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Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Modelle von Durchflusskammern entwickelt, deren Aufbau sich nach der klinischen und/oder wissenschaftlichen Fragestellung richtet. Es wurden ringförmige, Parallelplatten- und zylindrische Durchflusskammern beschrieben, die in unterschiedlichen Variationen verfügbar sind.

2.1 Ringförmige Durchflusskammer

Die erste ringförmige Durchflusskammer wurde 1972 von BAUMGARTNER und HAUDENSCHILD entwickelt. Die Kammer bestand aus einem Stab, auf den aus Kaninchen gewonnene Gefäßsegmente invers aufgezogen wurden. Das Gefäßendothel befand sich somit auf der Stabaußenseite. Ein Zylinder aus Plexiglas wurde über den Stab gestülpt, so dass ein Hohlraum zwischen den beiden Bauteilen verblieb. Durch den Hohlraum wurde die Blutprobe mit Hilfe einer Pumpe perfundiert und so den Gefäßsegementen ausgesetzt (BAUMGARTNER und HAUDENSCHILD, 1972). Die Wandschubspannung an der reaktiven Oberfläche variierte von 2 bis 125 dynes/cm2, abhängig von der Flussrate, der Weite der Kammer und dem Abstand zwischen Zylinder und Stab.

1977 modifizierte BAUMGARTNER diese Methode und verglich in vitro Subendothel aus Kaninchenaorten und !-Chymotrypsin-verdautes Subendothel als reaktive Oberflächen, wobei sich Letzteres als thrombogener erwies. Beim Hund kam die ringförmige Perfusionskammer jedoch in keiner der aufgeführten Studien zum Einsatz (Tab. 1, S. 7).

TURITTO et al. (1980) erforschten mit dieser Art von Durchflusskammer den Einfluss unterschiedlicher Wandschubspannungen auf die Thrombozytenadhäsion, ebenfalls in vitro. Die humane, mit Citrat antikoagulierte Blutprobe wurde Wandschubspannungen zwischen 2 bis 380 dynes/cm2 ausgesetzt. Dies entspricht venösen Bedingungen bis hin zu Wandschubspannungen in stenotischen Gefäßen.

Die Adhäsion der Thrombozyten erfolgte dabei an aus Kaninchenaorten gewonnenem Subendothel. Die Studie ergab eine Abhängigkeit der Thrombozytenadhäsion von der Wandschubspannung und der Expositionsdauer.

2.2 Parallelplatten-Durchflusskammer

Die Parallelplatten-Durchflusskammer wurde erst 1989 von SAKARIASSEN et al. entwickelt. Im Vergleich zur ringförmigen Durchflusskammer war der Flusskanal der Kammer rechteckig.

Deckgläser aus Plastik oder Glas, die in die Kammer eingesetzt wurden und dem Blutfluss ausgesetzt waren, konnten mit den unterschiedlichsten Materialen beschichtet werden. Dazu gehörte die Verwendung unterschiedlicher Kollagene, wie beispielsweise Typ I, III, IV und VI (MOROI et al., 1996; SAELMAN et al., 1994a;

SZARVAS et al., 2006). Des Weiteren wurden kultivierte Endothelzellen als Kontaktfläche eingesetzt, wie in einer Studie von THEILMEIER et al. (1999) als

II Literaturübersicht

Adhäsionsfläche für aktivierte Thrombozyten und Monozyten. Auch SIXMA et al.

(1987) verwendeten humane Endothelzellen, um die Nachteile der sonst verwendeten Gefäßsegmente, wie Speziesunterschiede im Falle von verwendeten Kaninchenaorten und Beschädigung der Segmente bei der Präparation, zu umgehen. HOUDIJK et al. (1986) untersuchten die Adhäsion von humanen Thrombozyten auf mit vWF, Fibronektin und Thrombospondin beschichteten Deckgläsern. Durch gezielten Einsatz von spezifischen Antikörpern wurden außerdem die Komponenten einzeln blockiert. Direkte Beschichtungen aus multimerem und dimerem vWF und eine Kombination aus vWF und Kollagen vom Typ III verwendeten WU et al. (1996) in einer Studie zur gezielten Thrombozytenadhäsion an vWF.

Die Wandschubspannung in den Parallelplatten-Durchflusskammern variiert zwischen 2 und 400 dynes/cm2. Sie ist abhängig von der Höhe und Weite der Kammer sowie von der gewählten Flussrate (SAKARIASSEN et al., 2001). Die Installation von exzentrischen Stenosen in der Durchflusskammer, die den Kanal zwischen 60 bis 90 % verschließen, ermöglicht die Simulation von fortgeschrittenen arteriosklerotischen Plaques und die Untersuchung von Thrombusbildung unter hohen Scherbedingungen: An der Spitze der kosinusförmigen Stenosen erreichen die Wandschubspannungen bis zu 1200 dynes/cm2 (BARSTAD et al., 1996;

BARSTAD et al., 1994a).

