• Keine Ergebnisse gefunden

Untersuchung zur Selektivität und Bestimmung des IC 50 einiger

4.2 Entwicklung von Histondeacetylase-Inhibitoren

4.2.2 Untersuchung zur Selektivität und Bestimmung des IC 50 einiger

Wie bereits eingangs erwähnt (1.3.3), kommen in menschlichen Zellen mindestens 11 verschiedene (NAD+-unabhängige) HDAC vor, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Homologien zu zwei Corepressoren aus S. cerevisiae in zwei Klassen eingeteilt werden (Grozinger and Schreiber, 2002). Neben den Unterschieden z. B. in Größe, Primärsequenz und Lokalisation läßt auch das Vorkommen einiger HDAC in unterschiedlichen Multienzym-Komplexen bzw. deren Abwesenheit in allen bekannten Komplexen vermuten, daß HDAC unterschiedliche Aufgaben bekleiden (Grozinger and Schreiber, 2002). So ist etwa für HDAC6 acetyliertes Tubulin als Substrat identifiziert worden und eine Rolle in der Regulation des Zytoskeletts wahrscheinlich (Haggarty et al., 2003b; Hubbert et al., 2002), für viele andere Mitglieder ist jedoch noch nichts über ihre Funktion bekannt. Spezifische Inhibitoren wären wertvolle Instrumente zur Aufklärung der Funktion in vivo (Krämer et al., 2001). Natürlich ist auch die Möglichkeit zur selektiven Inhibition einzelner HDAC in einer pathologischen Situation von großem therapeutischem Interesse (Johnstone, 2002; Kim et al., 2003).

Darüberhinaus sind bakterielle Enzyme wie etwa HDLP und FB188-HDAH als HDAC-ähnlich bekannt (Finnin et al., 1999; Leipe and Landsman, 1997), Dissertation C.

Hildmann). Dabei ist FB188-HDAH zu 35 % (über 291 As) identisch bzw. zu 53 % (104 As von 291 As der katalytischen Domäne) homolog zur C-terminalen

Aktivitätsdomäne von HDAC6 ((Hildmann et al., 2003), C. Hildmann, pers. Mitteilung) und könnte somit als Modellenzym für Enzyme der Klasse II dienen. Analog zu den Bestimmungen mit Standard-HDAC-Inhibitoren (4.1.8) wurden die IC50-Werte der bei der Durchmusterung von Substanzbibliotheken gefundenen (4.2.1) und einiger von M. Gebinoga synthetisierter Moleküle für drei verschiedene HDAC ermittelt (Abb. 18, Tab. 8). Die Inhibitionsexperimente mit FB188-HDAH wurden mit der kontinuierlichen HDAC-Assay-Variante durchgeführt (3.5.11). Zur Erstellung der Testsubstanzen wurde teilweise eine neuartige Synthesestrategie herangezogen, indem die Horner-Wittig-Emmons (HWE)-Reaktion (Bonadies et al., 1994) ausgenutzt wurde, um HDACI mit ungesättigten Linkern unterschiedlicher Länge zwischen der Kappe und der Hydroxamatgruppe zugänglich zu machen (M. Gebinoga, in Vorbereitung). Im letzten Syntheseschritt wurden alle Kandidaten mit einer starken Base zu Hydroxamaten umgesetzt (Remiszewski et al., 2002). SAOH, ein Carbonsäure-Derivat des Hydroxamates SAHA, wurde von D. Riester synthetisiert.

Aus dem Vergleich der Werte für HDAC aus Rattenleber, der humanen HDAC8 und FB188-HDAH bakteriellen Ursprungs sollte eine mögliche Spezifität des untersuchten Inhibitors erkennbar sein.

O

Abb. 18: Strukturformeln der auf Selektivität untersuchten HDACI.

Die Strukturen von TSA und SAHA sind in Abbildung 13 zu finden. Die Struktur von HDACI #127 wurde noch nicht bestätigt. Bei allen anderen Molekülen wurde die erwartete Masse bei LC-MS-Analysen gefunden (M.Gebinoga, persönliche Mitteilung).

