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2. Literaturübersicht

2.2. Körpertemperatur

Mäuse gehören zu den homoiothermen Tieren, d.h. sie sind in der Lage ihre Körpertemperatur in bestimmten Grenzen konstant zu halten, auch wenn sie Kälte oder Wärmebelastungen ausgesetzt sind. Voraussetzung für eine konstante Körpertemperatur ist ein Gleichgewicht zwischen Wärmeproduktion und Wärmeabgabe (JESSEN 1999).

Die Temperatur bei den homoiothermen Tieren ist allerdings nicht an allen Stellen des Körpers gleich. Deshalb wird zwischen einer Körperkerntemperatur und einer Körperschalentemperatur unterschieden, wobei der Körperkern von der Körperschale umgeben ist. Zum Kern gehören das zentrale Nervensystem, die Eingeweide (Niere, Leber, Herz, Darm usw.) sowie ein variabler Anteil der Skelettmuskulatur. Die Schale bilden das

Haar- bzw. Federkleid, die Haut einschließlich der subkutanen Fettschichten und ebenfalls ein variabler Anteil der Skelettmuskulatur (PENZLIN 1996).

Nur die Temperatur des Körperkerns kann durch Regulation innerhalb enger Grenzen konstant gehalten werden, was jedoch nicht bedeutet, dass sie im gesamten Kern gleich ist. Je nach Wärmeproduktion der Organe können die Temperaturunterschiede im Kern bis zu 0,5 °C betragen (SCHMIDT-NIELSEN 1999).

Die temperaturregulierenden Zentren befinden sich im Hypothalamus und der rostral davon gelegene Area praeoptica. Werden diese Zentren zerstört, kann es zum Verlust der Homoiothermie kommen (HÖRNICKE 1987).

An vielen Orten des Körperkerns gibt es Kerntemperatur-Messfühler, die den „Istwert“ der Temperatur an das Regelzentrum im Hypothalamus weiterleiten, wo er mit dem hier gebildeten „Sollwert“ verglichen wird. Bei Abweichungen zwischen dem „Istwert“ und dem

„Sollwert“ werden Steuersignale an die Stellglieder der Wärmeabgabe (Schwitzen, Hecheln, Hautdurchblutung, Verhalten) oder der Wärmeproduktion (Kältezittern, zitterfreie Wärmebildung) geleitet, um die Körperkerntemperatur wieder auf ihren „Sollwert“

zurückzubringen (JESSEN 1999).

Abbildung 2: Regelkreis der Thermoregulation

(nach BRÜCK 1993)

Nach JESSEN (1999) ist die Anzahl der Kerntemperatur-Messfühler im Rückenmark und im Hypothalamus besonders hoch, sie sind aber möglicherweise auch noch an anderen Orten des Körperkerns lokalisiert. Die Messfühler werden durch innere Störgrößen (z.B. vermehrte Wärmeproduktion bei Arbeit) beeinflusst. Äußere Störgrößen (z.B. erhöhte Wärmeabgabe in der Kälte) wirken dagegen auf die Hauttemperatur-Messfühler.

Der Hypothalamus ist verantwortlich für die Festlegung des „Sollwertes“. Bei einer Überwärmung wird der rostrale Anteil des Hypothalamus aktiviert, während es bei einer Abkühlung der kaudale Anteil ist. Das Wärmeabgabezentrum erhält Afferenzen von den Warmrezeptoren im Hypothalamus und im Rückenmarkskanal. Das Wärmebildungszentrum dagegen erhält Signale von den Kaltrezeptoren der Haut. Der Nettowärmestrom verläuft gewöhnlich vom Organismus an die Umwelt. Durch den inneren Wärmestrom wird die Wärme durch Konvektion (Wärmetransport durch die Bewegung erwärmter Massen) mit dem Blutstrom vom Körperkern zur Körperoberfläche transportiert. Durch Vasokonstriktion bzw.

