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vErAntwortung dEr kommunAlpolitik

Wer eine längerfristige Strategie gegen die Verankerung von rechtsextremen Parteien verfolgen will, dem muss es gelingen, dass die parlamentarische Demokratie als die beste Staatsform angesehen und akzeptiert wird . Daher ist eine permanente Ausein-andersetzung mit Rechtsextremismus notwendig, z .B . mit den Themen und Argu-menten, die rechtsextremen Parteien und Organisationen besetzen . Die Kommune hat in der Rechtsextremismusprävention vielseitige und langfristig angelegte Gestal-tungsmöglichkeiten . Insbesondere die Vertreter/-innen demokratischer Parteien in den Kommunalparlamenten können eine wichtige Vorbildfunktion übernehmen . Sie beeinflussen durch ihre Thematisierungs- und Lösungsstrategien in Hinblick auf den lokalen Rechtsextremismus wesentlich mit, welche politische und öffentlich-mediale Kultur in einer Gemeinde entsteht .

schulE, kindErtAgEsstättEn und JugEndArbEit Als lErnortE dEmokrAtischEr prAxis

Schulen, Kindertagesstätten und Jugendarbeit sind wichtige Institutionen für die Stär-kung der Zivilgesellschaft . Sie bieten Gestaltungsspielräume zum demokratischen Lernen . Diese Kompetenzen, wie etwa Toleranz und Respekt, sollten bereits früh ge-fördert werden . Schon im Vorschulalter entwickelt sich in ersten Ansätzen moralische Urteilskraft . Soziales und interkulturelles Lernen und die Öffnung von Unterricht und Schulleben für Beteiligung der Schüler/-innen können die Bereitschaft junger Men-schen zu aktiver Mitgestaltung der Gesellschaft fördern . Das „Anerkennungsaudit“, ein Verfahren, bei dem eine Gruppe von Menschen sich über den Zustand einer Ange-legenheit und über notwendige Veränderungen verständigt, bietet Möglichkeiten zur Entwicklung einer Partizipations- und Anerkennungskultur in pädagogischen

Kon-Weitere Ausführungen zur Auseinan-dersetzung mit Rechtsextremismus in der Kommunalpolitik finden Sie im teil iii, kapitel 7 .

Unter „Methoden und Instrumente“

sind im Service-Teil der Handreichung weitere Informationen zum „Auditver-fahren“ zusammengestellt .

Beispiele aus der Praxis werden auf der Internetseite der Amadeu-Antonio-Stiftung beschrieben: http://www . amadeu-antonio-stiftung .de/die-stif- tung-aktiv/gegen-gmf/anerkennungs-audit/ (13 .11 .2010)

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texten . Auch Service-Learning, eine Unterrichtsmethode, die gesellschaftliches Enga-gement von Schüler/-innen mit fachlichem Lernen im Unterricht verbindet, eignet sich zur Förderung der demokratischen Praxis im schulischen Alltag .

diE rollE von vErEinEn in dEr rEchtsExtrEmismusprävEntion

Vereine und Initiativen sind im ländlichen Raum besondere Pfeiler für demokra-tisches Handeln und leisten damit bereits einen wichtigen eigenständigen Beitrag zur Rechtsextremismusprävention . Gerade Jugendverbände, wie z .B . die Jugendfeuerwehr, erreichen im ländlichen Raum häufig das Klientel, das anfällig ist für rechtsextreme Re krutierungsversuche . Zudem sollten sich Vereine und andere zivilgesellschaftli-che Organisationen gegen rechtsextreme Unterwanderung und für den Umgang mit rechtsextremen Aktivitäten und Vorfällen wappnen . So können sie bspw . in ihrer Sat-zung Kriterien festlegen, die für eine Mitgliedschaft bzw . einen Vereinsausschluss gel-ten .

