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Technisches Angebotspotenzial

4 Potenziale geothermischer Strom- und Wärmebereitstellung

4.1 Angebotspotenzial - Begriffe und Methodik

4.1.2 Technisches Angebotspotenzial

Auskühlungstiefe d/2 mit rund 170 m und somit d ≅ 340 m für die Gesamtdicke der von der durchflossenen Fläche thermisch beeinflussten Schicht. Hierbei wird von einer gleichmäßigen Auskühlung entlang der Störungslinie ausgegangen.

Gemäß dem Ansatz von /MUFFLER & CATALDI 1978/ wird der Wärmeinhalt dieser Schicht der Störungszone zugeordnet. Nach Gleichung (4.5) ergibt sich für das theoretische Angebotspotenzial der Störungszone:

Q1 = cG. ρG. L . h . d . (TG – T0) (4.5)

Q1 Wärmeinhalt

cG spezifische Wärmekapazität des Gesteins ρG Dichte der Gesteinsmatrix

L Länge der Störungszone h Höhe der Störungszone d Schichtdicke

TG Temperatur des Gesteins

T0 Temperatur an der Erdoberfläche

Kristalline Gesteine. Kristalline Gesteine haben große Mächtigkeiten und erstrecken sich deswegen meist über mehrere Temperaturintervalle. Die bei den Heißwasseraquiferen eingeführten Temperaturintervalle werden auch für die Berechnung des Wärmeinhalts der kristallinen Gesteine genutzt. Der Wärmeinhalt Q1i eines Temperaturintervalls wird nach Gleichung (4.6) berechnet /JUNG ET AL 2002/.

Q1i = cG. ρG. Fi. hi. (TGi – T0) (4.6)

Q1i Wärmeinhalt eines Temperaturintervalls cG spezifische Wärmekapazität des Gesteins ρG spezifische Dichte des Gesteins

Fi Fläche in dem jeweiligen Temperaturintervall

hi Höhe der Schicht in dem jeweiligen Temperaturintervall TGi Gesteinstemperatur des jeweiligen Temperaturintervalls T0 Temperatur an der Erdoberfläche

Der gesamte Wärmeinhalt Q1 ergibt sich für kristalline Gesteine gemäß Gleichung (4.3) aus der Summe des Wärmeinhalts der einzelnen Temperaturintervalle.

/KALTSCHMITT & KAYSER 1997/. Das technische Angebotspotenzial H1 wird nach /MUFFLER & CATALDI 1978/ nach Gleichung (4.7) berechnet.

H1 = R0. Q1 (4.7)

H1 Technisches Angebotspotenzial R0 Gewinnungsfaktor

Q1 Wärmeinhalt (des theoretischen Angebotspotenzials)

Der Gewinnungsfaktor R0 ist nach Gleichung (4.8) von den Temperaturen des Aquifers und der technischen Auslegung der Anlage abhängig und beruht zusätzlich auf dem Geometriefaktor /HAENEL & STAROSTE 1988/.

R0 = R ((TG – Ti)/(TG – T0)) (4.8) R0 Gewinnungsfaktor

R Geometriefaktor

TG Temperatur des Aquifers

Ti Temperatur des reinjizierten Wassers T0 Temperatur an der Erdoberfläche

Die Temperatur des reinjizierten Wassers ist von der Nutzung des Thermalwassers abhängig und ist für die geothermische Stromerzeugung auf 70 °C als technisch mögliches unteres Temperaturniveau festgelegt. Für eine zusätzliche Wärmenutzung (KWK) wird hier das technisch untere Temperaturniveau auf 30 °C festgelegt.

Der Geometriefaktor R beschreibt die maximal mögliche Auskühlung eines Gesteinsblocks mit einem Dublettenbetrieb. Der Geometriefaktor R wird nach Gleichung (4.9) für alle drei Reservoirtypen berechnet.

F

M R

R

R = ⋅ (4.9)

R Geometriefaktor

RM Mächtigkeitsfaktor RF Flächenfaktor

Der Mächtigkeitsfaktor RM beschreibt die Nettomächtigkeit der auszukühlenden Schicht. Unter Nettomächtigkeit wird die Summe der durchlässigen Schichten innerhalb der stratigrafischen Einheit verstanden. Es kann sich dabei um eine einzelne Schicht oder auch um mehrere Schichten handeln. Der Flächenfaktor RF berücksichtigt allgemein, dass nur ein Teil der Aquiferfläche ausgekühlt wird. Da je nach Reservoirtyp sehr unterschiedliche Flächenfaktoren resultieren, werden diese im Folgenden für die einzelnen Reservoirtypen abgeschätzt.

