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Ursachen der Proteinadsorption auf Grenzflächen Molekülgröße

3 Proteinadsorption an Grenzflächen

3.1 Grundlagen der Proteinadsorption

3.1.1 Ursachen der Proteinadsorption auf Grenzflächen Molekülgröße

Die Größe ist insofern von Bedeutung, als daß Proteine oder auch andere Makromoleküle vielfältige Kontaktpunkte bei der Adsorption an eine Oberfläche ausbilden können. Die typischerweise beoachtete Irreversibilität der Proteinadsorption in dem Medium, aus dem heraus adsorbiert wurde, wird auf die unwahrscheinliche simultane Dissoziation aller Bindungsstellen zurückgeführt (Horbett und Brash, 1987). Allerdings sollte die Bedeutung der Größe nicht zu hoch eingeschätzt werden, da beispielsweise für Hämoglobin (MG 65.000) eine erheblich höhere Oberflächenaktivität als fiir Fibrinogen (MG 330.000) ermittelt wurde, während nur geringe Änderungen der Aminosäuresequenz des Hämoglobins bei gleichbleibendem Molekulargewicht deutliche Änderungen der Oberflächenaktivität nach sich zogen (Horbett, 1987).

Ladung

Die Ladung und Ladungsverteilung beeinflussen die Oberflächenaktivität, da die meisten der geladenen Aminosäuren auf dem Äußeren des Proteinmoleküls sitzen. Es kommt somit zwangsläufig zu einer Annäherung

dieser geladenen Residuen an eine potentielle Adsorbensoberfläche.

Experimentell wurde eine höhere Adsorptionsrate am oder in der Nähe des isoelektrischen Punktes gefunden, was eventuell auf eine minimierte Abstoßung der adsorbierenden Moleküle untereinander zurückzuführen ist (Horbett und Brash, 1987). Dagegen schloß Norde (1986), daß eine reduzierte Adsorption bei Entfernung vom isoelektrischen Punkt nicht aus einer Abstoßung aufgrund der Ladung resultierte, sondern aus strukturellen Veränderungen des Proteins.

Die Allgemeingültigkeit der Abhängigkeit der Adsorption vom isoelektrischen Punkt ist ohnehin fraglich, da es wahrscheinhch ist, daß lokale Bereiche positiver und negativer Ladung des Proteins als unabhängige Bindungsstellen fungieren können.

Besonders wichtig wird die Ladung der Proteine bei Annäherung an eine ebenfalls geladene Oberfläche. Die Adsorption wird stark beeinflußt vom Ausmaß der gegensätzlichen Ladung und der Konkurrenz durch gleichgeladene Ionen des Mediums. Weiterhin kann es zu divalenter kationischer Brückenbildung zwischen einer negativen Ladung des Proteins und einer negativen Ladung der Oberfläche kommen (Horbett und Brash, 1987).

Chemische Zusammensetzung (Amphipathie)

Chemische Unterschiede, hervorgerufen durch das für jedes Protein typische Verhältnis der Aminosäuren, sind ebenfalls von Bedeutung für die Oberflächenaktivität der Proteine. Die hydrophoben, hydrophilen und geladenen Seitenketten der Aminosäuren mit unterschiedlichen funktionellen Gruppen ermöglichen Bindungen zu Oberflächen mit beträchtlich unterschiedlicher chemischer Natur. Das bedeutet für eine bestimmte Oberfläche, daß einige Proteine mehr Residuen besitzen, die eine Bindung an die auf der Oberfläche vorherrschenden Bindungsstellen begünstigen, und somit oberflächenaktiver sind als ändere (Horbett und Brash, 1987).

Hydrophobie

Hydrophobe Wechselwirkungen liefern einen gewichtigen Beitrag zur Interaktion von Proteinen und Oberflächen. Die Dehydratation der jeweiligen hydrophoben Bereiche wird durch den resultierenden

Entropiegewinn hervorgerufen und fördert somit eine spontane Adsorption (Norde, 1986, s.u.).

In der Regel steigt mit zunehmender Oberflächenhydrophobie die Menge adsorbierten Proteins (MacRitchie, 1972; Cuypers et al., 1977; Jönsson et al., 1982; Penners et al., 1981; van Dulm und Norde, 1983). Umgekehrt sind

hydrophobere Proteine im allgemeinen oberflächenaktiver (Horbett und Brash, 1987).

