• Keine Ergebnisse gefunden

5.8 D URCHFÜHRBARKEIT UND A NGEMESSENHEIT DES P ROGRAMMS

5.8.3 Vergleich der Einschätzungen

Die Beurteilung des Schulungsprogramms (siehe auch Schulungszufriedenheit) fiel durch die Teilnehmer und das Schulungsteam abgesehen von kleinen Einschränkungen ähnlich positiv aus.

6 Diskussion

Damit Patienten mit PKU ein möglichst gutes neuropsychologisches und physisches Outcome erreichen, müssen sie vom Diagnosezeitpunkt kurz nach der Geburt an eine Phenylalanin-bilanzierte Diät einhalten (1). Die Durchführung dieser Diät ist sehr anspruchsvoll und erfordert ein fundiertes Wissen über Lebensmittel und deren Gehalt an Einweiß. Neben den nutritiven Herausforderungen sind die betroffenen Familien mit den Aspekten einer chronischen Erkran-kung konfrontiert, die es bestmöglich in den Alltag zu integrieren gilt, um neben der somati-schen auch eine normale sozio-psychologische Entwicklung zu erreichen (9,11). Direkt nach der Bestätigung der Diagnose PKU ist eine umgehende Aufklärung der Eltern über die Krankheit und die Therapie unverzichtbar. Auf Grund der relativ geringen Anzahl an Neuerkrankungen an PKU pro Jahr [Inzidenz 140 inkl. HPA (25)] und der Notwendigkeit eines unverzüglichen Therapiebe-ginns, findet diese initiale Schulung für die Eltern und andere primäre Betreuer des Kindes indi-viduell und auf die Aufnahmefähigkeit und das Vorwissen der Familie abgestimmt statt.

Zur Behandlung chronischer Erkrankungen haben sich bei vielen Krankheitsbildern erfolgreich medizinisch-psychologische Schulungen etabliert (13,116,126,128,133,135,136,138,168) und sind gemäß den Leitlinien Bestandteil der multimodalen Therapie (98-100).

Für Patienten mit PKU und deren Familien liegen medizinisch-psychologische, auf Selbst-management ausgerichtete Gruppenschulungsprogramme jedoch weltweit nicht vor, wären für eine umfassende und adäquate Versorgung der Patienten aber wünschenswert.

Einer qualitätsgesicherten Maßnahme geht allerdings eine zeitintensive Entwicklungs- und Er-probungsphase voraus, die von den meisten Einrichtungen für eine kleine Patientenzahl nicht geleistet werden kann. Auch gestaltet sich die Durchführung umso schwieriger und aufwändiger, je weniger schulungsbedürftige Patienten im Einzugsgebiet einer Klink oder Praxis wohnen. Die Zusammenstellung homogener Gruppen bei kleinen Patientenzahlen, fehlendes qualifiziertes Schulungspersonal und der große Organisationsaufwand bei fehlender Finanzierung stellen die erheblichen Probleme solch wünschenswerter Programme dar.

Bereits entwickelte Gruppenprogramme, wie „FIT mit PKU“, (105) konnten in einer Befragung sechs Monate nach einer durchgeführten Schulung für 7-11 Jährige eine Steigerung in den Berei-chen Selbstbewusstsein, Selbstständigkeit und Interesse an der PKU nachweisen. Für diese und auch für eine durchgeführte Elternschulung liegen aber keine umfassenden Evaluationen vor.

Auch Lange und Meyer entwickelten ein Schulungsprogramm („PKU gut erklären“) mit Schu-lungsinhalten und Materialien für verschiedene Altersgruppen (103,104). Die Inhalte wurden in Gruppen- und / oder Einzelsitzungen erprobt, deren Benefit aber nicht wissen-schaftlich über-prüft. Damit wird auch die vom Gesetzgeber eingeforderte Qualität nicht garantiert und die Vo-raussetzungen für eine Leistungsanerkennung durch Krankenkassen nicht erfüllt.

