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3. Diskussion

3.1. Vektoroptimierung

In dieser Arbeit wurde ein in früheren Arbeiten (Heckl et al., 2014) beschriebener lentiviraler Vektor verwendet, der eine sgRNA mit der Zielsequenz, die Endonuklease Cas9 und den Marker für das Fluoreszenzprotein eGFP kodiert. Diesem Abschnitt ging ein humaner U6 Promotor voran, dieser wurde zur Optimierung ausgetauscht. Zur Verfügung standen die Promotoren des Rous-Sarkom-Virus (RSV), Zytomegalievirus (CMV) und Simian-Virus 40 (SV40), die als Transkriptionsverstärker in den lymphatischen Zelllinien wirken (Zarrin et al., 1999). Im Einklang mit den Arbeiten von Schambach et al. und Wu et al. zeigte sich auch in dieser Arbeit die Kombination des RSV Promotors mit dem CMV und SV40 am wirksamsten, dadurch wurde die Virusproduktion um das 2-3 fache erhöht (Schambach et al., 2006, Wu, Lu, 2010).

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Zur weiteren Effizienzsteigerung des CRISPR-Cas9-Systems etablierten wir einen „ all-in-one-Vektor“, der beide für die Translokation t([11;19]/MLL-ENL) benötigten sgRNAs auf einem Vektor exprimiert. Kabadi et al. präsentiert ein ähnliches lentivirales System mit bis zu vier sgRNAs auf einem Vektor, der mithilfe der Golden Gate Klonierung generiert wurde (Kabadi et al., 2014). Mit diesem System können bis zu vier Zielgene simultan modifiziert werden. Die Golden Gate Klonierung zeichnet sich durch ihre Anwendungsfreundlichkeit und Zeitersparnis aus, dadurch, dass alle sgRNAs in einem Schritt in den Vektor hineinkloniert werden (Kabadi et al., 2014).

Bei der konventionellen Co-Transfektion mit mehreren Vektoren zur Generierung von Translokationen tritt das Problem auf, dass die sgRNAs von mehreren Vektoren unterschiedlich hohe Expressionslevel aufweisen. Dieses könnte zur Folge haben, dass die Wahrscheinlichkeit der gewünschten Translokation durch ungleiche Menge an geschnittener DNA gesenkt wird (Kabadi et al., 2014). Dieser unerwünschte Effekt wird aufgrund von simultaner Modifizierung beider Chromosomen mit gleicher Effizienz durch den „ all-in-one-Vektor“ umgangen.

Weitere positive Effekte des kombinierten Einsatzes mehrerer sgRNAs sind die minimierte zytotoxische Wirkung aufgrund der reduzierten zur Transduktion eingesetzten Virusmenge und reduziertes Risiko unerwünschter Mutationen. Durch die Minimierung der zur Transduktion verwendeten DNA-Menge lässt sich die Off-Target-Aktivität (Schneiden an strukturell ähnlichen DNA-Abschnitten außerhalb des gewünschten Lokus) drastisch senken. Dieses bedingt allerdings auch geringere On-Target-Aktivität (Hsu et al., 2013, Fu et al., 2013). Somit ist es notwendig eine Titration durchzuführen, um eine gerade noch für die Transduktion ausreichende Cas9 und sgRNA-DNA-Menge herauszufinden. Es wurde gezeigt, dass die Off-Target-Aktivität auch von der Nukleotidzusammensetzung der sgRNA abhängig ist. Beispielsweise stabilisiere ein hoher CG-Anteil die sgRNA/genomische DNA Hybride (Sugimoto et al., 1995) und mache sie dadurch toleranter gegenüber Mismatches.

Zusätzlich zur Reduktion der zytotoxischen Wirkung und zum Erreichen höherer Infektionsraten wurde die Ultrazentrifugation zur Konzentrierung des Virusüberstandes und Durchflusszytometrie (FACS) zur Anreicherung der transduzierten Zellen eingesetzt. In der Durchflusszytometrie werden die Zellen herausgefiltert, die erfolgreich das lentivirale System integriert haben (Duda et al., 2014).

