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Adsorptionskinetik auf oberflächenmodifizierten Nanopartikeln

7 Effekt der Oberflächenmodifikation auf die Proteinadsorption

8.1 Adsorptionskinetik auf oberflächenmodifizierten Nanopartikeln

Die Proben wurden nach der Inkubation filtriert, um längerdauernde Zentrifugationsschritte zu eliminieren, damit erste Werte bereits nach einer halben Minute Inkubationszeit erhalten werden konnten. Beispielhaft wurden Nanopartikel mit einem Durchmeser von 1000 nm verwendet, die ohne Zeitverlust problemlos mit einem 0,45 um Celluloseacetat-Filter abgetrennt werden konnten. Testversuche hatten gezeigt, daß durch die Filtration das Adsorptionsmuster, etwa durch Proteinadsorption auf dem Filter, nicht verändert wurde (6.3.2). Die Partikel waren mit Poloxamer 407 modifiziert (PS 1000-407), um die Adsorptionskinetik von vornherein auf Partikeln mit effektiver PEO-Oberfläche, d. h. relativ niedriger dauerhafter Proteinadsorption, zu untersuchen (Kap. 7).

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Abb 8.1 / l : Proteinadsorptionsmuster nach verschiedenen Inkubationszeiten auf PS 1000-407 (Querformat !)

Inkubationszeit: a) 0,5 min, b) 5 min, c) 30 min, d) 240 min.

(1) PLS:6, (2) ApoJ, (3) ApoE, (4) ApoA-I, (5) ApoC-III.

Abszisse: pl 4,4 - 6,0, nicht linearer Gradient, Ordinate: M G 6-110 kDa, nicht linearer Gradient.

Es wurden 300 ul einer 5prozentigen Partikelsuspension mit 1200 ul Plasma inkubiert, in eine 2 ml Spritze überfuhrt und direkt filtriert. Die Partikel wurden sofort auf dem Filter im Filterhalter mit 40 ml bidestilliertem Wasser gewaschen. Durch anschließendes Herunterwaschen mit bidestilliertem Wasser und zusätzliche mechanische Entfernung gelang es, die Partikel mit nur sehr geringen Verlusten zurückzugewinnen. Die Partikel wurden anschließend durch einen Zentrifugationsschritt aufkonzentriert (10 min, 15000 g) und der 2D-PAGE-Analytik zugeführt. Es wurden Proben nach 0,5 min, 5 min, 30 min und 240 min Inkubationszeit vermessen.

In Abb. 8.1 / l ist der wichtigste Ausschnitt der Gele gezeigt, der die gefundenen zeitabhängigen Unterschiede enthält. Die Gesamtmenge der detektierten Proteine änderte sich über den gesamten Zeitraum nur äußerst geringfügig, so daß, ohne die Ergebnisse zu beeinflussen, hier die prozentualen Anteile der Proteine betrachtet werden können. Die Mittelwerte der hauptsächlich adsorbierten Proteine aus je zwei Versuchen finden sich in Tab. 8.1/1.

Tab 8.1/1: Proteinadsorption nach verschiedenen Inkubationszeiten.

Prozentuale Anteile an der Gesamtproteinmenge auf PS 1000-407, berücksichtigt wurden die Proteine mit mindestens einem Meßpunkt

> 1 %, (Mittelwerte aus zwei Versuchen, s = Standardabweichung).

0,5 min 5min 30 min 240 min Die Proteine mit den größten Anteilen waren auch gleichzeitig die mit den größten Veränderungen. Für sie sind die Veränderungen mit der Zeit in Abb.

8.1 /2a noch einmal anschaulicher dargestellt.

-i PLS:6 ApoA-l ApoC-lll ApoE ApoJ

Abb. 8.112: Größte Veränderungen der Anteile adsorbierter Proteine an der jeweiligen Gesamtproteinmenge nach verschiedenen

Inkubations-zeiten, a) auf PS 1000-407, b) auf PS 1000-908.

