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Ubertragung des Modells auf den S¨ ¨ udosten der Eiskappe . 117

6.6 Einfluss der einzelnen Parameter auf das Modellergebnis

7.1.2 Ubertragung des Modells auf den S¨ ¨ udosten der Eiskappe . 117

Das vorgestellte Massenbilanzmodell wurde f¨ur den Nordwestsektor der Devon-Eiskappe kalibriert, also f¨ur den Bereich der Eiskappe, f¨ur den im Gel¨ande ge-messene Massenhaushaltsdaten existieren. Die Robustheit eines solchen Modells wird auch dadurch bestimmt, wie gut es sich auf andere Gebiete ¨ubertragen l¨asst.

Dass dies f¨ur gew¨ohnlich nur sehr schwer m¨oglich ist, wird als ein Nachteil von Massenbilanzmodellen, die auf W¨armesummenberechnungen basieren, angesehen (vgl. Kap. 5.2). Sicherlich l¨asst sich das Modell dieser Arbeit nicht direkt auf entfernte Regionen ¨ubertragen, was schon allein durch die Nutzung z.T. deutlich verschiedener W¨armesummenfaktoren in anderen Untersuchungen verdeutlicht wird. Dennoch w¨are es interessant zu wissen, ob sich das Modell mit den f¨ur den Nordwesten der Eiskappe kalibrierten Parametern zumindest auf andere Bereiche der gleichen Eiskappe anwenden l¨asst. Da f¨ur diese jedoch keine ausreichenden Massenbilanzdaten existieren, war nur eine indirekte Absch¨atzung der ¨ Ubertrag-barkeit des Modells m¨oglich: Es wurde dabei verglichen, ob mit Hilfe des Modells

118 7. Anwendung des Massenbilanzmodells

die mittlere H¨ohenlage der Gleichgewichtslinie im S¨udostsektor simuliert werden kann. Herangezogen wurde dazu die in Kap. 6.2 beschriebene und in Abb. 6.2 dargestellte Niederschlagsabsch¨atzung. Bei Woo und Ohmura (1997) werden f¨ur den S¨udosten der Eiskappe außerdem eine gegen¨uber dem Nordwesten um 1,1 K h¨ohere Sommermitteltemperatur sowie eine auf 700 m ¨u.d.M. liegende mittlere Gleichgewichtslinie genannt (vgl. auch Tab. 3.2). Diese Werte f¨ur Temperatur und Niederschlag fanden in den folgenden Modellberechnungen f¨ur den S¨ udost-sektor Ber¨ucksichtigung, w¨ahrend alle anderen Parameter, also auch die W¨ ar-mesummenfaktoren, unver¨andert blieben. Das Ergebnis dieser Simulation zeigt Abb. 7.2.

An der Spitze der Eiskappe, wo sich die beiden Sektoren treffen und somit auch der gleiche Niederschlag herrscht, ist auch die Massenbilanz in beiden F¨allen gleich groß. Mit abnehmender H¨ohe nimmt im S¨udosten jedoch die Akkumulation zu-n¨achst zu, so dass die spezifische Nettobilanz ein Maximum im Bereich von etwa 1400 m ¨u.d.M. erreicht. Erst darunter wirken sich h¨ohere Temperaturen so stark aus, dass sie den bis 900 m ¨u.d.M. auf 400 mm/Jahr ansteigenden Niederschlag ausgleichen und die Massenbilanz zun¨achst langsam, unterhalb 900 m ¨u.d.M. dann mit gleichbleibendem Niederschlag schneller abnimmt. In allen H¨ohenbereichen bleibt die spezifische Bilanz jedoch ¨uber der in den entsprechenden H¨ ohenberei-chen des Nordwestsektors. Die Gleichgewichtslinie liegt laut Simulation bei etwa 730 m ¨u.d.M., also 30 m h¨oher als der in der Literatur bei Woo und Ohmura (1997) angegeben.