Vasodilatation der Hautgefäße kann die Wärmeabgabe verringert bzw. gesteigert werden. Der äußere Wärmestrom ist für die Wärmeverluste von der Körperoberfläche über Konduktion (Wärmeleitung), Konvektion, Strahlung und Evaporation (Wärmeabgabe durch Verdunstung) verantwortlich (HÖRNICKE 1987).

In Ruhe wird die gesamte im Stoffwechsel umgesetzte Energie zu Wärme. Bei größerer Kältebelastung muss die Wärmeproduktion über den Ruhewert erhöht werden. Eine Möglichkeit besteht durch das Kältezittern, bei dem durch unwillkürliche Kontraktionen der Muskulatur die Wärmeproduktion kurzfristig auf das Fünffache des Ruhewertes gesteigert werden kann (JESSEN 1999).

Die Körpertemperatur unterliegt tagesrhythmischen Schwankungen (circadianer Rhythmus) (CONNOLLY u. LYNCH 1981, WEINETR u. WATERHOUSE 1999, KLEIN 2002).

WEINETR und WATERHOUSE (1999) ermittelten bei weiblichen Haz:ICR-Mäusen ein Temperaturmaximum im Zeitraum von 20:00 Uhr bis 1:00 Uhr innerhalb der Dunkelphase und einen weiteren Maximalwert kurz nach Beginn der Hellphase (7:00 Uhr). Während der Hellphase und zwischen den beiden Temperaturmaxima in der Dunkelphase bzw. beim Übergang in die Hellphase sank die Körpertemperatur um ca. 1-1,4 °C.

Tabelle 3: Mittelwerte (Mw) der rektalen Körpertemperatur der Maus

C57BL/6J ♂ 36,3 °C 37,4 °C 35,4 °C TANKERSLEY et al.

2002

B6C3F1 ♂ 37,9 °C 38,7 °C 37,0 °C KLEIN 2002

B6C3F1 ♀ 38,3 °C 38,9 °C 37,6 °C KLEIN 2002

In Tabelle 3 sind Angaben zur durchschnittlichen rektalen Körpertemperatur bei verschiedenen Mäusestämmen aufgeführt (sogenannte Normalwerte). Da die Körpertemperatur der Maus deutlichen circadianen Schwankungen unterliegt, sind in der Literatur z.T. auch die durchschnittliche (im Tagesverlauf) minimale und maximale rektale Körpertemperatur angegeben, die daher viel aussagekräftiger als nur ein (täglicher) Temperaturdurchschnittswert sind. Neben der Tageszeit der Messung (circadianer Rhythmus), der Dauer der Manipulation des Tieres (stressinduzierte Hyperthermie), hat das Geschlecht, der Mäusestamm und das Alter der Tiere einen Einfluss auf die Körpertemperatur der Maus.

Die Eindringtiefe des rektalen Messfühlers ist ebenfalls für die Vergleichbarkeit der Temperaturwerte von großer Wichtigkeit, da ein „ausgeprägter“ Temperaturgradient vom After (Körperschale) zum Rektum/Colon besteht. Insbesondere die Angaben zu Tageszeit und zu der Tiefe der rektalen Temperaturmessung fehlen z.T. in den publizierten Arbeiten, so dass solche Temperaturangaben immer vorsichtig zu interpretieren sind.

Die Temperatur der Weibchen ist bis zu 0,3 °C höher als die der Männchen (ZIDEK 1971).

Nach HABICHT (1981) steigt die durchschnittliche Körpertemperatur bei BALB/c-Mäusen während der ersten 12 Monate von 38,5 °C auf 39,5 °C an. Mit zunehmendem Alter nimmt die Körpertemperatur wieder ab, so dass 24 Monate alte Tiere eine durchschnittliche Temperatur von 36,9 °C aufweisen.

Die Körperkerntemperatur der Mäuse wird sehr stark von der Temperatur der Umgebung beeinflusst. Der Bereich der Umgebungstemperatur, in welchem die basale Wärmeproduktion ausreicht, um die Wärmeverluste an die Umgebung auszugleichen und daher keine zusätzliche Energie zur Regulation der Körpertemperatur aufgewendet werden muss, wird als thermoneutrale Zone bezeichnet (ECKERT et al. 2000).

