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4.1 (1) Das Dienstverhältnis der Bundesbediensteten war besonders ausgestaltet und gewährte den Beamtinnen und Beamten sowie den Vertragsbediensteten insbeson­

dere einen erhöhten Schutz in Bezug auf ihren Verbleib in der jeweiligen Funktion (Versetzungsschutz) sowie den Bestand ihrer Dienstverhältnisse (Bestandschutz).

Diesem erhöhten Schutzniveau standen entsprechende Anforderungen in Bezug auf die Aufnahme und den dauerhaften Verbleib im Dienstverhältnis gegenüber: Grund­

sätzlich war der Zugang zu einem Bundesdienstverhältnis nur nach erfolgreicher Absolvierung eines (öffentlichen) Ausschreibungsverfahrens möglich, wodurch insbesondere die persönliche und fachliche Eignung für die vorgesehene Verwendung überprüft werden sollte. Der dauerhafte Verbleib im Dienstverhältnis war von der Erfüllung weiterer Erfordernisse, wie der Absolvierung einer dienstlichen Grundaus­

bildung, abhängig. Zweck des Bestand– und Versetzungsschutzes war es, die Eignung der Bediensteten sicherzustellen, die Gesetzmäßigkeit, Objektivität und Unpartei­

lichkeit der Amtsführung zu sichern, diese Berufsgruppe einer politischen und gesellschaftlichen Willkür zu entziehen und damit die öffentlichen Interessen im demokratischen Rechtsstaat zu schützen.

(2) Die inhaltliche Ausgestaltung der Spitzenfunktionen der Bundesverwaltung (Generalsekretär, Leitung des Kabinetts einer Bundesministerin bzw. eines Bundes­

ministers sowie Sektionsleitung) stellte sich wie folgt dar:

Tabelle 3: Ausgestaltung der Spitzenfunktionen der Bundesverwaltung

Leitung eines Kabinetts Generalsekretär Leitung einer Sektion

Ausschreibung der Funktion nein nein ja

besondere Vertrauensstellung zur Bundes­

ministerin bzw. zum Bundesminister als Grundlage der Aufnahme bzw. Über tragung der Funktion

ja ja nein

Funktionsdauer wie Bundesministerin

bzw. Bundesminister wie Bundesministerin

bzw. Bundesminister fünf Jahre Anspruch auf Aufnahme ins öffentlich–

rechtliche Dienst verhältnis nein

Abberufung möglich jederzeit jederzeit nur bei wichtigem

dienstlichem Interesse Quellen: AusG; BDG 1979; BMG; VBG

Die Ausgestaltung der Stellung des Generalsekretärs war in weiten Bereichen ähn­

lich zu jener der Leitung des Kabinetts: Beide wurden im Sinne der besonderen Ver­

trauensstellung zur jeweiligen Bundesministerin bzw. zum jeweiligen Bundesminister direkt ohne das für Bundesbedienstete vorgesehene Aufnahmeverfahren – und damit ohne öffentliche Ausschreibung – befristet in den Bundesdienst bzw. befristet in ihre Funktion aufgenommen. Beide waren in ihrer Funktionsausübung und –dauer vom Vertrauen sowie der Funktionsdauer der Bundesministerin bzw. des Bundes­

ministers abhängig und konnten auch jederzeit von ihrer Funktion abberufen werden.

Im Unterschied zur Leitung des Kabinetts verfügte der Generalsekretär in der Vorge­

setztenfunktion über eine umfassende Anordnungsbefugnis.

(3) Im Gegensatz dazu war die Stellung der Leitung einer Sektion folgendermaßen ausgestaltet: Diese Funktion war nur nach erfolgreicher Absolvierung eines öffent­

lichen Ausschreibungsverfahrens, in dem die persönliche und fachliche Eignung für die vorgesehene Verwendung überprüft wurde, auf die Dauer von fünf Jahren zu besetzen. Daher waren die Inhaber dieser Funktionen auch nicht unmittelbar vom Vertrauen oder der Funktionsdauer der Bundesministerin bzw. des Bundesministers abhängig, sondern konnten nur bei Vorliegen eines wichtigen dienstlichen Interesses vorzeitig abberufen werden. Die Leitung einer Sektion verfügte als Vorgesetzte über eine umfassende Anordnungsbefugnis gegenüber den Bediensteten der Sektion.

