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2. Literaturübersicht

2.1. Spektrum elektromagnetischer Strahlung

2.1.3. Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder

2.1.3.1 Thermische Wirkung

Die thermische Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder ist gut bekannt.

Allerdings beruht dieses Wissen hauptsächlich auf Untersuchungen, die mit elektromagnetischen Feldern der Frequenz 2450 MHz durchgeführt wurden (mit dieser Frequenz arbeiten u.a. Mikrowellenherde). Mit EM-Feldern dieser Frequenz wurden viele Studien zur thermischen Wirkung auf den Organismus durchgeführt (ADAIR 1979, GORDON u. FERGUSON 1984, GORDON u. LONG 1984, GORDON 1988). Über die 2.1.3. Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder

thermische Wirkung der EM-Felder, die im Mobilfunkbereich eingesetzt werden (800 bis 1900 MHz), wurde bislang wenig publiziert. Die vorhandenen veröffentlichten Daten werden im folgenden dargestellt.

Im Gegensatz zu anderen Wärmequellen durchdringen elektromagnetische Felder das oberflächliche Gewebe und erwärmen direkt das Körperinnere. Dies geschieht auf molekularer Ebene. Elektronen, Atome und Dipole, wie z.B. das Wassermolekül, werden mit der Frequenz des Feldes in Schwingungen versetzt. Beim Abbremsen der in Schwingung geratenen Moleküle wird die Bewegungsenergie in Form von Wärme freigesetzt (BERNHARDT 1992).

Durch eine übermäßige Erwärmung des Gewebes durch die Exposition mit hochfrequenten elektromagnetischen Feldern kann es zu Schädigungen des Körpers kommen. Zu hohe Temperaturen können zur Gerinnung von Enzymen und Proteinen führen (BROWN et al 1994). So kann die Gerinnungsfähigkeit des Blutes durch die erhöhten Temperaturen gesteigert werden, wodurch es zu lokalen Infarkten im Gefäßsystem kommt. Dies hat eine Mangeldurchblutung in dahinterliegenden Gewebebezirken zur Folge (LEITGEB 1991).

Die Fähigkeit der Gewebe, Strahlungsenergie zu absorbieren und in Wärme umzuwandeln, ist von ihrer chemischen Zusammensetzung abhängig. Gewebe mit einem hohen Wasseranteil, wie z.B. Blut und Muskulatur, absorbieren die Energie wesentlich effektiver als Gewebe mit einem hohen Fettgehalt, wie z.B. Fettgewebe oder Knochen (GORDON 1988). In bestimmten Körperregionen können deshalb abhängig vom Wassergehalt, Leitfähigkeit und Geometrie überdurchschnittliche Absorptionsraten, sogenannte „hot spots“, auftreten (VERSCHAEVE u.

MAES 1998).

SWICORD et al. (1999) ermittelten bei einer Exposition toter BALB/c-Mäuse mit einem kontinuierlichen elektromagnetischem Feld der Frequenz 1600 MHz innerhalb der Körper unterschiedliche SAR-Werte. Allein im Gehirn wurden an verschiedenen Lokalisationen SAR-Werte von 2,2, 2,4 bzw. 2,9 W/kg festgestellt. Bei diesen SAR-Werten erhöhte sich die Temperatur innerhalb einer Minute um 0,9, 1,0 bzw. 1,2 °C.

Ein Organismus ist allerdings in der Lage, durch thermoregulatorische Mechanismen (Vasodilatation, Erhöhung des Blutflusses) und Verhaltensweisen (Aufsuchen kühlerer Räume, Ausstrecken des Körpers) die durch elektromagnetische Felder aufgenommene Wärme abzugeben, ohne dass eine Temperaturerhöhung festzustellen ist. Diese Wirkung der

elektromagnetischen Felder wird zur Abgrenzung von der nichtthermischen Wirkung als

„athermisch“ bezeichnet (JUUTILAINEN u. DE SEZE 1998).

Beispielsweise kommt es bei Mäusen durch eine Exposition mit einem elektromagnetischen Feld der Frequenz 2450 MHz zur Veränderung der Stoffwechselrate, ohne dass sich die Körperkerntemperatur ändert. So exponierten HO und EDWARDS (1979) drei Monate alte, männliche CF1-Mäuse mit einem kontinuierlichen elektromagnetischen Feld der Frequenz 2450 MHz in einer Expositionskammer. In dem 30-minütigen Befeldungszeitraum wurde die Stoffwechselrate anhand des Sauerstoffverbrauchs bestimmt. Die Umgebungstemperatur betrug 24 °C und lag damit unterhalb der von TRAYHURN u. JAMES (1978) ermittelten thermoneutralen Zone (Temperaturbereich, in dem die basale Wärmeproduktion ausreicht um den Wärmeverlust an die Umgebung auszugleichen) der Mäuse von 29-33 °C. HO und EDWARDS (1979) stellten fest, dass es ab einer SAR von 10 W/kg zu einer Absenkung der Stoffwechselrate der Mäuse kommt. Die durch die Bestrahlung zugeführte Wärme kompensiert den Wärmeverlust an die Umgebung, so dass die Stoffwechselaktivität gesenkt werden kann.

