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Geothermische Stromerzeugung in Deutschland

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Academic year: 2021

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Ökonomie, Ökologie und Potenziale

Von Diplom-Geologin

Silke Rogge aus Hamburg

Von der Fakultät VI

Bauingenieurwesen und Angewandte Geowissenschaften der Technischen Universität Berlin

zur Erlangung des akademischen Grades einer Doktorin der Ingenieurwissenschaften

- Dr.-Ing.-

genehmigte Dissertation

Promotionsausschuss:

Vorsitzender: Univ. Prof. Dr.-Ing. B. Hillemeier Gutachter: Univ. Prof. Dr.-Ing. H. Wolff Gutachter: Prof. Dr.-Ing. M. Kaltschmitt

Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 18.November 2003

Berlin 2004

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Zielsetzung...1

2 Grundlagen der Erdwärme ...3

2.1 Geothermischer Gradient und Wärmequellen...3

2.2 Reservoirtypen...5 2.2.1 Heißwasseraquifere...5 2.2.2 Störungen ...6 2.2.3 Kristalline Gesteine...6 3 Systemtechnik...8 3.1 Erschließungskonzepte...9 3.2 Untertägige Systemelemente...11 3.2.1 Bohrung...11 3.2.2 Komplettierung ...13 3.2.3 Stimulation...15 3.3 Obertägige Systemelemente ...17 3.3.1 Thermalwasserkreislauf ...17

3.3.2 Anlagen zur Strombereitstellung ...18

3.3.3 Wärmebereitstellung mit Fernwärmenetz...22

3.3.4 Optionale Systemelemente...24

4 Potenziale geothermischer Strom- und Wärmebereitstellung ...25

4.1 Angebotspotenzial - Begriffe und Methodik...25

4.1.1 Theoretisches Angebotspotenzial (Heat in Place) ...25

4.1.2 Technisches Angebotspotenzial...28

4.1.2.1 Heißwasseraquifere ...30

4.1.2.2 Störungen ...30

4.1.2.3 Kristalline Gesteine...31

4.1.2.4 Gewinnungsfaktoren für die drei Reservoirtypen ...32

4.2 Angebotspotenzial – Ergebnisse...33 4.2.1 Heißwasseraquifere...33 4.2.1.1 Norddeutsches Becken ...34 4.2.1.2 Oberrheingraben...37 4.2.1.3 Süddeutsches Molassebecken ...45 4.2.1.4 Gesamtpotenzial...48 4.2.2 Störungen ...49 4.2.3 Kristalline Gesteine...51

4.2.3.1 Norddeutsches Becken – Rotliegend-Vulkanite ...52

4.2.3.2 Oberrheingraben...54

4.2.3.3 Mittel- und süddeutsches Kristallingebiet...55

4.2.3.4 Gesamtpotenzial...56

4.2.4 Zusammenfassung...58

4.3 Nachfragepotenzial...59

4.3.1 Verbrauch an elektrischer Energie...59

4.3.2 Leitungsgebundener Wärmeverbrauch ...60

4.3.3 Technische Nachfragepotenziale ...60

4.4 Vergleich ...62

5 Ökonomische und ökologische Analyse ...64

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5.2 Ökonomische Analyse...67 5.2.1 Methodische Vorgehensweise...67 5.2.2 Rahmenbedingungen...69 5.2.3 Investitionskosten...69 5.2.3.1 Basic Engineering ...69 5.2.3.2 Untertägige Systemelemente...69 5.2.3.3 Obertägige Systemelemente...71

5.2.4 Betriebskosten und Erlöse...74

5.2.5 Stromgestehungskosten und Parametervariationen ...75

5.2.5.1 Stromgestehungskosten...75

5.2.5.2 Parametervariationen...80

5.2.6 Vergleich...83

5.3 Ökologische Analyse...83

5.3.1 Methodische Vorgehensweise...84

5.3.1.1 Festlegung des Ziels und Untersuchungsrahmens ...84

5.3.1.2 Sachbilanz ...85 5.3.1.3 Wirkungsabschätzung ...92 5.3.2 Basisdaten ...93 5.3.3 Ökobilanzergebnisse ...94 5.3.3.1 Bilanzergebnisse ...94 5.3.3.2 Sensitivitätsanalyse ...98 5.3.4 Vergleich...103 6 Zusammenfassung ...106 6.1 Systemtechnik ...106 6.2 Potenzialanalyse ...106 6.3 Ökonomische Analyse...106 6.4 Ökologische Analyse...107 Quellenverzeichnis ...108

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Kurzfassung

Ziel dieser Arbeit ist es ein Verfahren zur ökologischen und ökonomischen Analyse und einer Potenzialstudie für eine geothermische Stromerzeugung im Dublettenbetrieb in Deutschland zu entwickeln und ihre Kenngrößen darzustellen. Somit ist es möglich die Nutzung dieses regenerativen Energieangebots im Vergleich mit verschiedenen Optionen auf Basis anderer regenerativer Energien und weiterer Systeme auf Basis fossiler Energieträger einordnen und bewerten zu können.

In Deutschland werden als geothermische Ressourcen vor allem Heißwasseraquifere und Kristallingesteine in ausreichender Tiefe erschlossen. Deren Erschließungskonzepte werden beschrieben; weiterhin werden Störungssysteme als weitere Option erläutert.

Um diesen Kraftwerkstyp modellhaft abzubilden, werden für das Dublettenverfahren die wesentlichen Anlagenkomponenten (untertägige Systemelemente, obertägige Systemelemente) ermittelt. Auch werden die Systemelemente der zusätzlichen Wärmebereitstellung (d.h. Wärme-Kopplung) betrachtet, um den Einfluss einer Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auf die Fragestellungen zu untersuchen.

Den Berechnungen zur Potenzialstudie liegen die Erfassung der nutzbaren Aquifere in Deutschland zugrunde. Die methodischen Vorgehensweisen werden für die Nutzhorizonte dargestellt. Im Rahmen der Potenzialanalyse werden letztlich die Potenziale der geothermischen Strombereitstellung und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) berechnet. Die Potenziale werden mit denen anderer regenerativer Energiebereitstellungsoptionen für Deutschland verglichen.

Aufbauend auf der technischen Analyse wird die ökonomische und ökologische Analyse anhand beispielhaft definierter Anlagenkonfigurationen durchgeführt (ausschließliche Stromerzeugung, KWK mit Wärmeabnehmer Haushalte und KWK mit industriellem Abnehmer).

Im Rahmen der ökonomischen Analyse erfolgt die Bestimmung der Stromgestehungskosten. Dazu werden die Kosten für Bau, Betrieb und Entsorgung ermittelt und annuitätisch über die technische Lebensdauer des Kraftwerks verteilt. Aus den jährlich zu tragenden Kosten (zuzüglich einer Wärmegutschrift bei den Fallbeispielen der KWK) und der bereitgestellten Energie werden die Kosten je Kilowattstunde berechnet. Anschließend wird der Einfluss der unterschiedlichen Parameter in Sensitivitätsanalysen untersucht. Die berechneten Stromgestehungskosten werden mit anderen Optionen der vor Ort möglichen Energiebereitstellung auf Basis regenerativer und fossiler Energien verglichen.

Die folgende ökologische Analyse mittels einer Ökobilanz erfolgt ebenfalls für die drei untersuchten Anlagenkonfigurationen und eine zusätzliche Variante für die Variante KWK mit industriellem Wärmeabnehmer. Bei der Analyse wird ein Schwerpunkt auf die Methodik mit ihren unterschiedlichen Allokationsverfahren für die Kraftwärmekopplung und ihren Auswirkungen auf die Ergebnisse gelegt. Es wird der gesamte Lebensweg des Kraftwerks untersucht, von der Produktion der Basismaterialien wie z. B. Beton und Stahl über den Bau und Betrieb der Anlage bis zur Entsorgung. Betrachtet werden die Wirkungskategorien "Antrophogener Treibhauseffekt", "Versauerung", „Eutrophierungspotenzial“ und "Verbrauch erschöpflicher Energien". Die ermittelten spezifischen Kennzahlen werden in einer

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Sensitivitätsanalyse auf ihre einflussnehmenden Parameter hin untersucht. Auch hier findet ein Vergleich der spezifischen Emissionen mit anderen Kraftwerken auf Basis regenerativer oder fossiler Energiebereitstellungsoptionen statt.

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Einleitung und Zielsetzung

Im Zuge der derzeitigen Klimaschutzdiskussion und der knapper werdenden fossilen Ressourcen geraten die Erneuerbaren Energien in den Fokus der energiewirtschaftlichen Diskussion. Die Fragen, welchen Beitrag die Erneuerbaren Energien jeweils zum Klimaschutz beitragen können, ob dies in einem wirtschaftlich akzeptierten Rahmen möglich ist und letztendlich, ob sie sinnvoll in ein Energiegesamtkonzept in Deutschland eingebunden werden können, stellen sich. Vor diesem Hintergrund soll der Beitrag, der durch die tiefe Geothermie in Deutschland geleistet werden kann, analysiert werden.

Derzeit wird in Deutschland tiefe geothermische Energie im wesentlichen zur Wärmebereitstellung genutzt. Mit der Einführung des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) wurde der Rahmen für eine planungssichere Nutzung geothermischer Energie auch für die Strombereitstellung gelegt. Im Rahmen der Einbindung der Erneuerbaren Energien im Energiesystem Deutschlands, ist die Strombereitstellung aus tiefer Geothermie eine Option, die - im Gegensatz zu z. B Windkraft oder zur Fotovoltaik, welche beide natürlichen Angebotsschwankungen unterworfen sind - Strom in Grundlast bereitstellen kann.

Aufgrund der dargestellten Problematik ist es das Ziel dieser Arbeit ein Verfahren zur ökologischen und ökonomischen Analyse und einer Potenzialstudie für eine geothermische Stromerzeugung in Deutschland zu entwickeln und ihre Kenngrößen darzustellen. Damit ist es letztendlich möglich, die Nutzung dieses regenerativen Energieangebots im Vergleich mit verschiedenen Optionen auf Basis anderer regenerativer Energien und weiterer Systeme auf Basis fossiler Energieträger besser einordnen und bewerten zu können.