Aus Tabelle 8 ist zu entnehmen, daß durchaus Werte im nanomolaren Bereich erreicht wurden. Einige Inhibitoren zeigten darüberhinaus ein differenziertes Wirkprofil, allerdings unterschieden sich bis auf eine Ausnahme die Potenzen der Inhibitoren um weniger als den Faktor 100. In den meisten Fällen wurden jedoch alle drei HDAC unspezifisch mit ungefähr derselben IC50 gehemmt. CYPX zeigte nur gegen FB188-HDAH eine Hemmung im nanomolaren Bereich, HDACI #123 zeigte im Gegensatz dazu nur bei einem Enzym, der HDAC8, keine besonders ausgeprägte Hemmung. Die sehr verwandten Moleküle HDACI #124 und A08/P03hx weisen fast identische Wirkprofile auf. Für TSA konnte bei FB188-HDAH eine knapp 1000fach geringere Hemmung festgestellt werden als bei HDAC aus Rattenleber. Die Hemmung im Vergleich zu HDAC8 war im Gegensatz dazu nur 7fach geringer. HDACI #127 ist insofern ein spezieller Fall, da hier selbst bei der geringsten Inhibitorkonzentration (2 nM) keine verbliebene Aktivität der FB188-HDAH mehr zu detektieren war, wenn die standardmäßige Vorinkubation von Inhibitor und Enzym von 10 Minuten

eingehalten wurde, während bei sofortiger Vermessung der Ansätze eine fortschreitende Inhibierung/Inaktivierung des Enzyms zu beobachten war (Daten nicht gezeigt).

Entweder handelt es sich bei HDACI #127 um einen irreversiblen oder einen langsam bindenden (slow-binding), aber hochaffinen Inhibitor für FB188-HDAH.

Demgegenüber zeigte die Substanz bei der Bestimmung des IC50 für HDAC aus der Rattenleber eine typische Dosis-Wirkungskurve mit einer eher moderaten halbmaximalen Hemmung bei 154 µM. Leider wurden noch keine Daten über die Wirkung dieses Inhibitors auf HDAC8 generiert. Ein Vergleich mit dem Verhalten von letztgenannter HDAC gegenüber HDACI#127 und weitere Inhibitions-Experimente mit Analysen mittels doppeltreziproker Auftragungen nach Lineweaver-Burke sollten den Inhibitionstypus klären helfen. Bestätigte sich der irreversible Charakter der Hemmwirkung, wäre mit diesem Inhibitor nicht nur ein wertvolles Instrument zur Unterscheidung bakterieller von eukaryotischen HDAC sondern auch zur exakten Bestimmung der aktiven Enzymfraktion im Assay mittels active-site titration (Knight, 1995) gewonnen.

Der große Verlust in der Potenz von SAOH im Vergleich zu SAHA durch die Substituierung der Hydroxamtgruppe mit einer Carbonsäurefunktion bestätigte die erwartete Wichtigkeit, das Zink-Atom im Katalysezentrum des Enzyms komplexieren zu können, für eine potente Hemmwirkung.

Wie aufgrund der Ähnlichkeit der Strukturen zu erwarten war, zeigten die bei der ersten Screening-Runde (4.2.1) aktiven HDACI A4, B4 und F5 auch ähnliche Potenz in der Hemmung in den Sondierungsmessungen bei unterschiedlichen Substanz-Konzentrationen.

Alle HDACI zeigten keine oder nur vernachlässigbare Trypsininhibition (Daten nicht gezeigt).

Tab. 8: IC50 von HDACI der Hydroxamatklasse für verschiedene HDAC.

FB188-HDAH wurde von C. Hildmann präpariert.

HDACI HDAC aus Rattenleber HDAC8 FB188-HDAH

83 130 nM 517 nM 33 nM

123 53 nM 2,8 µM 48 nM

124 2,3 µM 4 µM 5,7 µM

125 255 nM nicht fitbar 60 nM

127 154 µM - irreversibel ?

Thiox - 25 µM #

-CYPX 1 µM 2 µM 70 nM

TSA 1,3 nM 170 nM (53 nM *) 1,2 µM**

SAHA 9,6 nM 400 nM 950 nM **

SAOH > 1000 µM - 10 % Inh. bei 100 µM

**

A08/P03hx 3,5 µM # 10 µM #

-A4 < 15 µM # & -

-B4 < 1 µM # & -

-F5 < 1 µM # & -

-* Wert wurde mit 250 µM Ac-RGK(Ac)-AMC und dem ursprünglichen Puffersystem bestimmt (4.1.8).

** Wert entnommen aus Hildmann et al., 2003, ermittelt mit 50 µM Boc-Lys(Ac)-AMC

# Abschätzung aus einer Einfachmessung ; & Siehe 4.2.1