4.1.2.1 Heißwasseraquifere

Mächtigkeitsfaktor. Heißwasseraquifere sind Schichtpakete, innerhalb derer sich durchlässige Schichten mit weniger permeablen Schichten abwechseln. Die Nettomächtigkeit ergibt sich aus der Summe der Mächtigkeit ausreichend permeabler Schichten und lässt sich größtenteils aus der Literatur entnehmen. Diese Werte sind bei der Beschreibung der Aquifere jeweils angegeben. Bei der Verwendung der Nettomächtigkeit gilt für den Mächtigkeitsfaktor RM = 1 (100 %).

Flächenfaktor. Für die Wärmegewinnung mittels Bohrlochdubletten aus einem Heißwasseraquifer gibt /LAVIGNE 1978/ einen Flächenfaktor von RF = 0,33 (33%) an. In Abb. 4-2 ist das zugrunde gelegte Modell dargestellt. Dabei wird die Aquiferfläche in quadratische Zellen unterteilt, wobei sich in ihrer Mitte abwechselnd eine Injektions- (IN) bzw. Produktionsbohrung (EX) befindet. Die beiden Sonden bauen das Dublettensystem auf und ihre zwei Zellen bilden somit das Grundmodul. Wie in Kapitel 3.1 beschrieben, wandert die Abkühlungsfront in Richtung der Fördersonde. Wird die Produktionsbohrung erreicht, entspricht die Auskühlungszone der in Abb. 4-2 dargestellten Form. Ihre Fläche entspricht etwa einem Drittel der Modulfläche.

IN EX

Zelle Zelle

Auskühlungszone

Abb. 4-2: Schematische Darstellung des Flächenfaktors RF = 0,33, IN=Injektionsbohrung, EX=Produktionsbohrung /LAVIGNE 1978/

4.1.2.2 Störungen

Mächtigkeitsfaktor. Um die Wärme zur Störungsfläche zu leiten, muss senkrecht zur Störung ein Temperaturgefälle bestehen. Aus diesem Grund kann der bis zum Abstand d/2=170 m vorhandene Wärmeinhalt nicht vollständig entzogen werden. Dies berücksichtigt der Mächtigkeitsfaktor RM, dessen Bestimmung von /BODVARSSON 1974/, /NATHENSON

1975/, /MUFFLER & CATALDI 1978/ und /JUNG ET AL 2002/ analytisch behandelt wurde. Die Analysen basieren auf der Auskühlung des Gesteins bei unterschiedlichen Förder- und Injektionstemperaturen, wenn das Wasser auf parallelen Strömungsbahnen von der Injektionsbohrung zur Fördersonde strömt und sich dabei erwärmt. Nach /JUNG ET AL 2002/

ergeben sich für die gewählten Temperaturintervalle, die in Tabelle 4-2 aufgelisteten Werte

für den Mächtigkeitsfaktor RM. Die Injektionstemperatur bei einer ausschließlichen Strombereitstellung wurde mit 70 °C, bei einer Kraft-Wärme-Kopplung mit 30 °C festgelegt.

Flächenfaktor RF. Aufgrund der punktförmigen Verschneidung der Bohrungen mit der Störung wird sich bei der Durchströmung ähnlich wie bei den Heißwasseraquiferen ein Dipol ausbilden. Deshalb wird für die Störungen analog zu den Heißwasseraquiferen von einem Flächenfaktor von 0,33 ausgegangen /JUNG ET AL 2002/. Die Zahlenwerte für die verschiedenen Faktoren sind in Tabelle 4-2 aufgelistet.

Tabelle 4-2: Mächtigkeitsfaktor RM, Flächenfaktor RF und Geometriefaktor R für Störungen (Bedingungen: Nutzungsdauer: 25 a, Strom: TIN = 70 °C, KWK TIN = 30 °C), nach /JUNG ET AL 2002/

Strom KWK

Temperaturintervall RF RM R RM R

[°C]

100 bis 130 0,33 0,17 0,024 0,12 0,032 130 bis 160 0,33 0,22 0,040 0,19 0,053 160 bis 190 0,33 0,22 0,046 0,22 0,064 190 bis 220 0,33 0,22 0,050 0,22 0,065 220 bis 250 0,33 0,22 0,053 0,22 0,066

4.1.2.3 Kristalline Gesteine

Der Gewinnungsfaktor der kristallinen Gesteine basiert auf dem in Abb. 4-3 veranschaulichten Erschließungskonzept nach /JUNG ET AL 2002/. Es entspricht einer Aneinanderreihung des Modells für die Störungen. Abb. 4-3 zeigt die Ebene der Injektions- und Produktionsbohrung senkrecht zu den künstlich geschaffenen Rissflächen, die in Abständen von jeweils 340 m parallel im Kristallingestein zu schaffen sind.