Des weiteren ist eine Hyperthermie, die durch elektromagnetische Felder hervorgerufen wird, ist von der SAR und Umgebungstemperatur abhängig. Bei BALB/c-Mäusen, die bei einer Umgebungstemperatur von 20 °C, 30 °C bzw. 35 °C mit einem elektromagnetischen Feld der Frequenz 2450 MHz in einem Plexiglaskäfig (4,2 x 6,7 x 17,5 cm) exponiert werden, ist eine SAR von 27,5, 12,1 bzw. 0,12 W/kg nötig, um die Körpertemperatur zu erhöhen (GORDON et al. 1986a).

Bei CBA/J-Mäusen, die im Durchschnitt 7-8 g schwerer sind als die BALB/c-Mäuse, genügt allerdings schon eine SAR von 8,5 W/kg (2450 MHz-Befeldung in einem Plexiglaskäfig 4,8 x 6,7 x 17,5 cm) bei einer Umgebungstemperatur von 30 °C, um eine signifikante Temperaturerhöhung zu erreichen (GORDON et al. 1986b).

Eine Möglichkeit, überschüssige Wärme abzugeben, ist eine Steigerung der Atemfrequenz.

Eine vermehrte Wärmeabgabe durch eine stark erhöhte Atemfrequenz wird bei röhrenfixierten BALB/c-Mäusen bei einer Umgebungstemperatur von 30 °C durch eine 2450 MHz-Befeldung mit einer SAR von 10 W/kg hervorgerufen. Beträgt die Umgebungstemperatur dagegen nur 20

°C, steigt die Atemfrequenz erst bei einer SAR von 50 W/kg (GORDON u. LONG 1984).

Nach GORDON (1983a) werden frei bewegliche BALB/c-Mäuse durch eine 2450 MHz-Befeldung mit einer SAR von 7 W/kg bei einer Umgebungstemperatur 31 °C dazu veranlasst, eine kühlere Umgebung aufzusuchen.

Einen Zusammenhang zwischen der durch hochfrequente elektromagnetische Felder herbei geführten Hyperthermie und dem Serumkortikosterongehalt ermittelten LOTZ und MICHAELSON (1978). In ihrer Studie exponierten sie frei bewegliche Long-Evans-Ratten in Käfigen mit einem kontinuierlichem 2450 MHz-Feld (SAR: 3,2 bis 6,4 W/kg). Bei jeder Expositionsdauer (30, 60 oder 120 Minuten) kam es nur dann zu einer Erhöhung des Kortikosternspiegels, wenn auch die Körpertemperatur erhöht war. Die Autoren zeigten so, dass der Kortikosteronanstieg eine Folge der Temperaturerhöhung und nicht eine Folge der Befeldung war.

Eine durch elektromagnetische Felder herbeigeführte Erhöhung der Körpertemperatur beeinflusst auch die embryonale Entwicklung der Mäuse. NAWROT et al. (1981) exponierten eine Gruppe frei beweglicher weiblicher CD-1-Mäuse innerhalb ihres Käfigs an den ersten 6 Tagen der Trächtigkeit jeweils 8 Stunden pro Tag mit einem kontinuierlichen elektromagnetischen Feld der Frequenz 2450 MHz (SAR: 40,2 W/kg). Dies führte bei den Mäusen zu einer permanenten Erhöhung der Körpertemperatur um 2,3 °C. Eine weitere Gruppe wurde in den ersten 6 Tagen der Trächtigkeit bei einer Umgebungstemperatur von 31

°C gehalten, was ebenfalls zu einer Körpertemperaturerhöhung von ca. 2,3 °C führt. Bei beiden Gruppen stellten NAWROT et al. (1981) eine signifikante Abnahme des Gewichtes der Feten gegenüber einer Kontrollgruppe fest. Zwischen den beiden Testgruppen fanden sie aber keine signifikanten Unterschiede. Ein Anstieg von Missbildungen konnte weder nach der Befeldung noch nach dem Aufenthalt in der erhöhten Umgebungstemperatur ermittelt werden.

Eine einmalige 15-minütige Exposition röhrenfixierter trächtiger Slc:ICR-Mäuse mit einem kontinuierlichen 2450 MHz-Feld (SAR: 480 ± 120 mW/g) bewirkt ebenso einen Anstieg der Körpertemperatur auf 42 °C, wie ein 15-minütiger Aufenthalt in einem 42 °C warmen Wasserbad. In beiden Fällen kommt es aufgrund der Hyperthermie zu einer Abnahme des Gehirngewichts der Feten. (FUKUI et al 1992).

Schon bei einer gemittelten Ganzkörper-SAR von 1-4 W/kg wurden bei Labortieren, allerdings bei Totenkopfäffchen und Ratten, Verhaltensänderungen, wie die Änderung der

Körperhaltung oder das Aufsuchen kühlerer Umgebungstemperaturen, sowie Veränderungen im Lernverhalten beobachtet (ADAIR u. ADAMS 1980, DE LORGE u. EZELL 1980).

Beim Menschen erhöht sich nach der ICNIRP (International Commision on Non-Ionizing Radiation Protection) die Körpertemperatur bei einer 30-minütigen Ganzkörperexposition mit elektromagnetischen Feldern mit einer SAR von 4 W/kg um 1°C (ICNIRP-GUIDELINES 1998).

Deshalb wurde von der ICNIRP eine spezifische Absorptionsrate von 80 mW/kg (= 1/50 von 4 W/kg) als Grenzwert für lokale Absorptionsspitzen der elektromagnetischen Strahlung festgelegt. Dieser Grenzwert wurde vom deutschen Gesetzgeber übernommen (26. BImSchV 1996).