• Keine Ergebnisse gefunden

3 Proteinadsorption an Grenzflächen

3.2 Spezielle Oberflächen

Im folgenden sollen für diejenigen Oberflächen, die für diese Arbeit von besonderer Relevanz sind, bestehende Erkenntnisse bezüglich ihrer Proteinadsorption, unter besonderer Berücksichtigung der kompetitiven, zusammengefaßt werden.

3.2.1 Polystyrol

Neben zahllosen Publikationen mit Pufferlösungen einzelner Proteine sind diverse Studien mit Mischungen, meist der Hauptproteine des Plasmas, und deutlich weniger mit Vollplasma verfügbar. Nach der Adsorption aus Mischungen zeigt sich eine starke präferentielle Adsorption von Fibrinogen gegenüber Albumin und IgG (Lensen et al., 1984 und 1986). Bale et al.

(1988) geben die relativen Affinitäten für Polystyrol mit Fibrinogen >

Fibronectin > Immunglobulin > Albumin an. In verdünntem Plasma mit radioaktiv markierten Proteinen beobachteten Uniyal und Brash (1982) auf Polystyrol als einzigem in einer Reihe unterschiedlichster Oberflächen eine substantielle5 Adsorption von Fibrinogen, die die von Albumin und IgG deutlich überstieg und auch über mehrere Stunden anhielt. Bantjes et al.

(1985) detektierten mittels Enzym-Immunoassay ebenso eine präferentielle

Adsorption des Fibrinogens aus Pufferlösungen und verdünntem Plasma, allerdings war in Vollplasma die Fibrinogen-Adsorption deutlich reduziert zugunsten der präferentiellen Adsorption von HDL. Dagegen zeigten Bale et al. (1988) in Vollplasma mit SDS-Elektrophorese eine deutliche Adsorption von Fibrinogen. Boisson-Vidal et al. (1991) wiesen mit der gleichen Technik eine starke Adsorption auf mit funktionellen Gruppen modifiziertem Polystyrol nach, wobei wiederum Fibrinogen in großen Mengen und des weiteren Plasminogen, Transferrin, Albumin und IgG detektiert wurden. Die geringe detektierte Proteinmenge auf Polystyrol selbst wurde auf mangelhafte Elution von der stark hydrophoben Oberfläche zurückgeführt, die Proteine mit Fibrinogen, Albumin und IgG angegeben. Viele Banden blieben jedoch in beiden Studien unidentifiziert.

Die trotz der generellen Übereinstimmungen beobachteten Diskrepanzen sind vermutlich auf unterschiedliche Versuchsvoraussetzungen zurückzuführen. In den meisten Studien wurden Latexpartikel bzw.

Röhrensegmente verwendet, wohingegen Bantjes et al. beispielsweise Mikrotiterplatten benutzten. Außerdem konnten Studien mit Pufferlösungen einzelner Proteine Unterschiede in der Adsorption auf Polystyrol-Latexpartikeln mit unterschiedlichen Oberflächeneigenschaften nachweisen (z. B. Ladung und Ladungsdichte; Shirahama und Suzawa, 1985; Zsom, 1986; Elgersma et al., 1990 und 1991). In den allerwenigsten kompetitiven Versuchen sind die Polystyrol-Oberflächen näher charakterisiert, so daß eine Vergleichbarkeit erschwert wird.

3.2.2. Polyethylenoxid

Polyethylenoxid-Oberflächen (PEO) haben große Bedeutung erlangt als potentielles Material für viele medizinische und pharmazeutische Anwendungen wie beispielsweise vaskuläre Transplantate, Katheter, Kontaktlinsen, Drug-Delivery-Systeme, Biosensoren und Medien zur Protein-und Zellseparation. Sie können sowohl durch einfache Adsorption oder durch kovalente Bindungen der PEO-Ketten an ein Substrat hergestellt werden. Ebenso ist die Bindung an eine Oberfläche über ein "Backbone"-Polymer möglich oder die Inkorporation als Blocksegment in eine Reihe von Polymeren (Gombotz et al., 1992). Das große Interesse verdankt das PEO besonders seiner allgemein anerkannten niedrigen Proteinadsorption, deren Gründe noch nicht vollständig geklärt sind. Vorgeschlagen wurden u.a. die hohe Beweglichkeit der hydrierten PEO-Ketten, das hohe Ausschlußvolumen des PEO-Moleküls, eine abstoßende Kraft resultierend

aus einem drohenden Entropieverlust des gefalteten PEO-Moleküls, die geringe freie Grenzflächenenergie an der Grenzfläche PEOAVasser, das Fehlen ionischer und hydrophober Bindungsstellen (Gombotz et al., 1992) und eine sterische Abstoßung der Proteine (Jeon et al., 1991). Im folgenden werden bisher durchgeführte Studien aufgeführt. Die möglicherweise zugrunde hegenden Prinzipien der Proteinresistenz, beispielsweise unter besonderer Berücksichtigung der theoretischen Überlegungen von Jeon et al.

(1991) und Jeon und Andrade (1991), werden detaillierter im Zusammenhang mit den Resultaten im experimentellen Teil diskutiert.

Diverse Studien mit Pufferlösungen einzelner Proteine (Fibrinogen, Albumin bzw. IgG) konnten das die Proteinadsorption reduzierende Potential des PEO demonstrieren, meist im Vergleich mit Oberflächen, an die die PEO-Ketten auf unterschiedliche Weisen gebunden wurden (Lee, J.H. et al., 1989 und 1990; Stenius et al., 1990; Bergström et al., 1992; Amiji und Park, 1992; Hu etal., 1993).