Sofern Vertragsbedienstete mit der Leitung einer Sektion betraut waren, hatten sie seit 199915 den Anspruch auf Aufnahme in das öffentlich–rechtliche Dienstverhältnis (Übernahme als Beamtin bzw. Beamter)16.

(4) Der Anspruch auf Aufnahme in das öffentlich–rechtliche Dienstverhältnis wurde durch die BMG–Novelle 2017 auch den Generalsekretären eingeräumt – mit der Begründung, es liege eine „systemwidrige Lücke“ gegenüber den Sektionsleitungen vor. Das Bundeskanzleramt teilte hiezu ergänzend mit, es sei davon auszugehen, dass es sich bei der Leitung von Sektionen um besonders schutzwürdige Funktionen handle, für die der Gesetzgeber die Möglichkeit der Aufnahme in das öffentlich–

rechtliche Dienstverhältnis mit den damit verbundenen Garantien vorgesehen habe.

Mit der BMG–Novelle 2017 habe dieser zum Ausdruck gebracht, dass diese beson­

dere Schutzwürdigkeit ebenso hinsichtlich der Funktion des Generalsekretärs bestünde. Von den zwischen Dezember 2017 und Juni 2019 vier neu in den Bundes­

dienst aufgenommenen Generalsekretären bewirkten zwei ihre Aufnahme in das öffentlich–rechtliche Dienstverhältnis (TZ 5). Der RH betonte im Rahmen der Durch­

führung dieser Gebarungsüberprüfung die Problematik des Anspruchs der (auf­

grund des besonderen Vertrauensverhältnisses zur jeweiligen Bundesministerin bzw. zum jeweiligen Bundesminister betrauten) Generalsekretäre auf Aufnahme in das öffentlich– recht liche Dienstverhältnis. Mit der BMG–Novelle 2020 entfiel der Anspruch auf Aufnahme in das öffentlich–rechtliche Dienstverhältnis „im Sinne einer sparsamen Verwaltung“.17

15 § 9 Abs. 2 BMG i.d.F. des Vertragsbedienstetenreformgesetzes, BGBl. I 10/1999

16 Standen die so ernannten Bediensteten zuvor bereits mehr als fünf Jahre in einem vertraglichen Dienstver­

hältnis zum Bund, waren auf ihr (neues) öffentlich–rechtliches Dienstverhältnis jedoch weiterhin nur die für Vertragsbedienstete maßgeblichen besoldungs– und pensionsrechtlichen Vorschriften anzuwenden (§ 136b Abs. 3 und 4 BDG 1979).

17 vgl. Bericht des Budgetausschusses, 24 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXVII. Gesetzgebungsperiode, S. 2, und § 9 Abs. 2 BMG i.d.F. der BMG–Novelle 2020, BGBl. I 8/2020

4.2 (1) Der RH hielt fest, dass die Ausgestaltung der Dienstverhältnisse der Bundes­

bediensteten (Aufnahme nach Ausschreibungsverfahren, Verbleib von der Erfüllung weiterer Erfordernisse abhängig) geeignet war, zur Sicherung der öffentlichen Interessen im demokratischen Rechtsstaat beizutragen. Auch die Ausschreibung der Funktion der Sektionsleitung diente dem Ziel der Sicherstellung der persönlichen und fachlichen Eignung. Die Sektionsleitung war Vorgesetzte und verfügte damit über die Anordnungsbefugnis gegenüber den Bediensteten der Sektion.

