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Tierseuchenrechtliche Maßnahmen .1 Allgemeines

§ 1 Kommentar – LBKG

3. Spezielle Rechtsvorschriften zur Gefahrenabwehr gehen dem LBKG vor 1 Allgemeines

3.3 Tierseuchenrechtliche Maßnahmen .1 Allgemeines

Auch Tierseuchen, wie z. B. Maul- und Klauenseuche, Klassische Schweinepest, Afrikani-sche Schweinepest, Geflügelpest, sind nur im Zusammenwirken aller beteiligten Behörden und Stellen zu bewältigen. Der Begriff Tierseuche ist durch das Tiergesundheitsgesetz juristisch definiert.

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§ 1 Kommentar – LBKG

Die staatliche Tierseuchenbekämpfung greift grundsätzlich dann ein, wenn Maßnahmen Einzelner, etwa der betroffenen Landwirte, nicht wirksam sind. Die Ziele der staatlichen Tierseuchenbekämpfung sind:

– Schutz der gehaltenen Tiere vor (gefährlichen) Tierseuchen;

– Schutz der gehaltenen Tiere vor Tierseuchen mit bedeutsamer ökonomischer Relevanz, im Extremfall können die gesamten Nutztierbestände im Land bedroht sein;

– Vermeidung einer Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch Tierseuchen;

– Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der tierischen Erzeugung.

Tierseuchen verursachen enorme wirtschaftliche Schäden, nicht nur beim betroffenen Landwirt, sondern auch durch Sperrmaßnahmen bei den benachbarten Landwirten und in der Folge in der (regionalen) Volkswirtschaft. Tierseuchenrechtliche Maßnahmen richten sich in Deutschland nach dem Tiergesundheitsgesetz und einer Reihe von Verordnungen (z. B. Maul- und Klauenseuche-Verordnung, Schweinepest-Verordnung, Geflügelpestver-ordnung). Die Zuständigkeit für Maßnahmen zum Vollzug des Tierseuchenrechts ergibt sich aus § 1 des rheinland-pfälzischen Landestierseuchengesetzes (LTierSG), in dem auch den Gemeinden eigene Aufgaben zugewiesen werden. Sie werden also bei der Tierseu-chenbekämpfung aufgrund eigener Zuständigkeit tätig und leisten nicht den Veterinärbe-hörden Amtshilfe.

Aus diesen Vorschriften lassen sich folgende Zuständigkeiten ableiten:

– Fachlich zuständig ist der Amtstierarzt der Kreisverwaltung. Er stellt den Ausbruch einer Tierseuche fest.

– Verwaltungsmäßig ordnet die Kreisverwaltung (Veterinäramt) die Maßnahmen an und überwacht die Umsetzung.

– Die (Verbands-) Gemeinden haben auf eigene Kosten bei der Tierseuchenbekämpfung mitzuwirken. Insoweit leisten sie der Kreis-Veterinärbehörde also keine Amtshilfe, son-dern erfüllen eigene Aufgaben

– bei der Durchführung von Sperrmaßnahmen, – im Rahmen von ortsüblichen Verkündungen, – bei der Überwachung von Maßregeln,

– beim Gestellen von Hilfskräften im Rahmen der Durchführung von angeordneten Tötungen, Impfungen, der unschädlichen Beseitigung von Tieren (dies kann auch die Suche nach Tierkadavern bei Außenhaltungen oder nach Wildtieren umfassen) oder zur Durchführung angeordneter Maßnahmen diagnostischer Art, sofern dies unter Berücksichtigung der konkreten Seuchensituation sowie der Art und des Umfangs der angeordneten Maßnahmen erforderlich ist.

Zu den gemeindlichen Unterstützungsleistungen im Rahmen eigener Zuständigkeiten nach dem Tierseuchengesetz können insbesondere zählen:

– Absperrungen, Information der Bevölkerung, Mithilfe bei Verkündungen nach Bekanntwerden des Sperrbestands/Verdachtssperrbezirks und andere Maßnahmen;

– Reinigung und Desinfektionsmaßnahmen der Fahrzeuge, die den Seuchenhof verlas-sen;

– Reinigung und Desinfektionsmaßnahmen der Geräte und Personen auf dem Seuchen-hof;

– Mithilfe (eingeschränkt) bei der Bestandstötung durch Stellen von Hilfspersonal (Zu-und Abtreiben von Vieh), nur auf freiwilliger Basis;

– Mithilfe beim Einsammeln toter Tiere (z. B. bei der Vogelgrippe);

– Mithilfe bei der unschädlichen Beseitigung von Tierkadavern; dies umfasst auch die Mithilfe beim Auffinden von Tierkadavern bei Außenhaltungen und von Wildtieren.

