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4 Diskussion

4.3 Diskussion des Vergleichs der Subgruppen lebend – verstorben der hypothermen

4.3.1 Vergleich der Variablen vor intensivmedizinischer Behandlung

Man erhoffte sich von dem Vergleich der Variablen vor und während intensivmedizinischer Behandlung zwischen den zum Zeitpunkt der Studiendurchführung lebenden Patient/innen und den verstorbenen Patient/innen klinische, aussagekräftige Indikatoren für ein gutes Outcome bzw. für eine hohe Langzeitüberlebenswahrscheinlichkeit herauszufinden. Wach-komapatient/innen wurden bewusst in den beiden Gruppen hypotherm – normotherm ausgegrenzt. In der Studie von de Vos et al. verstarben 4 von den 5 Patient/innen, die sich bei Krankenhausentlassung im Wachkoma befanden, innerhalb der ersten 3 Monate nach Herzkreislaufstillstand [105], so dass unsere Wachkomapatient/innen eine äußerst hohes Risiko aufweisen, demnächst zu versterben. Man war der Meinung, dass die Wachkoma-patient/innen möglicherweise die Variablen für ein gutes Outcome verdecken würden, wenn diese zu der lebenden Subgruppe gezählt werden.

4.3.1.1 Kardiale / nicht-kardiale Ursachen für den Herzkreislaufstillstand

In der medizinischen Literatur wird wie bereits erwähnt eine höhere Überlebens-wahrscheinlichkeit und eine bessere Lebensqualität in Zusammenhang mit einer kardialen Ursache für den Herzkreislaufstillstand gebracht und stimmt mit unseren Ergebnissen in der normothermen Gruppe überein (77,42% in der Subgruppe normotherm – lebend versus 53,85% in der Untergruppe normotherm – verstorben; p = 0,202). Jedoch lässt sich eine bessere Überlebenschance bei kardialer Ätiologie nicht in unserer hypothermen Gruppe darstellen, denn unsere Subgruppe hypotherm – lebend weist eine annähernd gleiche Verteilung der kardialen und nicht-kardialen Ursachen wie die Untergruppe normotherm – verstorbenen auf (81,08% in der Subgruppe hypotherm – lebend versus 86,05% in der Untergruppe hypotherm – verstorben; p = 0,762) (siehe

Diagramm 5).

Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass sich die Überlebenswahrscheinlichkeiten in Bezug auf die Ursache (kardial – nicht-kardial) im Verlauf der Zeit verändern. Die Überlebenschancen für einen Herzkreislaufstillstand aufgrund nicht-kardialer Ursachen

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

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80%

90%

100%

normotherm – lebend normotherm - verstorben hypotherm – lebend hypotherm – verstorben

nicht-kardial kardial

haben sich in den Jahren deutlich gebessert. Patient/innen mit Herzkreislaufstillstand haben derzeit möglicherweise schon die gleiche Prognose wie Patient/innen mit Herzkreislaufstillstand aufgrund kardialer Ursache.

Diagramm 5 Verteilung der kardialen und nicht-kardialen Ursachen bei hypotherm bzw. normotherm behandelten Patient/innen, die zum Zeitpunkt der Studiendurchführung lebten bzw. verstorben sind.

4.3.1.2 Gutes Outcome bei Kammerflimmern und ventrikulärer Tachykardie

Laut Kuisma et al. überleben heutzutage mehr Patient/innen mit anderen initialen Rhythmen als Kammerflimmern (z.B. elektromechanische Entkoppelung, Asystolie und VF) als zu früheren Zeiten [74]. Diese Entwicklung konnte in unserer Studie nicht bemerkt werden.

Beim Vergleich der hypotherm behandelten Subgruppen lebend – verstorben zeigte sich, dass Kammerflimmern und ventrikuläre Tachykardie mit einer erhöhten Überlebenswahr-scheinlichkeit assoziiert waren. In der normothermen Gruppe bestand ein Zusammenhang zwischen Kammerflimmern als initialen Rhythmus und einer erhöhten Überlebens-wahrscheinlichkeit.

