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Verfahren zur Untersuchung von Dreikörper-Abrasivverschleiß

3.   Stand der Technik bei der Ermittlung von Abrasivität –

3.3   Verfahren zur Untersuchung von Dreikörper-Abrasivverschleiß

Bei Versuchsanordnungen zur Untersuchung des Dreikörper-Abrasivverschleißes wird körniges Abrasivgut in einen Spalt zwischen dem zu untersuchende Grundkörper (Probekörper) und einem, zumeist rotierenden Gegenkörper3) eingebracht, siehe Abbildung 3-8. Die Relativbewegungen des Abrasivguts bzw. die Spaltgröße werden dabei durch einen festgelegten Anpressdruck des Probe-körpers auf den Gegenkörper bestimmt.

Diese Prüfverfahren verfügen über den großen Vorteil, dass die Versuchsaufbauten – im Gegensatz zu Verschleißtopf- oder Schleifpapier-Verfahren – offene Tribosysteme simulieren können, da der Probekörper laufend mit frischem Abrasivgut in Kontakt kommt. Die grundsätzliche Vergleichbarkeit der Verschleißmechanismen von Versuchsaufbau und mechanischen Bearbeitungs- bzw.

Abbauprozessen von Boden ist jedoch zu hinterfragen. Die Beanspruchungen ähneln vielmehr jenen in Zerkleinerungsanlagen, wie z.B. Backen- oder Konusbrechern im Abbauraum von Schildmaschinen.

Abbildung 3-8: Mögliche Prüfeinrichtungen zur Simulation von Dreikörper-Abrasivverschleiß. Links: [73].

Rechts: Schleifradtest [106].

Der Versuchsaufbau gemäß Abbildung 3-8, rechts ist in den USA unter ASTM G 65-04 „Standard Test Method for Measuring Abrasion Using the Dry Sand / Rubber Wheel Apparatus“ normiert [104]. Im deutschsprachigen Raum ist der Versuch als Reibrad- oder Schleifrad-Verfahren bekannt [106, 108].

Mit diesem Versuch wird der Verschleißwiderstand verschiedener Werkstoffe gegen eine Gleitbean-spruchung durch Quarzsand ermittelt. Dabei wird der Probekörper mit einer definierten Normalkraft gegen ein rotierendes Gummirad gedrückt, während der Sand in die Kontaktfläche zwischen

3) In der Literatur zum Dreikörper-Abrasivverschleiß erscheint es umstritten, ob es sich bei dem rotierenden Körper um den Gegenkörper handelt und das lose Abrasivgut den dritten Körper beim Dreikörper-Abrasiv-verschleiß darstellt, oder genau umgekehrt. Das Abrasivgut könnte gleichfalls als Gegenstoff bezeichnet werden und der Dreikörper-Abrasivverschleiß wäre dann eine spezielle Form von Zweikörper-Abrasivverschleiß mit zwei (verschiedenen) Grundkörpern. Diese Problematik hat aber für die Fragestellungen der gegenständlichen Arbeit

Prüfkörper und Reibrad rieselt. Die derart ermittelten Verschleißbeträge sind auch vom Gummi des Reibrades beeinflusst, Einbettungseffekte sollten vermieden werden. Es werden auch Versuchs-varianten mit Einsatz von befeuchtetem Sand einerseits, sowie mit einem Schleifrad aus Stahl andererseits durchgeführt. Mit einem Stahlrad ergeben sich höhere Verschleißbeträge am Probe-körper als bei Verwendung eines Gummirades. [108]

Zu den Verfahren welche die Verschleißauswirkung von Gesteinspartikeln auf standardisierte Probe-körper nach dem DreiProbe-körper-Abrasionsprinzip ermitteln, sind einerseits der NTNU-Test und andererseits das Miller-Verfahren zu zählen.

3.3.1 NTNU Soil Abrasion Test (SAT)

Der an der Norwegian University of Science and Technology in Trondheim (NTNU), ursprünglich für Festgestein, entwickelte Versuchsaufbau findet vor allem im nordeuropäischen sowie nordameri-kanischen Raum Anwendung. Daher liegt gemäß Holzhäuser / Nilsen (2006) bereits eine umfang-reiche Datenbasis zur Korrelationen zwischen dem sog. Abrasion Value und dem Diskenverschleiß von Tunnelvortriebsmaschinen vor [51].