7.1.3 Reaktion auf potenzielle Klimaver¨ anderungen

Hat man mit dem Massenbilanzmodell die gemessenen Massenbilanzdaten zufrie-denstellend simulieren k¨onnen, kann das gleiche Modell dazu angewandt werden, die Reaktion der Eismasse auf m¨ogliche Ver¨anderungen von Temperatur und Niederschlag (und damit Akkumulation) und so ihre klimatische Sensitivit¨at ab-zusch¨atzen. Dazu k¨onnen Standardgr¨oßen oder prognostizierte Werte f¨ur diese Parameter eingesetzt werden. Um eine Vergleichbarkeit mit Untersuchungen an anderen Gletschern zu gew¨ahrleisten, wurden in den folgenden Modelll¨aufen po-sitive bzw. negative Temperaturver¨anderungen von +1 K bzw. −1 K sowie Nie-derschlags¨anderungen von +20% bzw. −20% gegen¨uber den jeweiligen Mitteln

7.1 Mittlere Nettobilanz 119

(a)

(b)

Abbildung 7.2:Simulierte Massenbilanz f¨ur den S¨udostsektor der Devon-Eiskappe: Massenbilanz-gradient im Vergleich mit dem Nordwesten (a) bzw. r¨aumliche Verteilung der spezifischen Massen-bilanz (b), jeweils gemittelt f¨ur den Zeitraum 1961–98. Gekennzeichnet durch eine braune Linie ist in (b) zus¨atzlich die bei Woo und Ohmura (1997) angegebene mittlere Lage der Gleichgewichtslinie im H¨ohenbereich 700±10 m ¨u.d.M.

120 7. Anwendung des Massenbilanzmodells

f¨ur den Zeitraum 1961–98 (T0, P0) angenommen. Zus¨atzlich sollte gelten, dass sich die Niederschlags¨anderungen direkt auf die jeweiligen Akkumulationsraten auswirken, d.h. diese um den gleichen Betrag ansteigen oder absinken.

Wenn nicht ausdr¨ucklich anders angegeben, wurden alle anderen Parameter jeweils unver¨andert gelassen. Außerdem wird in den folgenden Ausf¨uhrungen die-ses Abschnitts zun¨achst davon ausgegangen, dass sich alle Klimaver¨anderungen in allen Monaten gleich stark auswirken. Weiter unten in Kap. 7.1.5 wird dann ge-zeigt, dass Klimaver¨anderungen in bestimmten Monaten die Massenbilanz st¨arker beeinflussen als in anderen. Mit Hilfe einer Quantifizierung dieser Abh¨angigkeit kann dann das in diesem Abschnitt genutzte Modell in einem weiteren Schritt noch erweitert und verbessert werden (vgl. Kap. 7.2.2).

Reaktion auf Temperaturver¨anderungen

Bei Modelll¨aufen, die von einer Zunahme der Jahresmitteltemperatur um 1 K ausgehen, stellt man gravierende Auswirkungen auf die mittlere Nettobilanz der Eiskappe fest. Diese w¨urde von −57 mm/Jahr auf−212 mm/Jahr absinken. Von diesen Ver¨anderungen am st¨arksten betroffen w¨aren die am niedrigsten gelege-nen H¨ohenabschnitte, wo die spezifische Bilanz um bis zu 445 mm/Jahr niedriger l¨age als bei der Durchschnittstemperatur der letzten Jahrzehnte (Abb. 7.3 und Abb. 7.4).

Der Massenbilanzgradient ¨andert sich aus diesem Grund ebenfalls: durch die starke Abnahme der spezifischen Massenbilanz besonders in den niedrigen H¨ohen wird er steiler. Die H¨ohe der Gleichgewichtslinie steigt auf knapp 1300 m ¨u.d.M.

an, wodurch sich auch das Gr¨oßenverh¨altnis von Akkumulationszone zu Ablati-onszone ¨andert.