Rehabilitationseinrichtungen wie die „Rehaklinik Usedom“ oder die „Fachklinik Gaißach“ be-schäftigen sich intensiv mit der PKU und ihrer Behandlung, aber auch hier fehlt es an Studien zur Wirksamkeit. Außerdem werden nur Teilbereiche der PKU-Therapie, wie die Ernährungs-schulung, in der Lehrküche als Gruppenintervention angeboten.

Hier unterscheiden sich die im Rahmen von ModuS entwickelten Schulungen von anderen Kon-zepten, da alle Module in der Gruppe stattfinden.

Um für adäquate Gruppenprogramme eine finanzielle Unterstützung seitens der Krankenkassen zu erlangen, mangelt es derzeit jedoch an wissenschaftlichen Überprüfungen der Wirksamkeit, die laut § 43 SGB V Voraussetzung für eine Kostenübernahme sind.

Eine solche Wirksamkeitsprüfung wird allerdings als zu aufwändig eingeschätzt, da der wissen-schaftliche ‚Goldstandard’ einer randomisierten, kontrollierten Studie (RCT) bei weniger häufi-gen Krankheiten mit ihren gerinhäufi-gen Patientenzahlen nicht zu realisieren ist. Bei einihäufi-gen Indika-tionen, wie z.B. Zustand nach Transplantation, Typ 1 Diabetes, Mukoviszidose und PKU, ist eine Randomisierung in eine Interventions- und eine (Warte-) Kontrollgruppe bei Initial-schulungen grundsätzlich nicht möglich, da die Schulung aus therapeutischen und ethischen Gründen unmit-telbar stattfinden muss. Da Gruppenschulungen interaktiv und je nach Zusammensetzung sehr unterschiedlich verlaufen und sie daher trotz Standardisierung nicht reproduzierbar sind, ist die Aussagekraft von RCTs bei Schulungen zudem als problematisch anzusehen (144). Die Aufwer-tung der qualitativen Methoden mit dem Schwerpunkt auf outcome-orientierten Längsschnitt-untersuchungen mit den Zielparametern Lebenszufrieden-heit, -qualität und handlungsrelevan-tes Krankheitswissen, wie in ModuS praktiziert, könnten ein Lösungsansatz für diese Schwierig-keiten sein. Patientenorientierte Schulungskonzepte greifen emotionale Probleme bei der Krankheitsbewältigung auf und unterstützen deren Lösung. Ressourcen- und lösungsorientierte Schulungen setzen ein multiprofessionelles Team voraus, das sowohl medizinische, als auch psychologische und didaktische Kompetenzen vereint. All das ist bei den im Rahmen von ModuS konzipierten Schulungen gegeben.

Das in dieser Arbeit beschriebene Projekt umfasst drei zentrale Ziele.

Zunächst sollte eine Gruppenschulung für Familien von PKU-betroffenen Kindern als Teil des bundesweiten ModuS-Projektes entwickelt werden. Die Untersuchung und Evaluation des ent-wickelten Programms im Hinblick auf seine Durchführbarkeit stellt das zweite Ziel dar. Als drit-tes Ziel wurde das Programm hinsichtlich möglicher nachhaltiger Effekte in den Bereichen krankheitsbezogenes Wissen und Lebensqualität der Teilnehmer evaluiert.

Auch die Auswertung der parallel entwickelten Kinder- sowie der Jugendschulung im Rahmen dieser Arbeit sollen Aufschluss über deren Nutzen bringen.

Auf Grund der bisher fehlenden Studien zur Wirksamkeit von Patientenschulungen bei PKU konnte über diese Maßnahme im Rahmen des Krankheitsmanagements der PKU bis jetzt keine Aussage getroffen werden.

Mit dieser Arbeit liegen erstmalig Daten für Deutschland zur Wirksamkeit einer Gruppenschu-lung bei PKU vor.

