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4.1 S TUDIENDESIGN

4.1.1 Konzeption

Die Grundlage für die Konzeption des vorliegenden modularen Schulungsprogramms, auf dessen Basis die PKU-Schulung aufbaut, bildeten:

• die Analyse der Curricula und Handbücher der qualitätsgesicherten Schulungsprogram-me Asthma, Typ 1 Diabetes, Neurodermitis und Adipositas zu Aufbau, Inhalten, Didaktik und Besonderheiten

• die oben genannten Vorarbeiten von PD Dr. Meinolf Noeker (88)

• mehrere Expertenworkshops des Kompetenznetzes Patientenschulung im Kindes- und Jugendalter mit veränderter Zusammensetzung.

Vier generische, also krankheitsübergreifende Module bilden den Grundstock von ModuS. Diese Module können unabhängig vom jeweiligen Krankheitsbild eingesetzt werden. Außerdem gibt es drei spezifische Module, die sich auf indikationsabhängige Aspekte der Krankheit, hier PKU, be-ziehen und sich je nach Indikation inhaltlich und zeitlich unterschiedlich ausgestalten (17). Für die PKU wurde, aufbauend auf die Module im Baukastensystem, folgende Schulung entwickelt:

Modul 0 dient als Vorbereitungsmodul. Die Organisation und Planung der Schulungen soll durch Tipps zu Räumlichkeiten und Gruppenzusammenstellung vereinfacht werden. Die Alters-gruppen wurden wie folgt gewählt: 8-12 Jahre, 13-17 Jahre und Eltern. Zusätzlich enthält es Muster für Einladungsschreiben, Anamnesebögen und Ähnliches.

Modul 1 ist das Begrüßungsmodul. Hier sollen sich die Teilnehmer kennenlernen, ein vertauens-volles Klima aufgebaut und Erwartungen seitens der Teilnehmer an die Schulung geäußert wer-den. Fragen, die die Teilnehmer haben, können z.B. auf einer Tafel gesammelt werwer-den. Am Ende der Schulung kann dann überprüft werden, ob alle Fragen beantwortet wurden. Eine gute Grup-penkohäsion soll hier geschaffen werden.

Nach der Einleitung durch die Module 0 und 1 folgen die drei PKU-spezifischen Module:

In Modul 2 soll eine motivierende Aufklärung zur Krankheit stattfinden. Den Familien sollen realistische Erwartungen zu Verlauf, Folgen und Prognose vermittelt werden. Die Patho-physiologie der PKU mit dem Einfluss auf die Gehirnentwicklung sollte hier erläutert werden. Es sollte aber auch verdeutlicht werden, dass ein engagiertes Krankheitsmanagement einen spür-baren Gewinn an Gesundheit und Lebensqualität erzeugt und dass die Zukunft der Patienten unter der Therapieoption „Diät for life“ sehr gut ist. Außerdem soll die Bearbeitung der Themen Schuld durch Vererbung und Grenzen der Kontrollierbarkeit/Diätüberwachung insbesondere bei heranwachsenden Kindern die Familien entlasten.

Kompetenzen und Motivation für das symptomarme Intervall werden in Modul 3 behandelt.

Zentrale Themen sind Nahrungsmittelkunde und Diätberechnung zur sicheren, selbstständigen Durchführung der einweißarmen Diät, genauso wie die Nahrungsergänzung mit den Aminosäu-remischungen, Selbst- und Fremdmonitoring durch regelmäßige Blutentnahmen und mögliche Anzeichen zu hoher PHE-Werte. Außerdem kann hier eine mögliche Familienplanung bespro-chen werden.

Thema von Modul 4 ist die Notfallvermeidung. Ein einfaches Handlungsschema soll der Familie die Sicherheit geben, akute Krisen meistern zu können: Selbstbeobachtung > Bewertung der Beobachtungen > Entscheidungsfindung > Durchführung von Bewältigungsreaktionen > Hand-lungsbewertung. Da es bei der PKU keine akuten Krisen gibt, die einer unverzüglichen Interven-tion bedürfen, ist dieses Modul für eine PKU-Schulung nicht relevant.