Nach TRAYHURN und JAMES (1978) liegt die thermoneutrale Zone der Maus im Bereich von 29-33 °C.

Bei stark erhöhten oder erniedrigten Umgebungstemperaturen versuchen die Mäuse durch autonome (physiologische) Regulationsvorgänge und durch bestimmte Verhaltensweisen („behavioral thermoregulation“) die Temperatur im Körperkern innerhalb enger Grenzen konstant zu halten. Dabei hat das Verhalten der Tiere grundsätzlich Vorrang vor der Aktivierung der autonomen thermoregulatorischen Effektoren. Es scheint, dass die meisten Tierspezies durch ihr Verhalten versuchen, unter den verschiedenen Umweltbedingungen ihre Stoffwechselleistungen zu minimieren (GORDON 1987b).

Der Aufwand zur Regulation der Temperatur ist um so höher, je extremer die Temperaturen der Umgebung sind (ECKERT et al. 2000).

Die „behavioral thermoregulation“ bezeichnet u.a. die Anpassung der Körperhaltung der Tiere (Zusammenrollen oder Ausstrecken), das Aufsuchen einer kühleren bzw. wärmeren Umgebung, die Veränderungen in der Futter- und Wasseraufnahme, eine veränderte lokomotorische Aktivität und die charakteristischen elterlichen Verhaltensmuster (HAFEZ 1964).

Bei stark erniedrigten Außentemperaturen steigert der Organismus die Wärmeproduktion durch zitterfreie Thermogenese und durch Aktivierung des Zitterns (SHEFFER et al. 1996).

Außerdem werden Wärmeverluste durch Vasokonstriktion der Hautgefäße, besonders im Schwanz, verringert (TALAN et al. 1991).

Zitterfreie Wärmebildung erfolgt durch eine Aktivierung der Enzymsysteme des Fettstoffwechsels im ganzen Körper, so dass es über den Fettabbau und die Oxidation zur Wärmeproduktion kommt. Mäuse besitzen zwischen den Schulterblättern, am Hals, im Mediastinum und in der Nierenregion sogenanntes braunes Fettgewebe (brown adipose tissue, BAT). Braunes Fettgewebe besitzt im Gegensatz zum normalen (weißen) Depotfett

feintropfige „multilokuläre“ Fetteinlagerungen in den Zellen und zahlreiche Mitochondrien, in denen die Wärme durch ATP-Spaltung gebildet wird (HÖRNICKE 1987).

Beim Kältezittern werden durch das Nervensystem Gruppen von antagonistisch arbeitenden Muskeln gleichzeitig aktiviert und durch die Spaltung von ATP wird die notwendige Energie für die Kontraktionen bereit gestellt (ECKERT et al. 2000).

Um bei steigenden Außentemperaturen die Körperkerntemperatur konstant zu halten, muss vermehrt Wärme abgegeben werden. Dabei spielt vor allen Dingen die Vasodilatation im Schwanz eine wichtige Rolle. Die Durchblutung des Schwanzes nimmt proportional zur Körpertemperatur zu, wodurch überschüssige Wärme durch die Haut an die Umgebung abgegeben wird. Das Blut tritt über eine ventrale Arterie in den Schwanz ein und verlässt diesen über zwei laterale Venen und/oder eine zentrale Vene. Die beiden lateralen Venen befinden sich nahe der Körperoberfläche, während die zentrale Vene unmittelbar dorsal der Arterie liegt. Über Verbindungsgefäße steht die zentrale Vene mit den lateralen Venen in Kontakt (RAMAN et al. 1983).

Mit weiter steigenden Umgebungstemperaturen reicht die Wärmeabgabe durch Strahlung, Konduktion und Konvektion nicht mehr aus, um die Körperkerntemperatur konstant zu halten, so dass die durch den Stoffwechsel produzierte Wärme über die Verdunstung von Wasser abgegeben werden muss (HÖRNICKE 1987).