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LBKG – Kommentar § 1

Rheinland-Pfalz Februar 2019 – Eisinger/Gräff –

Die Gemeinde entscheidet, welche Kräfte sie für die von ihr zu erbringenden Unterstüt-zungseinrichtungen einsetzt. Sie kann dabei auf alle Einrichtungen der Gemeinde zurück-greifen (z. B. Gemeindeverwaltung, Bauhof, Feuerwehr).

Bei Tierseuchen kann es Einsatzbeschränkungen geben. So darf auf Einsatzkräfte, die aus viehhaltenden Betrieben (Klauentiere, Geflügel) kommen, nicht zurückgegriffen werden, weil sie die Tierseuche weitertragen könnten. Ob sie dennoch z. B. in Stabsarbeiten einge-bunden werden können, ist im Einzelfall zu entscheiden.

Welche Kräfte der Feuerwehr aufgrund von Arbeit, Schichtbetrieb etc. eingesetzt werden können, entscheidet der jeweilige Verbandsbürgermeister mit seinem Wehrleiter. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass ehrenamtliche Feuerwehrangehörige in eine Berufstä-tigkeit eingebunden sind, der sie vorrangig nachzukommen haben.

3.3.2 Stabsarbeit, Krisenzentrum

Auch bei der Einrichtung eines Krisenstabs für die Tierseuchenbekämpfung kann auf die bewährten Strukturen des Katastrophenschutzes zurückgegriffen werden. Aufgrund der Mitwirkung zahlreicher Behörden bei der Gemeinschaftsaufgabe der Tierseuchenbe-kämpfung muss beispielsweise die Medienarbeit geregelt werden. Medienarbeit wird zen-tral von der zuständigen Gruppe des fachlichen Krisenzentrums bzw. vom S 5 des Krisen-stabs gesteuert.

In Krisenzeiten, d. h. beim Ausbruch hochkontagiöser Tierseuchen wie z. B. Maul- und Klauenseuche, Klassische Schweinepest, Afrikanische Schweinepest oder Aviäre Influen-za, steigen die Anzahl und der Umfang der Aufgaben rasant an. Zahlreiche zusätzliche Aufgaben müssen bewältigt sowie viele Stellen und Akteure einbezogen werden, um die Gefahrenabwehr, in diesem Fall die Tierseuchenbekämpfung, zu gewährleisten. Die Gesamtverantwortung verlagert sich hierbei vom Leiter des Fachbereichs Veterinärwesen hin zu dem politisch Gesamtverantwortlichen der Behörde (z. B. Landrat, Oberbürgermeis-ter).

Bei einem Tierseuchengeschehen müssen folgende Aufgaben zeitnah und vollumfänglich erledigt werden:

– Veterinärverwaltungsaufgaben (wie z. B. Verfügungen, Anordnungen etc.),

– veterinärfachliche (tierärztliche) Aufgaben (z. B. klinische Untersuchung, Probenahme, epidemiologische Ermittlungen, Impfung etc.),

– allgemeine Verwaltungsaufgaben (z. B. Pflegen von Listen, Telefondienst, Zustellung von Schriftstücken etc.),

– technische Aufgaben (Hilfsorganisationen),

– Kommunikation und Koordination aller Maßnahmen innerhalb und zwischen den ver-schiedenen Verwaltungsebenen,

– Aufgabenmanagement und Führung der Kräfte, – Pressearbeit.

Dies kann nicht allein vom Amtstierarzt bewältigt werden. Dieser ist in der Regel weder für das Management aller Aufgaben noch für die Führung von Hunderten von Kräften ausge-bildet bzw. dafür ausreichend geschult.

Zu seiner Entlastung müssen so schnell wie möglich organisatorische Maßnahmen ergrif-fen werden:

– die Verlagerung der Gesamtverantwortung aus der Veterinärabteilung auf den gesam-ten Verwaltungsapparat einer Kreisverwaltung; dies ist notwendig, um sowohl die Auf-gabenfülle zu bewältigen als auch die Durchhalte- bzw. Schichtfähigkeit der entspre-chenden Fachleute zu gewährleisten;

– eine klare Organisation der Zuständigkeiten;

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§ 1 Kommentar – LBKG

– eine qualifikationsscharfe Aufgabenzuweisung;

– klare Kommunikationswege zwischen den beteiligten Akteuren;

– eine zielgerichtete Führung.