An der als Pilotprojekt durchgeführten klinisch prospektiven Studie nahmen insgesamt 52 Per-sonen, davon 40 Eltern von PKU betroffenen Kindern, 6 Jugendliche im Alter von 13-18 Jahren und 6 Kinder im Alter von 7-12 Jahren.

Die Eltern wurden in zwei verschiedenen Gruppen und zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten geschult. Für Kinder und Jugendliche fand jeweils eine Schulung statt.

Es wurden unselektiert alle Patienten aufgenommen, die Interesse zeigten, an der Schulung und der Studie teilzunehmen und deren schriftliches Einverständnis vorlag. Für 39 Eltern, 4 Jugend-liche und 5 Kinder konnten die Daten vollständig erhoben werden. Das entspricht einer Non-Responder-Rate von 7,7%.

Die Entwicklungsphase der Gruppenschulung

Eine Gruppenschulung zu entwickeln, stellt einen zentralen Bestandteil des Projektes und dieser Arbeit dar. Insgesamt konnte aufbauend auf dem vorbestehenden Programm von Lange und Meyer (2008) eine in das Baukastensystem von ModuS integrierte Schulung entwickelt werden.

Hierzu wurden zunächst Lernziele generiert und anschließend gut erprobte Methoden zugeord-net. Dabei wurde insbesondere auf eine Methodenvielfalt und auf den Einbezug verschiedener Interventionsebenen Wert gelegt, um alle Lerntypen anzusprechen. Potentielle Probleme, die schon in der Konzeptionsphase berücksichtigt werden mussten, waren vor-nehmlich die Schwierigkeit oder Unmöglichkeit, eine homogene Gruppe im Bezug auf Wissen und Alter zu rekrutieren. Auf den ersten Blick scheint es bei der PKU einfacher, eine homogene Gruppe zu bilden, als bei anderen chronischen Erkrankungen, da der Diagnosezeitpunkt immer kurz nach der Geburt liegt, der Manifestationszeitpunkt anderer Erkankungen aber variiert. Das zusätzli-che Problem, altersabhängige Bedürfnisse der Kinder mit den verschiedenen Bedürf-nissen der individuellen Krankheitsdauer zu kombinieren, entfällt. Auf Grund der kleinen Patientenzahl fällt es aber dennoch schwer, überhaupt eine altershomogene Gruppe zu rekrutieren, die groß genug ist, den Aufwand, der mit einer Schulung einhergeht, zu recht-fertigen. Somit musste also eine Form der Schulung entwickelt werden, die Eltern von jungen Kindern, die sich erst kurze Zeit mit der PKU auseinandersetzen, im gleichen Maße anspricht und erreicht, wie Eltern von älteren Kindern mit PKU, die schon mehrere Jahre gelernt haben, mit der Erkrankung umzuge-hen. Ein wichtiger Punkt ist hier der Aufbau eines positiven Selbstbildes der Kinder, um ein

stabiles Selbstbewusstsein zu fördern. Dieser Aspekt spielt in allen Altersklassen eine wichtige Rolle, wie auch schon von Lange und Meyer (2008) beschrieben.

Durchführbarkeit und Schulungszufriedenheit

Untersuchungen zeigen, dass bei Schulungsangeboten für Familien mit chronisch kranken Kin-dern, wie z.B. Typ I Diabetes oder Asthma, eine geringere Beteiligung der Eltern aus sozial be-nachteiligten Familien und / oder Familien mit Migrationshintergrund vorliegt (167,169). Diese Erfahrungen haben sich in unserem PKU-Schulungsprogramm bestätigt. Die Rekrutierung der Teilnehmer zur ersten Schulung in Hannover aus dem Patientenklientel der Stoffwechsel-ambulanz der MHH verlief zum Teil sehr mühsam und war nur durch persönliche Gespräche und Überzeugungsarbeit seitens der den Familien bekannten Diätassistentin der MHH von Erfolg gekrönt. Die zweite Schulung wurde mit der Selbsthilfegruppe Deutsche Interessengemeinschaft PKU e.V. durchgeführt. Hier erfolgte die Rekrutierung mühelos. Ein signifikanter sozioökonomi-scher Unterschied der beiden Gruppen konnte nachgewiesen werden.