Gombotz et al. (1991) und Desai und Hubbell (1991) zeigten die Abhängigkeit der Proteinadsorption von der PEO-Kettenlänge auf, wobei für ähnliche Systeme (PEO auf Polyethylen-Terephthalat (PET)) unterschiedliche Kettenlängen fur eine effektive Reduktion der Adsorption gefunden wurden. In einer weiteren Publikation wurde erneut die sinkende Adsorption bei steigender PEO-Kettenlänge deutlich (Gombotz et al., 1992), wobei das als einziges vermessene Fibrinogen aus Plasma wesentlich geringer adsorbierte als aus Pufferlösungen. Diese Beobachtung machten auch Grainger et al. (1989), die die Proteinadsorption auf Multiblock-Copolymeren aus Polystyrol und PEO untersuchten. Die Resultate der kompetitiven Adsorption der radioaktiv markierten Albumin, Fibrinogen und IgG aus Mischungen in Puffer und aus Plasma zeigten große Unterschiede.

Die aus Plasma adsorbierten relativen Mengen können mit Albumin = IgG >

Fibrinogen wiedergegeben werden, die absoluten Mengen waren deutlich niedriger als aus Pufferlösungen. Dies läßt auf eine starke Konkurrenz der übrigen Plasmakomponenten schließen und verdeutlicht die Notwendigkeit der qualitativen Analytik der adsorbierten Proteinschicht.

Potentielle Arzneistoffträger

An dieser Stelle sollen kurz die Studien angesprochen werden, die eine Proteinadsorption auf mit Block-Copolymeren modifizierten Polystyrol-Nanopartikeln untersuchten, wie sie auch in dieser Arbeit eingesetzt wurden.

Die Copolymere aus den Reihen der Poloxamere und Poloxamine bestehen aus einem hydrophoberen Mittelteil (Polypropylenoxid, PPO), mit dem sie

hauptsächlich auf dem Polystyrol adsorbieren, und hydrophileren PEO-Seitenketten.

Lee, J. et al. (1989) und Tan und Martic (1990) beschrieben eine starke Reduktion der Proteinadsorption durch den Copolymer-Überzug, für mit langkettigen Block-Copolymeren überzogene Partikel sogar eine nicht detektierbare bzw. "zu vernachlässigende" Adsorption. Dies galt sowohl fur Albumin- und Fibrinogen-Lösungen als auch für Vollplasma. Als Analysemethode diente vor allem die Photonenkorrelationsspektroskopie, mit der nach Proteinadsorption eine Zunahme des Partikeldurchmessers ermittelt wurde. Ebenfalls nur eine grobe Abschätzung der Adsorption ist durch die Vermessung der Partikel mittels Laser-Doppler-Anemometrie in Serum möglich, bei der das Zetapotential ein Maß für die adsorbierte Proteinmenge ist. Hiermit wurde ebenso eine abnehmende Adsorption mit zunehmendem Molekulargewicht der Copolymere detektiert (Blunk und Müller, 1989).

O'Mullane et al. (1988) zeigten gegenüber reinen Polystyrol-Partikeln durch Überzug mit einem hochmolekularen Poloxamer eine drastische Reduktion der Adsorption von radioaktiv markiertem Fibrinogen, sowohl aus Pufferlösung als auch aus Plasma. Durch den Vergleich mehrerer Blockt Copolymere führten Norman et al. (1992) die wachsende Reduktion der Proteinadsorption auf zunehmende PEO-Kettenlänge zurück. Detektiert wurde hier die Adsorption von Albumin aus Pufferlösung, sowohl mittels radioaktiver Markierung als auch densitometrisch auf SDS-Polyacrylamidgelen.

Die in diesem Zusammenhang einzige Studie, die eine kompetitive Proteinadsorption aus Plasma beschreibt, stammt ebenfalls von Norman et al. (1993a) und bediente sich der SDS-Elektrophorese mit anschließendem Immunoblotting. Sowohl in Plasmakonzentrationen von 0,3 % (V/V) a|s auch von 50 % (V/V) (leider die höchste Konzentration der Studie) wurde die absolute adsorbierte Proteinmenge korreliert mit der PPO-Kettenlänge der verschiedenen Block-Coplymere, eine längere PPO-Kette führte zu einer reduzierten Adsorption. Nach Adsorption aus 50prozentigem Plasma wurden neun Banden beschrieben, wobei keine qualitativen Unterschiede zwischen den reinen Polystyrol-Partikeln und vier Partikeln mit unterschiedlichen Polymer-Überzügen detektiert wurden, für einzelne Banden allerdings deutüche Reduktionen durch die Überzüge gegenüber den unmodifizierten Partikeln zu verzeichnen waren. Durch Immunoblotting wurden IgG, Fibrinogen, Transferrin, Komplement C3 und Fibronectin nachgewiesen.

In einem /w-v/ve>-Modell am Kaninchen zeigten Norman et al. (1993b) die Proteinadsorption aus Peritonealflüssigkeit auf den gleichen Partikeln. Mit SDS-Elektrophorese wurden sechs Banden detektiert, die allerdings unidentifiziert blieben.

Insgesamt gesehen wird das Bestreben deutlich, sich die Eigenschaften des PEO für eine reduzierte Proteinadsorption zunutze zu machen. Auf dieses Ziel hin waren auch die meisten Untersuchungen aufgebaut. Es fällt auf, daß wenige Erkenntnisse über die qualitative Zusammensetzung der Proteinschicht nach kompetitiver Adsorption aus Plasma vorhegen. Da aber gerade diesem Aspekt eine Schlüsselrolle bezüglich der Biokompatibilität der zu untersuchenden Materialien zugeschrieben wird, erscheint die detaillierte Aufklärung der Adsorptionsmuster überfällig und unabdingbar.

An diesem Punkt setzt diese Arbeit an.

Experimenteller Teil