Um eine geothermische Strombereitstellung in Deutschland zu realisieren müssen ausgehend von den geologischen Verhältnissen und den Anforderungen der Technik Reservoire in großen Tiefen erschlossen werden. Ausgehend von einer definierten Anlagengrobkonzeption wird dazu eine mögliche Strom- und Wärmebereitstellung betrachtet. Für die unterschiedlichen Reservoirtypen in Deutschland werden zuerst die Potenziale erhoben. Danach werden mit festgelegten Rahmenbedingungen Eckpunkte zur ökonomischen Gestaltung eines Geothermiewerkes berechnet. Hier liegt der Schwerpunkt auf der Strombereitstellung und gekoppelten Strom- und Wärmebereitstellung. Anschließend werden im Rahmen einer Ökobilanzierung die unterschiedlichen zuvor erarbeiteten Anlagenkonzepte miteinander verglichen. Dies geschieht auf der Basis ausgewählter global und lokal wirksamer Emissionen.

Zuerst werden hierzu die geologischen Grundlagen dargestellt. Hierbei wird neben dem Aufbau der Erde näher auf die Wärmeproduktion und den Wärmefluss eingegangen. Des weiteren werden die Speichergesteine möglicher Zielhorizonte erläutert.

Vor allem für die Erschließung der Heißwasseraquifere könnten sowohl für die Technik als auch für die ökonomischen und ökologischen Analysen Daten zusammengetragen werden, da diese schon seit Jahren in Deutschland für die Wärmebereitstellung genutzt werden. Somit ist sicher gestellt, dass realistische Ansätze für die Berechnungen ausgearbeitet werden. Bezug genommen wird daneben auch auf die HDR-Technik und auf Störungen.

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Störungssysteme werden derzeit nicht genutzt und lediglich bei den Potenzialen mit aufgeführt.

Die erforderliche Systemtechnik wird für die Erschließung und Nutzung der Reservoire mit den unterschiedlichen Anwendungen betrachtet. Hierbei werden verschiedene Erschließungskonzepte beschrieben. Danach werden die notwendigen untertägigen Systemelemente mit Bohrverfahren, Stimulation der Nutzhorizonte und Komplettierung erläutert. Die obertägigen Systemelemente werden bezüglich des Thermalwasserkreislaufs und der Anlagen für Strom- und Wärmebereitstellung genauer untersucht.

Die Potenzialbegriffe werden voneinander abgegrenzt und die Methodik für die quantitative Erfassung der drei Reservoirtypen beschrieben. Auf dieser Grundlage werden dann die räumliche Verteilung der Nutzhorizonte dargestellt und ihre Potenziale quantifiziert. Dazu werden alle relevanten Potenzialtypen vom theoretischen Potenzial bis zum technischen Angebotspotenzial erhoben.

Weiterhin werden aus den erarbeiteten technischen Vorgaben mögliche Anlagenkonstellationen definiert, die der ökonomischen und ökologischen Analyse zugrunde gelegt werden.

Die Methodik der ökonomische Analyse wird beschrieben, danach werden die erhobenen Kosten detailliert dargestellt. Die berechneten Stromgestehungskosten zeigen für die unterschiedlichen Referenzszenarien mit Parametervariationen die wichtigsten einflussnehmenden Faktoren auf. Abschließend werden die resultierenden Kosten mit vor Ort möglichen Konkurrenzenergien verglichen.

Weiterhin erfolgt eine ökologische Analyse. Hierbei wird nach der standardisierten Methode eine Ökobilanz (Life-Cycle-Analysis - LCA) erstellt. Dabei werden alle vor- und nachgelagerten Prozesse der erarbeiteten Referenzfälle am Beispiel mehrerer lokal und global wirkender Luftfreisetzungen ermittelt. Hierzu werden Material- und Energiebilanzen der gesamten Systemtechnik erhoben. Unterschiedliche Allokationsverfahren werden entwickelt und miteinander verglichen. Durchgeführte Sensitivitätsanalysen zeigen den Einfluss der jeweiligen Parameter auf das Ergebnis. Des weiteren werden die Schadstofffreisetzungen, die bei einer Anwendung vor Ort möglicher Konkurrenzenergien entstehen würden, mit zuvor definierten Anlagen des Geothermiewerkes und der Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen verglichen. Als Wirkungskategorien sind der energetische Ressourcenverbrauch, der anthropogene Treibhauseffekt und die Versauerung dargestellt. Letztendlich sind in der Schlussbetrachtung die erarbeiteten Ergebnisse zusammengefasst.

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2

Grundlagen der Erdwärme

Die Grundlagen der geothermischen Energiegewinnung beinhalten die Beschreibung der Wärmequellen, des Wärmetransports, des geothermischen Gradienten und der Wärmeanomalien. Weiterhin werden die in Deutschland nutzbaren Speichergesteine charakterisiert.

2.1 Geothermischer Gradient und Wärmequellen

Bei Temperaturmessungen von Tiefbohrungen zeigt sich, dass die Temperatur in der Erde einen Anstieg von etwa 30 K/1 000 m erfährt (Abb. 2-1). Dieser Wert ist jedoch lediglich als grober Anhaltswert zu sehen, da lokal die Temperatur-Tiefen-Verteilung stark variiert und von geologischen Gegebenheiten bestimmt wird.

Abb. 2-1: Temperaturanstieg mit zunehmender Tiefe /KALTSCHMITT ET AL 2003/

Abb. 2-1 zeigt den Temperaturgradienten für einige Gebiete der Erde. In tektonisch aktiven Gebieten, wie es z. B. auf Island oder im Bereich Lardarello, Italien, durch vulkanische Aktivität, Geysire oder Fumarolen augenscheinlich sichtbar wird, ist an der Erdoberfläche ein erhöhter Wärmefluss zu messen. In solchen Gebieten kann die Erdwärme direkt an der Oberfläche oder in geringer Tiefe gewonnen werden. In Deutschland liegt im Durchschnitt ein geothermischer Gradient von 30 K/1 000 m vor. Eine Ausnahme bildet der Oberrheingraben, der einen deutlich erhöhten Temperaturgradienten aufweist und wo schon in 1 000 m Tiefe Temperaturen von 90 °C anzutreffen sind.

Der Wärmefluss q an der Erdoberfläche berechnet sich nach /EISBACHER 1991/ aus folgender Beziehung (Gleichung (2.1)).

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q = - k . dT/dz (2.1) q Wärmefluss [W/m²]

k Wärmeleitfähigkeit [W/mK] dT/dz Temperaturgradient [K/m]

Metalle sind mit >50 W/mK sehr gute, Gesteine mit 4 W/mK und Wasser mit 0,6 W/mK eher schlechte Wärmeleiter.

In tektonisch inaktiven, kontinentalen Bereichen werden für den Wärmefluss ca. 60 mW/m² gemessen, wobei sich dieser Wert bei den älteren archaischen Schilden auf 40 mW/m² wie z. B. in Südafrika verringert. In den jüngeren, mesozoisch gebildeten Krustenstreifen beträgt der Wärmefluss ca. 70 mW/m² /EISBACHER 1991/.

Die beiden bedeutendsten Wärmequellen aus denen dieser Wärmefluss resultiert sind 1. eine initiale Hitze, die bei der Erdentstehung entstanden ist und

2. die radioaktive Wärmeproduktion natürlicher radioaktiver Isotope.

Die Energie der Akkretion kann auf 3,75 1032 J geschätzt werden /EARTH -SCIENCE 2001/. Dieser Wert wird aus der Gravitationsenergie und der Masse der Erde abgeschätzt. Ein großer Teil dieser Energie wurde durch die Abkühlung der Erde verloren. Mit einem Alter der Erde von 4,5 Mrd. Jahren wird dieser Verlust auf 4,5 1030 J berechnet. Der Verlust liegt nahe an der entstandenen Energie, so dass für die heutige Wärmeproduktion vor allem die radioaktive Wärmeproduktion verantwortlich ist.

Ein wesentlicher Teil des Wärmeflusses, der an der Erdoberfläche gemessen wird, stammt aus der Wärmeproduktion der radioaktiven Elemente Kalium, Thorium und Uran. Wegen des schon lange andauernden Zerfalls der radioaktiven Isotope und einer z. T. bereits schon weit fortgeschrittenen Erosion, ist die Wärmeproduktion in geologisch alten Kontinenten geringer als in geologisch jüngeren. Diese Elemente sind vor allem in granitoiden Gesteinen der Oberkruste angereichert. Analysen zeigen, dass in magmatischen Gesteinen der Gehalt der radioaktiven Elemente mit dem Gehalt an SiO2 ansteigt, weshalb eine weitere Abhängigkeit der Wärmeproduktion von der Art der Gesteine und somit von der Geschichte, die sie durchlaufen haben, sichtbar wird. So besitzen z. B. Granite eine Wärmeproduktion von 2 bis 6 µW/m³a, Basalte 0,3 µW/m³a und Peridotite 0,01 µW/m³a /EISBACHER 1991/.

Hinzu kommt die Energiezufuhr aus dem oberen Mantel, welche als reduzierter Wärmefluss bezeichnet wird /EISBACHER 1991/. Dies bedeutet, dass über die radioaktive Produktion hinaus, welche nach den Anteilen der radioaktiven Elemente am Gestein berechnet werden kann, ein Anteil besteht, der aus dem Erdinneren kommt.

Aus diesen Wärmequellen ergibt sich ein ausgleichender Wärmefluss vom heißen Erdinneren an die kühlere Erdoberfläche. Der Transport erfolgt durch drei unterschiedliche Mechanismen:

• Advektiver Wärmetransport: Aufstieg heißer Intrusivkörper bzw. magmatisch aufgeheizter Fluide in neu geschaffenen Dilatationszonen;

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• Konvektiver Wärmetransport: Zirkulation fluider Phasen im Porenraum bzw. in Klüften; • Konduktiver Wärmetransport: Wärmeleitung im festen Gestein.

2.2 Reservoirtypen

Um Erdwärme Nutzen zu können ist ein Trägermedium notwendig, um die Energie dem Erdinneren zu entziehen. Dazu dient i. Allg. natürlich vorhandenes oder injiziertes Wasser. Dem geförderten Wasser wird übertage dann die Wärme entzogen und der jeweiligen Nutzung zugeführt. Geothermische Reservoire, die für eine derartige Nutzung infrage kommen, werden im Folgenden in Heißwasseraquifere, kristalline Gesteine und Störungen unterteilt.

