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Training und Engagement der Pferde im Wettkampfsport und in der

4. Spezielle ethische Fragestellungen

4.3 Nutzung von Pferden im Wettkampf

4.3.1 Training und Engagement der Pferde im Wettkampfsport und in der

Beschreibung Ist-Zustand, Tendenzen, Belastungen und Risiken

Die Definition des Begriffes „Sport“ ist extrem variabel. Sport kann unter anderem defi-niert werden als eine Einheit von Übungen, meistens körperlicher Art, die spielerisch einzeln oder in der Gruppe praktiziert werden und auch in Form von Wettkämpfen statt-finden können. Bei der Verwendung des Pferdes kann man unterscheiden einerseits

28 Das traurige Los vieler Western-Sportpferde, News, FEI World Reining Finals, Malmö (SWE) 2011, www.westerner.ch [am 30.05.2011]

zwischen „produktiv“ zum Zwecke der Arbeit (zum Beispiel das Ziehen in der Landwirt-schaft oder der ForstwirtLandwirt-schaft) und andererseits zu „sportlichen“ Zwecken, das heisst mit dem Ziel körperlicher und geistiger Aktivität des Reiters/Fahrers entweder im Wett-bewerb oder in der Freizeit. Die grosse Mehrheit der Pferde wird aktuell zu sportlichen Zwecken im weitesten Sinne gebraucht. Das Reiten und das Fahren sind schon immer als Freizeitbeschäftigungen praktiziert worden, das heisst ohne Wettkampfziel, mit dem einzigen Zweck der Entwicklung oder Erhaltung der körperlichen Kondition des Men-schen, der Entspannung oder um die reiterliche Technik zu verbessern, ohne die Resul-tate mit anderen Reitern/Fahrern zu messen. In den letzten Jahrzehnten hat der Freizeit-reitsport extrem an Wichtigkeit zugenommen. Darüber hinaus praktizieren viele Sportler, die an Reitsportwettbewerben teilnehmen, das Reiten auch freizeitmässig (ein Hobby-springreiter geht gleich oft im Wald ausreiten mit seinem Pferd und limitiert seine Reit-praxis nicht auf die Wettkämpfe und das Training dafür).

Die sportliche Nutzung des Pferdes (Freizeit und Wettkampf) ist also momentan die Hauptmotivation ein Pferd zu halten. Sie hat den direkten wirtschaftlichen Gebrauch (Motorkraft) abgelöst. Pferdehaltung mit dem Zweck der sportlichen Nutzung ist immer noch weit bedeutender als die reine Haltung des Pferdes als Heimtier, auch wenn letze-rer Beweggrund stark am zunehmen ist.

Man kann sich also die Frage stellen: In welchem Masse kann die sportliche Nutzung des Pferdes (Freizeit- oder Wettkampfsport) dem Wohlbefinden, den spezifischen Be-dürfnissen und der Würde des Pferdes gerecht werden?

Die Nutzung des Pferdes im Sport beherbergt immer das Risiko der übermässigen In-strumentalisierung, der Vernachlässigung der Bedürfnisse der Spezies (Limitierung der freien Bewegung, des Sozialkontaktes, des Fluchtinstinktes etc.). Darüber hinaus birgt diese Nutzung auch körperliche Risiken für das Pferd, entweder einfach durch das Tra-gen des Reiters oder das Ziehen einer Kutsche, oder durch die dazu verwendete Aus-rüstung (zum Beispiel schlecht passendes Geschirr), oder durch die direkte Einwirkung des Reiters/Fahrers (schlechte Reittechnik, Verwendung ungeeigneter oder Schmerz verursachender Hilfsmittel) oder durch die Natur der Aktivität an sich (unebenes Terrain, gefährliche Hindernisse, Überforderung).