In herkömmlichen Parallelplatten-Durchflusskammern sind für ein 5-minütiges Experiment bis zu 100 ml Probenmaterial erforderlich (SAKARIASSEN et al., 2001).

Eine Alternative stellen die von SIXMA et al. (1998) und USAMI et al. (1993) entwickelten Miniaturdurchflusskammern für in vitro Experimente dar. Durch die kleinere Dimension der Kammer wird weniger Probenmaterial benötigt, wodurch mehrere Versuche pro Spender möglich sind. KIRCHHOFER et al. (1995) entwickelten außerdem ein Miniaturmodell für den ex vivo Einsatz.

Obwohl die Einsatzgebiete der Parallelplatten-Durchflusskammern vielschichtig sind, wurde dieses Modell beim Hund nur in einer Studie von ROUX et al. (1991) eingesetzt (Tab. 1, S. 7). Beim Menschen verglichen SAELMAN et al.

(1994a) in der Parallelplatten-Durchflusskammer Naka-negative Thrombozyten mit positiven Thrombozyten unter statischen und unter Flussbedingungen. Naka-negativen Thrombozyten fehlt das Membranglykoprotein IV, ein Rezeptor, der an der Adhäsion von Thrombozyten an Kollagen beteiligt ist. Dies führt in Spendern mit

Naka-negativem Phänotyp zu schweren Blutstillungsstörungen. Die Ergebnisse der Studie von SAELMAN et al. (1994a) zeigten, dass der Rezeptor zwar an der Thrombozytenadhäsion beteiligt ist, jedoch nur unter statischen Bedingungen.

MOROI et al. (1996) ermöglichten in Folge ihrer Experimente eine detaillierte Unterteilung der Thrombozytenadhäsion an Kollagen in eine erste, temporäre und eine zweite, permanente und scherratenabhängige Phase. Sie zeigten außerdem, dass GP VI-defiziente Thrombozyten eine gestörte permanente Phase aufweisen.

Das GP VI scheint somit maßgeblich an der zweiten permanenten Phase der Adhäsion beteiligt zu sein.

In einer weiteren Studie von HOUDIJK et al. (1986) kam heraus, dass nur vWF und Fibronektin, nicht jedoch Thrombospondin, an der Adhäsion von Thrombozyten an einer extrazellulären Matrix von humanen Endothelzellen beteiligt sind. WU et al. (1996) hemmten in ihren Versuchen die Adhäsion der Thrombozyten an vWF zum Teil durch Heparin und vollständig durch Prostaglandin und GP Ib/IIb/IIIa-Antikörper. Zusammenfassend zeigte diese Studie, dass die Adhäsion von Thrombozyten an Kollagen vom Typ III zwar überwiegend, jedoch nicht komplett von den Adhäsionseigenschaften des vWF bestimmt wird.

2.3 Zylindrische Durchflusskammern

Bei zylindrischen Durchflusskammern handelt es sich um Gefäßprothesen, die in einen arterio-venösen Shunt eingesetzt werden. Der Einsatz dieser Kammern beschränkt sich somit auf in vivo Versuche (SAKARIASSEN et al., 2001). Da das in vivo Modell die beim Hund am häufigsten eingesetzte Methode ist, werden auch die zylindrischen Durchflusskammern beim Hund ebenso oft verwendetet (Tab. 1, S. 7).

Das erste beschriebene Modell, eine Dacron-Prothese, wurde von HANSON et al. (1985) in Pavianen eingesetzt. CADROY und HANSON (1990) entwickelten eine zylindrische Durchflusskammer mit angeschlossener Erweiterung der Kammer.

Im Lumen der Kammer wurden arterielle Wandschubspannungen von 4 bis 30 dynes/cm2 erzielt, während in der Erweiterung venöse Bedingungen mit Wandschubspannungen von < 0,4 dynes/cm2 simuliert wurden. Dies ermöglichte die gleichzeitige Betrachtung von Thrombusbildung unter arteriellen und venösen Bedingungen. In ihrer Studie untersuchten CADROY und HANSON (1990) den Einfluss der Erythrozytenkonzentration auf die Hämostase und Thrombusbildung.

Gesunden Pavianen wurde dafür Blut abgenommen oder Blut transfundiert, um in den Tieren einen niedrigen, normalen oder zu hohen Hämatokrit zu erzeugen. Eine

II Literaturübersicht

in vivo Variation des Hämatokrits zwischen 20 und 55 % hatte dabei zwar keinen Einfluss auf die Hämostase, führte aber je nach lokalen Strömungsverhältnissen zu einer Zu- oder Abnahme der Nettoakkumulation der Thrombozyten.

HANSON und HARKER (1985) testeten mit dieser Methode, ebenfalls beim Pavian, die antithrombotische Wirkung der Thrombozytenaggregationshemmer Suloctidil und Ticlopidine auf die Ablagerung von Thrombozyten in einer Gefäßprothese. Sie zeigten, dass Suloctidil im Vergleich zu Ticlopidine einen schwächeren Effekt auf die Thrombozyten-abhängige Thrombusbildung hat.