• Keine Ergebnisse gefunden

2. Literaturübersicht

2.1. Spektrum elektromagnetischer Strahlung

2.1.2. Nicht-ionisierende Felder

2.1.2.1. Niederfrequente elektrische und magnetische Felder

Während die hochfrequenten elektromagnetischen Felder im Allgemeinen von Antennen abgestrahlt werden, treten die niederfrequenten elektromagnetischen Felder im Zusammenhang mit den meisten elektrisch betriebenen Geräten und Maschinen auf. Wenn elektrische Ladungen voneinander getrennt sind, herrscht zwischen ihnen ein elektrisches Potential und es baut sich ein elektrisches Kraftfeld auf. So befindet sich z.B. zwischen zwei getrennten Leitern eines Stromkabels ein elektrisches Feld, auch wenn keine Spannung anliegt. Die Stärke eines elektrischen Feldes (elektrische Feldstärke E) wird in V/m (Potentialdifferenz geteilt durch die Entfernung) angegeben (HÖFLING 1994).

Magnetische Felder entstehen überall dort, wo Strom fließt. Tritt ein veränderliches elektrisches Feld auf, z.B. wenn Strom durch einen Leiter fließt, bildet sich senkrecht dazu ein Magnetfeld aus. Allerdings wird auch umgekehrt durch ein magnetisches Feld ein elektrisches Feld induziert. Die Stärke eines Magnetfeldes (magnetische Feldstärke H) wird in A/m (Stromstärke geteilt durch die Entfernung) angegeben (HARTEN 1980).

Zudem wird noch häufig statt der magnetischen Feldstärke die magnetische Flussdichte mit der Einheit Tesla (T) verwendet (1 A/m entspricht 1,3 µT).

Elektrisch betriebene Maschinen und Geräte werden in vielen (europäischen) Ländern mit Wechselstrom der Frequenz 50 Hz betrieben. Bei dieser Frequenz ändern sowohl der fließende Strom aus der Steckdose als auch das dazugehörige Magnetfeld hundertmal in der Sekunde ihre Polarität. Dabei werden von den Geräten und den elektrischen Leitungen elektromagnetische Wellen abgestrahlt. Dies geschieht auch bei Überlandleitungen, in denen der Wechselstrom ebenfalls mit einer Frequenz von 50 Hz fließt (HÖFLING 1994).

Für Dauereinwirkungen elektrischer und magnetischer Felder auf den Menschen bei 50 Hz wurden in der Verordnung über elektromagnetische Felder Grenzwerte von 5 kV/m (elektrische Feldstärke) und 100 µT (magnetische Flussdichte) festgelegt (26. BImSchV 1996).

Seit mehr als 20 Jahren wird Einfluss der elektrischen und magnetischen Felder auf den Menschen untersucht. Dabei wurde ein Zusammenhang zwischen der Exposition mit elektrischen und magnetischen Feldern und einem erhöhten Krebsrisiko beim Menschen vermutet. Dazu sind in den letzten 15 Jahren zahlreiche epidemiologische Untersuchungen

veröffentlicht worden (WERTHEIMER u. LEEPER, 1979, AHLBOM 1988, COLEMAN et al. 1989, WERTHEIMER et al. 1995, COOGAN et al. 1996, JOHANSEN u. OLSEN 1998, SANDLER u. ROSS 1997), die diese Vermutung teilweise unterstützen. Deshalb wurden niederfrequente elektromagnetische Felder von US-amerikanischen und europäischen Gesundheitsbehörden und von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als „possible human carcinogen“ eingestuft (IARC 2002).

Um den Einfluss von elektrischen und magnetischen Feldern auf Organismen zu untersuchen, wurde eine Vielzahl an experimentelle Studien u.a. an Mäusen und Ratten durchgeführt.

Dabei wurde in den wenigsten Fällen die Beeinflussung der Körpertemperatur oder des Kortikosterongehaltes durch elektrische und magnetische Felder untersucht, weshalb nachfolgend auch die Wirkung auf andere Parameter beschrieben werden soll.

SPERBER et al. (1984) untersuchten die Wirkung von magnetischen Feldern auf die Körpertemperatur von fixierten BALB/c-Mäusen. Die Mäuse wurden mit Kunststoffgurten auf einer Leiste fixiert. Bei ihrer Studie stellten sie fest, dass bei einer Exposition mit einem magnetischen Feld, dessen magnetische Flussdichte 3000 µT betrug, sowohl die rektale Körpertemperatur als auch die Hauttemperatur anstieg. Die rektale Körpertemperatur erhöhte sich innerhalb von einer Stunde um 1,9 °C, die dorsale Hauttemperatur stieg um 1,7 °C.

Leider machten die Autoren keine Angaben über die Frequenz des eingesetzten Magnetfeldes.