Den betroffenen Behörden (Kreis- und Gemeindeverwaltungen) wird empfohlen, nicht erst auf den Ausbruch einer Tierseuche zu warten, sondern bereits im Vorfeld eine einheitliche und mit anderen Landkreisen abgestimmte einheitliche Struktur für die Bekämpfung hochkontagiöser Tierseuchen aufzubauen. Dabei ist es ratsam, das Veterinärwesen in die bestehenden Katastrophenschutzstrukturen nach der Dienstvorschrift DV 100 zu integrie-ren. Die veterinärfachliche Verantwortung bleibt weiterhin bestehen. Diese von dem für das Veterinärwesen zuständigen Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten (MUEEF) empfohlene Struktur wird auch immer wieder geübt, wobei das MUEEF eng mit dem Ministerium des Innern und für Sport und der Feuerwehr- und Katastrophenschutz-schule Rheinland-Pfalz zusammenarbeitet.

Ein lokales Krisenzentrum kann auch kreisübergreifend in einem Tierseuchenverbund aufgestellt werden. Im Wissen um die Verantwortung, im Krisenfall unverzüglich und im erheblichen Umfang personelle, sachliche und logistische Ressourcen aktivieren zu müs-sen, welche einzelne Gebietskörperschaften auf Dauer nicht sicherstellen können, haben sich die rheinland-pfälzischen Landkreise zu Tierseuchenverbünden (jeweils vier Land-kreise) zusammengeschlossen und kommunale Vereinbarungen

– zur Errichtung und Betrieb eines gemeinsamen lokalen Krisenzentrums, – zu einer kreisübergreifenden Rufbereitschaft in Zeiten erhöhter Seuchengefahr, – zur gegenseitigen Unterstützung und

– vorbehaltlich eventueller Ansprüche der Gebietskörperschaften gegen Dritte zur Ver-teilung der durch Errichtung und Betrieb entstehenden Kosten

abgeschlossen.

Im Fall des amtlichen Verdachts bzw. der amtlichen Feststellung des Ausbruchs einer hochinfektiösen anzeigepflichtigen Tierseuche (z. B. Maul- und Klauenseuche, Geflügel-pest, Klassische und Afrikanische Schweinepest), welche

– unter Anwendung des vorbereiteten Maßnahmenkatalogs zu bekämpfen ist,

– nicht mit eigenen Kräften des Landkreises bzw. der Stadt, in welchem/welcher der Seuchenausbruch bzw. -verdacht festgestellt worden ist, bekämpft werden kann oder – mehrere Landkreise/Städte des Verbunds berührt,

berufen die Vertragspartner durch die Leitung der jeweils betroffenen Gebietskörper-schaft das gemeinsame lokale Krisenzentrum ein und gewähren sich darüber hinaus gegenseitige Unterstützung im erforderlichen Umfang. Beim Tierseuchenverbund West-pfalz ist dieses Krisenzentrum beispielsweise beim Führungs- und Lagezentrum der Berufsfeuerwehr Kaiserslautern angesiedelt.

Die Maßnahmen der Kreisverwaltungen werden durch die Landesbehörden (Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten – MUEEF – und Landesuntersuchungsamt – LUA –) koordiniert. Diese Behörden haben die Fachaufsicht über die Kreisverwaltungen und setzen zudem das notwendige Vorgehen im Seuchenfall durch Erlasse oder Verord-nungen rechtlich um. Das MUEEF und das LUA halten für die Bekämpfung hochkontagiö-ser Tierseuchen, das Landestierseuchenkrisenkoordinationszentrum (LaTiKK) mit Sitz im MUEEF vor. Dadurch entsteht ein zweistufiger Verwaltungsaufbau:

– lokale Krisenzentren der Verbünde (bzw. der Landkreise), – Landestierseuchenkrisenkoordinationszentrum des Landes.

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LBKG – Kommentar § 1

Rheinland-Pfalz Februar 2019 – Eisinger/Gräff –

3.3.3 Neue Bedrohung durch die Afrikanische Schweinepest (ASP)

Die Afrikanische Schweinepest breitet sich seit 2014 in den Baltischen Staaten und Polen aus. Sie ist zudem in Russland, Weißrussland sowie der Ukraine existent. In den letzten Monaten hat die ASP zum einen innerhalb Polens aus den Restriktionszonen im Osten des Landes in die Region um Warschau und zum anderen einen mehrere 100 Kilometer großen Sprung nach Tschechien gemacht. Nun befürchten die deutschen Behörden auf Bundes-und Landesebene, dass ein ähnlicher Sprung wieder auftreten Bundes-und die Afrikanische Schweinepest nach Deutschland eingeschleppt werden könnte. Die Gefahr ist durch die vielfältigen Kontaktmöglichkeiten sehr groß (z. B. Transitverkehr aus den betroffenen Staaten, Saisonarbeitskräfte).