Modul 5 beschäftigt sich als generisches Modul mit den psychosozialen Aspekten von chroni-schen Krankheiten und der Krankheitsbewältigung im Familiensystem. Da die meisten Familien mit chronisch kranken Kindern vor ähnlichen Herausforderungen stehen, sind Themenkomple-xe wie der Umgang mit krankheitsbedingten Ängsten, Schuldgefühlen und Scham sowie die Ver-antwortungsteilung zwischen Eltern und Kind für das Therapie-management oder wie Außen-stehende über die Krankheit informiert werden, wichtige Themen für alle Teilnehmer.

Den Abschluss der Schulung bildet das generische Modul 6. Hier werden die zentralen Schu-lungsinhalte rekapituliert und ein motivierender Ausklang geschaffen. Falls kein individuelles Familienabschlussgespräch stattfindet, werden in dieser Einheit auch Ziele für zu Hause formu-liert und ein Résumé bezüglich des kurzfristigen Benefits der Intervention gezogen.

Für die krankheitsspezifischen Module 2 und 3 wurden Lernziele mit entsprechender Didaktik erarbeitet und gemäß den Vorgaben von ModuS in das Gesamtkonzept integriert.

Grundlage für die ausgewählten Lernziele bildeten aktuelle Leitlinien in der Behandlung der PKU (4,59), mehrere Expertenworkshops und das bereits im Vorfeld entwickelte Programm

„PKU gut erklären – ein Leitfaden“ von Lange und Meyer (104).

Zunächst wurden die im Folgenden dargestellten Themen der einzelnen Module heraus-gearbeitet und anschließend die zugehörigen Lernziele definiert. Jeder Unterrichtsblock umfasst neben einer allgemeinen Beschreibung mehrere Lernziele, die jeweils folgende Aspekte aufgrei-fen:

• Hintergrund und Begründung für das Lernziel

• Inhalte, die in diesem Lernziel bearbeitet werden sollen

• Hinweise zur Durchführung und den zu verwendenden Methoden

• Anmerkungen und Besonderheiten

Somit können Personen, die diese Schulung zum ersten Mal durchführen wollen, das Ziel, den Aufbau, den Inhalt des Gesamtprogramms und die einzelnen Einheiten schnell erfassen.

Je nach Modul ergaben sich drei bis acht konkrete Lernziele.

Die Lernziele der PKU-Module sind in der folgenden Tabelle 4 dargestellt.

Tabelle 4: PKU spezifische Module 2 und 3 Module und Lernziele der PKU Schulung Modul 2 Krankheitsentstehung

2.1 Die Teilnehmer können die Pathophysiologie der PKU in Grundzügen beschreiben.

2.2 Die Teilnehmer verstehen, dass PKU eine Erbkrankheit mit autosomal-rezessivem Erbgang ist.

2.3 Die Teilnehmer wissen wie hoch das Vererbungsrisiko der PKU ist.

2.4 Die Teilnehmer können die Aufgabe von PHE im Körper beschreiben.

2.5 Die Teilnehmer können den Enzymdefekt der Phenylalaninhydroxylase bei der 'klassischen Form' der PKU erklären.

2.6 Die Teilnehmer wissen, dass es auch eine seltene Unterform der PKU gibt, die in Zusammenhang mit dem BH4 Stoffwechsel (Botenstoffe im Gehirn) steht.

2.7 Die Teilnehmer wissen, dass hohe PHE-Werte negative Auswirkungen auf die Hirnentwicklung und –funktion haben.

2.8 Die Teilnehmer wissen, dass ihre Zukunft unter der Therapieoption ‚Diät 'for life' sehr gut ist.

Modul 3.1 Nahrungsmittelkunde

3.1.1 Die Teilnehmer wissen, dass eiweißreiche Lebensmittel auch immer viel PHE enthalten.

3.1.2 Die Teilnehmer können Nahrungsmittel mit Hilfe der Aminosäure-Nährwerttabelle nach ihrem PHE-Gehalt einteilen.

3.1.3 Die Teilnehmer können mit Hilfe des PHE-Gehaltes Lebensmittel in geeignete und ungeeignete Produkte einteilen.

3.1.4 Die Teilnehmer können den PHE-Wert eines Nahrungsmittels einschätzen, wenn nur der Eiweißgehalt bekannt ist.

3.1.5 Die Teilnehmer wissen, welche Zutaten PHE enthalten und welche nicht.

3.1.6 Die Teilnehmer können Süßigkeiten ohne PHE nennen.

Modul 3.2 Eiweißpulver

3.2.1 Die Teilnehmer können erklären, warum die Aminosäuremischung (ASM) zur ausreichenden Nährstoffversorgung bei PKU und damit zur gesunden Entwicklung notwendig ist.