(2) Die Ausgestaltung des Dienstverhältnisses der Leitung eines Kabinetts wich wesentlich von jener der übrigen Bundesbediensteten ab. Dieser Personenkreis hatte kein Aufnahmeverfahren (Ausschreibungsverfahren) zu durchlaufen, sondern übernahm diese Funktion unmittelbar im Rahmen des Vertrauensverhältnisses zur jeweiligen Bundesministerin bzw. zum jeweiligen Bundesminister; dementspre­

chend war dieser Personenkreis in seiner Funktionsdauer auch an jene der jeweili­

gen Bundesministerin bzw. des jeweiligen Bundesministers gekoppelt und konnte jederzeit abberufen werden. Diese Ausgestaltung konnte mit den besonderen Aufga­

ben wie insbesondere der Beratung und Unterstützung der Bundesministerin bzw.

des Bundesministers und der dafür notwendigen besonderen Vertrauensstellung gerechtfertigt werden. Überdies kam diesem Personenkreis insbesondere gegen­

über den Sektionen und nachgeordneten Dienststellen keine Vorgesetztenfunktion bzw. Anordnungsbefugnis zu.

(3) Das Dienstverhältnis des Generalsekretärs umfasste sowohl Wesensmerkmale des Dienstverhältnisses der Leitung des Kabinetts als auch des Dienstverhältnisses einer Sektionsleitung:

1. Gleichartig zur Leitung des Kabinetts erfolgte die Aufnahme bzw. Übernahme in die Funktion als Generalsekretär ausschließlich aufgrund des Vertrauensverhält­

nisses zur jeweiligen Bundesministerin bzw. zum jeweiligen Bundesminister ohne eine vorhergehende öffentliche Ausschreibung. Damit entfiel für die Funktion des Generalsekretärs auch das im öffentlichen Dienst vorgesehene Verfahren zur nach­

vollziehbaren Feststellung der persönlichen und fachlichen Eignung der für diese Verwendung vorgesehenen Person. Die Funktion des Generalsekretärs unterschied sich von jener der Leitung des Kabinetts dadurch, dass der Generalsekretär (wie eine Sektionsleitung) mit einer Vorgesetztenfunktion und damit verbunden mit einer umfassenden Anordnungsbefugnis – hier gegenüber den Sektionen und nach­

geordneten Dienststellen – ausgestattet war.

2. Zwar war die Funktion des Generalsekretärs wie jene der Leitung des Kabinetts mit der Funktionsdauer der jeweiligen Bundesministerin bzw. des jeweiligen Bundes­

ministers unmittelbar verknüpft und begrenzt. Im Widerspruch dazu bestand für den Generalsekretär (bis zur BMG–Novelle 2020) der Anspruch auf Aufnahme in das öffentlich–rechtliche Dienstverhältnis. Damit konnte der Generalsekretär ohne Durchlaufen eines vorhergehenden (öffentlichen) Ausschreibungsverfahrens ein seitig den dauernden Verbleib in einem auf Lebenszeit angelegten Beamten­

dienstverhältnis bewirken.

Obwohl der Anspruch auf Aufnahme in das öffentlich–rechtliche Dienstverhältnis nach Durchführung der gegenständlichen Gebarungsüberprüfung durch den RH mit der BMG–Novelle 2020 wieder entfiel, stand die statutarische Ausgestaltung der Funktion eines Generalsekretärs weiter in einem Spannungsverhältnis zu jener der Sektionsleitung:

Zwar konnte aus Sicht des RH die besondere Vertrauensstellung einer Kabinetts­

leitung, die insbesondere für die Aufgabenwahrnehmung (Beratung der jeweiligen Bundesministerin bzw. des jeweiligen Bundesministers) wesentlich war, das Unter­

bleiben einer öffentlichen Ausschreibung rechtfertigen. Dies entsprach auch der gesetzlichen Regelung im Ausschreibungsgesetz (siehe TZ 26).

Demgegenüber erforderte jedoch die Funktion des Generalsekretärs als interne administrative Spitze (mit Vorgesetztenfunktion) des Bundesministeriums aus Sicht des RH jedenfalls qualitätssichernde Maßnahmen bei der Betrauung im Hinblick auf die persönliche und fachliche Eignung der für diese Verwendung vorgesehenen Person.