2.2.1 Heißwasseraquifere

Heißwasseraquifere sind innerhalb einer stratigrafischen Formation geringmächtige, wasserführende Schichten. Ihre Tiefenlage ist im regionalen Maßstab infolge von Faltungen, Beckenbildung oder Bruchschollentektonik sehr unterschiedlich. Lokal können sie dagegen meist als mehr oder weniger horizontale Schichten angesehen werden. Die Unterteilung der Heißwasseraquifere erfolgt in die drei Gesteinstypen Poren-Wasserleiter, Kluft-Wasserleiter und Karst-Hohlräume.

Poren-Wasserleiter zeichnen sich durch eine hohe Porosität aus, die sich allerdings nur geringmächtig innerhalb einer Formation befinden. Daraus resultiert eine Speicherkapazität von Wasser innerhalb der Poren und eine weitreichende Permeabilität durch die homogene Verteilung der Poren. Poren-Wasserleiter sind Sandsteine, die Porositäten bis zu 30 % erreichen können. Ausschlaggebend für die Permeabilität sind jedoch die Verbindungen zwischen den Poren, welche die Fließwege darstellen und die Permeabilität bedingt. Mit zunehmender Tiefe sind die Gesteine zunehmend höheren Druck- und Temperaturverhältnissen ausgesetzt, die eine Verfestigung der Gesteine durch Ausfällungs- und Lösungsprozesse bedingt. Die Porosität und somit auch die Permeabilität nehmen ab. Weiterhin können auch die Sandsteine selber beträchtliche Schwankungen ihrer Porosität aufweisen (z. B. durch unterschiedliche Ablagerungsbedingungen).

Mit zunehmender Tiefe nimmt die Porosität demnach wegen diagenetischer Veränderungen der Gesteine ab. Gerade hier aber werden die hohen Temperaturen erreicht, die für eine Stromerzeugung notwendig sind. Solche Gesteine werden über entsprechende Stimulationsmaßnahmen, bei denen Fließwege über künstlich erzeugte Risssysteme hervorgerufen werden, nutzbar gemacht. Unter klüftig – porösen Speichern werden deshalb im Folgenden Speichergesteine verstanden, welche eine gering poröse Matrix besitzen, wobei zusätzliche Fließwege über Klüfte vorhanden sind. Diese Kluftsysteme müssen nicht primär vorliegen, sondern können durch die Erzeugung künstlicher Risssysteme realisiert werden. Kluft-Wasserleiter kommen in ausreichend spröden Gesteinen vor, wobei offene Klüfte oder Risse vorhanden sind. Von diesen Klüften sind meist einige wenige die dominierenden

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Wasserleiter in einem Kluftsystem. Entscheidend für eine ausreichende Gebirgspermeabilität ist deshalb der Vernetzungsgrad der einzelnen Klüfte und die Ausdehnung, die für das zu erschließende Gebirgsvolumen verantwortlich ist. Ein Beispiel für die Kluft-Wasserleiter sind die Buntsandsteine des Oberrheingrabens /SAUER & MUNCK 1979/.

Karsthohlräume treten in Karbonatgesteinen auf, in denen sie durch Lösungsvorgänge entstanden sind. Im Malmkarst z. B. bilden sie ein durchgängiges Netz und stellen somit Gesteinsschichten mit enormer Transmissibilität dar. Bohrungen können dort eine sehr hohe Produktivität erreichen. Wird der Karsthohlraum verfehlt, kann häufig durch einen Säureeintrag der Anschluss an das Hohlraumsystem geschaffen werden /SCHULZ & JOBMANN 1989/.

2.2.2 Störungen

Störungen sind Gleitflächen, die dann entstehen, wenn Gesteine des tieferen Untergrunds durch tektonische Kräfte deformiert werden, dabei spröde reagieren und Bruchzonen ausbilden. Hierbei können sie unterschiedliche Geometrien ausbilden. I. Allg. stehen sie nahe der Erdoberfläche sehr steil bis vertikal und werden zur Tiefe hin von flacheren Bewegungsbahnen abgelöst. Nahe beieinander gelegene Störungen gehen dabei in größerer Tiefe ineinander über. Ihren Ausbiss (d. h. ihren Verschnitt mit der Oberfläche) kann man im regionalem Maßstab über Längen von einigen 10 km verfolgen.

Insgesamt ist das Wissen über die hydraulischen Eigenschaften von Störungen noch gering. Bekannt ist jedoch, dass die Durchlässigkeit von Störungen sehr unterschiedlich sein kann /JUNG ET AL 2002/. Störungen können deutlich größere Durchlässigkeiten als das benachbarte Gestein haben. Bewegungen von Fluiden werden dann auf diese Störungsbahnen fokussiert und es findet ein konvektiver Wärmetransport statt. Dadurch aufsteigende Fluide transportieren Wärme in geringere Tiefen, welche dann heißer als das Nebengestein sind. Diese Umstände machen Störungen für eine geothermische Nutzung interessant /JUNG ET AL 2002/. Gering durchlässige Störungen dagegen wirken als Wasserstauer, an denen sich die Grundwassergleichen um viele Dutzend Meter unterscheiden können. Hierfür kann z. B. ein Tonpaket, welches auf die Bewegungsbahn geschleppt wurde (sog. clay smear) verantwortlich sein oder es ist in großen Tiefen zu einer Mylonitisierung, d. h. vollkommenen Zermahlung des Gesteins während des Bruchvorgangs, gekommen. Auch muss damit gerechnet werden, dass die Transmissibilität von Störungen örtlich variiert. Dieselbe Störung kann z. B. in einem harten, spröden Gestein eine hohe und in einem weichen plastischen Gestein dagegen eine geringe Transmissibilität aufweisen /JUNG ET AL 2002/.

2.2.3 Kristalline Gesteine

Bei kristallinen Gesteinen handelt es sich allgemein um magmatische und metamorphe bzw. vulkanitische Gesteine. Hierzu gehören einerseits Sockelgesteine, welche unter den Sedimentgesteinen liegen oder andererseits um Intrusivkörper; sie bestehen meist aus Granit oder Gneis. Weiterhin zählen hierzu vulkanische Gesteine, welche ebenso eine sehr geringe

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Porosität und wenig natürlich vorhandenes Wasser besitzen. Sie werden als „trockene, heiße Gesteine“ (Hot Dry Rock – HDR) bezeichnet. Dennoch sind sie durch natürliche oder künstlich geschaffene Kluftsysteme nutzbar. Die Kluftsysteme durchziehen den Gesteinskörper und stellen sekundäre Fließwege dar. Unzureichende Kluftsysteme können beispielsweise über eine Injektionsbohrung durch Verpressen von Wasser mit hohem Druck im Untergrund aufgeweitet werden, um eine hydraulische Verbindung zwischen mindestens zwei Bohrungen herzustellen. Zur geothermischen Nutzung wird dann Wasser in die Tiefe eingespeist, welches über die aufgebrochenen Klüfte auf dem Weg zur Förderbohrung die Wärme aus dem tiefen Gestein aufnimmt und dann wieder gefördert wird. Die Kluftsysteme dienen dann als natürliche Wärmeaustauschflächen.

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3 Systemtechnik

Für die geothermische Energiebereitstellung ist unter den in Deutschland herrschenden geologischen Verhältnissen ein bohrtechnischer Aufschluss der Ressource zwingend notwendig. Hier wird der Aufschluss der Ressource exemplarisch über ein Dublettenverfahren untersucht. Daraus folgend muss eine Förder- und eine Injektionsbohrung abgeteuft werden. Das Thermalwasser wird über die Förderbohrung zutage gebracht. Bei der energetischen Nutzung kühlt es aus und wird dann über die Injektionsbohrung wieder in den Untergrund verpresst. Das Wasser nimmt dann auf dem Weg zur Förderbohrung die Wärme des durchflossenen Gesteins auf und wird wieder zutage gefördert. In Abb. 3-1 ist dies für eine geothermische Wärmebereitstellung dargestellt. Für eine auch mögliche Kraft-Wärme-Kopplung (d. h. gekoppelte Strom- und Wärmebereitstellung) werden vor der Heizzentrale die Anlagekomponenten zur Stromerzeugung geschaltet; ansonsten folgt die geothermische Strom- und Wärmebereitstellung dem in der Abbildung gezeigten Aufbau.

Förder-bohrung Injektions-bohrung Abnehmer Geothermische Heizzentrale

Abb. 3-1: Prinzip einer geothermischen Wärmebereitstellung /KAYSER 1999/

Zuerst werden die Erschließungskonzepte der Nutzhorizonte beschrieben. Danach werden die Systemkomponenten zur Erschließung des Trägergesteins erläutert, hierzu gehören das Bohrverfahren und die Stimulationstechnik. Weiterhin wird die Systemtechnik der obertägigen Installationen dargestellt. Es werden der Thermalwasserkreislauf, die Anlagen zur Strombereitstellung und zur Wärmebereitstellung sowie optionale Systemelemente benötigt. Solche optionalen Systemelemente sind zur Spitzenlastabdeckung der Wärmebereitstellung notwendig und sollen bei einem Ausfall der geothermischen Heizanlage den gesamten Energiebedarf bereitstellen.

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3.1 Erschließungskonzepte

Es wird hier zwischen Heißwasseraquiferen, Störungszonen und kristallinen Gesteinen unterschieden. Durch die verschiedenen Eigenschaften der Gesteine, die bei den jeweiligen Konzepten genutzt werden, liegen jeweils spezielle Anforderungen an die Erschließung vor. Sie werden durch mindestens zwei Tiefbohrungen, der Dublette, betrieben; wobei eine als Förder- die andere als Injektionsbohrung (Abb. 3-1) komplettiert wird.

Heißwasseraquifere. Nach der Nutzung wird das abgekühlte Thermalwasser in ausreichender Entfernung zur Förderbohrung wieder in das Trägergestein reinjiziert. Der Grund hierfür liegt einerseits in der umweltgerechten Entsorgung der teilweise stark mineralisierten Wässer; dadurch ist eine oberirdische Einleitung in einen Vorfluter nicht ohne weiteres möglich. Andererseits wird der hydraulische Druck im Förderhorizont aufrecht erhalten. Nach /ONDRAK ET AL 1998/ kann ansonsten bei einer langfristigen Entnahme eine Senkung des Druckes herbeigeführt werden, was wiederum zu einer Erhöhung der Pumpleistung führt. Im Untergrund wird das Thermalwasser auf dem Weg zur Entnahmestelle wieder erwärmt und entzieht dem umgebenden Gestein die Wärme. Innerhalb der Gesteinsformation ist aus diesem Grund über einen längeren Zeitraum mit einem Abkühlungseffekt zu rechnen /ONDRAK ET AL 1998/. Dieser setzt an der Injektionsstelle ein und breitet sich langsam von der Injektionsbohrung zur Förderbohrung hin aus. Abb. 3-2 zeigt exemplarisch die von /ONDRAK ET AL 1998/ mittels numerischer 3-D-Simulation berechnete Temperaturverteilung nach 30 Jahren aktiver Produktion und Injektion in einem Aquifer. Damit kann der notwendige Abstand von Entnahme- und Injektionsstelle berechnet werden.