Das dominierende Protein des Adsorptionsmusters war über den gesamten Versuchszeitraum eindeutig PLS:6, wobei der Anteil allerdings von 45 % (noch nach 30 min) auf 33,5 % nach 4 h zurückging. Die stärksten relativen Veränderungen zeigten die Apolipoproteine. ApoC-III nahm von 18,1 % nach 0,5 min auf unter 1 % nach 4 h besonders drastisch ab. ApoJ hatte nach

0,5 min nur einen geringen Anteil von 2,7 %, der danach aber stark anstieg, so daß nach 5 min ein Maximum mit 16 % vorlag. Danach kam es wieder zu einer Verringerung bis auf 10,7 %. Interessant sind die verhältnismäßig starken Anstiege des ApoA-I und des ApoE. Während ApoE auf den ersten drei Gelen kaum eine Rolle spielte (nur bis zu 1,5 %), hatte es nach 4 h einen Anteil von über 9 %. Auf einen ähnlichen Wert steigerte sich nach 4 h das ApoA-I, wenn auch der Unterschied zu den vorherigen Gelen etwas weniger ausgeprägt war.

In diesem Experiment fielen für einige Meßpunkte die auch für die niedrigen prozentualen Anteile ungewöhnlich hohen Abweichungen der beiden Proben (n = 2) auf. Das extremste Beispiel war Apolipoprotein E nach 5 min mit 0,3 und 1,5 %. Auch fiel der Meßpunkt für Apolipoprotein A-I nach 240 min aus dem sonst für höhere prozentuale Anteile üblichen Rahmen der Streuungen: 5,45 % und 11,55 %. Eine abschließende Erklärung für die überraschende Häufung der relativ hohen Streuungen kann zwar zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben werden, die gewonnenen Erkennmisse über die Zu- und Abnahmen der einzelnen Proteine werden jedoch davon nicht beeinträchtigt.

Zur Überprüfung der auf den PS 1000-407 gefundenen Tendenzen wurde ein weiterer Versuch mit PS 1000, modifiziert mit Poloxamine 908, durchgeführt (PS 1000-908). Wie schon auf den PS 200 wurden mit den beiden Überzügen qualitativ sehr ähnliche Adsorptionsmuster erzielt, so daß die gleichen Hauptproteine zu beobachten waren. Auf den PS 1000-908 waren die Gesamtmengen gegenüber den PS 1000-407 zwar nach allen Zeiten gleichmäßig auf ca. die Hälfte reduziert (ähnlich PS 200-908 und -407), die beobachtete Adsorptionskinetik, die hier im Vordergrund stand, war jedoch prinzipiell die gleiche. Dargestellt sind für diese Partikel lediglich die Veränderungen der Hauptproteine (Abb. 8.1 /2b).

PLS:6 besaß zwar wieder die größte Menge auf allen Gelen, hatte aber von vornherein einen nicht ganz so großen Anteil wie auf PS 1000-407. Dennoch war auch hier eine deutliche Abnahme in der gleichen Größenordnung zwischen dem dritten und vierten Gel zu verzeichnen (von 36,7 % auf 22,5

%). Wiederum extrem, sogar noch drastischer als auf den PS 1000-407, vertief der Rückgang des ApoC-III, diesmal von 32,5 % nach 0,5 min auf unter 2 % nach 4 h. ApoJ hatte erneut sein Maximum nach 5 min, während ApoA-I nach langsamem Anstieg den höchsten Wert nach 4 h erreichte. Apo E wurde auf diesen Partikeln nach den ersten drei Inkubationszeiten überhaupt nicht detektiert, kam aber nach 4 h immerhin auf 4,2 %, was die späte verstärkte Adsorption auf den PS 1000-407 bestätigte. Insgesamt läßt

sich eine sehr gute Übereinstimmung der Adsorptionskinetik der einzelnen Proteine auf den unterschiedlichen Partikeln feststellen.

Neben den prozentualen Anteilen der einzelnen Proteine können die Mengenverhältnisse zweier Proteine zueinander von großem Interesse sein.

In obigem Experiment erfahren einige Verhältnisse mit fortschreitender Inkubationszeit eine deutliche Veränderung. Dies ist durch die abnehmende Menge des ApoC-IÜ und die zunehmenden Mengen von ApoA-I und E für die Verhältnisse der beiden letztgenannten mit ApoC-IÜ besonders ausgeprägt. Beispielsweise nimmt der Quotient (ApoC-IH / ApoE) auf den PS 1000-407 von 181 nach 0,5 min auf 0,09 nach 240 min ab (Faktor >

2000!).

