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Das „isoliert perfundierte Herz nach Langendorff“ ist heute in der pharmakologischen, physiologischen und klinischen Forschung eine der meist genutzten experimentellen Methoden. Es gestattet, die Tätigkeit eines Herzen ex vivo zu untersuchen (DÖRING 1996). Gegenüber anderen isolierten Präparationen lassen sich am Langendorff-Modell Interaktionen zwischen koronarvaskulären und ventrikulären Eigenschaften untersuchen (SCHMITZ-SPANKE et al. 2002).

2.6.1 Ein geschichtlicher Überblick

Die Entwicklung der Methode des isoliert perfundierten Warmblüterherzens bis zu Langendorffs völliger Isolierung und Perfusion des Herzens umfasste 150 Jahre (DÖRING 1996).

Carl Ludwig entwickelte 1846 eine Methode zur künstlichen Ernährung des isolierten Säugetierherzens. Das Prinzip bestand darin, dass die Aorta eines isolierten Herzens in die Arteria carotis eines lebenden Spendertieres eingebunden wurde, so dass das Blut des Spendertieres die Koronargefäße des isolierten Herzens perfundierte. Der reguläre Herzschlag konnte über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten werden.

2. Literaturübersicht________________________________________________________________

Die Probleme dieser Methode lagen in der schnellen Blutgerinnung sowie in der mangelnden Möglichkeit, den Herzschlag zu stoppen und das Herz wiederzubeleben. Zwar konnte sich die Methode Carl Ludwigs nicht durchsetzen, in ihr ist aber der erste entscheidende Schritt zum isolierten Herz zu sehen (ZIMMER 1998).

20 Jahre später entwickelte Elie von Cyon ein Modell, in dem er Froschherzen vollständig aus dem Körper isolierte und mit Kaninchenserum perfundierte. An diesem Modell konnten bedeutende Untersuchungsergebnisse erzielt werden, z. B.

zum Einfluss der Temperatur auf die Herztätigkeit sowie zum Reizleitungssystem.

Begünstigend für den Erfolg dieses Frosch-Modells wirkten die fehlenden Koronargefäße und das Vorhandensein nur einer Kammer bei Kaltblüterherzen. Auf Warmblüterherzen konnte dieses Modell nicht übertragen werden (DÖRING 1996;

ZIMMER 1998).

Newell Martin erzielte große Fortschritte in der Perfusion von Warmblüterherzen. Er entwickelte ein Herz-Lungen-Präparat mit natürlichem, intaktem Lungenkreislauf und künstlichem Körperkreislauf. Als Perfusat diente defibriniertes Kälberblut. Zur Oxygenisierung des Perfusats wurden die Lungen beatmet. Herz und Lungen verblieben im Tier (DÖRING 1996; ZIMMER 1998).

OSCAR LANGENDORFF (1895) verzichtete auf die Oxygenisierungsfunktion der Lungen und entnahm das Herz vollständig aus dem Kadaver. In seinem Modell schlägt der linke Ventrikel leer. Nur im rechten Ventrikel sammelt sich das Blut aus dem Koronarsinus, kann aber nach außen abfließen. Entscheidend beim Langendorff-Modell ist die retrograde Perfusion über die Aorta und die ausschließliche Perfusion der Koronararterien. Als Perfusat diente zunächst homologes Blut, welches später durch saline Nährlösungen ersetzt wurde. Der Begriff Langendorff-Herz oder Langendorff-Apparatur hat sich bis heute durchgesetzt. Der letzte Schritt in der Geschichte des isoliert perfundierten Herzens vollzog sich in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Neely und Morgan wandelten das Langendorff-perfundierte Herz in ein arbeitendes Herz um, indem sie den linken Vorhof perfundierten (DÖRING 1996; ZIMMER 1998).