Abb. 3-2: Simulierte Temperaturverteilung innerhalb des Aquifers nach 30 Jahren kontinuierlicher Produktion /ONDRAK ET AL 1998/

Die Randbedingungen für die hier gezeigte Simulation sind konstante Förder- und Injektionsraten in einem porösen Medium. Abb. 3-2 zeigt, dass bei einem Abstand der Förder- und Injektionsbohrung von 500 m nach 30 Jahren die Kältefahne kurz vor dem Durchbruch steht. Das abgekühlte Thermalwasser aus der Injektionsbohrung vermengt sich dann mit dem heißen Thermalwasser, das aus der Umgebung der Produktionssonde nach übertage gebracht wird.

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Die Produktion müsste somit zugunsten einer Recovery–Phase des Untergrundes eingestellt werden. Zur Zeit sind hydrothermale Systeme auf ungefähr 30 Jahre ausgelegt /ONDRAK ET AL 1998/. Danach müsste die Bohrung in einiger Entfernung neu abgeteuft werden. Des weiteren gibt es auch theoretische Ansätze, die mehrere Bohrungen zeitweise nutzen, um so den Auskühlungseffekt zu minimieren.

Die bisher genutzten Bohrlochkonfigurationen in Heißwasseraquiferen nach dem Dublettenverfahren beschränken sich auf drei Varianten /SIEBERTZET AL 1998/. Dabei ist eine grundsätzliche Anforderung an die Anordnung der Bohrungen, dass sie in der Tiefe einen genügend großen Abstand zueinander aufweisen. Dies kann über eine ausreichende Entfernung der beiden Bohrungen an der Erdoberfläche und ein jeweils saigeres Abteufen realisiert werden (Abb. 3-3) oder aber durch eine oder zwei abgelenkte Bohrungen, wobei der Bohrabstand an der Erdoberfläche entsprechend verringert wird.

Pumpe

GHZ

2 vertikale Bohrungen 2 abgelenkte Bohrungen 1 vertikale / 1 abgelenkte Bohrung

Aquifer GOK GHZ

Pumpe Pumpe

GHZ

Abb. 3-3: Unterschiedliche Bohrlochkonfigurationen; verändert nach /SIEBERTZ ET AL 1998/

Der Vorteil bei zwei abgelenkten Bohrungen liegt in der gemeinsamen Nutzung eines Bohrplatzes und somit der Versorgungs- und Verwaltungseinrichtungen, mit den damit verbundenen logistischen und infrastrukturellen Vorteilen.

Störungszonen. Störungszonen werden bisher in Deutschland nicht für die Erdwärmegewinnung genutzt. Die Anwendung eines Dublettensystems ist auch bei diesem Reservoirtyp grundsätzlich denkbar. Bei einer Erschließung mit einer Produktions- und Injektionssonde muss die Störungszone jeweils durchörtert werden, wofür die Richtbohrtechnik zur Erschließung verfügbar ist. Durch gezieltes Ablenken der Bohrung aus der Vertikalen lassen sich die steil bis vertikal einfallenden Störungen mit relativ hoher Sicherheit durchörtern, wenn Lage, Richtung und Einfallen der Störung bekannt sind.

Wird die Störungszone an einer Stelle mit nicht ausreichender Transmissibilität getroffen, kann die Ergiebigkeit durch Sekundärmaßnahmen gesteigert werden. In Karbonatgesteinen bietet sich dafür vor allem die Säureinjektion an. In anderen Festgesteinen ist die Frac-Technik aussichtsreicher.

Kristalline Gesteine. Für HDR-Projekte werden ebenso mindestens zwei Bohrungen benötigt. Hier ist allerdings im Untergrund das Kluftsystem entsprechend anzulegen. Das injizierte Wasser durchläuft dann Rissflächen von mehreren Quadratkilometern auf dem Weg zur Förderbohrung. Dabei wird die im Gestein enthaltene Wärme auf das Wasser übertragen. In Abb. 3-4 sind drei unterschiedliche Konfigurationen zur Nutzung der tiefen Gesteine

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dargestellt. Die Bohrungen werden durch künstliche Risse (Los Alamos, USA), aufgeweitete Klüfte (Camborne, England) oder durch Einbeziehung und Aktivierung lokaler Störungszonen (Soultz, Frankreich) miteinander verbunden /JUNG ET AL 2002/.

Los Alamos Camborne Soultz

Störun g

Abb. 3-4: Erschließungskonzepte für die geothermische Nutzung der kristallinen Tiefengesteine nach dem Hot-Dry-Rock-Verfahren /JUNG ET AL 2002/

3.2 Untertägige Systemelemente

Um eine für die geothermische Strombereitstellung ausreichende Temperatur von mindestens 100°C zu erreichen, muss in Deutschland mit einem durchschnittlichen geothermischen Gradienten ungefähr 3 000 m tief gebohrt werden. Der erste Schritt für die Erschließung der geothermischen Wärme ist somit das Abteufen der Förder- und Injektionsbohrungen und ggf. die Stimulation der Speichergesteine. Danach werden die Bohrungen, um einen kontinuierlichen Betrieb gewährleisten zu können, komplettiert und die Pumpe in die Fördersonde eingebaut.

3.2.1 Bohrung

Für Bohrungen mit Teufen von mehreren Kilometern wird hier das Rotary-Bohrverfahren, welches aus der Erdölexploration sehr gut bekannt ist, beschrieben. Es wird sowohl für Heißwasserreservoire als auch für HDR-Systeme angewendet. Die wichtigsten Komponenten des Rotary-Bohrverfahren sind in Abb. 3-5 dargestellt.

Mit Hilfe eines Drehtisches, der mit einem Antriebsmotors angetrieben wird, wird auf den Bohrstrang ein Drehmoment übertragen. Beim Antriebsmotor handelt es sich meist um ein Dieselaggregat oder - bei vorhandener Infrastruktur - einen Elektromotor. Über den direkt über dem Bohrmeißel angebrachten Schwerstangen wird der Andruck und das Drehmoment übertragen. Durch die Spülung wird das Bohrklein ausgetragen /PUSCH 1995/.

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Bohrstrangsystem. Das Bohrstrangsystem besteht aus dem Bohrgestänge und dem Bohrwerkzeug. Das Bohrgestänge selbst besteht aus einem Hohlbohrgestänge, wobei direkt über dem Meißel die Schwerstangen als Teil des Bohrstranges angebracht sind.

Gestängezüge Spülkopf Mitnehmerstange Drehtisch Hebewerk Antriebsmotor Spülungskreislauf Spülpumpe Bohrgestänge Schwerstangen Bohrmeißel

Abb. 3-5: Komponenten einer Rotary – Bohrung nach /FÖRSTER 1991/

Meißel. Es können eine Vielzahl von Meißelarten eingesetzt werden, die jeweils der Härte des zu durchbohrenden Gesteins angepasst werden. Durch die Drehbewegung löst der Meißel das Gestein und wird hierbei je nach Härte der zu durchbohrenden Schichten abgenutzt. Die mechanische Meißelleistung steht in direktem proportionalem Zusammenhang mit dem Produkt von Drehmoment und Drehzahl. Für eine 5 000 m Bohrung werden je nach Gestein ungefähr 10 Meißel verbraucht /UEBERHORST 1999/. Zum Wechseln des Meißels muss der gesamte Bohrstrang nach übertage gezogen, der Meißel ausgewechselt und dann wieder auf Bohrlochsohle gebracht werden. Ein solcher Vorgang ist zeitintensiv und dauert bei 4 000 m ungefähr 12 bis 14 Stunden.

Spülungskreislauf. Durch den Bohrstrang wird die Spülung unter hohem Druck zum Meißel gepumpt, tritt dort aus und wird zwischen dem Gestänge und der Bohrlochwand wieder nach oben befördert. Die Spülung dient dabei der Reinigung der Bohrlochshohle und damit der Austragung des Bohrkleins, welches auf dem Weg nach oben mit transportiert wird. Gleichzeitig wird sie zur Schmierung und Kühlung des Meißels eingesetzt, welcher sich durch die Reibung erhitzt. Der Spülstrahl hat durch den hohen Druck, mit dem er auf die Bohrlochsohle auftrifft, als hydraulische Leistung einen großen Einfluss auf den Bohrfortschritt. Er steht damit zusätzlich zur mechanischen Meißelleistung zur Verfügung. Übertage wird das Bohrklein aus der Spülung entfernt und entsorgt. Die gereinigte Spülung

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wird wieder in den Spülungskreislauf eingebracht, so dass möglichst wenig Materialeinsatz anfällt /PUSCH 1995/.

Durch das Austragen des Bohrkleins wird zusätzlich über die Spülung die Bohrlochwand gestützt (hydraulische Verrohrung). Für diese Aufgabe kommt der Materialauswahl der Spülung eine große Bedeutung zu. Als Spülung werden Flüssigkeiten mit thixotropen Eigenschaften verwendet. Dies bedeutet, dass bei mechanischer Beanspruchung der Bohrspülung ein flüssiger Aggregatzustand vorherrscht und dass die Flüssigkeit ohne mechanische Belastung einen festen Zustand annimmt. Somit steht während des Bohrens ständig eine Flüssigkeit zum Austragen des Bohrkleins, als hydraulische Verrohrung, zum Schmieren des Meißels und als hydraulische Leistung zur Verfügung. Während eines Bohrstillstandes dient das nun feste Material als Stütze der Bohrlochwand.

Die Materialauswahl der Spülung muss wegen der vielen Anforderungen mit großer Sorgfalt geschehen. Neben den beschriebenen bohrtechnischen Anforderungen muss weiterhin gewährleistet bleiben, dass Bohrlochuntersuchungen durchführbar sind und dass das erbohrte Gestein so wenig wie möglich geschädigt wird (Quellung durch Spülungsverluste und ähnliches) /PUSCH 1995/.