Im Gegensatz dazu konnten ICHIOKA et al. (2000) keine Erhöhung der Körpertemperatur durch die Exposition mit einem Magnetfeld feststellen. Sie exponierten 35 anästhesierte (1g/kg Urethan, intraperitoneal) männliche Wistar-Ratten (150-170 g) 20 Minuten mit einem statischem Magnetfeld (keine Frequenzangabe) von 8000 µT. Gleichzeitig wurden 15 Tiere unter den selben Bedingungen scheinexponiert. Innerhalb der Magnetspule, in der die Tiere befeldet wurden, wurde die Temperatur konstant auf 32°C gehalten, um ein Auskühlen der Ratten aufgrund der Anästhesie zu verhindern. In dieser Studie zeigte sich, dass im Vergleich zu den scheinexponierten Tieren, sowohl die rektale Körpertemperatur als auch die Hauttemperatur der exponierten Ratten während der Befeldung sank. Eine signifikante Verringerung der Hautdurchblutung wurde ebenfalls festgestellt. Es ist allerdings bei der Interpretation dieser Ergebnisse die allgemein bekannte Temperaturdepression bei einer Narkose zu berücksichtigen.

LÖSCHER et al. (1993) untersuchten den Einfluss von niederfrequenten elektromagnetischen Feldern auf die Promotion von Mamma-Tumoren bei Ratten. Die Körpertemperatur und der Kortikosterongehalt blieben dabei unberücksichtigt. Sie verabreichten 99 weiblichen Sprague-Dawley-Ratten (52 Tage alt) per Schlundsonde viermal im wöchentlichem Abstand 5 mg 7,12-Dimethylbenzo(a)anthrazen (DMBA) intragastral. DMBA induzierte bei 40 % der Ratten innerhalb von drei Monaten Mammatumore. Anschließend wurden die Tiere in ihren Käfigen 24 Stunden täglich über 13 Wochen mit einem 50 Hz, 100 µT Magnetfeld (MF) exponiert.

Eine weitere Gruppe von 99 Ratten wurde mit DMBA behandelt und unter den selben Bedingungen scheinexponiert. Ab der 7. Woche nach der ersten DMBA-Applkation stellten Löscher et al. (1993) bei beiden Gruppen Tumore an den Mammakomplexen fest. Nach 8 Wochen zeigten mehr befeldete als scheinbefeldete Ratten Mammatumore. Am Ende des 13-wöchigen Befeldungszeitraums wurden die Tiere schmerzlos getötet und seziert. Dabei wiesen 51 MF-exponierten und 34 scheinexponierten Ratten Mammatumore auf. Dieser Unterschied war statistisch signifikant (p < 0,05). Auch in einer nachfolgenden Untersuchung von BAUM et al. (1995), in der die Ratten unter gleichen Bedingungen mit DMBA behandelt und mit einem 100 µT-Magnetfeld exponiert wurden, konnten in der MF-Behandlungsgruppe makroskopisch signifikant häufiger Gesäugeknoten festgestellt werden. Außerdem waren in dieser Studie die Tumore mit durchschnittlich 733 mm2 nach der 100 µT-Befeldung größer als die Tumore der scheinbefeldeten Gruppe (367 mm2). In den Studien von MEVISSEN et al.

(1997) und THUN-BATTERSBY et al. (1999) konnten die Ergebnisse von LÖSCHER et al.

(1993) und BAUM et al. (1995) bestätigt werden. In beiden Studien wurden bei den MF-exponierten Gruppen signifikant mehr Tumore festgestellt als in den scheinMF-exponierten Gruppen. MEVISSEN et al. (1996) setzten unter den gleichen Versuchsbedingungen statt 100 µT eine magnetische Flussdichte von 50 µT ein. Sie fanden ebenfalls bei den MF-exponierten und DMBA-behandelten Ratten signifikant mehr Mammatumore als bei den nur mit DMBA behandelten Tieren.

MC CORMICK et al. (1999) untersuchten die Wirkung niederfrequenter EMF auf B6C3F1 Mäuse. In einem Langzeitversuch wurden die Mäuse über zwei Jahre 18,5 Stunden pro Tag, sieben Tage pro Woche mit einem nicht gepulsten 60 Hz Magnetfeld exponiert. Gruppen von jeweils 100 männlichen und 100 weiblichen Mäusen wurden mit einer magnetischen Flussdichte von 0 µT, 2µT, 200µT und 1000µT befeldet. Eine zusätzliche Gruppe von 100

Männchen und 100 Weibchen wurde einem intermittierenden (1 Stunde eingeschaltet, 1 Stunde ausgeschaltet) magnetischen 1000 µT-Feld ausgesetzt. Es zeigte sich, dass lediglich in der Gruppe, in der die männlichen Mäuse einer magnetischen Flussdichte von 1000µT ausgesetzt waren, ein leichter aber statistisch signifikanter Anstieg der Mortalitätsrate zu erkennen war. Die Mortalitätsrate war in allen anderen Gruppen und im Vergleich zu den scheinexponierten Gruppen nicht erhöht. Die anderen untersuchten Merkmale (maligne und benigne Tumorbildung, Körpergewicht) waren in allen Gruppen ähnlich. Auch hier waren die Körpertemperatur und der Kortikosterongehalt nicht Gegenstand der Untersuchung.