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5 Anwendung

5.2 Hypothetische Anwendung des VBS-Modells

5.2.3 Geschäftsmodelltypische VBS-Wertschöpfungskette

5.2.3.3 VBS-Wertschöpfungsrelevanz

Kapitel 5: Anwendung 123

Die Evaluation wird für jedes Geschäftsmodell d durchgeführt, damit für jedes VBS-Wertschöpfungskriterium Pi ein geschäftsmodelltypischer Gewichtungsfaktor gi,d er-mittelt werden kann.

Im Weiteren werden die Kriterienfaktoren aj,i mit den zugehörigen geschäftsmodell-spezifischen Gewichtungsfaktoren gi,d für jedes VBS-Wertschöpfungskriterium Pi ge-wichtet und prozessbezogen aufsummiert. Die Summe stellt die gege-wichtete Relevanz für die Wertschöpfung des Geschäftsprozesses der VBS-Wertschöpfungskette dar.

Anschließend wird die Summe mit dem entsprechenden Geschäftsmodellfaktor bj,d

multipliziert, der die Wichtigkeit eines Geschäftsprozesses j für das jeweilige Ge-schäftsmodell d angibt.

Zusammengefasst setzt sich der Relevanzfaktor Wj,d′, der die aus jeweils einer Be-fragung ermittelte Relevanz eines Geschäftsprozesses j innerhalb eines Geschäfts-modells d angibt, wie folgt zusammen (siehe Formel 5.3):

5

, , , ,

1

' ; 1, 2, ..., 46 ; 1, 2, 3 (5.3)

j d j d j i i d

i

W b a g j d

=

⎛ ⎞

= ⎜ ⎟ = =

Ausgehend von einer zunächst geschäftsmodellneutralen VBS-Wertschöpfungskette ermöglicht das Ergebnis der hier vorgestellten Evaluation, die Relevanz der einzel-nen Prozesse für das jeweilige Geschäftsmodell zu spezifizieren und damit eine möglichst objektive geschäftsmodelltypische VBS-Wertschöpfungskette zu ermitteln.

Basierend auf der Evaluation folgt eine Darstellung der geschäftsmodelltypischen VBS-Wertschöpfungsketten, die mittels einer geeigneten Erfassung der Ergebnisse der acht Experteninterviews (vgl. Anhang A II) hergeleitet worden sind.

Ge-Kapitel 5: Anwendung 124

werbe zum Ziel hat. Dazu muss eine Methode festgelegt werden, die die Experten-meinungen in einem Gesamturteil möglichst einheitlich zusammenfasst.

In der Statistik existieren „deskriptive“, „explorative“ und „induktive“ Verfahren zur Auswertung von Daten (Fahrmeir et al., 2004).

Die deskriptive Statistik bereitet das Datenmaterial anschaulich auf und komprimiert es so, dass wichtige Zusammenhänge erkannt werden können. Die explorative Sta-tistik zielt auf die Gewinnung neuer Datenstrukturen, die eine Ableitung neuer Hypo-thesen ermöglicht. Die induktive Statistik baut auf der deskriptiven und der explorati-ven Statistik auf und ermöglicht mittels der Wahrscheinlichkeitsrechnung, allgemeine Schlussfolgerungen aus dem Datenmaterial zu ziehen (Fahrmeir et al., 2004).

Aufgrund der Restsubjektivität der Expertenmeinungen und bedingt durch die diskre-ten Werte eignen sich die explorativen und induktiven statistischen Verfahren nur bedingt zur objektiven Auswertung der Ergebnisse. Daher baut die nachfolgende Auswertung auf Verfahren der deskriptiven Statistik auf.

Aus der Evaluation der Experteninterviews ergibt sich für jedes einzelne Interviewer-gebnis n ein Relevanzfaktor Wj,d′ (n) ∀ n ∈ {1, 2, …, 8}, der jeweils für eins der drei idealtypischen Geschäftsmodelle d die Wertschöpfungsrelevanz jedes einzelnen Ge-schäftsprozesses Pj der VBS-Wertschöpfungskette ausdrückt. Damit wird eine spezi-fische VBS-Wertschöpfungskette für jedes einzelne Geschäftsmodell ermittelt.