Gründe für die Nichtteilnahme bzw. das fehlende Interesse von sozial Benachteiligten und / oder Familien mit Migrationshintergrund an einer Schulung könnte in einem geringen Problem-bewusstsein begründet liegen. Dies führt zu einer niedrigen individuellen Motivation und eben-so zu einer mangelnden Erfolgserwartung. Hinzu kommen eine Vielzahl an Gründen, wie z.B. ein mangelndes Angebot der Pädiater an sozial benachteiligte Familien, da schon von einer Nicht-teilnahme ausgegangen wird, die Hürde eines finanziellen Aufwandes und organisatorische Schwierigkeiten wie Geschwisterkinderbetreuung. Hier zeigt sich das sog. Präventionsparadox, welches besagt, dass der Teil der Eltern, die einer Beratung besonders bedürfen, durch das An-gebot deutlich seltener erreicht werden (170). Um dem entgegen zu wirken, wurden bei ModuS Familien mit Migrationshintergrund und sozialer Benachteiligung gezielt angesprochen und zur Teilnahme an der Schulung ermutigt. Auch wurden bei der Jugendlichenschulung Fahrtkosten übernommen und bei den Erwachsenenschulungen wurde eine Kinderbetreuung für Geschwis-ter angeboten. Familien, die sich nur nach einiger Überzeugungsarbeit zur Schulung angemeldet haben, wurden regelmäßig an die Schulung erinnert. Dieser organisatorische Aufwand seitens der Schulungsinitiatoren darf nicht unterschätzt werden und könnte im Alltag ein Hindernis-grund für die Durchführung einer Schulung sein. Durch die Zusammenarbeit des Schulungs-teams mit der Selbsthilfegruppe minimierte sich der Aufwand für organisatorische Belange, je-doch wird auf diese Weise wieder eine Selektion der Schulungsteilnehmer erzeugt. Cotugno wies nach, dass die Phenylalaninwerte bei jenen Kindern meist schlechter sind, deren Mütter eine schlechtere Schulbildung haben (171). Insofern ist es wichtig, solche Menschen besonders gut zu schulen, um den Kindern die gleichen Chancen zu geben. Auch hier setzte die im Rahmen von ModuS durchgeführte PKU-Schulung an, indem explizit Familien aus bildungsferneren Schichten ermutigt wurden, an der Schulung teilzunehmen.

Die Schulungszufriedenheit der Kinder und Jugendlichen war sehr hoch. Die Schulnoten für die Schulung bestanden je zu 50% aus der Note „1“ (sehr gut) und zu 50% aus der Note „2“ (gut).

Die Zufriedenheit mit den Trainern lag in beiden Schulungsgruppen bei 100%. Die Altersgruppe der Jugendlichen fiel mit einer Alterspanne von nur 2 Jahren (14-16) etwas homogener aus als die der Kinder. Hier waren alle angesprochenen Altersstufen (8-12) auch bei der Schulung an-wesend. Trotzdem war die Gruppenkohäsion sehr gut, was sich auch in der Zufriedenheit mit der Gruppe widerspiegelt; bei den Kindern lag sie mit 93% fast genauso hoch wie bei der homo-generen Gruppe der Jugendlichen mit 95%.