Bei einem R¨uckgang der Jahresmitteltemperatur um 1 K w¨urde der Betrag der entsprechenden Zunahme der Nettobilanz etwas weniger groß ausfallen als der einer Nettobilanzabnahme bei einem Temperaturanstieg um ebenfalls 1C (+99 mm/Jahr im Vergleich zu−154 mm/Jahr). Die H¨ohe der Gleichgewichtslinie sinkt auf unter 1000 m ¨u.d.M., der Massenbilanzgradient wird kleiner.

7.1 Mittlere Nettobilanz 121

Abbildung 7.3:Vergleich zwischen der gemessenen und drei mit verschiedenen Temperaturen si-mulierten Massenbilanzen. Die Simulationen beruhen auf Modelll¨aufen mit drei verschiedenen Jah-resmitteltemperaturen: Durchschnitt 1961–98 (T0),T0+1 K,T0−1 K.

122 7. Anwendung des Massenbilanzmodells

(a) T0+ 1 K

(b)T01 K

Abbildung 7.4:Simulation der r¨aumlichen Verteilung der Massenbilanz bei Temperaturver¨ anderun-gen von±1 K. Gekennzeichnet durch eine braune Linie ist zus¨atzlich die aus den Gel¨andedaten von 1961–98 gemittelte Lage der Gleichgewichtslinie im H¨ohenbereich 1150±10 m ¨u.d.M.

7.1 Mittlere Nettobilanz 123

Abbildung 7.5:Vergleich zwischen der gemessenen und drei mit verschiedenen Niederschlangsmen-gen simulierten Massenbilanzen. Die Simulationen beruhen auf Modelll¨aufen mit drei verschiedenen ahrlichen Akkumulationsbetr¨agen: Durchschnitt 1961–98 (P0),P0−20%,P0+20%.

Reaktion auf Niederschlagsver¨anderungen

Auf die gleiche Weise wie oben kann nun auch berechnet werden, wie stark sich ¨Anderungen der Niederschlagsmengen auf den Massenhaushalt der Eiskap-pe durchschlagen. Die Simulationen deuten an, dass eine Zu- bzw. Abnahme des Niederschlags um selbst so deutliche Betr¨age wie ±20%, verglichen mit den oben beschriebenen Temperaturver¨anderungen von±1 K, die Nettobilanz weniger stark beeinflusst (Abb. 7.5 und 7.6). Die mittlere spezifische Nettobilanz s¨anke bei einer Abnahme des Niederschlags um 20% um 48 mm auf −105 mm/Jahr.

Bei einer Zunahme um 20% n¨ahme die mittlere Massenbilanz um beinahe den gleichen Betrag auf −12 mm/Jahr zu. Der Massenbilanzgradient ¨anderte sich in nur sehr geringem Maße und nur deshalb, weil sich die Unterschiede zwischen den Akkumulationsbetr¨agen der einzelnen H¨ohenabschnitte in Abh¨angigkeit von den oben genannten Niederschlagsver¨anderungen vergr¨oßern bzw. verringern. St¨arker betroffen w¨are hingegen die Lage der Gleichgewichtslinie, die bei einer Zunahme des Niederschlags um 20% auf unter 1050 m ¨u.d.M. absinken, bei einer Abnahme

124 7. Anwendung des Massenbilanzmodells

(a)P0+ 20%

(b) P020%

Abbildung 7.6: Simulation der r¨aumlichen Verteilung der Massenbilanz bei Niederschlagsver¨ ande-rungen von±20%. Gekennzeichnet durch eine braune Linie ist zus¨atzlich die aus den Gel¨andedaten von 1961–98 gemittelte Lage der Gleichgewichtslinie im H¨ohenbereich 1150±10 m ¨u.d.M.

7.1 Mittlere Nettobilanz 125

der gleichen Gr¨oßenordnung auf etwa 1250 m ¨u.d.M. ansteigen w¨urde.