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Mögliche Grundlagen der Adsorption

Proteinadsorption auf modifizierten 60 nm Partikeln im Vergleich zu modifizierten 200 und 1000 nm

9.3 Proteinadsorption auf PS 60-407 und PS 60-908

9.3.5 Die Apolipoproteine

9.3.5.1 Mögliche Grundlagen der Adsorption

Wenige Erfahrungen liegen vor mit der Adsorption von Apolipoproteinen auf festen Grenzflächen. Wesentlich genauer untersucht ist dagegen ihre Interaktion mit Lipiden, da sie im Fettstoffwechsel als Bestandteil der fetttransportierenden Lipoproteine eine wichtige Rolle spielen. Die Apolipoproteine der A - , C- und E-Klassen sind relativ klein, gut wasserlöslich und sind so schwach mit den Lipoproteinen assoziiert, daß ein Transfer zwischen den Lipoproteinen über die wäßrige Phase stattfinden kann (Pownall and Gotto, Jr., 1992).

Tab. 9.3/ 4: Eigenschaften der adsorbierten Apolipoproteine*, nach Scanu (1987).

Molekular-gewicht

Aminosäuren Konz, im Plasma

•Wenig bekannt ist über ApoJ, Molekulargewicht ca. 32000, nach Anderson und Anderson (1991), Hochstrasser, A.-C. et al. (1988) und Golazetal.(1993).

Die Apolipoproteine dieser Klassen besitzen eine flexible Struktur und können ihre Konformation nach Adsorption leicht ändern. Die Flexibilität rührt von der Sekundärstruktur her, die geprägt ist von amphipathischen a-Helices, die durch kurze, weniger regelmäßige, Prolin enthaltende Abschnitte verbunden sind, über die eine Rotation erfolgen kann. In wäßriger Lösung sind die ce-Helices wahrscheinlich als Bündel angeordnet, in dem die hydrophoben Seitenketten nach innen gerichtet sind. Auf Oberflächen können die Helices unabhängig voneinander binden, sie sind dabei koplanar zur Oberfläche ausgerichtet (Phillips, 1992). Sie besitzen eine hydrophile (polare) Seite, die nach Adsorption der Wasserphase zugewandt ist, und eine hydrophobe (apolare) Seite, deren Seitenketten mit dem hydrophoben Substrat in Interaktion treten. Die Besonderheit der amphipathischen Helices der Apolipoproteine im Vergleich zu denen anderer, beispielsweise globulärer Proteine, ist die Ballung positiv geladener Residuen an der Grenzfläche (polar - nicht polar) und negativ geladener Residuen im Zentrum der polaren Seite der Helices. Diese Konformation erlaubt in den Lipoproteinen die hydrophobe Interaktion zwischen den Acyl-Ketten der Phospholipide und den hydrophoben Residuen der apolaren Seite. Diese Aminosäure-Seitenketten sind senkrecht zur Oberfläche ausgerichtet und können in die Lipidphase eintauchen (Rosseneu et al.,

1992).

Aufgrund der dargestellten Eigenschaften erscheint es unwahrscheinlich, daß die Apolipoproteine außen an den PEO-Ketten der modifizierten PS 60

