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Jagdplanung: Erfahrungen aus dem Kanton Graubünden

7 Umsetzung von Jungwalddaten in der

Jagdplanung heute

Die Beurteilung der Verjüngungs- und Wildschadensituation wird in Grau-bünden seit 2001 in den regionenweise verfassten Wald-Wild-Berichten des Amt für Wald und des Amt für Jagd und Fischerei vorgenommen. Sie er-folgt über die ganze Waldfläche, wobei die Resultate der Jungwald-Erhebun-gen als eine Art «Stützpunkte» mit besser abgesicherten Einschätzungen als für den übrigen Wald einfliessen.

Die Analyse von Wald und Wild mün-det in einen Massnahmen-Katalog, der auch Aufgaben für die Jagdplanung be-inhaltet.

Die Jagdplanung arbeitet nicht allein mit der Anzahl zu erlegender Tiere. So zieht sie etwa auch den Aspekt der Wild-Verteilung mit ein, unter ande-rem über die Bezeichnung von kleinen aber gut verteilten Wildschutzgebieten und durch das Anstreben eines ausge-glichenen Geschlechterverhältnisses.

Bei der Gämse erfolgen überdies un-terhalb einer regional festgelegten Hö-henlimite stärkere jagdliche Eingriffe als oberhalb und beim Hirsch gelten während der September-Jagd (Som-mer-Situation) andere Bejagungsvor-gaben als während der Herbstjagd (be-ginnende Winter-Situation). Dem Energiehaushalt der Schalenwildpopu-lationen wird durch die Förderung der Biotoppflege, das Schaffen von Ruhe-zonen, die strikte Vermeidung von Saftfuttergaben im Winter und das An-streben eines ausgeglichenen Alters-aufbaus der Wildtierpopulationen (festigte Sozialstruktur) Rechnung ge-tragen.

Angesichts dieser grossen Zahl ver-schiedener Ansatzpunkte im Wild-Ma-nagement kann die Rückkoppelung

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0 2 4 8 16 32 64 128 256 512 1024 >1024 Stammzahl

Abb. 3. Zahl der 10 bis 130 cm hohen Jungbäume in den 26 Kontrollzäunen des hochmonta-nen Tanhochmonta-nen-Fichtenwaldes, die anlässlich der drei jeweils vier bis fünf Jahre auseinander lie-genden Erhebungskampagnen (Kl vorne, K2 mitte, K3 hinten) festgestellt wurden. Die Jungbaumzahlen wurden in Klassen (2-er Logarithmus: 0, 1, 2, 3--4, 5-8, 9-15, 16-31 etc.) eingeteilt. Die Säulenhöhe gibt die Anzahl der Zaunflächen je Klasse an.

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Stammzahl

Abb. 4. Zahl der 10 bis 130 cm hohen Jungbäume in Kontrollzäunen des Tannen-Buchen-waldes (Ta-Bu, vorne, n - 11), der hochmontanen Tannen-Fichtenwälder (Ta-Fi, zweitvor-derste Reihe, n

=

26), der hochmontanen Fichtenwälder (HM Fi, zweithinterste Reihe, n

=

9)

und des subalpinen Fichtenwaldes (SA Fi, hinten, n=24) bei der zweiten Aufnahme, also meist fünf, in der Subalpinstufe auch bis zu zehn Jahre nach der Zaunerstellung. Gleiche Darstellung wie Abbildung 3.

von der Analyse im Wald-Wild-Bericht zur Jagplanung nicht einer starren For-mel folgen, etwa der Form «mehr Wild-schäden also mehr Wildabschüsse».

Vielmehr wurde bisher in die Richtung gearbeitet, dass die Beteiligung der einzelnen Schalenwildarten und die Wirkung von Begleitumständen (z.B.

vorhandene Wild-Barrieren) situations-bezogen für konkrete Problemgebiete eingeschätzt und dann die darauf

passende Managementmassnahme ge-sucht wurde. Mit den seit Ende der 80er Jahre eingeführten Bejagungs-konzepten dürfte die Zielvorgabe, die Gebiete mit wildbedingten Verjün-gungsproblemen unter 25 Prozent der Gesamtwaldfläche zu halten, grossräu-mig erreicht werden. Die in den bishe-rigen Berichten festgehaltenen jagdli-chen Massnahmen beschränken sich daher in der Regel auf konsequentes

Forum für Wissen 2005

Weiterführen der bestehenden Beja-gungskonzepte, ergänzt mit lokal be-grenzten Sondermassnahmen.

Über die quantitativen Auswirkun-gen der einzelnen Wild-Management-massnahmen auf die Jungwaldentwick-lung liegen uns zur Zeit kaum harte Fakten vor. Die Komplexität des Wald-Wild-Systems zwingt also zum Prinzip

«Versuchen und Beobachten». Dem-entsprechend kommt der Erfolgskon-trolle beim Jungwald grosses Gewicht zu. Dazu bieten sich insbesondere Folgeaufnahmen im Abstand von fünf bis zehn Jahren in den untersuchten Flächen an. Die Stichprobezentren bei Jungwaldaufnahmen sollten deshalb wenn immer möglich versichert wer-den. Kontrollzaunflächenpaare kom-men vor allem dort zum Einsatz, wo Unklarheit über das vom Standort ge-gebene Verjüngungspotential herrscht.

Grundsätzlich wäre es wünschens-wert, wenn die Jungwald-/Wildscha-densituation im Jahresturnus als eine von mehreren Entscheidungsgrundla-gen in die Jagdplanung einfliessen könnte. Die langen Zeiträume zwi-schen jagdlicher Massnahme und mess-barem Effekt bei der Stammzahlent-wicklung der Verjüngung, die grosse Rolle von Zufälligkeiten (z.B. Ausape-rungsgeschwindigkeit im Frühjahr) und die Schwierigkeit, grosse und hete-rogene Waldflächen zuverlässig zu be-urteilen, führen aber schliesslich zu grösseren zeitlichen Intervallen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass im Wald-Wild-System einzelne entschei-dende Prozesse aber doch rasch ablau-fen. So erlaubt das hohe Reprodukti-onspotential des Schalenwildes kein Nachlassen der Bejagung auch nur während einer Jagdsaison. Und so lan-ge sich die Waldverjüngung in der subalpinen Stufe auch hinziehen kann -wenn dann hier in seltenen Fällen Sa-menjahr und günstige klimatische Ver-hältnisse endlich einmal zusammenfal-len, so verstreicht der Zeitraum sehr schnell, innerhalb dessen dieses Ereig-nis waldbaulich genutzt werden kann (On et al. 1997).

Inzwischen haben BRANG und Duc (2002) in Anwendung eines Modells über die Waldentwicklung Sollvorga-ben für den Jungwald hergeleitet. Als Mass werden nicht Stammzahlen, son-dern der Verjüngungs-Deckungsgrad verwendet. Das Verfahren folgt aber

grundsätzlich den gleichen Grundsatz-überlegungen, wie wir sie anwenden und dürfte dank der Umsetzungsarbei-ten in FREHNER et al. (2005) künftig auch in Graubünden wertvolle Dienste leisten.

Dank

Ich danke Hannes Jenny, Amt für Jagd und Fischerei des Kantons Graubün-den für seine Beiträge zur Jagdpla-nung, Andrea Klatenbrunner, Amt für Wald Graubünden für Angaben zum Kontrollzaunprojekt, Andrea Guler, Klosters, für Auswertungen der Daten aus dem Kontrollzaunprojekt sowie Jürg Walcher, Glarus und Fritz Völk, A-Pukersdorf für Anregungen zur Ver-besserung des Manuskriptes.

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