Abb. 4-3: Erschließungsschema für kristalline Gesteine; d = Abstand der Rissflächen, h = Höhe der Rissflächen, TIN = Ebene der Injektionsbohrung, TEX = Ebene der Produktionsbohrung; nach /JUNG ET AL 2002/

Die eingezeichneten Auskühlungsbereiche für die Ebene der Injektionsbohrung (TIN) und der Produktionsbohrung (TEX) gelten für eine Nutzungsdauer von 25 a und einer

Temperaturleitfähigkeit von 10-6 m2/s bei gleichzeitiger Nutzung der Rissflächen. Am Ende dieses Zeitraums ist die Auskühlungsfront erst bei d/4 angekommen. Somit liegt eine ausreichend konservative Abschätzung vor, damit die einzelnen Rissflächen sich thermisch gegenseitig nicht beeinflussen /JUNG ET AL 2002/. Die Temperaturkurve TIN nimmt in der Ebene der Injektionsbohrung den tiefsten Wert an. Auf dem Weg zur Förderbohrung wird die Wärme aus dem Gestein aufgenommen, so dass der ausgekühlte Bereich in der Ebene der Produktionsbohrung TEX weniger tief in den Untergrund reicht.

Nimmt man wie bei den Störungen an, dass die Rissflächen punktförmig von den Bohrungen durchörtert werden und sich demzufolge ein Dipolströmungsfeld in den Rissflächen ausbildet, können dieselben Gewinnungsfaktoren wie bei den Störungen verwendet werden (Tabelle 4-3).

4.1.2.4 Gewinnungsfaktoren für die drei Reservoirtypen

Der Wirkungsgrad η der Stromerzeugung wird von /KABUS 2002/ für die geothermische Stromerzeugung nach Abb. 4-4 angegeben. Hierbei wird der Kraftwerkseigenverbrauch, vor allem der Energieeinsatz für die benötigten Tiefpumpen vorerst vernachlässigt, da keine pauschalen Aussagen über deren Leistung getroffen werden können.

6%

7%

8%

9%

10%

11%

12%

13%

14%

15%

16%

100 120 140 160 180 200 220 240

Thermalwassertemperatur in °C Wirkungsgrad geothermischer Stromerzeugung

Abb. 4-4: Wirkungsgrad der geothermischen Anlagen zur Stromerzeugung in Abhängigkeit der Thermalwassertemperatur /KABUS 2002/

In Tabelle 4-3 sind die nach Gleichung (4.8) ermittelten Werte für den Gewinnungsfaktor R0 für die 3 Reservoirtypen sowie der Wirkungsgrad η der Stromerzeugung nach /KABUS 2002/ für die unterschiedlichen Temperaturintervalle aufgelistet. Diese Werte werden für die Berechnungen des technischen Angebotspotenzials verwendet. Demnach können im ungünstigsten Fall 0,25 % des Wärmeinhalts des Reservoirs als elektrische Energie gewonnen werden, im günstigsten Fall sind es 2,7 %.

Obwohl bei diesen theoretischen Überlegungen bewusst auf allzu optimistische Annahmen verzichtet wird, können sich in der Praxis zusätzliche Einschränkungen ergeben, die den Gewinnungsfaktor weiter reduzieren. So könnten z. B. die Heißwasseraquifere und die Störungen an vielen Lokationen die geforderte Mindest-Transmissibilität nicht erreichen.

Die mit den Gewinnungsfaktoren aus Tabelle 4-3 ermittelten technischen Potenziale sind deshalb als obere Grenzwerte zu verstehen.

Tabelle 4-3: Gewinnungsfaktor R0 und Wirkungsgrad η für die drei Reservoirtypen und Temperaturintervalle /JUNG ET AL 2002/

Heißwasser-aquifere

Störungen Kristalline Gesteine

R0 [%] R0 [%] R0 [%] η [%]

Temperatur-intervalle [°C]

Strom KWK Strom KWK Strom KWK 100 bis 130 14 27 2,4 3,2 2,4 3,2 10,3 130 bis 160 18 28 4,0 5,3 4,0 5,3 11,7 160 bis 190 21 29 4,6 6,4 4,6 6,4 12,6 190 bis 220 5,0 6,5 5,0 6,5 13,1

220 bis 250 5,3 6,6 13,5

Das geothermische Stromeingangspotenzial Q ergibt sich aus der nutzbaren Wärmemenge H1 des technischen Angebotpotenzials und dem Wirkungsgrad η nach Gleichung (4.10).

Q= η . H1 (4.10)

Q geothermisches Stromeingangspotenzial η Wirkungsgrad der stromerzeugenden Anlage H1 nutzbare Wärmemenge