adsorbierten, da dort kaum Möglichkeit der hydrophoben Interaktion fiir die apolare Seite der Helices gegeben war. Eher denkbar ist die Interaktion mit dem darunterliegenden Polystyrol, zumal auch von anderen Autoren die Bindung von Apolipoproteinen an hydrophobe Substrate (Silikonisiertes Glas, PVC, Polystyrol) beschrieben wurde (Shen, 1985; Bremhaar et al., 1984). Wie in 9.2 erarbeitet, war auf den PS 60 die PEO-Oberflächendichte derart hoch, daß keine anderen Proteine mit dem Polystyrol interagieren konnten. Das PLS:6, eines der Proteine mit höherer Affinität zum Polystyrol, besitzt ein Molekulargewicht von ca. 110 kDa (Anderson und Anderson, 1991) und war damit offenbar bereits zu groß fur eine Penetration der PEO-Ketten auf den modifizierten PS 60, während es auf den mit den gleichen Poloxameren modifizierten PS 200 bzw. PS 1000 noch zu den Hauptproteinen gehört hatte (9.2.2). Die Apolipoproteine scheinen gerade diese Fähigkeit, die Ketten auch bei relativ hoher PEO-Oberflächendichte zu durchdringen, zu besitzen. Demzufolge müßte von einer Vorstellung undurchdringbar eng zusammenstehender Poloxamermoleküle auf den modifizierten PS 60 Abstand genommen werden, zumindest von einer absolut homogenen derartigen Oberfläche. Die langen PEO-Ketten würden selbst auf diesen Partikeln eine engste Annäherung der Block-Copolymere verhindern, und aus der Beweglichkeit eben dieser PEOKetten würden sich immer wieder wenn hier auch kleine -Räume für sich nähernde Proteine ergeben. Aufgrund ihrer relativ geringen Größe und der Konformation im wäßrigen Medium mit den nach außen gerichteten hydrophilen Seiten der oc-Helices könnten die Apohpoproteine in der räumlich beschränkten und wasserähnlichen Umgebung der PEO-Ketten ohne Abstoßung diffundieren. Die Adsorption auf dem Polystyrol würde nach Entfaltung des Moleküls und Offenlegung der apolaren Seiten der Helices erfolgen.

Die Apolipoproteine der A-, C- und E-Klassen besitzen jeweils mehrere amphipathische Helices mit unterschiedhcher Länge und Aminosäuresequenz. Es ist schwierig auszumachen, welche Eigenschaft letztendlich die Oberflächenaktivität bestimmt. Interessant ist in diesem Zusammenhang wiederum die Größe. Aufgrund des durch die PEO-Ketten beschränkten Raumes erscheint es einleuchtend, wenn bevorzugt zunächst besonders kleine Moleküle adsorbieren. Ähnlich dem von Phillips (1992) vorgeschlagenen "Lipid-Compression"-Modell, in dem adsorbierende Apohpoproteine Lipidmoleküle auf der Oberfläche Luft/Wasser komprimieren, so daß der Oberflächendruck steigt, könnte man sich auch auf den Partikeloberflächen eine zusammenschiebende Wirkung der

adsorbierenden kleineren Apolipoproteine auf die Block-Copolymere bzw.

eine bewegungseinschränkende Wirkung auf die PEO-Ketten vorstellen.

Nachdem auf diese Weise quasi Platz geschaffen worden ist, können sich nun auch größere Apolipoproteine annähern und eventuell die kleineren verdrängen, möglicherweise begünstigt durch eine höhere Zahl an Bindungsstellen, die das Molekül weniger anfällig gegenüber dem hohen Oberflächendruck machen. Dieser Gedanke der sequentiellen Adsorption findet in der Betrachtung der Adsorptionskinetik Bestätigung. Auffällig waren dort die stetig steigenden Mengen an ApoA-IV und ApoE, der größten Apolipoproteine in Tab. 9.3 /4. Diese verdrängten die kleineren ApoC-HI, ApoC-II und Apo A-II (9.3.2, Tab. 9.3 / l ) . Zwar ging auch das relativ große ApoJ im für die PS 60 vermessenen Zeitrahmen zurück, was sich jedoch mit Blick auf die Ergebnisse der modifizierten PS 1000 relativiert. Dort stieg auch der Anteil des ApoJ zugunsten des kleineren ApoC-III in den ersten fünf Minuten an, um danach ebenso wie auf den PS 60 wieder abzufallen (8.1, Tab. 8.1 / l ) . Verdrängt wurde es hier von den ähnlich großen ApoE und ApoA-I.

Selbstverständlich soll nicht die gesamte Abfolge der Adsorption allein auf den Größeneffekt zurückgeführt werden, aber es spricht einiges dafür, daß die Molekülgröße in diesem Fall nicht unerheblichen Einfluß besitzt. Welche molekularen Eigenschaften der Apolipoproteine ansonsten ausschlaggebend sind, insbesondere für die Präferenz der unterschiedlichen Partikel, muß Gegenstand weiterer Untersuchungen bleiben. Es sei hier noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, daß das hier vorgeschlagene Modell der Adsorption der Apolipoproteine auf den mit PEO modifizierten Polystyrol-Oberflächen bis zur Verifizierung lediglich als eine Hypothese auf der Basis der vorgestellten Versuchsergebnisse anzusehen ist.