Im Gespräch mit den Kindern direkt nach der im Rahmen von ModuS durchgeführten Schulung zeigte sich, dass der Kontakt zu anderen Kindern mit PKU während der Schulung den Kindern Mut gemacht hat, da viele bis zu dem Zeitpunkt keine anderen Kinder mit der gleichen Diagnose kannten. Auch Rollenspiele, die die Kinder dazu animieren sollten, Alltagssituationen aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, wurden von den Kindern positiv angenommen und gaben ihnen Anreize für ihr eigenes Verhalten in schwierigen Situationen. So wurden u. a. die Situationen nachgestellt, in denen die Kinder erklären müssen, an was für einer Erkrankung sie leiden und warum sie bestimmte Lebensmittel nicht zu sich nehmen dürfen. Auch die Jugendlichen beton-ten, dass ihnen ein Treffen mit anderen „PKUlern“ gut getan hätte und wünschten sich eine jähr-liche Wiederholung der Schulung.

Auch die Zufriedenheit der Eltern war in beiden Gruppen sehr hoch. Mehr als 95% der Befragten gaben in allen Kategorien an, entweder sehr oder weitgehend zufrieden zu sein. Da die Teilneh-mer der Selbsthilfegruppe einen durchschnittlich deutlich höheren sozioökonomischen Status aufwiesen als das Patientenklientel der MHH zeigt dies, dass die konzipierte Schulung sowohl für engagierte und bereits gut informierte Personen geeignet ist als auch für bildungsfernere Gruppen.

Um durch eine Schulung bleibende und vor allem positive Effekte zu erzielen, ist allerdings nicht nur der Gruppenaspekt wichtig. Von Bedeutung sind insbesondere eine Multiprofessionalität und ein interdisziplinärer Ansatz.

So wurde in einer RCT zur Wirksamkeit eines psychoedukativen Trainings für Asthmapatienten (2-5 Jahre) und ihre Eltern gezeigt, dass die Eltern, die an einer reinen Instruktion zum Medika-mentengebrauch teilgenommen hatten, nicht nur schlechtere Ergebnisse erreichten als die Gruppe, die eine multiprofessionelle, familienorientierte Schulung erhalten hatte, sondern auch schlechtere Ergebnisse als die Wartekontrollgruppe (92). Dieses Ergebnis wurde von den Auto-ren in die Richtung gedeutet, dass reine Instruktionen Eltern dazu bringen, sich selbst und ihre Fähigkeiten zu überschätzen und nicht im richtigen Moment Hilfe zu suchen. Hierdurch kommt es dann im Alltag zu Schwierigkeiten, mehr Notfallbesuchen beim Arzt und Klinikaufenthalten.

Dies deutet auf die Notwendigkeit von Multiprofessionalität in Schulungen hin, damit sowohl

das Wissen, als auch der Umgang und dadurch die Selbstwirksamkeit zur besseren Teilhabe ge-steigert werden.

Gleiches gilt auch für die PKU. Es gibt zwar keine akuten Notfälle wie beim Asthma, eine unzu-reichende Stoffwechseleinstellung kann aber auch zu einem Klinikaufenthalt führen und blei-bende Schäden verursachen. Die Eltern müssen bei der PKU gut geschult sein, um den Alltag zu managen und eine gute Stoffwechseleinstellung ihrer Kinder erreichen. Bei Problemen und / oder Verunsicherungen bezüglich der Diät im richtigen Moment Hilfe aufzusuchen, ist hier ge-nauso wichtig, wie bei anderen chronischen Erkrankungen, um eine gute Entwicklung der Kin-der zu ermöglichen. Selbstwirksamkeit und Teilhabe können auch hier durch multi-professionelle Schulungen in größerem Maße gesteigert werden als durch reine Instruktionen.

Im Gegensatz zum Asthma, wo nur Programme einen Vorteil bringen, die auf Selbstmanagement abzielen (121), hängt bei der PKU das Outcome der Kinder (Phenylalaninblutlevel) vom Wissen der Mutter bzw. der betreuenden Person ab (172). Desshalb kann hier auch ein Programm sinn-voll sein, das hauptsächlich das Wissen und die Selbstsicherheit im Umgang mit der Therapie steigert. Für Asthma konnte nachgewiesen werden, dass sich die Belastung der Eltern durch die Therapie auf das Wohlbefinden des Kindes auswirkt (81). Dies wäre auch für die PKU denkbar.