3.2.2 Komplettierung

Zur Komplettierung zählen der Bohrlochkopf, die Einbringung der Förderstränge und die “bottom hole completion”, d. h. die Ausrüstung im Trägerbereich.

Verrohrung. Die Verrohrung sind einzementierte Stahlrohre, die schon während der Bohrung abschnittsweise eingebaut werden, da die Spülung alleine nicht ausreicht, um die Bohrlochwand, besonders bei großen Teufen bis übertage zu stützen. Die Verrohrung dient der Bohrlochwand als Schutz gegen Auswaschungen und Ausbrüche. Sie verhindert unerwünschte Zu- oder Abflüsse (z. B. der Spülung) und verhindert Nachfall aus dem Gebirge ins Bohrloch. Die Verrohrung wird entweder als sogenannter Liner in die schon installierten Verrohrungen eingehängt oder kann bis an die Oberfläche des Bohrlochs geführt werden /PUSCH 1995/.

Zementation. Die Zementation der Rohre dient mehreren Zwecken. Wichtig ist ein Massenanschluss der Verrohrung ans Gebirge. Dieser leitet die aus der Beanspruchung der Verrohrung resultierenden Kräfte ins Gebirge ab und verhindert den Fluidfluss zwischen verschiedenen Gebirgsschichten. Somit sind die einzelnen Formationen isoliert und eine Kontamination oder Vermischung verschiedener Grundwasserhorizonte wird vermieden. Weiter dient die Zementation dem Casing als Korrosionsschutz. Der Zement wird von übertage mit hohem Druck in den Ringraum zwischen Casing und Gebirge verpresst. Er wird mit Zusätzen gemischt, welche die erforderlichen rheologischen Eigenschaften, die Abbindezeit und die Endfestigkeit steuern sollen /PUSCH 1995/.

Bohrlochausrüstung. Die Bohrlochausrüstung im Trägerbereich kann auf zwei unterschiedliche Arten ausgebaut werden. Es gibt die verrohrte und die „open-hole“ Komplettierung (Abb. 3-6). Bei letzterem ist die Förderformation (Träger) nicht verrohrt. Diese Komplettierung wird in Heißwasseraquiferen nur selten angewendet, da sie eine hohe

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Standsicherheit des Trägerhorizontes voraussetzt, ansonsten würden sich immer wieder Schwierigkeiten mit eindringendem Sand aus dem Horizont in das Bohrloch ergeben. Aus diesem Grund wird häufig ein Stützfilter eingebracht, mit dem Ziel die Bohrung im Trägergestein offen zu halten und somit den Zutritt des Fördermediums zu ermöglichen.

Abb. 3-6: Schematische Darstellung der Förderbohrung (links) und Injektionsbohrung (rechts) nach /FÖRSTER 1991/

Um eine kontinuierliche Förderung zu gewährleisten, muss das Bohrloch der Fördersonde vor Blockierungen geschützt werden. Durch Infiltration von Feinsand kann eine Verstopfung des Trägerhorizontes oder der Pumpen und dadurch ein erheblicher Schaden entstehen. Bei den Pumpen bewirkt der Sand durch erhöhte Reibung einen starken Verschleiß. Diesen Vorgängen wird durch die Ermittlung einer sicheren Fördergeschwindigkeit entgegengewirkt, die nicht zur Auswaschung des Förderhorizontes führt und demnach nicht überschritten werden darf. Damit die Anlagenkomponenten geschützt sind, wird der Sand z. B. durch Filter zurückgehalten. Diese sind als mit Filterdraht umwickelte, geschlitzte Rohre um die Fördereinheiten herum gebaut. So wird der Sand zwischen Bohrlochwand und Filter abgesetzt. Dies ist schematisch in Abb. 3-6 dargestellt.

Durch die Reinjektion des Thermalwassers über die Fördersonde kann der Reservoir-Druck beibehalten oder sogar erhöht werden /STEFANSSON 1996/. Der Druck im Untergrund ist für die Förderraten ausschlaggebend, da hiervon auch die Pumpenleistung abhängt. In geothermischen Feldern sinkt die Produktionsrate häufig wegen eines Druckabfalls im Reservoir. Auch die Fördersonde muss vor Infiltration von Feststoffen, die z. B. durch Ausfällungen im Thermalwasserkreislauf entstehen können, geschützt werden. Dies wird

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durch übertage installierte Filter realisiert. Abb. 3-6 rechts zeigt eine Injektionsbohrung die durch Perforationen im Trägergestein den Eintritt des Thermalwassers erleichtert.

Pumpen. Reinjektionspumpen werden auf der Oberfläche installiert. Obwohl sie sehr große Mengen von möglicherweise salinaren geothermischen Wässern bewältigen müssen, arbeiten sie i. Allg. nicht bei hohen Temperaturen. Deshalb können für die Reinjektionspumpen meist gewöhnliche Standard Pumpen benutzt werden.

Dies gilt nicht für die Produktionssonde, hier werden die Tiefpumpen innerhalb der Bohrung installiert. Sie sind dann einer heißen Umgebung ausgesetzt und müssen oft aggressive Fluide nach übertage bringen, welche z. B. feine Partikel wie Sand beinhalten können. Die benötigte Pumpenleistung ist nach /LEGARTH & WOLFF 2002/ von den Aquifereigenschaften, der gewünschten Produktionsrate und dem Druck am Bohrlochkopf abhängig. In Abb. 3-7 ist dieser Zusammenhang in Abhängigkeit der Förderrate für unterschiedliche Produktivitätsindizes aufgetragen.

0 500 1000 1500 2000 2500 50 100 150 200 Förderrate in m³/h P u m p en an tr ie bs le is tu ng in k W PI = 5 PI = 10 PI = 30 PI = 50

Abb. 3-7: Leistung der Förderpumpe in Abhängigkeit des Produktivitätsindexes PI ([m³/h MPa]) (nach /LEGARTH & WOLFF 2002/)

Der Produktivitätsindex PI ist abhängig von den petrophysikalischen und hydraulischen Reservoireigenschaften und weiterhin von der Geometrie des Reservoirs und der Bohrung. Er beschreibt den Druckwiderstand, der überwunden werden muss, um eine gewünschte Förderrate zu erzielen. Somit variiert der Produktivitätsindex mit jeder Bohrung/LEGARTH & WOLFF 2002/. Die Abbildung zeigt, dass die Pumpenantriebsleistung mit größer werdenden Förderraten überproportional ansteigt. Auch haben die Reservoireigenschaften größere Auswirkungen auf die Pumpenantriebsleistungen als der Druck am Sondenkopf /LEGARTH & WOLFF 2002/.

Sondenkopf. Abschließend wird auf den Bohrungen der Sondenkopf installiert, an dem wiederum die Thermalwasserleitung und somit die obertägigen Systemelemente angeschlossen werden.

3.2.3 Stimulation

Stimulationen des Gesteins werden bei gering ergiebigen Speichern notwendig. Dies können poröse Speichergesteine und kristallines Gestein sein.

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Poröse Speichergesteine. Da mit zunehmender Teufen i. Allg. geringere Porositäten und Permeabilitäten gegeben sind, werden - um eine technische Nutzbarmachung zu ermöglichen - Stimulationsmaßnahmen zwingend notwendig. In der Erdöl- und Erdgasindustrie kommt dazu das Hydraulic Fracturing zur Anwendung. Dabei wird ein Fluid (z. B. Wasser mit Zuschlagsstoffen) über eine Bohrung in den Untergrund verpresst. Übersteigt der Druck der eingepressten Flüssigkeit die im Untergrund vorhandene Spannung, werden existierende Klüfte aufgeweitet und neue Risse entstehen; die Permeabilität im so stimulierten Gestein nimmt zu. Dieses Hydraulic Fracturing wird erfolgreich in Gesteinen wie z. B. Sandstein, Tonstein, Dolomit oder Granit angewendet.

Nach Abschluss der Stimulation kann der natürliche Gebirgsdruck die gebildeten Risse langsam wieder schließen. Um dies zu vermeiden, können dem Fluid Stützmittel zugegeben werden, welche die Kluft offen halten und dadurch eine bleibend hohe Permeabilität gewährleisten sollen. Das Stützmittel muss aber auf das zu stimulierende Gestein abgestimmt sein. Ist das Stützmittel zu weich, wird es von dem Gebirgsdruck zerdrückt; die Permeabilität sinkt wieder. Ist es zu hart, drückt es sich in das umgebende Gestein; auch dann geht die Permeabilität zurück. Deshalb wird oft spezieller Sand eingesetzt, der u. a. nach Härte, Korngröße, Korngrößenverteilung und Dichte ausgesucht wird /BRADLEY 1987/.

Kristallines Gestein. Die Aufgabe der Stimulation des Speichergesteines ist die erfolgreiche Aufweitung von Klüften, die ein weitläufiges Netz miteinander verbundener Fließwege aufbauen. Wichtig ist, dass die Aufweitung mit viel höheren Drücken durchgeführt wird, als später beim Betrieb zum Einpressen von Wasser verwendet wird. Ansonsten besteht nach /BAUMGÄRTNER & JUNG 1999/ die Gefahr einer kontinuierlichen Aufweitung des Kluftsystems und somit möglichen Fluidverlusten. Mit einem einmaligen Verpressen ist das Gebirge noch nicht großräumig genug aufgeweitet. Der Prozess der Stimulation muss mehrere Male wiederholt werden. Die wichtigsten Prozesse, die dabei ablaufen, sind mechanische Bruchprozesse durch Scherung und Zugrissbildung sowie die Auswaschung von Füllmaterial in natürlichen Rissen und Klüften. Des weiteren finden chemische Lösungsprozesse statt und durch die schlagartige Abkühlung des Gebirges bei der Fluidinjektion schrumpft das Gestein und eine thermische Rissbildung wird eingeleitet.

Bei einer Stimulation im Grundgebirge wirken aber auch vorhandene Scherspannungen auf das Gestein und verschieben die unebenen Scherflächen gegeneinander. Dadurch bilden die gegenüberliegenden Unebenheiten Stützpunkte, die ein vollständiges Schließen der Risse verhindern (sogenannter Self Propping Effekt) /BAUMGÄRTNER & JUNG 1999/.

Die Ortung der Klüfte erfolgt durch in Ortungsbohrungen eingebrachte Geophone. Mit einer geophysikalischen Interpretation dieser Daten wird der Verlauf und die Ausrichtung der Klüfte im Untergrund beschrieben. Die Klüfte (Fracs) müssen so angelegt werden, dass das Wasser nicht “verschwindet”, sondern sich seinen Weg zur Förderbohrung nimmt /BAUMGÄRTNER & JUNG 1999/.