Eine Asystolie steht hingegen in unserer Studie immer für eine hohe Sterbewahrschein-lichkeit (siehe Diagramm 6). Unsere Ergebnisse stimmen mit denen von Braunwald et al.

überein, der auch die höchste Überlebensrate bei Krankenhausentlassung nach einem

out-of-hospital cardiac arrest bei einer ventrikulären Tachykardie und die zweithöchste Rate bei ventrikulärem Flimmern (VF) und ein schlechtes Outcome bei Asystolie und elektromechanische Entkoppelung feststellte [3].

Diese wesentlich größere Überlebenswahrscheinlichkeit bei Kammerflimmern und VT kann dadurch erklärt werden, dass nur bei diesen Rhythmen defibrilliert werden kann [1][124].

Eine sofortige „First Response-Defibrillation“, die von trainierten Laienhelfern („First Responser“) wie beispielsweise qualifizierten Polizisten oder Feuerwehrleuten ausgeführt wird, ist sicher und erhöht nochmals zusätzlich die Überlebensrate. Auch die weniger verbreitete „Public Access Defibrillation“ erscheint in dieser Hinsicht vielversprechend. Sie wird von ungeschulten Personen mittels eines halbautomatischen Defibrillators ausgeführt [124].

Diese neue Idee wird beispielsweise bereits im Regensburger Donaueinkaufszentrum umgesetzt, in dem sich an mehreren Plätzen für jedermann zugängliche, halbautomatische Defibrillatoren befinden.

Diagramm 6 Übersicht über die Verteilung der initialen Rhythmen bei hypotherm bzw. normotherm behandelten Patient/innen, die zum Zeit-punkt der Studiendurchführung lebten bzw. verstorben sind.

4.3.1.3 Wiederbelebung

Da lediglich signifikante Unterschiede bei der Dauer bis zur Wiederherstellung des Spontankreislaufs zwischen der Subgruppe normotherm – lebend und der Subgruppe normotherm - verstorben bestehen, scheinen die anderen Variablen der während der Wiederbelebung (wie beispielsweise das Vorkommen eines in-hospital cardiac arrest, eines witnessed cardiac arrest, einer Laienreanimation, einer First Response Defibrillation, eines qualifiziertes Personals, einer Herzdruckmassage, einer Beatmung bei Reanimation, eines Transports unter Reanimation) eine eher untergeordnete Rolle für das Langzeitüberleben in unserem Kollektiv zu spielen. Auch Kuilman et al. fanden keine signifikanten Unterschiede in der Überlebensrate von Patient/innen, die von unterschiedlich qualifizierten Personen wie beispielsweise dem Notfallpersonal (emergency personnel), Ärzten oder Bystander reanimiert worden waren [99].

4.3.1.4 Glasgow Coma Scale

Anhand des GCS wird das Outcome der Patient/innen nach Herzkreislaufstillstand traditionell in vielen Studien beurteilt [71][95]. Nikansen et al. beschreiben im Jahr 2007 eine starke Abhängigkeit des Outcome von dem während der ersten 24 Stunden auf Intensiv-station gemessenen GCS [71]. In der 2002 veröffentlichten Studie von Granja et al. haben die Überlebenden einen signifikant höheren (= besseren) GCS bei Krankenhausentlassung als diejenigen Patient/innen, die 6 Monate nach Krankenhausentlassung verstorben waren (Median des GCS = 15 versus Median des GCS = 9, p = 0,003) [95].

In unserer Studie hatten alle Subgruppen (normotherme bzw. hypotherme Subgruppe verstorben – lebend) einen GCS von 3 und somit kann kein Zusammenhang zum Langzeit-überleben hergestellt werden.

Zudem sollten die GCS-Werte immer mit Vorsicht interpretiert werden, denn Sedierungen verschlechtern den Wert und nur eine Erhebung vor Sedierung bringt einen validen Wert [50][71].