IACER PLATANOIDES
1
BETULA PENDULAII
CARPINUS BETULUS~ FAGUS SYLVATICA
1
PICEA ABIES1
PINUS SYLVESTRIS COTTBUS BS=BO ORIGINAL VERSION BIOMASS (f/HA)400 ------ · 400
300 ----------------•·-··· ... 300
200 ---· --- 200
100 100
0 0
0 200 400 600 800 1000 1200 TIME (A)
COTTBUS BS=80 AOJUSTED VEAS'ON 8IOMASS (f/HA)
400 ··-···-···-····---·-·--·--··- -- 400
300 ······•··----300
1
POPULUS TREMULA1
OUERCUS PETREA DauERcus ROBURI TIUA CORDATA
STOCl<HOLM BS = 150 ORIGINAL VERSION BIOMA.SS (f,1-iA)
400 - - .•. - • -- -·· ·-· - ····-··· 400
300 ... ·•···-·-·-···--·· 300
200 -···. 200
100 •...• -- ·- · · 100
200 400 600 800 1000 TIME (A)
STOCKHOLM BS=150 AOJUSTED VERSION BIOMASS(T,1-iA)
400 -·---·-···-·--··--·-·-·-·-·-··--···· 400
100 100
b) 600
j400
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Faktor
□ Abiesa/ba
■ Larix decidua
□ Picea abies
□ Pin11s cembra
■ Pinus sylvestris --·Stammzahl ---Gesamtbiomasse
Abb. 8. Empfindlichkeit der Sukzessionsmodelle a) FORSKA und b) FORCLIM bezüglich Veränderungen in der Formulierung der Ver-jüngungsökologie. Während FORSKA auf Formulierungsänderungen mit der Simulation ganz anderer Waldtypen für die Standorte Cott-bus (BRD) und Stockholm (Schweden) reagiert, produziert das Modell FORCLIM am Standort Davos lediglich geringe Veränderungen in der Artenzusammensetzung und Stammzahl bei drastischen Veränderungen der Etablierungswahrscheinlichkeit der Baumarten (z.B. 0.2 bedeutet, dass die Etablierungswahrscheinlichkeit der Baumarten auf 20 % des Standardwertes reduziert wurde). Der Pfeil bezeichnet die Ergebnisse der Standard-Simulation.
4 Schlussfolgerungen und Ausblick
Dynamische Modelle sind ein wichti-ges Element der Wald-Wild-Forschung, da sie es erlauben, heterogene Daten zu integrieren und für die Lösung einer
«übergeordneten» Problemstellung nutzbar zu machen; ausserdem können sie verwendet werden, um räumliche und vor allem zeitliche Extrapolatio-nen der Ergebnisse von den typischer-weise eher kurzfristigen (3-5 Jahre) Felduntersuchungen zu machen.
Wie oben dargestellt, gibt es ver-schiedenste Möglichkeiten, um Ver-bisswirkungen auf die Bestandesdyna-mik zu modellieren:
- Verwendung «klassischer» Sukzes-sionsmodelle und Anpassung des Etablierungs-Filters;
- Anpassung der Wachstumsgleichung in «klassischen» Sukzessionsmodel-len, um damit die Verjüngungsdyna-mik explizit zu simulieren;
- Kopplung eines Sukzessionsmodells mit einem separaten Verjüngungs-modell, das in seiner Komplexität von Studie zu Studie sehr stark vari-ieren kann.
Jeder dieser Ansätze hat spezifische Stärken und Schwächen, und es gibt kein «richtig» oder «falsch». Mit zu-nehmender Auflösung der einzelnen Prozesse ( d. h. mit steigender Komple-xität des Ansatzes) steigt auch der Auf-wand für die Parameterschätzung, bis hin zum Problem, dass die komplexe-sten Ansätze nur für sehr gut unter-suchte Baumarten überhaupt parame-trisiert werden können. Dies ist für ei-ne Anwendung auf Mischbestände ein
grosser Nachteil. Wie bei allen Model-lierungsstudien müssen bei der Inter-pretation der Ergebnisse ausserdem die Modellannahmen und die Ein-schränkungen durch eine oftmals un-vollständige oder unzureichende Da-tengrundlage berücksichtigt werden.