Neben der in dieser Arbeit verwendeten lentiviralen Transduktion sind alternative Methoden zur Modifikation hämatopoetischer Stammzellen mit dem CRISPR-Cas9 System in der

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Literatur zu finden: Plasmid-DNA-Transfektion (Mandal et al., 2014), Einsatz von chemisch modifizierter RNA zur Steigerung der Indel-Mutationsfrequenzen (Hendel et al., 2015), direkte Elektroporation von RNA-guided engineered nucleases (RGENs)-Ribonucleoproteinen (RNPs) (Kim et al., 2014, Gundry et al., 2016) und Einsatz von transienten retroviral-basierten CRISPR-Cas9-All-in-one Partikel (Knopp et al., 2018).

Der Einsatz der RNPs erwies sich im Vergleich zum lentiviralen System als schnell, da keine Klonierung der lentiviralen Vektoren und Herstellung des Virusüberstandes notwendig sind (Gundry et al., 2016), effizient in der Genomeditierung der Stammzellen mit Erfolgsraten von bis zu 20% und reduzierter Off-Target-Aktivität (Kim et al., 2014). In unserer Arbeit lag der Anteil an erfolgreich modifizierten hämatopoetischen Stammzellen bei 16%, diese wurden mithilfe eines Fluoreszenzprotein-Markers selektiert, diese Möglichkeit ist beim Einsatz der RNPs nicht gegeben. Die absolut gesehen niedrige Genomeditierungsquote führt dazu, dass für die Experimente sehr große Mengen an hämatopoetischen Stammzellen benötigt werden, um letztendlich ausreichend Zellen für weitere Experimente zu gewinnen.

In unserer Arbeit untersuchten wir mithilfe des SURVEYOR Assays (Guschin et al., 2010) die Off-Target-Aktivität der verwendeten sgRNAs, die sowohl bei ENL als auch MLL nicht detektierbar waren. Die sgRNAs wurden nach der höchsten On-Aktivität (Heckl et al., 2014) und geringer vorhergesagter Off-Target Aktivität (Stemmer et al., 2015) selektiert. Hendel et al. optimierten die Indel-Mutationsfrequenzen durch chemische Modifizierung der sgRNA, die dabei erreichten Indel-Mutationsfrequenzen sind mit den Ergebnissen aus unserer Arbeit zu vergleichen (Hendel et al., 2015). Als Nebenwirkung wird aber auch eine gleichzeitige Steigerung der Off-Target-Aktivität beschrieben (Hendel et al., 2015). Um diesen negativen Effekt zu eliminieren, modifizierten Forschungsgruppen das Backbone der sgRNA chemisch an spezifischen Stellen, sodass die Off-Target-Aktivität ohne Veränderung der On-Target-Aktivität gesenkt werden konnte (Ryan et al., 2018).

Trotz der vielen Vorteile des Einsatzes der RNPs sollte man die durch Elektroporation ausgelöste spannungsabhängige Zelltoxizität nicht ausblenden (Mello de Queiroz et al., 2012). Knopp et al. fanden heraus, dass ebenfalls stabile, hohe Expression des Cas9 Enzyms eine zytotoxische Wirkung auf die modifizierten Zellen hat (Knopp et al., 2018). Dieses kann durch den Einsatz von transienten retroviral-basierten CRISPR-Cas9-All-in-one-Partikel oder von Integrase-defizienten lentiviralen Vektoren erreicht werden (Ortinski et al., 2017, Knopp et al., 2018). Persistenz Cas9 exprimierender muriner hämatopoetischer Stammzellen mit neutraler sgRNA nach lentiviraler Transduktion deutet jedoch auf geringe Toxizität des

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lentiviralen Vektorsystems hin, welches als Basis für diese Arbeit gedient hat (Heckl et al., 2014). Die Persistenz humaner hämatopoetischer Stammzellen und Entwicklung leukämischer Klone in dieser Studie scheint das Ergebnis zu unterstützen (Reimer et al., 2017).

Aus der Zusammenschau wird deutlich, dass jede Methode ihre Vor- und Nachteile mit sich bringt. Insgesamt erreicht das lentivirale Modell vergleichbar gute Ergebnisse in der Genomeditierung mit sehr geringen Off-Target-Effekten. Die variablen Transduktionsraten müssten in nachfolgenden Studien optimiert werden. Nicht auszuschließen ist das Risiko der unerwünschten lentiviralen Integration (Dull et al., 1998). Im Vergleich zu den oben beschriebenen Methoden ist das lentivirale CRISPR-Cas9-Konstrukt als gleichwertig anzusehen.