Anhand einer Gegenüberstellung der VBS-Wertschöpfungsketten lassen sich Ge-meinsamkeiten und Unterschiede in den Expertenmeinungen feststellen. Bereiche, die eine besondere Relevanz für die geschäftsmodelltypische Wertschöpfung auf-weisen, können mithin eindeutig identifiziert werden. Das Ziel ist es, kenntlich zu ma-chen, welche Bereiche nach Expertenmeinung bedeutungsvoll für die Wertschöpfung des jeweiligen Geschäftsmodells sind und welche nicht.

Um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den VBS-Wertschöpfungsketten der einzelnen Geschäftsmodelle möglichst objektiv darzustellen, werden die einzelnen Relevanzfaktoren Wj,d′ (n) für den jeweiligen Prozess der VBS-Wertschöpfungskette mittels einer „ausreißerresistenten“ Methode gebündelt. Eine solche

Zusammenfüh-Kapitel 5: Anwendung 125

rung kann durch den Medianwert, der die Spannweite der diskreten Relevanzfakto-ren Wj,d′(n) zu jeweils 50% teilt, sichergestellt werden (Fahrmeir et al., 2004). Letzt-lich wird für jeden Relevanzfaktor Wj,d′(n) ∀ n ∈ {1, 2, …, 8} ein Medianwert Wj,d ge-bildet (siehe Formel 5.4):

( )

, , ,

1 ' ( / 2) ' (( / 2) 1) ; 8 (5.4)

j d 2 j d j d

W = W n +W n + n =

Der Medianwert stellt dimensionslos die relativ bewertete Relevanz der einzelnen Prozesse für die Wertschöpfung dar und wird nachfolgend VBS-Wertschöpfungs-relevanz Wj,d des Prozesses j für das Geschäftsmodell d genannt.

Die Relevanz der Prozesse für die Wertschöpfung der geschäftsmodelltypischen VBS-Wertschöpfungskette wird für jeweils einen Kosten- und einen Serviceführer sowie für ein Nischengeschäft mittels der geschäftsmodelltypischen VBS-Wert-schöpfungsrelevanz Wj,d grafisch dargestellt (Abbildung 29, Seite 126).

Die zugrunde gelegten Geschäftsprozesse j der in Abschnitt 5.2.2 (Seite 111) ermit-telten VBS-Wertschöpfungskette einer Printmedienproduktion werden auf der vertika-len Achse abgetragen. Die horizontale Achse stellt mit einer dimensionslosen Zahl von 0 bis 40 die VBS-Wertschöpfungsrelevanz Wj,d dar, die als Median aus den ein-zelnen Relevanzfaktoren Wj,d (n) berechnet wird. Damit kann identifiziert werden, welcher Geschäftsprozess für die Wertschöpfung des jeweiligen idealtypischen Ge-schäftsmodells den wichtigsten Beitrag liefert.

Ein wichtiger Aspekt ist hier die Möglichkeit, die idealtypischen Geschäftsmodelle selbst miteinander zu vergleichen. Nur wenn die einzelnen idealtypischen Geschäfts-modelle unterschiedliche VBS-Wertschöpfungsrelevanz ausweisen, gibt es ge-schäftsmodelltypische VBS-Wertschöpfungsketten.

Die Ermittlung der geschäftsmodelltypischen VBS-Wertschöpfungskette gilt zunächst für die Modelldruckerei, also für die hypothetische Anwendung des VBS-Modells, lässt sich aber auch für eine reale Anwendung des VBS-Modells verallgemeinern.

Abbildung 29 zeigt die Verteilung der VBS-Wertschöpfungsrelevanz über die einzel-nen Geschäftsprozesse für das jeweilige idealtypische Geschäftsmodell.