stärkung dEr zivilgEsEllschAft untEr EinbEziEhung von stAAt und wirtschAft

Kommunale Politik und Verwaltung sowie lokale Wirtschaft sollten stets einbezogen werden, wenn es um die Stärkung der Zivilgesellschaft und der Demokratie in einer Gemeinde geht . Voraussetzung für gelingende Kooperationen dieser unterschied-lichen Akteure ist das Vorhandensein spezifischer Infrastrukturen, z .B . Anlaufstellen, die Informationen geben und Vernetzung leisten können . Auch für die lokale Wirt-schaft gibt es vielfältige Möglichkeiten das demokratische Klima im Gemeinwesen zu unter stützen, z .B . durch die Mitarbeit in Gremien und durch Betriebsvereinbarungen oder durch die Unterstützung und Mitwirkung in Projekten und Maßnahmen . So hat das Unternehmen EKO Stahl aus Eisenhüttenstatt eine „Betriebsvereinbarung über partnerschaftliches Verhalten“ verfasst, in der deutlich wird, dass fremdenfeindliches und diskriminierendes Verhalten nicht toleriert wird . Das Unternehmen, das eines der größten in der Region ist, engagierte sich Ende der 1990 Jahre bereits mit einem durch Geschäftsführung und Betriebsrat veranstalteten „Fest gegen Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Gewalt“ und veröffentlichte einen Aufruf gegen Rechtsextre-mismus, den zuvor bereits andere Unternehmen in der Region unterzeichneten . Vor-ausgegangen war eine fremdenfeindliche Attacke, die von zwei Auszubildenden im Betrieb im Jahr 1997 ausging .

polizEi

In der Polizeiarbeit sind regelmäßige Aus- und Weiterbildungen erforderlich, die nicht nur über rechtsextreme Ideologien und Symbole sowie Straftatbestände aufklären, sondern auch dazu führen, dass der besonders menschenverachtende und die Men-schenwürde verletzende Charakter rechtsextrem motivierter Taten wahrgenommen und Maßstab des Handelns wird .

Informationen über die Methoden sind auf der Internetseite http://www . buergergesellschaft .de/engagement-foerderung/schule-und-engagement/

service-learning/103669/ (22 .11 .2010) zu finden .

Die Betriebsvereinbarung steht unter http://www .migration-online .de/data/

eko_stahl_gmbh .pdf (13 .11 .2010) zum Download bereit . Eine ausführliche Beschreibung des Beispiels findet sich in Roth 2010: 74f .

Nähere Ausführungen hiezu finden Sie im teil iii, kapitel 6 der Handrei-chung .

Zudem wurde im Service-Teil eine Checkliste zur Satzungsänderung zusammengestellt sowie Musterformu-lierungen für Satzungen .

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herausforderungen

bürgErschAftlichEs EngAgEmEnt Als dEmokrAtiEfördErndEs potEnziAl

Der zunehmenden Entpolitisierung ländlicher Räume stehen wachsendes bürgerschaft-liches Engagement und intensivere politische Aktivitäten außerhalb der institutionellen Kanäle in Vereinen, Bürgerinitiativen, Protesten und sozialen Bewegungen gegenüber . Das Verhältnis von bürgerschaftlichem Engagement und Demokratie ist jedoch keines-falls so eindeutig, wie zum Teil angenommen wird: So wird die reale Zivilgesellschaft teilweise von Gruppen (wie rechtsextremen Kameradschaften) bevölkert, die ohne demokra tische Ambitionen sind, selbst wenn sie sich scheinbar für das Gemeinwohl engagieren, Hüpfburgen aufbauen und Hausaufgabenhilfe organisieren . Bürgerschaft-liches Engagement hat dann demokratiefördernde Potenziale, wenn (vgl . Roth 2010):

zivilgesellschaftliche Vereinigungen demokratischen Werten verpflichtet sind und

das Alltagsverhalten von gegenseitigem Respekt, Gewaltlosigkeit und Toleranz ge-prägt ist,

Politik möglichst auf umfassende demokratische Beteiligung setzt und der

enga-•

gierten Bürgerschaft Gestaltungsräume überlässt,

eine gleichberechtigte Beteiligung aller Engagierten ermöglicht wird,

Engagement in ein breites Spektrum demokratischer Handlungsformen eingebettet

• ist und

die Austauschbeziehungen mit den anderen Gesellschaftsbereichen (Staat,

Ökono-•

mie, Gemeinschaften etc .) den Eigensinn der Zivilgesellschaft anerkennen .

