• Keine Ergebnisse gefunden

Thrombozyteninteraktion mit Kollagen

Wird eine Gefäßwand verletzt, so kommen subendotheliale Strukturen in Kontakt mit dem fließenden Blut (KEHREL, 1995). Zu den subendothelialen Strukturen gehören auch die Kollagene, die den Hauptbestandteil des Subendothels der Gefäßwand ausmachen (BAUMGARTNER, 1977). Bis heute wurden 19 verschiedene Kollagentypen beim Menschen charakterisiert, von denen 9 Typen (Typ I, III, IV, VI, VIII, XII XIII und XIV) in der Gefäßwand gefunden werden konnten (SAELMAN et al., 1994b). Den größten Anteil ergeben die Kollagentypen I, III und V (KEHREL, 1995). Diese werden der Gruppe der Fibrillen-bildenden Kollagene

II Literaturübersicht

zugeordnet (HENKEL und GLANVILLE, 1982; TANZER, 1989) und unterstützen die Thrombozytenadhäsion sowohl unter statischen Bedingungen (MORTON et al., 1989; ZIJENAH et al., 1990) als auch unter physiologischen Bedingungen mit fließendem Blut (HOUDIJK et al., 1985; PARSONS et al., 1986).

Den Kollagentypen I und III kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie eine reaktive Gruppe repräsentieren, die die Thrombozytenadhäsion und Thrombusformation stärker unterstützen als andere Kollagentypen (Typ IV, V, VI, VIII, XII, XIII und XIV). Begründet wird dies durch die Eigenschaft des GP IIb/IIIa-Komplexes, einem nur auf Thrombozyten vorkommenden Integrin (THIJS et al., 2010), das eine besonders hohe Affinität zu diesen Kollagentypen aufweist (SAELMAN et al., 1994b). Der Kontakt zwischen Kollagen und Thrombozyten wird durch weitere Rezeptoren und Mechanismen vermittelt. Er kann in die indirekte und direkte Interaktion unterteilt werden (KEHREL, 1995; VARGA-SZABO et al., 2008).

4.1 Indirekte Interaktion

Die indirekte Interaktion soll den initialen Kontakt zwischen Thrombozyt und verletzter Gefäßwand verstärken und die zunächst lockere Bindung widerstandsfähig gegenüber Strömungsbedingungen und Scherkräften machen (GAWAZ, 1999). Sie wird vermittelt durch vWF, Fibronektin und Thrombospondin. Diese liegen zum einen in der Gefäßwand an Kollagen gebunden und zum anderen im Blut in Lösung vor.

Die gebundenen Faktoren können auch an nicht-aktivierte Thrombozyten binden, während in Lösung vorliegende Faktoren nur an aktivierte Thrombozyten binden können (BENSUSAN et al., 1978; KEHREL, 1995; SAKARIASSEN et al., 1987). Auf der Thrombozytenoberfläche liegen drei verschiedene GP (GP Ia, IIb und IIIa) vor, die als Rezeptoren den indirekten Kontakt herstellen (HAWIGER, 1987; KOTITE et al., 1984; NIEUWENHUIS et al., 1985; SHADLE et al., 1984).

Die erste Verbindung zwischen Thrombozyt und Kollagen erfolgt über vWF, der mit dem GP Ib/V/IX-Komplex und dem aktivierten GP IIb/IIIa-Komplex reagiert (GAWAZ, 1999; HAWIGER, 1987). Über weitere Verbindungen von Fibronektin und Thrombospondin an ihre entsprechenden GP-Komplexe wird die Thrombozytenadhäsion schließlich stabilisiert (GAWAZ, 1999; KEHREL, 1995;

SAVAGE et al., 1992)

4.2 Direkte Interaktion

Die direkte Interaktion zwischen Thrombozyt und Kollagen wird durch thrombozytäre Membranglykoproteine hergestellt: Den zur Gruppe der Integrine gehörigen GP Ia/IIa-Komplex, den GP IV-Komplex aus der Gruppe der leuzinreichen GP, sowie das P-Selektin aus der Gruppe der Selektine (BLOCKMANS et al., 1995;

CLEMETSON und CLEMETSON, 2001; GAWAZ, 1999; KEHREL, 1995; NUYTTENS et al., 2011). Die Bindung des GP Ia/IIa-Komplexes an Kollagen ist dabei abhängig von Magnesium (Mg2+) und wird durch Ca2+ gehemmt (SANTORO, 1986; STAATZ et al., 1990).

