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herausforderungen

EntpolitisiErung in ländlichEn rEgionEn

In einigen ländlichen Regionen sind demokratische Parteien und Gewerkschaften kaum noch präsent . Besonders deutlich wird das in Zeiten von Wahlkämpfen, wo mancherorts fast ausschließlich Wahlplakate rechtsextremer Parteien zu finden sind . Diese Entpolitisierung drückt sich auch in einer sinkenden Wahlbeteiligung und ei-nem rückläufigen Vertrauen in die Demokratie aus . Besonders dann, wenn demo-kratische Strukturen und Formen des Miteinanders schwach ausgebildet und wenig sichtbar sind, ist die Gefahr der kommunalen Verankerung rechtsextremer Personen, Organisationen und Parteien und ihrer Ideologien im Alltag groß .

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fallbeIspIel

diE ArbEit An EinEm kommunAlEn AktionsplAn

Seit dem Jahr 2001 wird in einem niedersächsischen Landkreis eine Kampagne gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz durchgeführt . Nach zwei Jahren Arbeit an der Kampa gne wurde im Jahr 2003 der Bedarf an gezielter Netzwerkarbeit im Landkreis deutlich . Es sollte ein kreisweites Netzwerk auf lokaler Ebene installiert werden . Dazu wurde ein Workshop mit Multiplikator/-innen aus den Bereichen Schulsozialarbeit, Jugendpflege, Vereinsarbeit, Migrations- und Integrationsarbeit, Parteien und Behör-den durchgeführt, aus dem eine Arbeitsgruppe hervorging, die Behör-den „Kommunalen Aktionsplan für Weltoffenheit und Demokratie – gegen Rassismus und In toleranz im Landkreis“ entwickelte . Ziel der Erarbeitung des Aktionsplans war es, Signale für Politik und Verwaltung zu setzen und als Leitfaden für die Umsetzung von Maßnah-men gegen Rassismus und Intoleranz im Landkreis zu dienen . Zum Abschluss dieser Phase wurde der Aktionsplan der Öffentlichkeit vorgestellt sowie dem Landrat und den einzelnen Kommunen übergeben . Er sollte als Grundlage für die Etablierung ei-ner Servicestelle dienen . Diese konnte aber aus finanziellen Gründen nicht installiert werden, weil die dafür vorgesehenen Fördergelder auf Bundesebene nicht bewilligt wurden . Zudem scheiterte die Umsetzung des Aktionsplans daran, dass sich nicht alle Beteiligten – gesellschaftliche Akteure, Wirtschaft sowie Politik und Verwaltung – gleichermaßen mit den anvisierten Zielen und insbesondere den dazu dargestellten Maßnahmen identifizieren konnten .

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handlungsempfehlungen

oriEntiErung von prävEntionsstrAtEgiEn An lokAlEn gEgEbEnhEitEn

Für die Stärkung von Demokratie im Gemeinwesen gibt es kein Patentrezept . Viel-mehr müssen in den jeweiligen Gemeinden stets die spezifischen Rahmenbedingun-gen berücksichtigt werden, um demokratieförderliche Potenziale zu identifizieren und sie auszuschöpfen . Das können zum Beispiel ein aktives und vielfältiges Vereinsleben sein, aber auch für Bürgerbeteiligung geöffnete Institutionen und Behörden .

Wissenschaftliche Sozialraum- bzw . Kommunalanalysen sind Instrumente, um Demo-kratiepotenziale im Gemeinwesen, aber auch Demokratie gefährdende Elemente zu identifizieren, um darauf aufbauend Handlungsempfehlungen und Strategievorschlä-ge für die Kommune zu erarbeiten, auf deren GrundlaStrategievorschlä-ge die Gemeinde Maßnahmen entwickeln kann . Dabei berücksichtigen sie u .a . die Besonderheiten der politischen Kultur, der vorhandenen Infrastruktur und der Konstellationen der verschiedenen Akteursgruppen .