Intramolekulare hydrophobe Wechselwirkungen sind von Bedeutung für die Stabilisierung globulärer Proteine. Bei Adsorption aus einem wäßrigen Milieu an eine Oberfläche können sich die inneren apolaren Bereiche zum Adsorbens hin orientieren, womit sie nach wie vor vom wäßrigen Medium abgeschirmt sind. Für Proteine mit hohem Anteil der intramolekularen hydrophoben Kräfte gegenüber geringerem Anteil anderer stabilisierender Faktoren konnten Birdi (1973), Norde und Lyklema (1978a-e) und Norde (1986) eine stärkere Tendenz zu Strukturveränderungen dieser Proteine während einer Adsorption zeigen. Bei vorherrschenden stabilisierenden Kräften anderer Art wirkt sich der Verlust der intramolekularen hydrophoben Kräfte nicht so stark aus, die Struktur bleibt hier eher erhalten.

Löslichkeit

Die Löslichkeit eines Proteins in seinem Medium kann einen Beitrag zur Oberflächenaktivität leisten. Schlechte Löslichkeit erhöht die Adsorptionsbereitschaft (Horbett und Brash, 1987).

Strukturelle Faktoren

Wenig Genaues ist bisher bekannt über die vielfältigen Einflüsse, die die Proteinstruktur auf die Adsorption nehmen kann, obwohl sich bereits in den siebziger Jahren Hinweise darauf aus Experimenten mit genetischen Varianten des Hämoglobins ergaben (Asakura et al., 1974; Ohnishi und Asakura, 1976; Elbaum et al., 1976). Es wurden teilweise große Unterschiede in der Oberflächenaktivität beobachtet, die aus dem Austausch einzelner Aminosäuren resultierten, der die oben beschriebenen generellen Eigenschaften der Proteine schwerlich verändern konnte. Vielmehr wurde eine Veränderung der Stabilität bzw. dreidimensionalen Struktur der Proteine beobachtet, wobei eine geringere Stabilität eine höhere Oberflächenaktivität nach sich zog.

Allgemein sind wahrscheinlich Proteine, die stärker zu Entfaltungen ihrer Struktur neigen, oberflächenaktiver, da sie mehr Bindungsstellen ausbilden können. Dagegen könnten Proteine, die durch Disulfidbrücken quervernetzt sind und sich daher weniger stark entfalten können, eine geringere Oberflächenaktivität besitzen (Horbett und Brash, 1987).

Entropiegewinn

Das tatsächliche Eintreten einer Proteinadsorption wird bestimmt durch die Gibbssche Energie des Prozesses, AadsG- Eine spontane Adsorption

vollzieht sich nur bei AadsG < 0. Für eine thermodynamische Analyse ist die Ermittlung der Adsorptionsenthalpie, AadsH, und der Adsorptionsentropie, AadsS, von Interesse. Bei einer gegebenen Temperatur gilt AadsG = AadsH -AadsS.

Eine direkte Ermittlung von AadsS ist aufgrund der unendlichen strukturellen Variationen, sowohl der Proteine als auch der Lösungsmittelmoleküle, nicht möglich. Bei konstantem Druck entspricht jedoch AadsH der Adsorptionswärme und kann somit mittels (Mikro-)Kalorimetrie ermittelt werden. Für ihre Modellproteine fanden Norde und Lyklema (1978e), Koutsoukos et al. (1983) und Norde et al. (1986) unter unterschiedlichsten Bedingungen AadsH > 0, was einen Entropiegewinn als Triebfeder für die Proteinadsorption impliziert: AadsS > 0.

Beispielsweise könnten, wie bereits oben angesprochen, intramolekulare hydrophobe Kräfte durch die Adsorption erheblich abgeschwächt werden und sich daraus für die vorher stabilisierten Strukturen (a-Helix, ß-Faltblatt) neue Rotationsfreiheiten ergeben. Der daraus resultierende Entropiegewinn ist möglicherweise einer der Hauptfaktoren für eine spontane Proteinadsorption (Norde et al., 1987).