Ordnungspolitischer Kontext

Der wettkampfmässige Pferdesport (Concours, Rennen, etc.) ist durch verschiedene Reglemente der Sportverbände reglementiert. Zusätzlich zu den an Wettkämpfen gel-tenden Vorschriften sehen diese hauptsächlich Massnahmen vor, um den Respekt des Pferdes zu gewährleisten und/oder Übergriffe auf sie zu verhindern. Die FEI hat einen

"Code of Conduct" (FEI, 2011) erstellt, welcher die Richtlinien ihrer Politik in diesem Be-reich definiert. Einige Reglemente der FEI-Disziplinen erwähnen oder ergänzen diese Punkte (Mindestalter um am Wettkampf teilzunehmen, Verbot von gewissen Methoden oder Ausrüstungen, Inspektionen der Pferde, Vorschriften betreffend die Unterbringung der Pferde während des Wettkampfes, etc.). Nationale Verbände, die der FEI ange-schlossen sind, sind aufgefordert, diese Vorschriften aufzunehmen. Sie können ausser-dem andere Punkte hinzufügen. Zum Beispiel schreibt der SVPS eine Einschränkung der Anzahl Starts pro Wettkampf auf 2 pro Tag respektive 3 pro 2 Tage vor (SVPS, 2011). Die Reglemente schreiben fast alle vor, Doping zu bekämpfen. Allerdings existiert zur Zeit keine Harmonisierung zwischen den verschiedenen Verbänden, weder in die-sem noch in vielen anderen Bereichen in Sachen Respekt bezüglich Wohlergehen und Würde des Pferdes.

Rechtlich definiert die TSchV die Nutzung des Pferdes (Art. 2 Abs. 3 Bst. o), aber nicht die genauen Bedingungen, wie dies getan werden kann. Andererseits definiert sie, dass ein « Jungpferd » ein abgesetztes Fohlen ist, welches noch nicht das Alter erreicht hat, um regelmässig genutzt zu werden, aber längstens bis zum Alter von 30 Monaten, ohne ein Mindestalter zu definieren für eine « regelmässige Nutzung » (Art. 2 Abs. 3 Bst. q).

Was die Verbote angeht, sieht das Schweizer Recht sowohl ein Verbot für Doping im

ei-gentlichen Sinne (Art. 16 Abs. 2 Bst. g und h TSchV) als auch eines für den Wettkampfeinsatz von neurektomierten Pferden oder solchen mit an den Glied-massen überempfindlich gemachter Haut (Art. 21 Bst. d TSchV) vor. Anzumerken ist, dass in der aktuellen Formulierung die Neurektomie als solche und das Überempfindlichmachen ausserhalb der Wettkämpfe nicht verboten sind! Schliess-lich, unter den Buchstaben c und f im gleichen Artikel sind Techniken beschrie-ben, die sowohl im Wettkampf wie aus-serhalb verboten sind (Art. 21 Bst. c TSchV: Gebrauch von elektrischen Hilfs-mitteln und Art. 21 Bst. f: das Anbinden der Zunge).

Interesse für die Parteien und Kon-fliktfelder zwischen den verteidig-ten Werverteidig-ten

Die Nutzung des Pferdes muss die ge-wünschten Ziele erreichen (Freizeit oder Wettkampfsport), ohne das Wohlbefinden und die Würde des Pferdes übermässig einzuschränken.

Alle Nutzer von Pferden für den Sport im Allgemeinen (Freizeitreiter, Wettkampfrei-ter, Fahrer, Voltigierer), aber auch alle Personen, die Pferde zur Verfügung

stel-len, kostenlos oder gegen Bezahlung (Reitlehrer, Pferdevermieter, Besitzer, etc.) haben Interesse.

Der Halter eines Pferdes, ob Nutzer oder nicht, investiert Geld in den Erwerb und Unter-halt seines Pferdes. Er fühlt sich daher berechtigt, sei es als Freizeitreiter oder im Wett-kampfsport, in der einen oder andern Weise von ihm zu profitieren. Für den Freizeitreiter steht dabei die Beziehung zu seinem Pferd (Gehorsam, Gemeinsamkeit, Zufriedenheit in Form von Entspannung oder physischer Aktivität) im Vordergrund. Für den Wettkampf-reiter ist der Kampfgeist anzufügen, der ihn dazu treibt, sich zu übertreffen und der auch vom Pferd verlangt, sich zu übertreffen. Ein finanzielles Interesse am Wettbewerb kann diesen Wunsch ebenfalls anregen, was auf Kosten des Wohlbefindens oder der Würde des Pferdes gehen kann, in dem es auf die Stufe eines Sportgerätes degradiert wird.