2 . BürGerschaFtliches enGaGement als

PräVentionsstrateGie GeGen rechtsextremismus

Beispiele dafür sowie weitergehende Ausführungen und Handlungsempfeh-lungen finden Sie im teil iii, in den kapiteln 2 und 3 .

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handlungsempfehlungen

zivilgEsEllschAftlichEs EngAgEmEnt Als grundlAgE EinEr dEmokrAtischEn kultur

Besonders im ländlichen Raum ist die Identifikation der Bürger/-innen mit ihrer Ge-meinde und damit die Bereitschaft, sich für die Entwicklung des lokalen Umfelds zu engagieren, sehr ausgeprägt . Wissenschaftliche Untersuchungen zum freiwilligen En-gagement machen deutlich: Zentrales Motiv von Engagierten ist es, im Kleinen etwas gestalten zu können – ein grundlegend demokratisches Anliegen . Dieses Anliegen zu fördern, kann positive und demokratiefördernde Effekte auf die politische Kultur in einer Gemeinde haben .

EngAgEmEntfördErung An vorhAndEnEn rEssourcEn oriEntiErEn

Die konkrete Ausgestaltung der lokalen, engagementfördernden Infrastruktur und die Formen der Zusammenarbeit müssen auf die lokalen Verhältnisse, beste-hende Strukturen und Möglichkeiten zugeschnitten sein . Die Möglichkeiten und Grenzen zivilgesellschaftlichen Engagements müssen ausgelotet und dürfen nicht überfordert werden . Wichtig ist es aber, Begegnungsmöglichkeiten für die Bürger/

-innen einer Gemeinde zu erhalten oder zu schaffen .

Um das bürgerschaftliche Engagement vor Ort zu fördern, können Kommunen bspw . Anlaufstellen zur Koordination bürgerschaftlichen Engagements in der Kommunal-verwaltung einrichten . Es ist wichtig, die Aktivitäten sinnvoll aufeinander abzustim-men und auch mit anderen Initiativen zur Förderung des bürgerschaftlichen Engage-ments zu koordinieren . Dabei spielt auch die Vernetzung unterschiedlicher Akteure aus Verwaltung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle . Daneben kön-nen z .B . Freiwil ligenagenturen und -zentren, Seniorenbüros, Selbsthilfekontaktstellen, Mehrgenerationenhäuser und weitere Einrichtungen als Bestandteile einer engage-mentfördernden Infrastruktur wichtige Beiträge zur Förderung des bürgerschaftli-chen Engagements leisten und Kommunen bei der Entwicklung engagementfördern-der Strukturen und Verfahren beraten .

AnErkEnnung dEs zivilgEsEllschAftlichEn EngAgEmEnts

Die Anerkennung und Rückenstärkung zivilgesellschaftlichen Engagements ist Vor-aussetzung für die Etablierung dauerhafter Formen der Zusammenarbeit . Insbesonde-re die VertInsbesonde-reter/-innen der Kommunalpolitik und der lokalen Verwaltung, aber auch die Landespolitik können die Arbeit und den Zusammenhalt bestehender Bündnisse und Initiativen durch eine öffentliche Anerkennung unterstützen .

Für Informationen ist die Internetseite der Bundesarbeitgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (Bagfa) zu emp-fehlen: http://bagfa .de/ (13 .11 .2010) .

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herausforderungen

dEmokrAtiE hEisst fördErung von bürgErbEtEiligung

Gute und gefestigte Demokratien zeichnen sich durch eine Vielfalt von demokratisch geprägten und demokratieförderlichen Institutionen und Prozessen in allen gesell-schaftlichen Bereichen aus . Grundlegend ist die möglichst intensive Beteiligung der Bürger/-innen an allen öffentlichen Angelegenheiten . Erforderlich ist ein gutes Mitei-nander von Formen der parlamentarischen kommunalen Demokratie und der vorpar-lamentarischen Form der zivilgesellschaftlichen Beteiligung .

handlungsempfehlungen

diE kommunE Als ort dEr politischEn mitbEstimmung von