• Keine Ergebnisse gefunden

Um m¨oglichst gute Simulationsergebnisse zu erzielen, sollten die optimalen W¨ ar-mesummenkoeffizienten zwei Voraussetzungen erf¨ullen. Zum einen sollten sie m¨ og-lichst gut die gemessene mittlere Nettobilanz f¨ur den Zeitraum von 1961–98 wie-dergeben, d.h. der Unterschied ∆B zwischen Messung (B) und Simulation (B) sollte nahe 0 sein. Zum anderen sollte aber auch die spezifische Nettobilanz bj in dem jeweiligen H¨ohenabschnitt m¨oglichst gut nachgebildet werden, d.h. die h¨ o-henabh¨angigen Kurven der gemessenen und der simulierten Massenbilanz sollten so gut wie m¨oglich ¨ubereinstimmen.

In beiden F¨allen wurden Modelll¨aufe f¨ur verschiedene Kombinationen von ks und ki mit einer Schrittweite von jeweils 0,1 mm/dC durchgef¨uhrt. Innerhalb der am Ende von Kap. 6.4.3 genannten Bandbreite der m¨oglichen Werte f¨ur die beiden Schmelzfaktoren wurde f¨ur jede Kombination das sich aus ihr ergebende Simulationsergebnis berechnet.

Um eine m¨oglichst gute ¨Ubereinstimmung zwischenBundB zu erreichen, eig-nen sich eine Vielzahl von teilweise sehr unterschiedlichen Kombinatioeig-nen, auch solche, die unrealistisch sind, z.B. weil bei Ihnenks gr¨oßer ist alski (Abb. 6.6(a)).

Dies verwundert nicht, wenn man sich verdeutlicht, dass ein und derselbe Mit-telwert auf viele verschiedene Weisen erreicht werden kann: In diesem Fall wird die mittlere Nettobilanz aus den spezifischen Massenbilanzen aller 100 m-H¨ ohen-intervalle errechnet. Mit Hilfe bestimmter Kombinationen lassen sich zwar gute Ann¨aherungen an den gemessenen Mittelwert erzielen, h¨aufig wird dies jedoch zuf¨allig durch eine Mittelung unplausibler spezifischer Massenbilanzen erreicht.

Eine bestimmte Kombination von ks und ki, mit deren Hilfe sich die gemessene

6.5 Ermittlung der W¨armesummenkoeffizienten 105

(a) (b)

Abbildung 6.6:Variation der Differenz zwischenBundB(a) sowie dem EffizienzkriteriumR2(b) als Funktion der W¨armesummenkoeffizienten f¨ur Eis (ki) und Schnee (ks) [ki undksin mm/dC].

mittlere Nettobilanz exakt simulieren l¨asst, k¨onnte dies beispielweise trotz einer m¨oglicherweise starken ¨Ubersch¨atzung der spezifischen Massenbilanz im Akkumu-lationsbereich erreichen, solange dies durch eine entsprechende Untersch¨atzung der spezifischen Bilanz im Ablationsbereich ausgeglichen wird.

Ziel der Berechnungen in dieser Arbeit ist aber eine m¨oglichst gute Rekonstruk-tion der spezifischen Massenbilanz in allen H¨ohenbereichen, so dass der h¨ ohen-abh¨angige Gradient der simulierten Massenbilanz mit der Kurve der in Abb. 6.7 dargestellten, gemessenen und ¨uber die Jahre 1961–98 gemittelten Massenbilanz f¨ur die einzelnen 100 m-H¨ohenintervalle m¨oglichst gut ¨ubereinstimmt. Um den Grad der ¨Ubereinstimmung zwischen dem gemessenen und dem simulierten Gra-dienten zu quantifizieren, wurde daher f¨ur alle Kombinationen von ks und ki das Effizienzkriterium R2 nach Nash und Sutcliffe (1970) berechnet, mit:

R2 = 1−

Dabei stehenbj und bj f¨ur die jeweilige gemessene bzw. simulierte Massenbilanz in den einzelnen H¨ohenabschnitten j von insgesamt n H¨ohenabschnitten. B ist die ¨uber alle H¨ohenabschnitte nach deren Fl¨achenanteil gemittelte Nettobilanz des gesamten Gletschers. Ein Wert von R2 = 1 bedeutete in diesem Fall eine perfekte ¨Ubereinstimmung zwischen gemessenem und simuliertem Massenbilanz-profil. Eine in Abb. 6.7 parallel zur X-Achse verlaufende Gerade auf H¨ohe des MittelwertesB h¨atte den WertR2 = 0. NegativeR2-Werte bedeuteten eine noch

106 6. Modellparameter

Abbildung 6.7: Uber den Zeitraum 1961–98 gemitteltes h¨¨ ohenabh¨angiges Massenbilanzprofil. Ei-gene Berechnung auf Basis von Massenbilanzdaten aus Dyurgerov (2002).

schlechtere ¨Ubereinstimmung als die zwischen konstantem Mittelwert und den tats¨achlich gemessenen Werten.

Ursp¨unglich entwickelt f¨ur hydrologische Abflussmodelle wird das Effizienzkri-terium h¨aufig zur Bewertung der G¨ute von Modellergebnissen angewandt [Hock (1999)], nicht selten sogar als einziges Kriterium [z.B. Gottlieb (1980)]. Berechnet man das Effizienzkriterium f¨ur die jeweils gemessenen bzw. simulierten Massenbi-lanzgradienten, ergeben sich f¨ur eine Reihe von Kombinationen sehr hohe Werte f¨urR2, was auf den recht gleichm¨aßig verlaufenden Verlauf der Gradientkurve zu-r¨uckzuf¨uhren ist. Die h¨ochsten Werte erh¨alt man bei Kombinationen, bei denenki Werte von 5,6–6,1 und ks Werte von 3,1–4,5 annimmt (vgl. Abb. 6.6(b)). In die-sem Bereich sollten sich daher die Werte von ks und ki bewegen. Vergleicht man das Ergebnis mit dem f¨ur die Differenz von mittlerer gemessener und mittlerer simulierter Nettobilanz in Abb. 6.6(a), so erkennt man, dass sich f¨ur Kombina-tionen innerhalb der oben genannten Bandbreite teilweise Abweichungen f¨ur ∆B von bis zu 30 mm/Jahr ergeben. Die Ursache hierf¨ur liegt darin, dass bei diesen Kombinationen die gr¨oßten Unterschiede zwischen den Kurven f¨ur den

gemesse-6.5 Ermittlung der W¨armesummenkoeffizienten 107

Abbildung 6.8:Bestimmung der optimalen W¨armesummenkoeffizienten. Bei ¨Uberlagerung der bei-den Diagramme aus Abb. 6.6 erh¨alt man als optimale Kombination: ki =5,8 mm/dC und ks = 4,0 mm/dC.

nen und den simulierten Massenbilanzgradienten gerade in denjenigen H¨ ohenab-schnitten mit großem Fl¨achenanteil auftreten. Eine optimale Kombination l¨asst die Simulation also die gemessene Kurve m¨oglichst genau nachbilden und h¨alt gleichzeitig den Fehler in den fl¨achengr¨oßten H¨ohenabschnitten besonders klein.

Zur Bestimmung dieser Kombination bieten sich zun¨achst zwei M¨oglichkeiten an:

zum einen k¨onnte man in die Berechnung des Effizienzkriteriums den Fl¨ achen-anteil der einzelnen H¨ohenabschnitte direkt einfließen lassen. Dies f¨uhrt dazu, dass mit nach dieser Methode bestimmten Kombinationen f¨urksund ki die Kur-ve in den fl¨achenm¨aßig großen H¨ohenabschnitten recht nahe an der gemessenen Kurve verl¨auft. Allerdings weicht sie in den fl¨achenm¨aßig sehr kleinen, niedriger gelegenen H¨ohenabschnitten teilweise extrem von den Ergebnissen der Messung ab. Da dies unerw¨unscht ist, wurde die beste Kombination auf eine zweite Art bestimmt. Es wurden dabei unter den nach Bestimmung des Effizienzkriteriums gut geeigneten Kombinationen diejenigen ausgew¨ahlt, deren mittlere simulierte Nettobilanz der gemessenen m¨oglichst nahe kommt. Zur Illustration sind daf¨ur die wichtigsten Bereiche aus Abb. 6.6(b) und Abb. 6.6(a) ¨ubereinandergelegt dar-gestellt (vgl. Abb. 6.8). Daraus geht hervor, dass eine Kombination mit