Der RH empfahl dem Bundeskanzleramt und dem Beamtenministerium, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, durch die sichergestellt wird, dass bei der Betrauung mit der Funktion als Generalsekretär qualitätssichernde Maßnahmen im Hinblick auf den Nachweis der persönlichen und fachlichen Eignung der für diese Verwendung vorgesehenen Person ergriffen werden. Diese qualitätssichernden Maßnahmen soll­

ten zur objektiven, transparenten und nachvollziehbaren Feststellung der persön­

lichen und fachlichen Eignung für diese zentrale Führungsfunktion geeignet sein; sie sollten die mit der Einrichtung der optionalen Funktion des Generalsekretärs verfolg­

ten Ziele dieser hierarchisch übergeordneten Funktion umfassen und auch die Gründe für die Betrauung mit dieser Funktion nachvollziehbar festhalten und trans­

parent machen.

4.3 Das Bundeskanzleramt und das Beamtenministerium teilten in ihren Stellung­

nahmen dazu mit, dass es sich bei der Funktion des Generalsekretärs um eine Funk­

tion handle, bei der die Funktionsträgerin bzw. der Funktionsträger in einem besonderen Vertrauensverhältnis zum jeweiligen Mitglied der Bundesregierung

stehe. Dies finde auch darin seinen Niederschlag, dass das Ausschreibungsgesetz 1989 nicht zur Anwendung gelange.

Es werde nichtsdestotrotz sichergestellt, dass die persönliche und fachliche Eignung der im Bundeskanzleramt bzw. im Beamtenministerium mit dieser Funktion betrauten Person in höchstem Ausmaß gegeben sei. Um die Aufgaben dieser Funktion und den damit verbundenen Verantwortungsbereich ordnungsgemäß wahrnehmen zu kön­

nen, sei es unumgänglich, dass die mit dieser Funktion betraute Person über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen, welche Art, Umfang und Komplexität der Funktion erforderten, verfüge. Daneben müssten auch persönliche Kompetenzen wie Zuverlässigkeit, Integrität und Unvoreingenommenheit vorliegen.

Fachliche Qualifikation, erforderliche Erfahrung sowie persönliche Eigenschaften des künftigen Generalsekretärs würde die Ressortleitung anhand vorliegender Unterla­

gen (Lebenslauf, Aus– und Fortbildungsnachweise) und in der Regel im Rahmen eines persönlichen Hearings beurteilen.

Das Bundeskanzleramt führte weiters aus, dass zukünftig die Gründe für die Aus­

wahl des Generalsekretärs im jeweiligen Betrauungsakt auch schriftlich dokumen­

tiert und ausgeführt werden könnten.

4.4 Der RH stimmte dem Bundeskanzleramt und dem Beamtenministerium insoweit zu, als auch er die besondere Vertrauensstellung des Generalsekretärs gegenüber dem jeweiligen Mitglied der Bundesregierung anerkannte. Er betonte abermals, dass inbesondere aufgrund der Konzeption der Funktion des Generalsekretärs als interne administrative Spitze (mit Vorgesetztenfunktion) im Bundesministerium die (auch vom Bundeskanzleramt und Beamtenministerium als unerlässlich anerkannte) Sicherstellung der persönlichen und fachlichen Eignung von besonderer Bedeutung war. Aufgrund der besonders hervorgehobenen Stellung der Funktion des General­

sekretärs erachtete der RH auch ein besonders hohes Maß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit (insbesondere für die Kontrolle durch den Gesetzgeber) der dem Betrauungsakt vorgängigen Prüfung bzw. Begründung der persönlichen und fach lichen Eignung als unerlässlich. Auch ein persönliches Hearing mit dem jeweili­

gen Mitglied der Bundesregierung hätte das erforderliche hohe Maß an Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu erfüllen. Der RH vertrat daher die Ansicht, dass bei künf­

tigen Bestellungen eines Generalsekretärs dem transparenten und nachvollziehba­

ren Nachweis der persönlichen und fachlichen Eignung besonderer Stellenwert zukommen muss. Auch der Aspekt der Gleichbehandlung von Frauen und Männern bei der Besetzung dieser Führungsfunktion sollte im Hinblick auf die Unterrepräsen­

tation von Frauen in dieser Funktion stärker beachtet werden.