Die bisher durchgeführten Modellie-rungsstudien im In- und Ausland zei-gen aber deutlich, dass es möglich ist, Abschätzungen der langfristigen Ver-bisswirkungen auf die Dynamik von Waldbeständen zu machen. Diese Stu-dien deuten darauf hin, dass die Emp-findlichkeit der untersuchten Wälder sich bezüglich Verbiss stark unterschei-det. Selbst wenn diese Ergebnisse auf-grund gründlicherer Modellierungsar-beiten teilweise noch revidiert werden müssten, so lässt sich doch festhalten, dass viele Waldbestände langfristig
ei-Forum für Wissen 2005
ne beträchtliche Resistenz gegen Ver-bisswirkungen haben dürften: nicht je-der verbissene Baum ist ein Problem;
der längerfristige vollständige Ausfall der Verjüngung einer Baumart ist aber bestimmt nicht erwünscht. Irgendwo in der Grauzone dazwischen liegt der Punkt, wo man je nach Waldfunktion eine Obergrenze für den Verbiss setzen würde - wo dieser Punkt liegt, ist der-zeit nicht klar. In der Professur Wald-ökologie der ETH Zürich läuft ein Projekt, in welchem Andrea Kupfer-schmid versucht, die Verbisswirkung in Sukzessionsmodellen für Gebirgswäl-der Gebirgswäl-der Alpen so zu formulieren, dass der bestmögliche Kompromiss zwi-schen der Realitätsnähe der modellier-ten Prozesse, ihrer Allgemeingültigkeit und der Präzision der Aussagen resul-tiert - ohne dass wir behaupten wür-den, alle drei Modellierungs-Kriterien gleichzeitig erfüllen zu können (vgl.
Abb. l).
Bei der Anwendung von Sukzes-sionsmodellen zur Fortschreibung der Verbisswirkung wird zumeist ein kon-stanter Verbissdruck während mehre-rer Jahrhunderte angenommen. Es gibt aber sowohl theoretische (z.B. LOTKA 1925) wie auch praktische (z.B. HEB-BLEWHITE 2005) Hinweise, dass Huf-tierpopulationen unter natürlichen Be-dingungen starken Schwankungen un-terworfen sind. Ausserdem besteht die begründete Vermutung, dass die Wald-verjüngung oder mindestens die Ver-jüngung gewisser Baumarten mancher-orts auf kurze Zeitfenster beschränkt sein könnte, während denen die Huf-tiere geringe Abundanzen aufweisen (z.B. SAGE et al. 2003). Unter diesen Umständen sind Simulationsszenarien mit konstanter Huftierdichte fragwür-dig und sollten durch andere Annah-men (z.B. oszillierender Verbissdruck) ergänzt werden. Ebenso muss sich die Jagdpraxis aber die Frage gefallen las-sen, ob das Aufrechterhalten möglichst konstanter Populationsdichten der Huftiere wirklich sinnvoll ist.
Alle obigen Erörterungen beziehen sich nur auf Verbiss. Ich betone noch-mals, dass eine ökosystemare Gesamt-betrachtung der Wald-Wild-Interakti-on bisher fehlt. Die KWald-Wild-Interakti-onzentratiWald-Wild-Interakti-on auf direkte mechanische Schäden an der Verjüngung (Verbiss, Fegen und Schä-len) ist verständlich, weil diese Effekte direkt sichtbar sind. Die zukünftige
Forschung sollte aber meines Erach-tens versuchen, die Wechselwirkungen zwischen Wald und Wild in allen vier genannten Aspekten und auf Land-schaftsebene integral zu erfassen, auch wenn damit etliche methodische und praktische Schwierigkeiten verbunden sind. Dynamische Modelle könnten auch bei dieser Aufgabe einen wesent-lichen Beitrag leisten (vgl. WEISBERG et al. 2006).
Dank
Peter Weisberg, Andrea Kupferschmid und Markus Didion und eine Reihe weiterer Kolleginnen und Kollegen ha-ben mit zahlreichen Diskussionen ge-holfen, die Gedanken zu formen, die in diesem Artikel ausgedrückt sind. An-drea Kupferschmid, Felix Kienast und ein anonymer Gutachter haben nützli-che Hinweise zur Verbesserung des Manuskripts gegeben.
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