Alternativen, die das gleiche Ziel erreichen, aber mit geringerer Belastung Im Freizeitsport gibt es keine reellen Alternativen, aber die Ausbildung der Nutzer hilft, Verhaltensweisen zu verhindern, die zum Nachteil des Pferdes sind. Auf Wettkampfni-veau können, neben einer besseren Ausbildung, Reglementsmassnahmen vorgenom-men werden (siehe unten).

Verbesserung der rechtlichen Grundlagen.

Resultat der Güterabwägung und Rechtfertigung der Belastung

Das Prinzip der sportlichen Nutzung (Freizeit oder Wettkampf) ist zulässig in dem Mas-se, wo es wichtige physische und psychische Vorteile hat für den Sportler und unter der Bedingung, dass diese Nutzung die Würde des Pferdes und sein Wohlergehen nicht

beAbb. 30: Verbotene Handlung : Mittels Flaschende -kel überempfindlich gemachte Haut (Quelle : Privat-sammlung)

einträchtigt, weder in akuter noch chronischer Weise. Die Nutzung von Pferden unter gu-ten Bedingungen ist auch für diese selbst vorteilhaft (Befriedigung des Bewegungsbe-dürfnisses, Erhaltung der körperlichen Fitness, geistige Bereicherung). Als Folge der Domestikation ist die Nutzung auch profitbringend für das Pferd betreffend Fütterung, Pflege und Schutz.

Empfehlungen für die Implementierung

• Auf rechtlichem Niveau: Verbesserung der Definition der Rahmenbedingungen der Nutzung (das Gesetz ist sehr genau betreffend die Haltung, aber nur sehr vage in Bezug auf die Nutzung).

• Verbesserung der Ausbildung aller Nutzer (Freizeit- und Wettkampfreiter); die Kenntnisse der Basis des Brevet SVPS müssen mehr und besser verbreitet werden (Verantwortung der Reitlehrer). Die Frage der Qualifizierung der Reitlehrer sollte ge-prüft werden.

• Auf Wettkampfniveau versuchen, eine Harmonisierung der Verbände zu erreichen, im Speziellen im Bereich Doping. Die aktuell geltenden Regeln vollziehen und die Verstösse stärker bestrafen. Die Problematik der Verwendung von jungen Pferden muss untersucht werden (in welchem Alter kann man von einem Pferd erwarten, dass es physisch und mental bereit ist, eine Prüfung auf entsprechendem Niveau zu bestreiten?). Klarere Einschränkungen anstreben (vor allem auf internationalem Ni-veau) betreffend der Anzahl Starts am Wettkampf, um das Risiko eines übermässi-gen Einsatzes aus finanziellen Gründen zu limitieren.

• Die finanziellen Aspekte von Wettkämpfen (Dotierung) sollten, unter Berücksichti-gung der hohen Kosten, die für die Sportler vor allem auf hohem Niveau entstehen, einer kritischen Reflexion unterzogen werden. Der Wettkampf, ist das ein Ideal oder ein Beruf?

Themenbezogene Literatur

FEI Fédération équestre internationale ([s.d.]), Code of conduct for the welfare of the Horse, Lausanne, http://www.feicleansport.org [am 22.02.2011].

SVPS Schweizerischer Verband für Pferdesport (2011), Generalreglement, Ausgabe 2007, Stand 15.06.2011, Berne, http://www.fnch.ch [am 15.06.2011].

SVPS Schweizerischer Verband für Pferdesport (2011), Reglemente der Disziplinen, Stand 15.06.2011, Berne, http://www.fnch.ch [am 15.06.2011].

4.3.2 Training und Engagement von Pferden im Spitzensport