Detailliertere Betrachtungen der Ursachen der Proteinadsorption finden sich u.a. bei Norde (1986) und Horbett und Brash (1987).

3.1.2 Adsorption in vielfaltigen Zuständen ("multiple states") Seit Mitte der achtziger Jahre wird verstärkt die Idee vertreten, daß adsorbierte Proteine nicht nur in einem Zustand existieren können, sondern in vielfältigen. Dies soll anhand der zugrundeliegenden möglichen Mechanismen nach Horbett und Brash (1987) verdeutlicht werden.

1. Die Adsorption eines Proteins an eine Bindungsstelle kann beeinflußt werden durch bereits adsorbierte Proteine in der Nachbarschaft, entweder durch geometrische Reduktion des zur Verfügung stehenden Platzes oder durch Abstoßungskräfte bei entsprechend dichter Annäherung. Während ein insgesamt oval erscheinendes Protein beispielsweise ansonsten mit seiner langen Seite adsorbiert ("side-on"), könnte es unter diesen Umständen eher mit der spitzeren Seite adsorbieren ("end-on"), um sich noch zwischen bereits vorhandene Proteine zu begeben.

Viele der vorher vorherrschenden Adsorptionsmodelle berücksichtigten diese Heterogenität nicht, sondern waren auf dem ursprünglich für die Gasadsorption entwickelten Langmuir-Modell aufgebaut. Dieses Modell geht jedoch von sehr kleinen, ungeladenen und über die gesamte Oberfläche einheitlichen Teilchen aus, die ohne Interaktion untereinander und ohne Veränderungen auf einer homogenen Oberfläche adsorbieren. Es ist damit in keiner Weise ein realistisches Modell für die Proteinadsorption, was davor bewahren sollte, zufälligerweise passende experimentelle Adsorptions-isothermen im Sinne dieses Modells zu interpretieren (Norde, 1986).

2. Es können mehrere strukturell unterschiedliche Formen eines Proteins adsorbiert auf einer Oberfläche koexistieren. Einerseits können sie bereits in der ursprünglichen Bulkphase bestehen, wobei der Anteil der Fraktionen vom jeweiligen Energiezustand abhängt, der auch die Adsorption beeinflussen wird. Zum anderen kommt es aber auch zu Veränderungen der Struktur durch die Adsorption, sowohl zu schnellen bei der Adsorption selbst als auch zu langsamen nach bereits erfolgter Adsorption. Hierbei sind wieder die bereits oben angesprochenen Triebkräfte zu berücksichtigen, beispielsweise die Exposition sonst innenliegender hydrophober Residuen, die nun als Bindungsstellen zur Verfugung stehen, oder der aus strukturellen Veränderungen resultierende Entropiegewinn. Die Fraktionen der jeweiligen Zustände variieren mit der Zeit, der Temperatur und der Adsorbensoberfläche, was anhand von Experimenten bezüglich der Eluierbarkeit mit Tensiden von Bohnert und Horbett (1986), Rapoza und Horbett (1990) und Ertel et al. (1991) gezeigt werden konnte.

3. Eine weitere Ursache der Mehrzahl an Zuständen ist die Asymmetrie der Proteine und die uneinheitliche Verteilung der Aminosäuren über die Proteinoberfläche: Für eine gegebene Oberfläche können zwar bestimmte Arten von Aminosäuren (z.B. geladene) bevorzugt adsorbiert werden, es kann aber mehrere Regionen auf einem Protein geben, in denen diese Residuen verstärkt auftreten. Durch die Asymmetrie des Moleküls sind auch hier mehrere Orientierungen auf dem Adsorbens mögüch, obgleich es bevorzugte Ausrichtungen geben wird.

4. Eine perfekt homogene Oberfläche als Adsorbens wird schwerlich in irgendeiner Anwendung zu rinden sein. So sind eventuell für die Proteine bei Annäherung an die Oberfläche unterschiedlich geartete Bindungsstellen verfugbar, die Ionenbeziehungen, Wasserstoff-Brückenbindungen,

hydrophobe Interaktionen oder andere begünstigen, so daß die Proteine mit unterschiedlichen Residuen binden.