Jedoch befindet sich die Stimulationstechnologie für eine geothermische Energiegewinnung, mit der ein kostengünstiger und sicherer Aufschluss des tiefen Untergrunds möglich ist, derzeit noch im Forschungs- und Entwicklungsstadium. Aber es gibt vielversprechende Ansätze insbesondere aufgrund der erfolgreichen Forschungsarbeiten der

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letzten Jahre, die erwarten lassen, dass Stimulationsmaßnahmen mittelfristig erfolgreich und sicher einsetzbar sein könnten /ROGGE & KALTSCHMITT 2002/.

3.3 Obertägige Systemelemente

Die obertägigen Systemelementen setzen sich aus den gesamten Anlagenkomponenten, die für die jeweilige energetische Nutzung notwendig sind, zusammen. Ihre Auslegung hängt vor allem von der Temperatur und Mineralisation des geförderten Thermalwassers ab. An der Thermalwasserleitung sind die Anlagenkomponenten für die Stromnutzung und ggf. ein Fernwärmenetz angeschlossen. Der generierte elektrische Strom wird in das Stromnetz der öffentlichen Versorgung eingespeist. Für das Fernwärmenetz wird eine ständige Verfügbarkeit von Seiten der Verbraucher gefordert. Aus diesem Grund sind optionale Systemelemente nötig, die zu Spitzenlastzeiten eingesetzt werden oder die im Falle eines Ausfalls der geothermischen Anlage diese voll ersetzen müssen.

3.3.1 Thermalwasserkreislauf

Das Thermalwasser der Förderbohrung wird den Anlagen zur Strom- und Wärmebereitstellung zugeführt, um dann bei der Injektionsbohrung wieder verpresst zu werden. Im Untergrund durchläuft das Thermalwasser das Gestein, welches einen natürlichen Wärmeübertrager darstellt.

Aufgrund der Vermischung im Untergrund mit schon vorhandenen salinaren Wässern und der Auslaugung des Gesteins wird angereichertes Wasser gefördert, dass sehr unterschiedliche chemische Zusammensetzungen haben kann. Diese werden durch die Hauptbestandteile des Speichergesteins bestimmt /STAHL 1999/.

Ablagerungen und Korrosion verursachen Schäden in den Bohrungen und in den vom geothermischen Fluid durchflossenen Kreisläufen. Die chemischen Komponenten der geothermischen Wässer und der verwendeten Materialien beeinflussen sich gegenseitig, so dass Ablagerungen in und Korrosion von verwendeten Materialien immer nur im Zusammenhang betrachtet werden können. Sie sind u. a. abhängig von der chemischen Zusammensetzung, vom ph-Wert, von der Temperatur und der Verweilzeit. Um Korrosion und Ablagerungen zu vermeiden, wird darauf geachtet, dass das System über dem kritischen Druck liegt, bei dem im Thermalwasser gebundene Gase sich lösen und es somit zu Ausfällungen kommen könnte. I. Allg. liegen die Drücke am Bohrlochkopf bei 10 bar /KÖHLER 2002/. Des weiteren liegt insgesamt ein geschlossener Kreislauf vor, so dass es nicht zu einer Kontamination mit Sauerstoff und damit zu Oxidationsreaktionen kommen kann.

Das heiße Thermalwasser wird mit einer Förderpumpe nach übertage gefördert. In einem Filter werden zunächst die mitgeförderten Feststoffanteile abgetrennt. Das Thermalwasser wird nun über ein Rohrsystem seinen unterschiedlichen Verwendungsarten zugeführt. Diese Rohre verbinden die Förderbohrung mit den Anlagen zur Strom- und

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Wärmebereitstellung und der Injektionsbohrung. An die Materialien dieser Rohre werden ebenso wie bei den Wärmeübertragern Anforderungen entsprechend der Mineralisation der Thermalwässer gestellt. Es werden je nach Temperaturen beschichtete Stahl-Rohrleitungen oder starre Kunststoffmediumrohre (GFK-Rohrleitungen) verlegt. GFK-Rohre können Wässer mit Temperaturen bis zu 90 °C vertragen.

Die Wärmeübertrager übertragen die Wärme aus dem Thermalwasser auf einen sekundären Kreislauf, der Wärme für die Strombereitstellung z. B. durch einen Organic Rankine Cycle (ORC) oder für eine direkte Wärmenutzung bereitstellt. Im Falle einer kombinierten Strom- und Wärmenutzung wird das heiße geothermale Wasser zuerst einer Strombereitstellung zugeführt. Das hierbei abgekühlte Geofluid wird dann zum Wärmeübertrager weitergeleitet, der das Fernwärmenetz speist (d. h. Kaskadennutzung). Bei der Wärmebereitstellung für Haushalte kann das noch warme Wasser zusätzlich Gewächshäuser erwärmen, eine balneologische Verwendung finden oder z. B. zur Fischzucht verwendet werden.

Im Wärmeübertrager wird die Wärme von einem Medium auf das andere übertragen. Ein Wärmeübertrager besteht z. B. aus Rohrbündeln, die von den unterschiedlichen Medien durchflossen werden. Hierbei werden an das Material der Rohre, die vom geothermalen Fluid durchlaufen werden, besondere Anforderungen gestellt. Das geothermale Wasser ist meist salinar und hat daher ein starkes korrosives und abrasives Potenzial. Darüber hinaus muss der Wärmeübertrager wegen einer möglichen Verkalkung leicht zu reinigen sein. Bei einer Anlage in Castelnuovo, (Lardarello, Italien) wurde deshalb Titan für die Wärmeübertragerröhren des heißen Fluids und rostfreier Stahl für die Wärmeübertragerröhren des kalten Wassers verwendet. In Deutschland können jedoch z. B. im Molassebecken sehr gering mineralisierte Wässer gefördert werden (z. B. Simbach Braunau). Bei solchen Wässern, die nicht korrosiv wirken, kann auf weniger aufwändiges Material zurückgegriffen werden. Wegen des korrosiven Charakters beider Medien bei der geothermischen Stromerzeugung (dem geothermalen Fluid und dem organischen Medium in der ORC-Anlage) ist ein gegen Korrosion unempfindliches Material erforderlich.

Das Thermalwasser muss für die Reinjektion aufbereitet werden, da es bei den unterschiedlichen Druck- und Temperaturstufen, die es durchlaufen kann, zu Ausfällungen der zuvor gelösten Stoffe kommen kann. Eine Verockerung der Injektionsrohre muss vermieden werden, damit die Bohrung eine möglichst lange Lebensdauer erlangt. Bevor das Thermalwasser wieder reinjiziert wird, wird es über einen Filter geleitet, um eventuelle Korrosions- oder Ausfällungsprodukte zurückzuhalten. Hiermit wird eine Verstopfung der Injektionsbohrung vermieden, welche zu teuren Reinigungen der Rohre oder im schlimmsten Fall zur Aufgabe der Bohrung führen kann.

3.3.2 Anlagen zur Strombereitstellung

Abhängig von den unterschiedlichen Temperaturen geothermischer Ressourcen gibt es verschiedene Anlagen der Strombereitstellung. Für Dampf-dominierende Ressourcen werden Trocken-Dampf-Kraftwerke genutzt. Flashed-Steam oder binäre Systeme werden für

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Fluid-dominierte Ressourcen verwandt /KANOGLU 1999/. Ressourcen kleiner 150 °C werden zur Wärmebereitstellung herangezogen oder zur Strombereitstellung mit einem binärem Kreislauf.

Im Folgenden werden die unterschiedlichen Anlagenkonstellationen beschrieben, die weltweit für die Stromproduktion aus geothermischen Anlagen verwendet werden.

Direkte Dampfnutzung. Bei Wasserdampf-Reservoiren erfolgt die direkte Einbringung des Dampfes in den Dampf-Kreislauf. Aus dem Dampf werden zuvor eventuelle Flüssigkeitseinschlüsse entfernt. Dann wird er direkt über eine Turbine geführt, mit welcher der Generator angetrieben wird. Diese Art der Strombereitstellung wird bei einem Reservoir angewandt, das trockenen Dampf produziert (Dampf mit sehr wenig Wasser). Derartige Dampffelder befinden sich z. B. ca. 140 km nördlich von San Francisco in Kalifornien und bei Lardarello in Italien. In Deutschland ist eine solche Nutzung nicht möglich, da die geologischen Voraussetzungen hierzu fehlen.

Single- und Double-Flash-Anlage. Bei sogenannten Heißwasserreservoiren wird heißes Wasser mit einem je nach Lokalität unterschiedlichem Gasanteil gefördert. Dieses Zwei-Phasengemisch ist teilweise schwer zu handhaben. Abhängig vom Flüssig-Gasanteil und vom Druck, der im Reservoir herrscht, resultieren deshalb sehr unterschiedliche Auslegungen der Bohrungen, der Pumpen und ähnlichem. Der elektrische Strom wird in sogenannten Single- oder Double-Flash-Anlagen erzeugt (Abb. 3-8 und Abb. 3-9).

Turbine/ Generator Produktionsbohrung Kühlturm Zyklon Flüssigkeits-entferner Kühlwasserpumpe Kondensatpumpe Injektionsbohrung Wasserleitung Dampf-leitung

Abb. 3-8: Vereinfachtes Flussdiagramm einer Single – Flash – Anlage zur Strombereitstellung aus liquid – dominierten geothermischen Ressourcen (nach /KANOGLU 1999/)

Bei einem Druckabfall des Zwei-Phasengemischs an der Erdoberfläche entsteht ein signifikanter Dichteunterschied zwischen der Flüssigkeit und dem Dampf. Somit kann der Dampfanteil leicht in einem Zyklon vom Wasser getrennt und anschließend zu Turbinen geleitet werden, welche den Generator antreiben. Der Dampf wird anschließend kondensiert und über einen Kühlturm geführt, bevor er als Flüssigkeit wieder reinjiziert wird /KANOGLU

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1999/ (vgl. Abb. 3-8). Für den im Zyklon abgetrennten, flüssigen Anteil gibt es nun zwei unterschiedliche Wege. Er kann zunächst direkt wieder injiziert werden. Alternativ kann ein Teil des Wassers im sogenannten Flasher durch eine weitere Minderung des Drucks in Dampfform überführt werden. Dieser Dampf wird dann zu einer Niederdruck-Turbine geleitet (Abb. 3-9). Kraftwerke, die nur den Hochdruckdampf nutzen werden Single-Flash-Anlage, solche die Hoch- und daran anschließend den Niedrigdruckdampf nutzen, werden Double-Flash-Anlage genannt. Produktionsbohrung Zyklon Flasher Flüssigkeitsentferner Dampfleitung Injektionsbohrung Kühlturm Wasserleitung Turbine/ Generator Kondensatpumpe

Abb. 3-9: Vereinfachtes Flussdiagramm eines Double – Flash – Kraftwerks (nach /KANOGLU 1999/) Binäres System. Ist in einem Reservoir nicht genügend Dampf vorhanden, um direkt mit dem Thermalwasser elektrische Energie erzeugen zu können, wird ein organisches Wärmeträgermedium eingesetzt. Ein Flussdiagramm für ein typisches binäres System mit einer angeschlossenen Rankine-Cycle-Anlage ist in Abb. 3-10 dargestellt.