Bei dem Versuch werden ca. 2 kg Gesteinsmaterial sorgfältig getrocknet und abgesiebt bzw. fein zermahlen. Zur Ermittlung des Abrasion Values AV für Festgestein wird die Probe auf Korngrößen kleiner 1 mm gebrochen. Für die Verwendung von Lockergestein wurde der ursprüngliche Versuchs-stand derart modifiziert, sodass Korngrößen bis 4 mm Korndurchmesser untersucht werden können;

getrocknetes kohäsives Material darf dabei in einem Laborbrecher zerkleinert werden [68]. Das Probematerial wird auf eine rotierende Stahlscheibe aufgebracht, auf die ein Stahlprüfkörper mit einem Gewicht von 10 kg gedrückt wird, siehe Abbildung 3-9.

Abbildung 3-9: Prinzipdarstellung des NTNU Abrasionstests [68].

Zur Ermittlung des Abrasion Values AV wird ein standardisierter Prüfkörper aus Tungsten Karbid während 5 Minuten auf die rotierende Scheibe gedrückt (100 Umdrehungen). Die Versuchsdauer zur Bestimmung des AVS oder SAT-Werts, bei dem der Prüfkörper aus einem zu untersuchenden

Werk-stoff (z.B. Rollenmeißel) besteht, beträgt eine Minute (10 Umdrehungen). Der AV-, AVS- bzw. SAT-Wert entspricht in der Folge jeweils dem mittleren Gewichtsverlust des Prüfkörpers aus 2 bis 4 Versuchen, in Milligramm. [51, 68]

Für die richtige Interpretation der Ergebniswerte, bzw. zum Vergleich mit anderen Abrasivitätskenn-werten, sollten jedoch folgende weitere Einflussparameter aus dem Versuchsaufbau bekannt sein:

 Durchmesser der rotierenden Auflagerscheibe (zur Ermittlung des Verschleißweges),

 Material der Auflastscheibe (zur Beurteilung von möglichen Einbettungen des Abrasivs),

 Genaue Bezeichnung des Prüfkörpermaterials beim SAT- bzw. AVS-Tests (zur Herstellung der Vergleichbarkeit mit anderen Labors die den NTNU-Versuch durchführen wollen).

Die Beschränkung auf den Siebkornanteil ≤ 4 mm ist für eine Abrasivitätsuntersuchung von grob-körnigen Lockergestein in der Regel nicht akzeptabel. Wie bereits beim LCPC-Versuch diskutiert, wäre die Verwendung von gebrochenem Probenmaterial denkbar, jedoch problematisch (siehe Abschnitt 3.1.1). Darüber hinaus erscheint insbesondere bei feinkörnigem Lockergestein die Vernach-lässigung des natürlichen Wassergehalts – und damit der Kohäsion – durch die Verwendung der getrockneten und gemahlenen Bodenproben besonders fragwürdig.

3.3.2 Miller-Verfahren

Beim Miller-Verfahren handelt es sich um einen Versuch zum Dreikörperabrasiv-Verschleiß, wobei speziell Untersuchungen der Abrasivitäten flüssiger Medien durchgeführt und somit auch Korrosions-Effekte berücksichtigt werden. Das Verfahren ist in ASTM G75 – 07 normiert und daher sollten alle weltweit mit dem Miller-Verfahren durchgeführten Untersuchungen vergleichbar sein.

Der Versuchsaufbau nach dem Miller-Verfahren ist in Abbildung 3-10 schematisch dargestellt. Für die Versuchsdurchführung wird in einer mit der Testflüssigkeit gefüllten Wanne, deren Boden mit Neopren bedeckt ist, ein standardisierter Prüfkörper mit einer Normalkraft von 22,24 N gegen den Wannen-boden gedrückt und 6 Stunden lang hin und her bewegt (48 Wechsel bzw. 20 m Verschleißweg pro Minute). Der Gewichtsverlust des Prüfkörpers wird nach drei aufeinander folgenden, jeweils zwei-stündigen Testperioden gemessen und daraus die Miller-Zahl abgeleitet. [1]

Das nach ASTM G75 – 07 empfohlene Mischungsverhältnis für die Abrasivsuspension ist 150 g (getrockneter) Feststoff und 150 g destilliertes Wasser („Standardkonzentration“ von 50%). Die Abmessungen des Prüfkörpers betragen 12,7 x 25,4 x 7,0 mm, wobei die Höhe bis auf 4,57 mm abgearbeitet werden darf, bevor der Prüfkörper getauscht werden muss. Während der Probenblock standardmäßig aus 27% Chrom-Stahl besteht (über dessen Härte in der zugänglichen Literatur keine Angaben gemacht werden) kann bei sehr gering abrasiven Testflüssigkeiten (z.B. Mohs`sche Mineralhärte der Feststoffpartikeln in der Suspension von 2 oder weniger) nach ASTM G75 – 07 auch ein Probenblock aus Gold verwendet werden (womit dann die sog. Gold-Number ermittelt wird). Soll der Verschleiß eines Prüfkörpers in einem standardisierten Medium ermittelt werden, wird mit demselben Versuchsablauf die sog. SAR-Zahl (Slurry Abrasion Response–Number) bestimmt. [1, 61]

Abbildung 3-10: Schemadarstellung des Miller-Versuchsaufbaus [107].

