-bildende Komponente des IKr kodiert, blockiert. Folglich agiert DHA vermutlich mit dem offenen Kanal. Inkorporiertes DHA zeigte in Schweine-Myozyten keine Auswirkungen auf IKr.

Widersprüchlicher sind die Ergebnisse bezüglich IKs. Eine akute DHA-Gabe (20 µM) steigerte den Ionenstrom in Xenopus Oozyten, während EPA keine Auswirkungen zeigte (DOOLAN et al. 2002). Eingelagerte PUFAs steigerten IKs in Schweine-Myozyten um circa 70 % (VERKERK et al. 2006).

Eine Blockade des IKr würde eine APD Verlängerung erklären, während die Steigerung von IKs dagegen für eine Verkürzung sprechen würde. Wahrscheinlich hängt die Auswirkung auf die APD vom feinen Zusammenspiel aller Ionenströme sowie von Speziesunterschieden ab (DEN RUIJTER et al. 2006).

Na+/Ca2+- Austauscher

Sowohl akut verfügbare als auch im Gewebe angereicherte PUFAs blockieren den Na+/Ca2+-Austauscher und bedingen durch den verminderten depolarisierenden Strom eine APD Verkürzung (XIAO et al. 2004; VERKERK et al. 2006).

Intrazelluläre Ca2+-Freisetzung

Eine akute PUFA-Gabe führt zum Abfall der Ca2+-Konzentration in Myozyten von Ratten und herzinsuffizienten Kaninchen (NEGRETTI et al. 2000; O´NEILL et al.

2002; DEN RUIJTER et al. 2005). Außerdem reduziert EPA die Freisetzung von Ca2+

aus dem sarkoplasmatischen Retikulum. Inkorporierte PUFAs bewirken keine Veränderungen (LEIFERT et al. 2001).

Aufgrund der aktuellen Datenlage und der umfassenden Literatur lässt sich zusammenfassen, dass die Wirkung von PUFAs differenziert zu betrachten ist. Man muss sich der Spezies-spezifischen Unterschiede bewusst sein. Außerdem existieren deutliche Unterschiede zwischen akut applizierten PUFAs und solchen, die sich nach oraler Aufnahme im Gewebe angereichert haben. Zusätzlich bestehen bei den angeführten Experimenten grundlegende Unterschiede in der Methodik bzw. im gewählten Modell.

Je nach zu Grunde liegendem arrhythmogenen Mechanismus können PUFAs sowohl anti- als auch proarryhthmisches Potenzial entwickeln, so dass Empfehlungen individuell vorgenommen werden müssen. Anhand dieser Arbeit sollten durch elektrophysiologische Untersuchungen am Langendorff-perfundierten isolierten Kaninchenherzen neue Erkenntnisse zur gezielten Therapie mit PUFAs gewonnen werden und die therapeutischen Möglichkeiten bei Herzrhythmusstörungen, besonders nach Medikamenteninduktion, näher charakterisiert werden.

2. Literaturübersicht________________________________________________________________

2.5 Erythromycin

Erythromycin gehört zur Gruppe der Makrolidantibiotika. Makrolidantibiotika stellen relevante Beispiele für eine QT-Intervall- und Repolarisationsverlängerung durch primär nicht kardiogen wirksame Medikamente dar.

Abbildung 8:

Strukturformel des Makrolidantibiotikums Erythromycin.

Zusätzlich zur antibiotischen Wirkung führt Erythromycin zu einer deutlichen Verlängerung der Repolarisation. Verstärkt werden kann dieser Effekt, wenn gleichzeitig andere Medikamente, die auch über das Cytochrom P450-System abgebaut werden, verabreicht werden (PAI et al. 2000). Zahlreiche klinische Fallbeispiele demonstrieren einen direkten Zusammenhang zwischen einer Erythromycin-Gabe und einer QT-Zeit-Verlängerung sowie dem Auftreten von TDPs (MC COMB et al. 1984; NATELL et al. 1990; GITLER et al. 1994; ECKARDT et al.

1998c).

Experimentell konnte gezeigt werden, dass Erythromycin die Repolarisation über eine Blockierung des HERG kodierten IKr verlängert (DALEAU et al. 1995;

MOREY et al. 1997; STANAT et al. 2003). Da dem LQTS 2 eine Veränderung des IKr

zugrunde liegt (KIRCHHOF u. BREITHARDT 2003), kann dieses durch die Applikation von Erythromycin modellhaft simuliert werden.

MILBERG et al. (2002) konnten an Langendorff-perfundierten Kaninchenherzen

MILBERG et al. (2002) konnten an Langendorff-perfundierten Kaninchenherzen