Mäuse sind nicht in der Lage zu schwitzen oder zu hecheln. Deshalb speicheln sie ihr Fell ein und belecken ihre Gliedmaßen, um so durch die gesteigerte Verdunstung Wärme abzugeben (HERRINGTON 1940).

So kann der Wasserverlust durch die Evaporation bei Mäusen nach ROBERTS et al. (1974) bei einem Anstieg der Umgebungstemperatur von 25,4 °C auf 38 °C um 60 % an steigen.

Auch durch äußere Stresseinflüsse wird die Körpertemperatur der Mäuse deutlich verändert.

ZIDEK (1971) und CABANAC und BRIESE (1992) stellten fest, dass einfaches „Handling“

(ein in der englischen Literatur häufig verwendeter Begriff, der jeglichen Umgang mit Tieren beschreibt) eine Temperaturerhöhung bewirkt.

Bei in Gruppen gehaltenen Mäusen, die einzeln nacheinander aus dem Käfig genommen werden, ist die Körpertemperatur der letzten Maus höher als die der ersten (BORSINI et al.

1989).

In einer Studie von KLEIN (2002) steigt die Körpertemperatur von weiblichen B6C3F1-Mäusen nach einer zweistündigen Fixation in Nose-Only-Inhalationsröhren um ca. 1 °C an.

Bei B6C3F1-Männchen ist der Anstieg nicht so deutlich. Außerdem wird nach KLEIN (2002) der Temperaturanstieg bei den Männchen mit zunehmender Gewöhnung an den Aufenthalt in den Nose-Only-Inhalationsröhren immer geringer. Nach ca. einer Woche zeigt sich nach dem Röhrenaufenthalt keine signifikante Temperaturerhöhung mehr. Bei den Weibchen ist dagegen die Körpertemperatur immer noch signifikant erhöht.

Allein fremdes Personal in den Tierräumen lässt schon die Temperatur ansteigen (ZETHOF et al. 1994).

Dementsprechend lösen Transporte und massivere Eingriffe, wie z. B. die Blutentnahme, ebenfalls eine Stressreaktion aus und führen zu einer Hyperthermie (TULI et al. 1994a).

In der Literatur wird die durch Stress hervorgerufene Temperaturerhöhung als

„stressinduzierte Hyperthermie“ bezeichnet (VAN DER HEYDEN 1997).

Die stressinduzierte Temperaturerhöhung ist zeitabhängig. Die Körpertemperatur steigt nach der Stressinduktion um etwa 1-1,5 °C an. Diesen Wert erreicht sie nach ca. 10 Minuten. Die Hyperthermie hält ca. 60 Minuten an und erst nach diesem Zeitraum hat sich die Ausgangstemperatur wieder eingestellt (ZETHOF et al.1994).

Durch elektromagnetische Strahlung mit ausreichendem Energiegehalt kann die Körpertemperatur der Mäuse durch eine Erwärmung des Körperinnern erhöht werden.

Elektroden, Atome und Dipole, wie z.B. das Wassermolekül, werden mit der Frequenz des Feldes in Schwingungen versetzt. Beim Abbremsen der in Schwingung geratenen Moleküle wird die Bewegungsenergie in Form von Wärme freigesetzt (BERNHARDT 1992).

Allerdings ist Körpertemperaturerhöhung nicht nur von der Energie, die von der elektromagnetischen Strahlung an das Gewebe abgegeben wird, abhängig, sondern auch von der Umgebungstemperatur. So wird bei Mäusen, die bei Umgebungstemperaturen von 20, 30 und 35 °C bestrahlt werden, eine SAR von 27,5, 12,1, und 0,12 W/kg benötigt, um einen Anstieg der Körpertemperatur zu erzielen (GORDON et al. 1986b).

Bei einer Umgebungstemperatur von 20 °C ist eine spezifische Absorptionsrate von ca. 11 W/kg ausreichend, um bei der Maus eine Vasodilatation der Gefäße des Schwanzes zu verursachen (GORDON 1983b).