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Abkürzungsverzeichnis

2 Allgemeine Grundlagen

2.2 Schwer- und Halbmetallanalytik im Umweltbereich

2.2.4 Spurenanalytik von Schwer- und Halbmetallen

2.2.4.1 TRFA oder TXRF

Die Totalreflexions-Röntgenfluoreszenzanalyse (TRFA) bzw. Totalreflexion X-Ray Fluorescence Analysis (TXRF) ist eine spezielle Form der Röntgenfluoreszenzanalytik (RFA bzw. XRF). Sie besitzt gegenüber der RFA ein stark erhöhtes Nachweisvermögen und kommt mit wesentlich weniger Probensubstanz aus [130].

2.2.4.1.1 Aufbau und Analysenprinzip der TRFA

Die TRFA ist als energiedispersive Röntgenfluoreszenzanalyse eine zerstörungsfreie Multielementanalyse. Die Proben werden auf einem Probenträger als dünner amorpher Film präpariert und können im Prinzip mehrfach vermessen werden.

Basis der Röntgenfluoreszenzanalyse ist die Anregung von Atomen einer Probe durch primäre Röntgenstrahlung und die dadurch induzierte Emission von sekundärer Röntgenstrahlung, die für die einzelnen Atome bzw. Elemente der Probe charakteristisch ist [131].

Das anregende Röntgenquant trifft dabei auf ein kernnahes Elektron. Ist die Energie des Röntgenquants größer als die Bindungsenergie dieses Elektrons, wird das Atom tiefenionisiert. Die erzeugte Leerstelle wird jedoch nach sehr kurzer Zeit durch ein Elektron aus einem der höheren Zustände des Atoms aufgefüllt, wobei die Energiedifferenz entweder durch Emission eines Auger-Elektrons oder als charakteristisches Röntgenquant freigesetzt wird [132]. Im letzteren Fall entsteht ein Linienspektrum, wobei die entstehenden Spektrallinien als K-, L- oder M-Linien bezeichnet werden, je nachdem, ob sich die aufgefüllte Lücke in der K-, L- oder M-Schale der Atomhülle befindet. Weitere Unterscheidungen sind hier: Kα, Kβ, Kγ, …, wobei α die stärkste Linie der jeweiligen Schale angibt. Aufgrund der Aufspaltung der Energieniveaus ab der L-Schale ergibt sich außerdem eine Feinstruktur, die mit Zahlen (1, 2, …) als Indices gekennzeichnet wird. Je größer der Energieunterschied der betroffenen Schalen bei einem Übergang ist, desto geringer wird die Intensität der verschiedenen Linien, da die Übergänge aus nahen Schalen bevorzugt sind [133], [134].

Die Energie der einzelnen Linien ist nach dem Moseley´schen Gesetz von der Ordnungszahl Z abhängig, da die Bindungsenergie der inneren Elektronen mit der Kernladung zunimmt [131], [133].

(

2 22

)

1

2 1 1

~Z n n

E

h⋅ν =∆ ⋅ − Gleichung 1

Mit: h = Plancksches Wirkungsquantum, ν = Frequenz der emittierten Röntgenstrahlung,

∆E = Energiedifferenz zwischen angeregtem Zustand und Grundzustand, Z = Ordnungszahl des Elements, n = Hauptquantenzahl, mit n2 > n1

Das Moseley`sche Gesetz ist ein empirisches Gesetz, das von H. G. J. Moseley 1913 aufgestellt wurde und auf der Vorstellung des Bohrschen Atommodells beruht. Es konnte jedoch über gewisse Näherungen später quantenmechanisch gerechtfertigt werden [134], [135].

Bei der TRFA wird der Röntgenstrahl unter einem sehr kleinen Winkel auf den hochpolierten Probenträger (meist Quarz) gelenkt und dort totalreflektiert. Der Primärstrahl dringt kaum in den Probenträger ein, so dass dieser nur geringfügig angeregt wird. Dadurch wird der Primärstrahl hinsichtlich der Rayleigh- und der Compton-Streuung nur wenig gestreut und es resultiert ein sehr niedriger spektraler Untergrund. Die als dünner amorpher Film

aufgetragene Probe hingegen wird durch den einfallenden Primärstahl und den reflektierten Stahl angeregt, so dass die Fluoreszenz- oder Linienintensität verdoppelt wird. Beide Effekte zusammen ergeben ein stark verbessertes Signal/Untergrundverhältnis und damit sehr niedrige Nachweisgrenzen (weniger als 10 pg absolut im Fall von Einzelelement-bestimmungen) [136].