sichtbArmAchEn dEr dEmokrAtischEn potEnziAlE dEs gEmEinwEsEns

In Ortschaften, die u .a . aufgrund von starken Abwanderungsbewegungen in Hinblick auf ihre Bevölkerungsstruktur besonders homogen sind, sollte analysiert werden, in-wiefern demokratische Potenziale sichtbar werden . Manchmal sind dies vielfältige Aktivitäten (z .B . zahlreiche Kulturveranstaltungen) einer Kommune oder ein ausge-prägtes Vereinsleben . Vereine und ähnliche Organisationen sind im ländlichen Raum besondere Pfeiler für demokratisches Handeln und leisten damit bereits einen wich-tigen eigenständigen Beitrag zur Rechtsextremismuspräven tion . Zudem richtet sich der Blick damit weg von den Defiziten, hin zu den Potenzialen einer Kommune oder Region .

initiiErung EinEs klärungs- und bEtEiligungsprozEssEs in dEr gEmEindE

Für eine langfristige und erfolgreiche Wirkung präventiver Handlungsstrategien gegen Rechtsextremismus empfiehlt sich eine detaillierte Planung . Erfahrungen lie-gen bereits in Form von „Lokalen Aktionsplänen“ vor . Diese werden seit dem Jahr 2007 durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFS-FJ) gefördert und sind integrierte, vor Ort ausgearbeitete und umgesetzte Konzepte, die Vielfalt, Toleranz und Demokratie vor allem unter den jugendlichen Einwohner/

-innen stärken sollen . Im Mittelpunkt der „Lokalen Aktionspläne“ stehen Prozesse der Auseinandersetzung vor Ort über die Wahl von Ansätzen und Aktivitäten zur Rechts-extremismusprävention . Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus auf

kom-Im vom Zentrum Demokratische Kultur (ZDK) entwickelten Ansatz es des „Community Coachings“ ist die Durchführung einer Kommunalanalyse grundlegend . Siehe unter http://www . zentrum-demokratische-kultur .de/

Startseite/ZDK/Community-Coaching/

K272 .htm (14 .11 .2010) . Angeboten wird das „Community Coaching“ zur kommunalen Demokratieförderung auch vom Verein Community Coaching e .V . unter http://institut-demokratie-entwicklung .de/ (14 .11 .2010) .

Weitere Ausführungen zur Interven-tions- und Präventionsmöglichkeiten von Vereinen sind im teil iii, kapitel 6 der Handreichung zu finden .

Siehe unter http://www .vielfalt-tut-gut . de für die Förderphase 2007-2010 und unter http://www .toleranz-foerdern . de/ (13 .11 .2010) für die Förderphase ab 2011 . Weitere Hinweise zu den Förder-programmen gegen Rechtsextremismus finden Sie auch im service-teil der Handreichung .

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munaler Ebene betrifft nicht nur eine Gruppe, eine Strategie oder eine verantwortliche Institution, sondern es handelt sich um einen Prozess mehrerer ineinandergreifender (integrierter) Strategien und Herangehensweisen .

Zu Beginn der Entwicklung eines „Lokalen Aktionsplans“ steht ein Klärungs- und Be-teiligungsprozess, in dem eine Verständigung über die Problemlage im Gemeinwesen, über die demokratischen Grundsätze und über die Positionierung des Gemeinwesens erfolgt . Dem schließt sich eine Darstellung der positiven Ressourcen des Gemeinwe-sens sowie der zu verändernden Problemfaktoren und der darauf bezogenen Ziele an . Darauf aufbauend folgt die Entwicklung konkreter Maßnahmen und Qualitätskriteri-en . Der MaßnahmQualitätskriteri-enkatalog soll nicht ausschließlich Projekte in der Zivilgesellschaft anregen, sondern auch Veränderungen in der Verwaltung und in öffentlichen Institu-tionen einbeziehen, z .B . die Entwicklung von „Leitbildern für Demokratie“ . Im Laufe der Umsetzung von „Lokalen Aktionsplänen“ wurde deutlich, dass sich die Zielvor-stellungen im Verlauf des Prozesses verändern können . Auch hat sich gezeigt, dass die für die Umsetzung von Zielen erforderlichen Schlüsselpersonen von Anfang an am Zielfindungsprozess beteiligt sein sollten . Demzufolge ist auch hier eine gründliche Analyse und ein früher Einbezug der in den Klärungs- und Auseinandersetzungspro-zessen notwendigen Akteure in einer Kommune von Bedeutung .