Die Vorgangsweise zur Ermittlung der Miller-Zahl MN [-] ist in ASTM G75 – 07 genau festgelegt:

Zunächst wird eine rechnerische Kurve an die drei gemessenen Werte des kumulativen Gewichts-verlusts des Probekörpers (jeweils Mittelwerte aus zwei Versuchen) angenähert. Die mathematische Gleichung für die Näherungskurve lautet:

tB

A M 

mit: M [mg] … kumulierter Masseverlust des Prüfblocks A, B [-] … Kurvenanpassungskoeffizienten t [h] … Versuchszeit

Mithilfe der Methode der kleinsten Fehlerquadrate (jede andere Anpassungsmethode ist ebenfalls zulässig) werden die Werte für die Koeffizienten A und B berechnet, sodass die Kurve bestmöglich an die der drei Versuchsergebnisse angepasst wird. Die Miller-Zahl wird rechnerisch, als erste Ableitung der Näherungskurve der Masseverlustrate des Prüfblocks zum Zeitpunkt t = 2 h ermittelt:

Akkumulierter Masseverlust zum Zeitpunkt t: MrABt(B1) [mg/h]

Um aussagekräftige Zahlenwerte zu erhalten und die Werte in eine Skala einzuordnen welche von MN  1 für Schwefel und MN  1.000 für Korund reicht, wird der rechnerische Masseverlust nach zwei Stunden mit einem Faktor C = 18,18 [h/mg] multipliziert [1].

Somit ergibt sich die Miller-Zahl (bzw. die SAR-Zahl) wie folgt:

Miller Number: MN18,18Mr [-] mit MrABt(B1) [mg/h]

In ASTM G75 – 07 ist angeführt, dass ab MN > 50 mit größeren Auswirkungen („damage“! [1]) zufolge Abrasivität zu rechnen ist und Vorkehrungen beim Pumpen solcher Flüssigkeiten getroffen werden müssen.

Die Bandbreite der Miller-Zahlen für allgemeine Materialien kann sehr groß sein, siehe z.B. Tabelle 3-3, die Einflussfaktoren der flüssigen bzw. festen Bestandteile der Suspension auf den Verschleiß des Prüfblocks können Tabelle 3-4 entnommen werden.

Tabelle 3-3: Mögliche Miller-Zahlen von Mineralen verschiedener Bezugsquellen nach [1, 61].

Feststoff Miller-Zahl

Zusammenfassend nennen Miller & Miller (1993) eine Vielzahl von Versuchsfaktoren, die sich auf die ermittelten Miller-Zahlen auswirken, sie können den jeweiligen Bestandteilen des Tribosystems „Miller-Versuch“ zugeordnet und somit in 6 Kategorien eingeteilt werden [61], siehe Tabelle 3-4.

Tabelle 3-4: Einflussfaktoren auf den Verschleiß im Miller-Versuch nach [61].

Bestandteil des Tribosystems Einflussfaktoren auf den Verschleiß des Probekörpers Probekörper chemische Zusammensetzung, Härte, Korrosionsbeständigkeit,

Kaltverfestigung, Oberflächenbearbeitung, Abmessungen Feststoffpartikel der Suspension Härte, Partikelgröße, Partikelform, Zerreibbarkeit,

Mineral-zusammensetzung, Probenahme

Flüssigkeit der Suspension pH-Wert, Korrosivität, Feststoffkonzentration, Größe der Stichprobe, Feststoff-Flüssigkeits-Chemie, Schmierfilm Neoprenbeschichtung

(Wannenboden) Härte, Verträglichkeit mit der Suspensionsflüssigkeit, Reinheit Versuchsdurchführung Versuchstemperatur, Ausrichtung des Probekörpers,

Versuchs-durchläufe, Wiegegenauigkeit, Verdunstung der Flüssigkeit Versuchsapparatur

unterschiedliche Versuchsgeräte, Belastung Probekörper, Abheben, Umlaufgeschwindigkeit, Umlauflänge, Position des Probeblocks, Abstand der Probehalterung vom Wannenboden