Produktionsbohrung Injektionsbohrung Sandentferner Filter Turbine/ Generator binäres Arbeitsmittel Kühlturm Kühlwasserpumpe Pumpe Kondensatpumpe

Abb. 3-10: Vereinfachtes Flussdiagramm einer Strombereitstellung mit einem Arbeitsmittel in einem binärem Kreislauf (nach /KANOGLU 1999/)

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Das organische Medium wird im Vorerhitzer erwärmt und dann in den Verdampfer geleitet. Dort wird das Arbeitsmedium über einen Wärmeübertrager vom Geofluid erhitzt. Durch seinen niedrigen Siedepunkt verdampft das Arbeitsmittel vollständig, wird im Idealfall überhitzt und dann zur Turbine geleitet. Dort expandiert das Gas und im angeschlossenen Generator wird elektrischer Strom erzeugt. Nachdem das organische Fluid durch die Turbine geleitet wurde, wird es in den Kondensator und von da aus in den Kühlturm geführt. Für das Kühlmedium wird meist Wasser oder Luft verwendet. Das abgekühlte Medium wird nun wieder in den Kondensator gepumpt, um danach zum Vorerhitzer geleitet zu werden.

Derzeit ist dafür primär der Organic-Rankine-Cycle (ORC) von Bedeutung. Dies ist ein Kreisprozess mit einem organischen Arbeitsmittel, der bei geringen Temperaturen und Drücken gefahren wird. Die Wahl des Mediums hängt von der Temperatur des Geofluids und der eingesetzten Turbinentechnik ab. Bevorzugt werden derzeit organische Substanzen oder deren Gemische wie z. B. Toluol, Fluorkohlenwasserstoff, Iso-Pentan oder Iso-Oktan eingesetzt /GAWLIK1998/. Derartige Stoffe besitzen neben günstigen Verdampfungseigenschaften auch eine fast isentrop abfallende Sättigungskurve. Hierdurch können solche Arbeitsmittel vom überhitzten wie auch vom gesättigten Zustand expandieren und behalten ihren gasförmigen Zustand bei; dadurch entsteht keine Tröpfchenbildung, die zu Erosionen an der Turbine führen kann /OBERNBERGER 1999/. Problematisch ist jedoch die eingeschränkte Umweltverträglichkeit derartiger Stoffe; deshalb wird intensiv nach Alternativen gesucht.

Die Effizienz einer ORC-Anlage ist unter anderem abhängig von den Vor- sowie den Rücklauftemperaturen. Dies kommt bei einer gekoppelten Strom- und Wärmebereitstellung zum Tragen, wenn die Vorlauftemperatur für das Wärmenetz höher sein muss als die ideale Rücklauftemperatur der ORC-Anlage. In Abb. 3-11 ist der Anlagenwirkungsgrad bei unterschiedlichen Thermalwassertemperaturen aufgetragen.

Abb. 3-11: Anlagenwirkungsgrad einer ORC-Anlage mit Bezug zur Umgebungstemperatur von 15 °C mit unterschiedlichen Rücklauftemperaturen /KÖHLER 2002/

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 100 125 150 175 200 Thermalwassertemperatur in °C A nl ag enw ir kung sg ra d in % Rückl T 70°C Rückl T 90°C Rückl T 110°C

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Es ist ein geothermisches Kraftwerk mit Frischwasserkühlung und unterschiedlichen für die jeweilige Thermalwassertemperatur idealen Arbeitsmedien untersucht worden. Der Anlagenwirkungsgrad bezieht sich auf die Umgebungstemperatur von 15 °C und der jeweils angegebenen Rücklauftemperatur (d. h. alle Aufwendungen für die Speisepumpen sind abgezogen). Mit steigender Auskopplungstemperatur sinkt demnach die Nettoeffizienz.

Vorteil dieses binären Systems ist auch, dass das geothermische Fluid, das mit Salzen angereichert sein kann, nicht mit der stromerzeugenden Anlagentechnik in Berührung kommt und somit korrosive Effekte minimiert werden können.

Da das geothermische Fluid je nach der geothermischen Quelle eine breite Spanne von Eigenschaften besitzt, wie z. B. unterschiedliche Druck- und Temperaturverhältnisse, gelöste Stoffe, nicht kondensierbare Gase, unterschiedliche pH-Werte oder ein unterschiedliches Korrosionspotenzial, müssen für die jeweils gegebenen Randbedingungen speziell zugeschnittene Lösungen konzipiert werden. Hierbei können unterschiedlichste Varianten von vorher genannten Anlagen mit weiteren Anwendungen und deren unterschiedlichen Techniken kombiniert werden.

3.3.3 Wärmebereitstellung mit Fernwärmenetz

Die geothermische Energiebereitstellung beschränkt sich durch die Temperatur der zu fördernden Wässer hauptsächlich auf Niedertemperatur-Anwendungen. Werden höhere Temperaturen erschlossen, die eine Stromerzeugung ermöglichen, sind die Austritts-Temperaturen nach der Stromerzeugung z. T. noch so hoch, dass es ökonomisch sinnvoll sein kann, eine kombinierte Kraft- und Wärmebereitstellung zu realisieren. Diese Niedertemperaturwärme muss durch ein Nahwärmenetz verteilt werden, was um so kapitalintensiver wird, je länger die zu überwindende Distanz wird. Deshalb ist eine geothermische Wärmebereitstellung immer möglichst nah am Verbraucher anzusiedeln.

Netzstruktur. Die Struktur des Netzes wird vor allem durch die städtebauliche Anordnung (Straßenführung, räumliche Anordnung der Häuser etc.) bestimmt. Die Netzform eines Fernwärmenetzes kann als Strahlennetz, Ringnetz oder Maschennetz angelegt werden (Abb. 3-12). In dieser Reihenfolge wird der Materialverbrauch immer größer, die Versorgungssicherheit dafür immer besser.

Heiz-werk Heiz-werk Heiz-werk Heiz-werk Heiz-werk

Strahlennetz Ringnetz Maschennetz

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• Strahlennetz: Wegen der geringen Trassenlänge wird es bei kleinen und mittleren Fernwärmenetzen eingesetzt. Es ist also auch ein typisches Netz für die Wärme-Versorgung durch eine geothermische Anlage.

• Ringnetz: Durch die mögliche Einbindung mehrerer Heizwerke wird die Trassenlänge größer als beim Strahlennetz und somit teuerer. Die Versorgungssicherheit steigt hier jedoch.

• Maschennetz: Hier bieten sich die besten Erweiterungsmöglichkeiten und die größte Versorgungssicherheit. Durch die langen Trassenleitungen sind sie jedoch verhältnismäßig teuer und werden nur bei großen Wärmeverteilnetzen eingesetzt.

Hausanschlüsse. Die Unterverteilung und die Hausanschlüsse sind ebenfalls in mehreren Systemen realisierbar (Abb. 3-13). Die Kunden können über eine Trassierung von Haus zu Haus oder separat an die Hauptverteilleitung angeschlossen werden. In den Übergabestationen wird die Wärme vom Fernwärmenetz an die Hausanlagen übergeben.

Mischform-Trassenführung Standard-Trassenführung Haus zu Haus -Trassenführung Hauptleitung Verteilleitung Hausanschlußleitung

Abb. 3-13: Unterverteilung eines Fernwärmenetzes /KAYSER 1999/

Verlegearten. Die Rohre des Fernwärmenetzes können ober- oder unterirdisch verlegt werden. Eine oberirdische Verlegung ist sehr kostengünstig. Sie wird aber meist nicht in Angriff genommen, da sie innerhalb einer städtischen Bebauung als Sichtbelästigung wahrgenommen wird, so dass hierfür selten Genehmigungen ausgestellt werden.

Die unterirdischen Verlegearten können kanalgebunden oder nicht kanalgebunden sein. Letztere Anwendung wird trotz ihrer höheren Ansprüche an das Material meistens ausgeführt, da eine kanalgebundene Verlegung kosten- und zeitaufwändiger wird. Die kanalfreien oder auch direkt erdverlegten Systeme haben sich wegen des geringeren Platzbedarfs und den geringeren Montagezeiten und somit geringeren Kosten gegenüber den kanalgebundenen Systemen vor allem im Bereich kleiner als 20 MW durchgesetzt.

Beispielsweise werden bei nicht kanalgebundenen Verlegungsarten die Rohre im offenen Graben nebeneinander oder übereinander in einem Sandbett verlegt. Es muss wegen der Druck- und Frostsicherheit ein nichtbindiger Sand mit der Korngröße 0 bis 3 mm genommen werden. Hierbei muss der Graben so tief ausgekoffert werden, dass eine Mindestüberdeckung von 40 bis 60 cm erreicht wird. In ca. 20 bis 30 cm Tiefe wird ein Trassierband verlegt, um bei späteren Erdarbeiten auf eine erdverlegte Leitung hinzuweisen.

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Die Rohre müssen korrosionsbeständig, wärmegedämmt, frostsicher und drucksicher sein (sie müssen die überlagernde Belastungen ohne Schwierigkeiten aushalten). Außerdem muss je nach Material ein kleiner Biegeradius gegeben sein. Um all diese Anforderungen erfüllen zu können wurden Mantelrohrsysteme entwickelt. Die beiden im innerstädtischen Gebieten am häufigsten zum Einsatz kommenden Systeme sind die Kunststoff- und Stahl-Mantelrohrsysteme.