Durch die Schulung wurde zwar keine signifikante Abnahme der Belastung durch die Erkran-kung erreicht, doch der Austausch von Erfahrungen und Problemlösungsstrategien mit anderen Eltern wurde von allen Teilnehmern als sehr positiv bewertet.

Effekte der Gruppenschulung auf das krankheitsbezogene Wissen

Die aus dem Patientenklientel der Stoffwechselambulanz der MHH rekrutierte Gruppe (Eltern-gruppe 1) wies im Schnitt eine signifikant niedrigere Bildung und ein geringeres Haushaltsein-kommen bei größerem Anteil von Teilnehmern mit Migrationshintergrund auf als die zweite Elterngruppe, die aus Mitgliedern der nationalen Selbsthilfegruppe DIG PKU e.V. bestand. Der Weg Schulungen über die Selbsthilfegruppen zu organisieren ist auf lange Sicht also nicht geeig-net, um alle sozialen Schichten zu erreichen.

Trotz eines deutlich höheren Ausgangswissens in der Elterngruppe 2 konnte in beiden Schu-lungsgruppen ein signifikanter Wissenszuwachs (p<0,001) durch die Schulung verzeichnet wer-den.

Die Teilnehmer der ersten Elterngruppe zeigten einen deutlich größeren Wissenszuwachs als die Teilnehmer der zweiten Elterngruppe (DIG PKU e.V.). Dieser geringere Wissenszuwachs re-sultiert sicherlich aus dem deutlich höheren Einstiegswissen der Teilnehmer aus der Selbsthilfe-gruppe.

In Selbsthilfegruppen gehen die teilnehmenden Eltern, die meistens ohnehin engagierter und interessierter sind, im Rahmen ihrer Arbeit auf die Bewältigung von krankheitsbedingten, krankheitsauslösenden und belastenden Lebenssituationen ein, von denen sie selbst oder

Ange-hörige betroffen sind. Daher ist ein Wissensvorsprung zu nicht zu Selbsthilfegruppen gehören-den Familien nicht verwunderlich (173).

Zusammengefasst ist der verzeichnete Wissenszuwachs der Elterngruppe 1 deutlich höher, al-lerdings gelingt es ihnen nicht so gut wie Gruppe 2, das neu erworbene Wissen zu halten.

Bei den Kindern und auch bei den Jugendlichen zeigte sich interessanterweise ein Zuwachs des Wissens über alle Zeitpunkte, wobei sich der verzeichnete Wissenszuwachs zwischen den Zeit-punkten t1 und t2 jedoch nicht als signifikant erwies. Eine mögliche Erklärung für den, wenn auch nicht signifikanten Zuwachs an Wissen wäre eine Hilfestellung der Eltern bei der Beant-wortung der Fragen zu Hause oder eine durch die Schulung neue Motivation, sich weitergehend mit der PKU und ihrer Behandlung zu beschäftigen, wie es auch in einer anderen Schulung ge-zeigt werden konnte (105). So führt eine Schulung zumindest in der Anfangszeit nach der Inter-vention zu einer vermehrten Kommunikation innerhalb der Familie über die Erkrankung, die Therapie und die Schulungsinhalte allgemein.