Mit der TRFA können prinzipiell jedoch nur Elemente mit der Masse Z größer 9 bis 15 (je nach Art des Anodenmaterials und Wahl der Filter) untersucht werden. Dies liegt an der Tatsache, dass bei leichten Elementen in erster Linie der Auger-Effekt [134] zum Tragen kommt, d.h. leichte Elemente emittieren beim Übergang von Elektronen aus der kernferneren Region in das durch Tiefenionisation entstandene Loch vor allem Auger-Elektronen, was die Röntgenquantausbeute erheblich reduziert.

Der Brennfleck des Primärstahls weist in der Regel einen Strichfokus von wenigen 10 µm Höhe und fast 10 mm Breite auf. Er wird durch eine Röntgenröhre (Feinfokusröhre) erzeugt, in der üblicherweise Wolfram und/oder Molybdän als Anodenmaterial verwendet werden.

Durch inelastische Rutherford-Streuung entsteht neben dem für Mo bzw. W typischen Linienspektrum auch ein kontinuierliches Bremsspektrum, da die in der Röhre beschleunigten Elektronen beim Eintritt in das Anodenmaterial im Coulomb-Feld der Atomkerne schrittweise abgebremst werden [131].

Der Glanz- oder Grenzwinkel für Totalreflexion hängt von der Energie der Röntgenstrahlung ab [135] und beträgt für Photonen mit Energien bis zu 60 keV 1 bis 2 Bogenminuten. Da diese Winkel schwer zu realisieren sind, filtert man mit Metallfilterfolien oder besser mit Reflektoren (Tiefpassfiltern) die hohen Röntgenenergien heraus und arbeitet so mit Glanzwinkeln von 4-10 Bogenminuten. Die Strahlung wird am Tiefpassfilter totalreflektiert, sofern die Photonenenergie kleiner ist, als es dem jeweiligen Grenzwinkel entspricht; höher energetische Strahlung dringt in das Reflektormaterial ein und wird dort absorbiert. Bei Anregung mit einer Mo-Röhre wird das Tiefpassfilter gewöhnlich auf 20 keV eingestellt [131]. Abbildung 8 beschreibt den prinzipiellen Aufbau der TRFA-Apparatur.

1) Anode 2) Referenzebene 3) Blenden 4) Primärstrahl 5) Reflektierter Strahl

Abbildung 8: Prinzip der Fluoreszenzanregung unter Totalreflexion des Primärstrahls

Der Detektor der TRFA besteht meist aus einem Si(Li)-Kristall, der - wie auch der nachgeschaltete Feldeffekt-Transistor (FET) - ständig mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden muss, um den Zustand der Lithiumbesetzung einzufrieren bzw. das thermische Rauschen des FET zu reduzieren. Für hohe Photonenenergien kann auch ein HP-Ge-Detektor (High Purity Germanium) verwendet werden.

Der Detektor hat je nach Gerät eine aktive Fläche etwa 8 mm Durchmesser. Er steht sehr dicht über der Probe (ca. 1 mm Abstand), um Strahlung in einem möglichst großen Raumwinkel zu erfassen und senkrecht zur der Probe (Abnahmewinkel von 90°), damit unerwünschte Streureflexion minimiert wird.

2.2.4.1.2 Vor- und Nachteile sowie Grenzen der TRFA

Ein Vorteil der TRFA ergibt sich aus der Matrixunabhängigkeit der Kalibrierung. Da die relative Fluoreszenzausbeute vom jeweiligen Nachweiselement, nicht aber von der Matrixart der Probe abhängt, ist auch die relative Empfindlichkeit der TRFA in Bezug auf einzelne Elemente matrixunabhängig [133] (siehe Abbildung 9).