ki = 5,8 mm/dC

108 6. Modellparameter

und

ks = 4,0 mm/dC

die beste ¨Ubereinstimmung zwischen Messung und Simulation darstellt. Beide Werte erscheinen auch im Hinblick auf vergleichbare Untersuchungen plausibel (vgl. Tab. 6.7). Der Wert f¨ur ki liegt nahe dem von Braithwaite (1981) bestimm-ten Wert f¨ur die kanadische Arktis von 6,3±1 mm d−1C−1. Insgesamt liegen die Werte sowohl f¨urki als auch f¨urks in dem Bereich, der von verschiedenen Auto-ren auf skandinavischen Gletschern gemessen oder angewandt wurde. Die durch Modelltuning bestimmten Koeffizienten f¨urki aus Gr¨onland liegen hingegen mit Werten zwischen 7,2 und 8,3 mm/dC h¨oher. Dies k¨onnte auf die gr¨oßeren ne-gativen Temperaturgradienten zur¨uckzuf¨uhren sein, die in diesen Berechnungen genutzt wurden. Auch in dieser Untersuchung w¨urden gr¨oßere Temperaturgradi-enten als der hier genutzte zu gr¨oßeren W¨armesummenkoeffizienten f¨uhren. Dies erscheint auch logisch, da bei gr¨oßeren Temperaturgradienten von im Schnitt nied-rigeren Temperaturen in den oberen Bereichen der Eiskappe ausgegangen werden muss. Diese k¨onnen dann wiederum nur durch gr¨oßere Schmelzfaktoren zu den beobachteten Ablationsmengen f¨uhren. Wie in Kap. 6.6 noch n¨aher dargestellt wird, l¨asst sich mit gr¨oßeren Temperaturgradienten das gemessene Massenbilanz-profil jedoch nicht mehr zufriedenstellend nachbilden. Dagegen liefert ein Modell unter Nutzung eines (unteren)5 Temperaturgradienten von dT=−0,35C/100m zusammen mit einer Kombination vonki=5,8 mm/dC und ks=4,0 mm/dC eine sehr gute ¨Ubereinstimmung zwischen Messung und Simulation (Abb. 6.9). Aus diesem Grund erscheint die hier ermittelte Kombination in Verbindung mit dem in Kap. 6.4.2 bestimmten Temperaturgradienten plausibel, was zus¨atzlich ein wei-teres Indiz daf¨ur ist, dass im Untersuchungsgebiet auf der Eiskappe zumindest im Sommer kleinere Temperaturgradienten herrschen m¨ussen als die h¨aufig an-genommenen von −0,6 bis −0,7C/100m.

Damit k¨onnen die im Modell genutzten Parameter wie in Tab. 6.8 angegeben dargestellt werden.

5Der Betrag des oberen Temepraturgradienten hat nur minimalen Einfluss auf das Ergebnis (vgl. Kap. 6.6).

6.5 Ermittlung der W¨armesummenkoeffizienten 109

Abbildung 6.9: Vergleich zwischen Messung und Simulation des Massenbilanzprofils der Devon-Eiskappe.

Tabelle 6.8:Im Massenbilanzmodell genutzte Modellparameter. Zusammengestellt auf Basis der in Kap. 6 aufgef¨uhrten Erl¨auterungen.

Parameter Gr¨oße

Temperaturgradient (K/100 m)

0–1300 m −0,35

1300–1900 m −0,51

armesummenkoeffizient f¨ur Eis (mm d−1C−1) 5,8 armesummenkoeffizient f¨ur Schnee (mm d−1C−1) 4,0 Niederschlag in mm

NW-Sektor 50–228

SO-Sektor 228–400

Refreezing-Faktor 0,60 (= 60%)

110 6. Modellparameter

6.6 Einfluss der einzelnen Parameter auf das