4.3 Sekretion der Granulainhaltsstoffe und Thrombozytenaggregation

Die Bindung der thrombozytären Rezeptoren an Kollagen resultiert in einer Aktivierung und Formveränderung der adhärierenden Thrombozyten. Diese bilden dann im so genannten „shape change“ Pseudopodien aus, um eine Gefäßwandläsion besser abzudichten (BLOCKMANS et al., 1995; GAWAZ, 1999).

Während der Adhäsion kommt es außerdem zur Sekretion der Speicherstoffe der ! -Granula, „dense bodies“ und Lysosomen der Thrombozyten in die Umgebung. Dies geschieht durch Exozytose, das Verschmelzen der Granulamembran mit der Thrombozytenmembran (BLOCKMANS et al., 1995).

Die !-Granula enthalten Enzyme, adhäsive Proteine (Fibrinogen, Fibronektin, vWF, Thrombospondin, GP IIb/IIIa), Wachstumsfaktoren sowie zytokinähnliche Proteine und Koagulationsfaktoren. Die „dense bodies“ und Lysosomen speichern unter anderem Adenosintriphosphat (ATP), ADP, Ca2+, Serotonin, Elastase und Kollagenase (BLOCKMANS et al., 1995; GAWAZ, 1999). Die Sekretion der „dense bodies“ erfolgt bereits bei geringer Thrombozytenaktivierung, wohingegen die ! -Granula etwas höhere Konzentrationen eines Agonisten benötigen. Für die Sekretion der Lysosomen sind starke Agonisten wie Kollagen oder Thrombin notwendig (BLOCKMANS et al., 1995)

Die freigesetzten Speicherstoffe führen im Rahmen der Thrombozytenadhäsion zur Aktivierung und Rekrutierung von weiteren Thrombozyten (GAWAZ, 1999; RUGGERI und MENDOLICCHIO, 2007). Neben der Adhäsion kommt es so auch zur Thrombozytenaggregation, der Interaktion der Thrombozyten untereinander. Daran sind zum Teil die gleichen Liganden und Rezeptoren beteiligt wie bei der Adhäsion (RUGGERI und MENDOLICCHIO, 2007).

Besondere Bedeutung hat hier wieder das GP IIb/IIIa. Während der Phase der

II Literaturübersicht

Aggregation wechselt dieses GP von einem niedrigen in einen hohen Affinitätszustand und bindet an Fibrinogen. Dies führt zur Quervernetzung der Thrombozyten und stabiler Thrombusbildung (THIJS et al., 2010).

Mögliche Speziesunterschiede bezüglich Kollagenrezeptoren und Rezeptor-Kollageninteraktionen sind nur wenig charakterisiert. MEYERS et al. (1982) untersuchten jedoch die Zusammensetzung der „dense bodies“ neben dem Menschen unter anderem auch bei Hund, Katze, Pferd, Rind und Kaninchen. Die

Zu der Familie der Protease-aktivierten Rezeptoren (PAR) gehören die Typen PAR 1, PAR 2, PAR 3 und PAR 4, die auf unterschiedlichen Zellen im Gefäßsystem lokalisiert sind. Dazu gehören Endothelzellen, mononukleäre Zellen, Fibroblasten, glatte Muskelzellen und Thrombozyten (COUGHLIN, 2000).

Die Serinprotease Thrombin liegt im Plasma als inaktive Form Prothrombin vor, wird jedoch während der Gerinnungskaskade zu Thrombin gespalten (BRASS, 2001; GAWAZ, 1999). Thrombin stellt einen potenten Thrombozytenaktivator dar, der zu “shape change”, Aggregation und Sekretion der Speicherstoffe aus den thrombozytären Granula führt (BLOCKMANS et al., 1995; RUGGERI und MENDOLICCHIO, 2007). Die Aktivierung der Thrombozyten durch Thrombin erfolgt über die PARs, die auf der Thrombozytenoberfläche lokalisiert sind (BRASS, 2001).

Auf humanen Thrombozyten wurden bis heute alle vier verschiedenen PARs identifiziert, von denen allerdings nur PAR 1, 3 und 4 Thrombinrezeptoren darstellen (BRASS, 2001; O'BRIEN et al., 2001). PAR 2 wird hingegen durch Trypsin und Tryptase aktiviert (COUGHLIN, 2000). Beim Hund sind ebenfalls PAR 1, 3 und 4 beschrieben, die den humanen PARs zwar ähnlich sind, jedoch eine veränderte Aminosäuresequenz aufweisen (BOUDREAUX et al., 2007). In Experimenten mit humanem Blut können deshalb die Thrombozyten mit dem Thrombin-Rezeptor-aktivierendem-Peptid 6 (TRAP 6) über PAR 1, 3 und 4 aktiviert werden (BRASS, 2001; THEILMEIER et al., 1999), während canine Thrombozyten zwar “shape