Kapitel 5: Anwendung 126

Abbildung 29: Bewertungsergebnis der geschäftsmodelltypischen VBS-Wertschöpfungskette

Kapitel 5: Anwendung 127

Bereits aus dieser Darstellung der VBS-Wertschöpfungskette kann herausgelesen werden, dass der Ausbau und Erhalt der IT-Infrastruktur sowohl für den Kosten- als auch für den Serviceführer eine große Bedeutung für die Wertschöpfung aufweist.

Dasselbe gilt für die Prozesse „Terminplanung“, „Maschine rüsten“ und „Fortdruck“.

Geschäftsprozesse wie „Controlling“, „Vorkalkulation“, „Auftragsabgabe“, „Auftrags-freigabe“, „Druckformherstellung“, „Rüsten der Schneidemaschine“, „Versand vorbe-reiten“ sowie „Rechnungsstellung“ stellen sich generell als nahezu wertschöpfungs-neutral heraus. Theoretisch können sie also aus der VBS-Wertschöpfungskette ganz herausfallen, wenn das VBS-Modell ausschließlich zur Wertschöpfungsbewertung verwendet wird.

Ganz anders verhält sich bei den Prozessen „Entwicklung neuer Produkte“, „Verkauf

& Marketing“, „Bedarfserkennung“, „Beratung“, „Änderungswünsche des Kunden“,

„Druckfreigabe durch Kunden“ sowie „Kundenzufriedenheit überprüfen“. Hier zeigt die VBS-Wertschöpfungskette deutliche Unterschiede zwischen den Geschäftsmo-dellen eines idealtypischen Kostenführers und eines idealtypischen Serviceführers.

Am Rande kann festgestellt werden, dass sich die Unterschiede zwischen den schäftsmodellen nicht nur bei den primären, sondern auch bei den sekundären Ge-schäftsprozessen zeigen. Das ist ein Beleg für die Notwendigkeit der Erweiterung der traditionellen Wertkette zur VBS-Wertschöpfungskette (vgl. 4.1.1.2, Seite 72). Es er-gibt sich kein Zirkelschluss, dass die hier beobachtete Differenzierung bei den ideal-typischen Geschäftsmodellen sich nur durch die auftragsbezogene Wertkette ergibt, nämlich ausschließlich in den primären Geschäftsprozessen.

Generell zeigt sich eine nicht weiter quantifizierte Ähnlichkeit zwischen den Ge-schäftsmodellen des Serviceführers und des Nischengeschäftes. Beide weisen bei vielen Prozessen den gleichen komparativen Konkurrenzvorteil aus. Jedoch beruhen sie jeweils auf einem unterschiedlichen Wertschöpfungsverständnis, was sich auch schon bei der Begründung der Relevanz der einzelnen Geschäftsprozesse zeigte.

Ein Serviceführer legt viel Wert darauf, aufgrund einer großen Produktvielfalt am Markt attraktiv zu sein und die Kunden an den Prozessen zu beteiligen. Diese Ge-schäftsprozesse werden dadurch für ihn wertschöpfungsrelevant. Im Gegensatz dazu

Kapitel 5: Anwendung 128

muss ein Nischengeschäft aufgrund seines Spezialwissens auf seinen Marktauftritt besonders achten.

Da der Kostenaspekt, der das Geschäftsmodell des Kostenführers dominiert, bei den anderen Geschäftsmodellen in den Hintergrund tritt, wird im Folgenden das Ge-schäftsmodell eines Nischengeschäftes als ein besonderer Fall eines Serviceführers betrachtet. Im Weiteren wird das Nischengeschäft als Sonderfall eines Serviceführers angenommen und als solches nicht weiter beachtet.

Nachdem gezeigt wurde, dass geschäftsmodellspezifische VBS-Wertschöpfungs-ketten für idealtypische Geschäftsmodellen erstellt werden können, ist nun zu evalu-ieren, wie sie eine systematische Service-Bedarfsermittlung unterstützen.

5.2.4 Erstellung der Service-Bedarfsprofile