α α

Abbildung 9: Relative Fluoreszenzintensität als Funktion der Ordnungszahl [137]

Zur Quantifizierung verschiedener Elemente müssen daher lediglich bei der erstmaligen Installation einer TRFA Profilspektren aufgenommen werden, um durch die Aufnahme einer gerätespezifischen Funktion eine einmalige Anpassung vorzunehmen. Danach sind nur noch die Efficiency-Faktoren zu bestimmen bzw. regelmäßig zu überprüfen, die das Verhältnis der

Fluoreszenz-Ausbeuten relativ zu einem Bezugselement festlegen. Ist dieses geschehen, lassen sich durch die Verwendung eines Einelement-Standards sämtliche weiteren Elemente quantifizieren. Die Faktoren dürfen sich im Laufe vieler Messungen nicht ändern. Ist dies doch der Fall, so kann die Lebensdauer der TRFA-Röntgen-Röhre erschöpft sein.

Weitere Vorteile der TRFA sind vor allem in der zerstörungsfreien Probenmessung bei gleichzeitig sehr geringer erforderlicher Probensubstanzmenge zu sehen.

Nachteile entstehen dadurch, dass die Probenvorbereitung durch die Forderung nach dem dünnen amorphen Probenfilm relativ aufwendig ist. Dadurch erhöht sich die Gefahr der Probenkontamination. Außerdem ist die benötigte Messzeit für jede Probe sehr hoch. Dies gilt insbesondere für gering belastete Proben. Weitere Einflüsse, die zur Einschränkung der TRFA-Nutzung führen sind:

Hohe Konzentrationen an Matrixelementen (z.B. Natrium, Kalium und Calcium)

Die oben beschriebenen Vorteile gelten nicht mehr, wenn der amorphe Film kristalline Anteile beinhaltet, wie sie z.B. bei sehr salzhaltigen Proben entstehen können. Hierdurch kommt es zu Veränderungen der relativen Fluoreszenzintensitäten. Letztendlich wird somit ein systematischer Fehler etabliert. Bei weniger stark matrixbelasteten Proben wird die Totzeit erhöht, was zur Verringerung der Impulsrate, zur Ausdehnung der Messzeit und im Weiteren durch Reduktion des Signal/Untergrundverhältnisses zu einer Verschlechterung der Nachweisgrenze führt. Bei dieser Art der Proben muss entweder stark verdünnt werden oder es muss die Matrix abgetrennt werden. Ersteres führt zur Verringerung der Absolutmenge der Schwermetalle und damit zu einer Verschlechterung der Nachweisgrenzen, Letzteres birgt die Gefahr der Kontamination der Proben oder der Verschleppung von Probensubstanz.

Linienüberlagerungen von Analytelementen

Sie treten in erster Linie bei schwereren Elementen auf. So liegt die Lα1-Linie von Blei (10,55 keV) im Bereich der sehr viel intensiveren Kα1-Linie des Arsens (10,54 keV) [138]. Dies kann bei hohen Arsenbelastungen und niedrigen Bleikonzentrationen (oder umgekehrt) zu Unsicherheiten in der Auswertung führen.

Bei Verwendung der Si(Li)-Detektoren kann es darüber hinaus zu Störungen durch Escape- bzw. Summen-Peaks kommen, was bei der qualitativen Analyse zu berücksichtigen ist [131].

Escape-Peaks entstehen, wenn Photonen eines Elements in den Detektor eintreten und den Siliciumdetektor zu der für ihn charakteristischen Strahlung anregen. Summen-Peaks entstehen, wenn zwei Photonen annähernd gleichzeitig eintreffen, so dass der Detektor nur ein Photon registriert, dieses aber mit der Summe der Energien der Einzelphotonen.

Beim energiedispersiven Spektrometer können Si(Li)-Detektoren zwar im Allgemeinen die Kα-Peaks der verschiedenen Elemente voneinander trennen, nicht aber das einzelne

Kα-Dublett auflösen. Daher wird für quantitative Angaben [131] die Netto-Intensität der einzelnen Spektrallinien bestimmt. Sie ist bei dünnen Schichten dem Gehalt eines Analysenelements direkt proportional, d.h. es besteht ein linearer Zusammenhang. Vergleicht man die Netto-Intensität des Analysenelementes mit der eines zur Probe hinzugegeben Standards (Co, Ga, Ge oder Se, die jeweils in der Probe nicht vorkommen dürfen) und kennt man die relative Empfindlichkeit (Fluoreszenzausbeute) des Analysenelementes in Bezug auf ein bestimmtes Element (häufig Eisen), so lässt sich - über den jeweiligen Efficiency factor - die Konzentration des Analysenelements berechnen.