lEitbildEr für dEmokrAtiE in kommunAlEn institutionEn

Die Entwicklung von Leitbildern für Demokratie, Respekt und Vielfalt in kommu-nalen Institutionen ist eine weitere Möglichkeit zur Schaffung eines demokratischen Klimas im Gemeinwesen . Auf der Grundlage einer Bürger- und Menschenrechtsori-entierung können sich Kommunen gegenüber Rechtsextremismus abgrenzen . Eine solche Orientierung verschafft den kommunalen Akteuren in Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft Handlungs sicherheit und bildet einen Verständigungsrahmen, auf den sich die Handelnden in ihren Aktivitäten gegen Rechtsextremismus beziehen können . Handlungsleitend sollte die Orientierung an Werten wie Toleranz, Anerken-nung von Vielfalt, Respekt und Gewaltfreiheit sein . Weiterhin sollte eine Verpflich-tung zur Sensibilität gegenüber und zum Schutz von (potenziellen) Opfern rechtsex-tremer und fremdenfeind licher Gewalt Teil einer kommunalen Leitbildentwicklung für Demokratie sein .

lAngfristigE ArbEit in nEtzwErkEn

Bürgerbündnisse gegen Rechtsextremismus haben nicht nur das Potenzial, schnelle Interventionsmaßnahmen zu initiieren, sondern können auch langfristige Strategien in der Kommune durchsetzen . Die dauerhafte Zusammenarbeit in einem Bündnis kann durch die Entwicklung eines gemeinsamen Leitbildes unterstützt werden .

Die Zusammenarbeit in Fachnetzwerken kann einen beträchtlichen Mehrwert für die beteiligten Akteure mit sich bringen, bedarf aber auch entsprechende Organisations- und Managementressourcen .

Siehe dazu: Respectabel 2010: 7 .

Dies wurde auch im Fallbeispiel „Die Arbeit an einem kommunalen Aktions-plan“ in diesem Kapitel deutlich .

Das Konzept der Menschenrechte geht davon aus, dass alle Menschen allein aufgrund ihres Menschseins mit gleichen Rechten ausgestattet und dass diese Rechte universell, unveräußerlich und unteilbar sind .

Hinweise zum Aufbau und zur Zu-sammenarbeit in Bündnissen gegen Rechtsextremismus finden Sie im teil iii, kapitel 4 der Handreichung .

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sEnsibilisiErung dEs gEmEinwEsEns

Es ist bedeutend, das gesamte Gemeinwesen für Strategien von rechtsextremen Akteu-ren zu sensibilisieAkteu-ren . Entscheidungsträger/-innen in öffentlichen Institutionen sollten gut über lokale Erscheinungsformen des Rechtsextremismus und über Möglichkeiten der Intervention nach rechtsextremen Vorfällen informiert sein . Zu empfehlen sind z .B . Weiterbildungsmaßnahmen, die nicht nur über rechtsextreme Ideologien und Symbole informieren oder über Straftatbestände aufklären, sondern auch die Sensibi-lität gegenüber potenziellen Opfergruppen befördern . Daneben ist es auch gerade an Orten, wo vorhandene Vielfalt bislang kaum sichtbar ist, von Bedeutung, die Vielfalt lokaler Milieus und Akteure sichtbar zu machen . Dies kann bspw . in Form eines viel-fältigen Vereinslebens deutlich werden .

Potenziale einzelner gesellschaftlicher