Effekte der Gruppenschulung auf die krankheitsbezogene Lebensqualität

Neben dem signifikanten Wissenszuwachs ist es durch die Schulung auch gelungen, die Lebens-zufriedenheit signifikant zu steigern. Dieses Ergebnis liegt bei der Einschätzung durch die Eltern, nicht jedoch durch die Kinder selbst vor. Der durchschnittliche Wert auf der Cantril-Leiter stieg bei den Kindern und Jugendlichen zwar um eine Stufe, aufgrund der kleinen Anzahl an Teilneh-mern ergab sich daraus aber keine Signifikanz. Die Erhebung zur Lebensqualität wurde mit dem DISABKIDS Fragebogen (150) vor der Schulung und sechs Wochen nach der Schulung durchge-führt. Es erfolgte eine Fremdbeurteilung aller Kinder durch die teilnehmenden Eltern sowie eine Selbsteinschätzung durch die an einer Schulung teilnehmenden Kinder und Jugendlichen. Auch die Eltern der Jugendlichen, die nicht an einer Schulung teilnahmen, gaben eine Fremdbeurtei-lung zu der Lebensqualität ihrer Kinder ab.

Die gesundheits- bzw. krankheitsbezogene Lebensqualität der betroffenen Kinder veränderte sich nach Einschätzung der Eltern nur kaum, die Selbsteinschätzung fiel etwas positiver aus.

Hier steigerte sich die Lebensqualität in Teilbereichen, wenn auch nicht signifikant. Da Verände-rungen in Höhe von ≥5 Punkten der DISABKIDS Skalenmittelwerte in Fachkreisen als klinisch relevant diskutiert werden, lässt sich für die Kinder- und Jugendlichenschulung sagen, dass kli-nisch relevante Änderungen in Richtung verbesserter Lebensqualität in den Bereichen „Selbst-ständigkeit“ und „soziale Integration“ stattgefunden haben. Diese Verbesserungen lassen sich durch neu erlangtes Wissen über die Erkrankung und deren Therapie sowie Kompetenzen im Umgang mit Mitmenschen erklären, die in den Schulungen vermittelt wurden. Jedoch kam es auch zu klinisch relevanten Verschlechterungen in den Kategorien „Emotionen“ und „medika-mentöse Therapie“. Dies zeigt uns, dass eine Gruppenschulung, die sich intensiv mit dem Thema PKU beschäftigt, bei Patienten auch zuvor verdrängte Aspekte thematisiert und den Fokus der

Patienten wieder vermehrt auf die Erkrankung richtet. Es kann sogar durch eine Schulungsin-tervention erst zu einem Problembewusstsein kommen, welches vorher gar nicht bestand, da keine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der Thematik stattgefunden hatte. Möglich ist auch, dass Patienten, die bis zum Zeitpunkt der Schulung ihre Diät als „für sie normal“ akzeptiert hat-ten, durch die Gruppenintervention erst auf bestimmte Aspekte des „anders Seins“ aufmerksam gemacht werden, die folglich negative Emotionen in den Schulungsteilnehmern hervorrufen.

Die Quintessenz hieraus ist, dass eine Schulung nicht als singuläre Maßnahme durchgeführt werden und eine adäquate Nachbetreuung gegeben sein sollte, um Bedürfnisse, die durch die Schulung überhaupt erst entstanden sind, aufzufangen.

Insgesamt fällt auf, dass die Einschätzung der Lebensqualität durch die Kinder und Jugendlichen selbst ähnlich ausfällt wie die der Eltern. Mehrere Studien, in denen mögliche Unterschiede zwi-schen Selbst- und Proxybeurteilung der gesundheits- und krankheitsbezogenen Lebensqualität untersucht wurden, zeigen ähnliche Ergebnisse (174,175). Im Gegensatz dazu stehen ältere

Insgesamt fällt auf, dass die Einschätzung der Lebensqualität durch die Kinder und Jugendlichen selbst ähnlich ausfällt wie die der Eltern. Mehrere Studien, in denen mögliche Unterschiede zwi-schen Selbst- und Proxybeurteilung der gesundheits- und krankheitsbezogenen Lebensqualität untersucht wurden, zeigen ähnliche Ergebnisse (174,175). Im Gegensatz dazu stehen ältere