3.2.2 Die Teilnehmer können erklären, wie viel Eiweiß sie oder ihr Kind täglich über die ASM benötigen.

3.2.3 Die Teilnehmer wissen, dass sie während der Diät regelmäßig Kontakt zur Diätassistentin (DA) halten sollen.

3.2.4 Die Teilnehmer wissen, dass die ASM in 3 bis 4 Portionen über den Tag verteilt eingenommen werden soll.

3.2.5 Die Teilnehmer können erklären, was sie beachten sollen, wenn die ASM vergessen wurde.

Modul 3.3 Anzeichen zu hoher PHE-Werte

3.3.1 Die Teilnehmer können den im Blut gemessenen PHE-Wert richtig beurteilen.

3.3.2 Die Teilnehmer können PHE-Werte richtig dokumentieren.

3.3.3 Die Teilnehmer nennen Symptome, die sie bei hohen PHE-Werten spüren oder beobachten können.

Modul 3.4Diätberechnung

3.4.1 Die Teilnehmer wissen, dass die Diät im Alltag nicht mehr mit Abwiegen der Lebensmittel und Berechnung des PHE-Gehalts durchgeführt werden muss

3.4.2 Die Teilnehmer wissen, dass sie sich an PHE-armen Lebensmitteln satt essen können.

3.4.3 Die Teilnehmer können den PHE-Gehalt der Nahrung einschätzen.

3.4.4 Die Teilnehmer wissen, dass die PHE-Aufnahme nicht jeden Tag gleich sein muss.

3.4.5 Die Teilnehmer können Ursachen und Folgen einer katabolen Stoffwechsellage beschreiben.

3.4.6 Die Teilnehmer können erklären, wie eine katabole Stoffwechsellage verhindert werden kann.

Modul 3.5Familienplanung

3.5.1 Die Teilnehmerinnen wissen, dass sie schwanger werden können

3.5.2 Die Teilnehmerinnen kennen die Risiken für das Ungeborene durch zu hohe PHE-Werte der Mutter.

3.5.3 Die Teilnehmerinnen können erklären, warum eine geplante Schwangerschaft und eine zuverlässige Verhütung besonders wichtig für sie sind.

Das Handbuch zur PKU-Schulung mit den vollständigen Modulen ist bereits veröffentlicht (148).

Die Module können auch der beigefügten CD entnommen werden, bzw. sind unter http://www.pabst-publishers.de/Medizin/buecher/images/modus_9783899679083.pdf abruf-bar.

Bei der Ausarbeitung der Methoden zu den Lernzielen wurde, wie auch vom Zentum Patienten-schulung empfohlen, viel Wert auf eine Methodenvielfalt gelegt, um auf unterschiedliche Art und Weise und auf mehreren Interventionsebenen (Kognition, Emotion, Motivation, Verhalten) an die Krankheit heran zu gehen (87). Zu den Grundlagen der PKU kann z.B. ein kurzer Vortrag gehalten werden, um das theoretische Wissen der Teilnehmer zu erweitern bzw. aufzufrischen.

Zu allen anderen Lernzielen wurden interaktive Methoden gewählt, um patientenorientiert Wis-sen und Fertigkeiten zu vermitteln. Der Raum für einen Austausch untereinander sollte stets gegeben sein.

Bei den Inhalten und der Didaktik handelt es sich um Vorschläge, die sich bei anderen Schulun-gen bewährt haben.

Die zeitliche Durchführung der Schulungen wird von den Besonderheiten der Indikation und des Settings bestimmt. Die Schulungen können einmal wöchentlich über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden oder, im Falle längerer Anfahrtswege der Teilnehmer und des Reiseteams, blockweise über mehrere Tage.

In diesem Fall wurde für die PKU als seltene chronische Erkrankung mit einer Inzidenz von 73 im Jahr 2010 (25) (und zusätzlich 61 mit einer HPA, die je nach Ausmaß behandlungsbedürftig ist) eine Blockveranstaltung gewählt, damit weitere Anfahrtswege der Teilnehmer in Kauf ge-nommen werden konnten. Die Zahl der Kinder und Familien, die regional einer Schulung bedürf-ten, ist zwar gegeben aber dennoch sehr klein. Die daraus resultierende Problematik wurde be-reits im Abschnitt 2.2.6 Bisher nicht gedeckter Schulungsbedarf besprochen.