Netzverluste. Die Netzverluste sind temperaturabhängig. Über das Jahr gemittelt liegen sie bei 11 bis 15 %. Im Sommer, wenn das Netz lediglich zur Warmwasserbereitung warmgehalten werden muss liegen sie bei 25 %, während im Winter bei voller Auslastung des Netzes Verluste von ca. 3 % auftreten /SCHRAMEK 1995/. Die Wärmeverluste sind von einer Vielzahl von Faktoren abhängig (u. a. von den Werkstoffen, von der Symmetrie der Anordnung, von der Bodenbeschaffenheit, von der Körnung und dem Wassergehalt des Erdreichs sowie betrieblichen Maßnahmen). Leitungen mit kleinem Durchmesser haben im Verhältnis zum Querschnitt eine größere Oberfläche als Leitungen mit einen größeren Querschnitt. Daher sind hier die Wärmeverluste pro transportierte Wärmemenge höher.

3.3.4 Optionale Systemelemente

Zur Abdeckung der saisonalen und täglichen Leistungsspitzen ist in der Regel in die geothermische Heizzentrale eine mit fossilen Brennstoffen gefeuerte Kesselanlage auf der Basis von leichtem Heizöl oder Erdgas eingebunden. Auch für den Fall des Ausfalls der Geothermieanlage ist die Spitzenlastanlage als Backup-System einzubinden. Entsprechend der Größe der zu versorgenden Wärmenachfrage sollten die Spitzenlastkessel mit mindestens 80 % der größten nachgefragten Wärmemenge berechnet werden, um bei einem Ausfall der geothermischen Anlage die Versorgung zu übernehmen /KAYSER 1999/.

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Potenziale geothermischer Strom- und Wärmebereitstellung

Das Angebotspotenzial geothermischer Strombereitstellung wird für Heißwasseraquifere, Störungen und kristalline Gesteine abgeschätzt. Es werden die unterschiedlichen Potenzialbegriffe einschließlich des Nachfragepotenzials erläutert und die Parameter für die Rechnungen festgelegt. Die Speichergesteine werden beschrieben und quantitativ erfasst. Anschließend wird dem Angebotspotenzial das Nachfragepotenzial gegenübergestellt und abschließend ein Vergleich mit anderen in Deutschland nutzbaren regenerativen Energien durchgeführt.

4.1 Angebotspotenzial - Begriffe und Methodik

Das Angebotspotenzial wird in das theoretische und das technische Angebotspotenzial gegliedert. Die Begriffe werden definiert und die Methodik zur Berechnung dargestellt.

4.1.1 Theoretisches Angebotspotenzial (Heat in Place)

Das theoretische Angebotspotenzial ist das innerhalb einer gegebenen Region und eines bestimmten Zeitraums theoretisch physikalisch nutzbare Energieangebot. Es markiert somit die obere Grenze des theoretisch realisierbaren Beitrags der Erdwärme zur Energiebereitstellung /Kaltschmitt & Kayser 1997/.

Heißwasseraquifere. Über eine von /MUFFLER & CATALDI 1978/ aufgestellte Gleichung kann diese in den Aquiferen enthaltene Wärme (Heat in Place) nach Gleichung (4.1) berechnet werden.

Q1 = ((1-P) . cG. ρG) . (TG – T0) . AA. ∆zA (4.1)

Q1 Wärmeinhalt

P effektive Porosität

cG spezifische Wärmekapazität des Gesteins ρG Dichte der Gesteinsmatrix

TG Temperatur des Aquifers

T0 Temperatur an der Erdoberfläche AA Fläche des Aquifers

∆zA Mächtigkeit des Aquifers

Der Wärmeinhalt Q1 eines Aquifers ist abhängig von der Porosität des Gesteins, der

Dichte und der spezifischen Wärmekapazität der Gesteinsmatrix. Weitere Parameter sind die Temperatur des Aquifers, seine räumliche Ausdehnung und die Temperatur an der Erdoberfläche.

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Für die Temperatur TG des Aquifers wird für obige Gleichung eine einheitliche

Temperatur für die gesamte Mächtigkeit des Gesteinsblocks angenommen. Da die Temperatur mit der Tiefe zunimmt, ist dies jedoch nur für eine unendlich kleine Mächtigkeit des Aquifers ∆zA richtig. Es werden Temperaturintervalle i (Tabelle 4-1) eingeführt, nach denen die

Teilflächen A begrenzt werden. Zur Berechnung des Energieinhalt wird dann die jeweils mittlere Temperatur der Teilflächen eingesetzt.

Voraussetzung für die Stromerzeugung ist ein Temperaturniveau von mindestens 100 °C, um z. B. mit einer ORC-Anlage Strom bereitzustellen. Diese Temperatur wird in Deutschland bei einem durchschnittlichen geothermischen Gradienten in einer Tiefe von 3 000 m erreicht. Eine Ausnahme ist hier der Oberrheingraben, dessen besondere geologische Gegebenheit einen erhöhten geothermischen Gradienten aufweist; deshalb werden schon in geringerer Tiefe 100 °C erreicht. Eine untere Grenze gibt die problemlos erbohrbare Tiefe, die zur Zeit standardmäßig bei 7 000 m angesetzt wird /JUNG ET AL 2002/. Hier werden Temperaturen von bis zu 250 °C erreicht.

Tabelle 4-1: Temperaturintervalle zur Potenzialabschätzung nach /JUNG ET AL 2002/

i Temperaturintervall i [°C] Mittlere Temperatur [°C] 1 100 bis 130 115 2 130 bis 160 145 3 160 bis 190 175 4 190 bis 220 205 5 220 bis 250 235

Es ergibt sich unter Einbeziehung der Temperaturintervalle in die Gleichung (4.1) folgende Gleichung (4.2) zur Ermittlung des theoretischen Angebotspotenzials.

Q1i = ((1-P) . cG. ρG) . (TGi – T0) . AAi. ∆zAi (4.2)

Q1i Wärmeinhalt des Temperaturintervalls P effektive Porosität

cG spezifische Wärmekapazität des Gesteins ρG Dichte der Gesteinsmatrix

TGi Temperatur des Aquifers des Temperaturintervalls T0 Temperatur an der Erdoberfläche

AAi Fläche des Aquifers des Temperaturintervalls ∆zAi Mächtigkeit des Aquifers des Temperaturintervalls

Der gesamte Wärmeinhalt Q1 ergibt sich aus der Summe des Wärmeinhalts aller

(32)

i=5

Q1=∑Q1i (4.3)

i=1

Q1 Wärmeinhalt

Q1i Wärmeinhalt des Temperaturintervalls

Für die Berechnungen werden eine spezifische Wärmekapazität der Gesteine cG von

840 J/kgK, eine Dichte der Gesteine ρG von 2 600 kg/m³ und eine Temperatur an der

Erdoberfläche von T0 10 °C angenommen /JUNG ET AL 2002/.

Störungszonen. Störungszonen werden als Flächen behandelt, welche selbst keinen Wärmeinhalt besitzen. Sie können jedoch bei der Durchströmung aus ihrer Umgebung Wärme entziehen. Bis zu welchem Abstand auf beiden Seiten der Fläche ein thermischer Einfluss auf das Gestein messbar ist, ist von der Temperaturleitfähigkeit κ des Gesteins abhängig. Die Abkühlungstiefe vergrößert sich mit der Nutzungsdauer /JUNG ET AL 2002/. /NATHENSON 1975/ gibt für die Berechnung der Auskühlungstiefe Gleichung (4.4) an.

d/2 = 3 . (κG . t)1/2 (4.4)

d/2 Auskühlungstiefe, Abstand von der Fläche bis zu der eine Auskühlung gerade noch fühlbar ist

κG Temperaturleitfähigkeit

t Zeit

Abb. 4-1 veranschaulicht das Modell.

IN EX

d

Abb. 4-1: Schichtdicke d, die parallel einer durchströmten Störungszone thermisch beeinflusst ist (IN = Injektionsbohrung, EX = Förderbohrung)

Die typische Temperaturleitfähigkeit der meisten Gesteine beträgt κG = 10-6 m2/s /JUNG

(33)

Auskühlungstiefe d/2 mit rund 170 m und somit d ≅ 340 m für die Gesamtdicke der von der durchflossenen Fläche thermisch beeinflussten Schicht. Hierbei wird von einer gleichmäßigen Auskühlung entlang der Störungslinie ausgegangen.

Gemäß dem Ansatz von /MUFFLER & CATALDI 1978/ wird der Wärmeinhalt dieser Schicht der Störungszone zugeordnet. Nach Gleichung (4.5) ergibt sich für das theoretische Angebotspotenzial der Störungszone:

Q1 = cG.ρG. L . h . d . (TG – T0) (4.5)

Q1 Wärmeinhalt

cG spezifische Wärmekapazität des Gesteins ρG Dichte der Gesteinsmatrix

L Länge der Störungszone h Höhe der Störungszone d Schichtdicke

TG Temperatur des Gesteins

T0 Temperatur an der Erdoberfläche

Kristalline Gesteine. Kristalline Gesteine haben große Mächtigkeiten und erstrecken sich deswegen meist über mehrere Temperaturintervalle. Die bei den Heißwasseraquiferen eingeführten Temperaturintervalle werden auch für die Berechnung des Wärmeinhalts der kristallinen Gesteine genutzt. Der Wärmeinhalt Q1i eines Temperaturintervalls wird nach

Gleichung (4.6) berechnet /JUNG ET AL 2002/.

Q1i = cG .ρG . Fi . hi . (TGi – T0) (4.6)

Q1i Wärmeinhalt eines Temperaturintervalls cG spezifische Wärmekapazität des Gesteins ρG spezifische Dichte des Gesteins

Fi Fläche in dem jeweiligen Temperaturintervall

hi Höhe der Schicht in dem jeweiligen Temperaturintervall TGi Gesteinstemperatur des jeweiligen Temperaturintervalls T0 Temperatur an der Erdoberfläche

Der gesamte Wärmeinhalt Q1 ergibt sich für kristalline Gesteine gemäß Gleichung

(4.3) aus der Summe des Wärmeinhalts der einzelnen Temperaturintervalle.

4.1.2 Technisches Angebotspotenzial

Technische Potenziale beschreiben den Anteil des theoretischen Potenzials, der unter Berücksichtigung technisch unüberwindbarer Restriktionen nutzbar ist. Hierbei werden auch strukturelle und ökologische Restriktionen und gesetzliche Vorgaben berücksichtigt

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