In vivo könnte eine solche Veränderung eine hohe Bedeutung für das Verhalten der Partikel erlangen, wobei nur kurz ein mögliches Beispiel dargestellt werden soll. Aalto-Setälä et al. (1992) beschrieben eine Studie, in der Mäusestämme mit stark überhöhter Expressionsrate für Apolipoprotein C-III gezüchtet wurden. Daher besaßen die Very Low Density Lipoproteins (VLDL) der Tiere eine deutlich größere Menge ApoC-IÜ, während die Menge des Apolipoproteins E reduziert war. Es wurde ein stark verzögerter Katabolismus der VLDL-Partikel beobachtet, dem eine mangelnde Erkennung durch Iipoprotein-Rezeptoren zugrunde lag, obwohl das für eine Rezeptor-Bindung notwendige ApoE noch auf den Partikeln vorhanden war.

Diese Veränderung gegenüber den Kontrollmäusen wurde den erhöhten ApoC-HI- und den verringerten ApoE-Mengen zugeschrieben.

Für die flüchtige Adsorption im Subsekundenbereich wurde aus den Adsorptionsexperimenten mit stark verdünntem Plasma auf eine Verdrängung adsorbierten Albumins durch Fibrinogen geschlossen (6.4.3).

Ob dieses als Hauptprotein direkt von PLS:6 (nach 0,5 min als solches detektiert) abgelöst wurde oder ob weitere Zwischenschritte existieren, kann noch nicht abschließend beantwortet werden. Für die Sequenz dieser Proteine gilt jedenfalls die oben angesprochene abnehmende Konzentration im Plasma, so daß hier tatsächlich höher konzentrierte Proteine von geringer konzentrierten verdrängt wurden (Konzentration im Plasma: Albumin: 3500-5000 mg / 100 ml, Fibrinogen: 200-450 mg / 100ml (Putnam, 1984b), PLS:6: nicht exakt bekannt, aber deudich geringer als Fibrinogen). Dies galt für die Veränderungen im Zeitrahmen des obigen Experiments nicht mehr uneingeschränkt. Dem stark abnehmenden Anteil des ApoC-IH stand eine geringe Plasmakonzentration (12-14 mg / 100 ml) gegenüber, während

ApoA-I mit einer Plasmakonzentration von 100-200 mg / 100 ml (Scanu, 1987) noch ständig zunahm.

Es ist bis jetzt ungeklärt, welche Prinzipien im Einzelfall der Verdrängung adsorbierter Proteine durch andere zugrunde liegen. Neben der Konzentration, die insbesondere zu Beginn des Adsorptionsprozesses eine Rolle zu spielen scheint, sind u.a. die Affinität der Proteine, benötigte Aktivierungsenergie, mögliche Konformationsänderungen adsorbierter Proteine und Interaktionen in der adsorbierten Proteinschicht zu beachten (3.1). Die Komplexität der Vorgänge macht genaue Vo±ersagen bis heute unmöglich, so daß Experimente wie das hier dargestellte vorerst die einzige Zugangsmöglichkeit zur Aufklärung der Adsorptionssequenzen bleiben.

8.2 Zusammenfassung

Auf Polystyrol-Partikeln mit 1000 nm Durchmesser, modifiziert mit Poloxamer 407 bzw. Poloxamine 908, wurde über einen Inkubationszeitraum von 0,5 - 240 min ein sich veränderndes Adsorptionsmuster ermittelt. Dabei zeigten auf beiden Partikeln die Mengen der Hauptproteine PLS:6, ApoA-I, ApoC-IÜ, ApoE und ApoJ die deutlichsten Veränderungen, wobei besonders die starke Abnahme von ApoC-IÜ einerseits und die Zunahmen von ApoE und A-I andererseits zu drastischen kontinuierlichen Änderungen der Quotienten aus den Mengen dieser Proteine führte. Eine mögliche Relevanz für das In-vivo-Verhalten der Partikel wurde dargestellt.

Im Gegensatz zu der schon vorher ermittelten Adsorption im Subsekundenbereich (Sequenz Albumin-Fibrinogen-PLS:6) konnte gezeigt werden, daß im hier vermessenen Zeitrahmen kein direkter Zusammenhang zwischen der Plasmakonzentration und der Adsorptionssequenz bestand.