Der Jägerschaft kommt eine besondere Rolle bei der Früherkennung zu. Sofern die ASP nach einer Einschleppung in den Wildschweinebestand früh festgestellt wird, stellt dies – nach den aktuellen Erkenntnissen – die einzige Chance dar, die Seuche nochmals im Keim zu ersticken. Gelingt dies nicht – so im Baltikum und Polen –, wird sie sich immer weiter ausbreiten.

Die Früherkennung ist daher das A und O in der Tierseuchenbekämpfung, denn diese verläuft umso erfolgreicher, je schneller, enger und strenger gehandelt wird. Die erforderli-chen Maßnahmen zur Eindämmung der Tierseuche sind vor allem in dem RAEP ASP WS festgelegt. Um eine Verbreitung zu verhindern, wird versucht, die Stelle eines ersten Aus-bruchs der Schweinepest durch geeignete Maßnahmen zu isolieren.

Bei den Maßnahmen handelt es sich um

– das Absperren des Gebiets (nach neueren Aussagen ca. 50 km2) für 7+x Tage;

– ein Betretungs- und Jagdverbot in diesem Areal für 7+x Tage;

– die systematische Suche nach verendetem Wild und dessen Entsorgung, die u. a. mit Unterstützung der Feuerwehren durchgeführt werden sollen. Das THW sowie die Bun-deswehr (eigene Liegenschaften: z. B. Truppenübungsplätze) haben ebenfalls die Bereitschaft zur Unterstützung zugesagt.

Wichtig für die Eingrenzung der Tierseuche ist also die möglichst rasche Fallwildsuche und Bergung in einem eng begrenzten Gebiet. Die erforderlichen Maßnahmen müssen so weit wie möglich schon im Voraus zwischen den Beteiligten abgestimmt werden. Hierzu gehö-ren nach Mitteilung des MUEEF vor allem:

Durchsuchen eines festgelegten Bereichs

Feuerwehr, THW, Bundeswehr, Katastrophenschutzeinheiten des Landkreises (z. B.

Schnelleinsatzgruppen, Führungskomponenten), Beschäftigte der Forstbehörden, Veteri-närämter, Revierinhaber und oder Jäger kommen hierfür in Betracht. Die Einbindung der Letzteren ist nicht nur wegen ihrer Fachkompetenz, sondern auch zum Schutz der einge-setzten und in der Regel unbewaffneten Suchkräfte besonders wichtig. Der Kräfteansatz kann bei bis zu ca. 150 Kräften pro Einsatz und Tag liegen.

Alarmierung und Bildung einer Einsatzleitung für den Abschnitt Wald

Veterinäramt, Jagdbehörde, Kreisjagdmeister, Revierinhaber, KatS-Führung, Forstbehör-de wirken hierbei mit. Die primäre Aufgabe ist das Festlegen Forstbehör-der Vorgehensweise unter Einbindung des Revierinhabers.

Festlegung und Alarmierung der benötigten Einheiten und Fahrzeuge

Benötigt werden vor allem ein Einsatzleitwagen ELW 2 und ein Abrollbehälter-Veterinär-lage (AB-Vet) zu einem festgelegten Einsatzort und Einsatzzeitpunkt.

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§ 1 Kommentar – LBKG

Festlegung der Logistik

Hierzu muss u. a. die Ausstattung der Kräfte mit persönlicher Schutzausrüstung aus dem Landeszentrallager in Koblenz geholt und Verpflegung und Sanitätsversorgung sicherge-stellt werden.

Festlegen von Entsorgungspunkten sowie Dekontaminations-Plätzen (Dekon-Plätzen) Die Dekontaminations-Einheiten müssen mit dem Aufbau von Dekon-Plätzen beauftragt werden, an denen die Fahrzeug- und Schuh-Dekontamination beim Ausschleusen von Personal und Material aus den betroffenen Gebieten durchgeführt werden können, um eine Viren-Verschleppung zu verhindern. VTN-Betriebe (VTN = Verarbeitungsbetrieb Tierischer Nebenprodukte) müssen mit der Aufstellung von Kadavertonnen an festgeleg-ten Plätzen beauftragt werden.

Fachliche und technische Einweisung der Einsatzkräfte Auch hierbei müssen die beteiligten Stellen zusammenwirken.

Durchführung der erforderlichen Maßnahmen

Ist eine Tierseuche erst einmal ausgebrochen, ist ein schnelles und abgestimmtes Verhal-ten erforderlich. Hierfür sind kreisübergreifende Tierseuchenübungen – auch in den jeweiligen Tierseuchenverbünden – gerade wegen der Komplexität der erforderlichen Maßnahmen und der zahlreichen Einsatzkräfte aus den unterschiedlichen Bereichen sehr hilfreich.

3.4 Nachsorgemaßnahmen nach einem Brand oder sonstigen Ereignis mit möglichen