2.6.2 Die historische Langendorff-Anlage

Langendorff legte seinem Modell das Prinzip der Perfusion der Herzkranzgefäße zu Grunde. Er führte seine Versuche hauptsächlich an verbluteten Katzen, aber auch an Kaninchen und Hunden durch. Als Perfusionsmedium diente Blut derselben Tierart (LANGENDORFF 1895). Das Blut wurde aus den Karotiden gewonnen, defibriniert, filtriert und erwärmt. Die Injektionskanüle band er in den aufsteigenden Teil der Aorta ein. Entscheidend war ein Injektionsdruck, bei dem sich die Semilunarklappen der Aorta schließen und auch bei kräftigster Tätigkeit der linken Kammer geschlossen bleiben, so dass das injizierte Blut nur in die Herzkranzgefäße strömen kann. Da die Aortenklappen sich nur öffnen, wenn der intraventrikuläre Druck über den Aortendruck steigt, war kein hoher Injektionsdruck notwendig, denn bedingt durch den geringen Kammerinhalt konnte kein hoher ventrikulärer Druck entstehen (LANGENDORFF 1895). Durch die Koronargefäße gelangte das Blut in den rechten Vorhof und konnte von hier abfließen, da der Vorhof bei der Exzision des Herzens weit eröffnet wurde. Mit dieser Methode konnte Langendorff anscheinend tote, nicht mehr spontan schlagende Herzen wieder zu energischem und frequentem Schlagen bringen. Als kritische Faktoren erkannte Langendorff die Frische des Blutes, Verunreinigungen, Gerinnsel, Luftblasen, eine passende Temperatur, einen adäquaten Druck sowie mechanische Verletzungen des Herzens (LANGENDORFF 1895). Die zur Blutdurchleitung benutzte Vorrichtung sollte folgende Kriterien erfüllen: eine Injektion unter gleichem, regelmäßigem Druck (für das Kaninchenherz 60-80 mmHg), eine gleichbleibende Bluttemperatur über das gesamte Experiment, eine Wiederverwendung des durch das Herz geflossene Blut und Schutz des Herzens vor Vertrocknung (LANGENDORFF 1895). Auch die antike Langendorff-Apparatur beinhaltete bereits einen Aufzeichnungsapparat. Dazu wurde apikal in die linke Kammer ein Metallhäkchen eingestoßen, das über ein Spulensystem mit einer Schreibkapsel verbunden war, so dass bei Kontraktionen des Herzmuskels die Änderung des Längendurchmessers aufgezeichnet wurde (LANGENDORFF 1895). LANGENDORFF benutzte sein Modell zur Untersuchung des Ursprungs der Herztöne, zur Untersuchung von Vagusreizungen und von Giftwirkungen. Außerdem untersuchte er den Einfluss der Temperatur auf die

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Tätigkeit des Warmblüterherzens. Auch die elektrische Reizung des Herzens war bereits Gegenstand seiner Versuche. Ebenso konnte er an seinem Modell Experimente zur Auswirkung einer Blutzufuhr-Unterbrechung durchführen. Auch wenn entscheidende Vorarbeiten von Langendorffs Vorgängern geleistet wurden, konnte sich der Begriff Langendorff-Apparatur durchsetzen. Mit modernen elektronischen, Computer-gestützten Mess-, Verrechnungs- und Registriermethoden ließ sich in den letzten Jahrzehnten -bei gleichbleibender Präparationstechnik- der Informationsgewinn aus der Methode nach Langendorff erheblich steigern. Das isoliert perfundierte Herz nach Langendorff ist heute im Bereich der physiologischen, pharmakologischen und klinischen Forschung eine der meist genutzten und zitierten experimentellen Methoden (DÖRING 1990, 1996).

2.6.3 Die Perfusionslösung

LANGENDORFF (1895) bevorzugte als Perfusionsmedium Blut derselben Tierart, idealerweise Blut des getöteten Tieres selbst. Falls größere Mengen benötigt wurden, verwendete er auch Blut anderer Tierarten, solange dieses frisch und gereinigt war. Allerdings waren die Versuche mit Fremdblut zeitlich stark begrenzt.

Durchgesetzt hat sich der Gebrauch saliner Nährlösungen. Als Vorteil saliner Lösungen erwies sich das Fehlen unkontrollierbarer endogener Substanzen, wie sie im Blut vorhanden sind. Künstliches Blut sowie Hämoglobin-haltige Lösungen wären einsetzbar, allerdings ist der Kosten- und Zeitaufwand wesentlich höher als für die Herstellung saliner Perfusionsmedien (DÖRING 1990). Bereits 1899 konnte RUSCH nachweisen, dass das Herz auch mit Ringer-Lösung für kurze Zeit schlagend erhalten werden kann. KREBS und HENSELEIT entwickelten 1932 eine Salzlösung, die dem Säugetierserum bezüglich der Zusammensetzung der anorganischen Salze näher kommt. Heute ist die Krebs-Henseleit-Lösung (KHB-Lösung) das meist benutzte Perfusionsmedium (DÖRING 1990). Eine 2002 durchgeführte Studie von SCHMITZ-SPANKE et al. zeigt, dass KHB-Lösung für kürzere Versuche gut geeignet ist. Für längere Versuche und für Untersuchungen der Koronardurchblutung werden Erythrozyten-haltige Perfusate empfohlen, deren Herstellung allerdings mit hohem Zeit- und Materialaufwand verbunden ist.