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2.1 (1) Art. 20 Bundes–Verfassungsgesetz (B–VG) legte u.a. fest, dass die Verwaltung unter der Leitung der obersten Organe des Bundes, also der Bundesministerinnen und Bundesminister, geführt wird. Dazu war diesen jeweils ein Bundesministerium als administrativer Hilfsapparat beigegeben. Das Bundesministeriengesetz (BMG) legte neben der Zahl der Bundesministerien auch die Prinzipien ihrer inneren Orga­

nisation fest; demnach gliederte sich ein Bundesministerium zwingend in Sektionen, auf welche die zum Wirkungsbereich des jeweiligen Bundesministeriums gehörenden Geschäfte nach sachlichem Zusammenhang aufzuteilen waren. Die Sektionen wurden von Sektionsleiterinnen und –leitern geführt, die der Bundesministerin bzw. dem Bundesminister für ihre amtliche Tätigkeit verantwortlich und an deren Weisungen gebunden waren.

Im Oktober 2019 waren zwölf Bundesministerien eingerichtet, vier davon bestanden aus fünf, vier aus weniger als fünf und weitere vier aus mehr als fünf Sektionen. Über die geringste Anzahl an Sektionen verfügte das Beamtenministerium mit drei, über die höchste Anzahl das Sozial– und das Nachhaltigkeitsministerium mit jeweils neun Sektionen.

Die Betrauung von Generalsekretären sowie die Einrichtung von Kabinetten zur zusammenfassenden Behandlung bzw. zur Beratung und Unterstützung der Bundes­

ministerinnen und Bundesminister war zusätzlich möglich, lediglich im Außenminis­

terium war die Betrauung eines Generalsekretärs verpflichtend vorgesehen.

(2) Die Entwicklung der organisationsrechtlichen Grundlagen der Funktion des Generalsekretärs stellte sich seit 1986 wie folgt dar:

Tabelle 2: Entwicklung der rechtlichen Grundlagen

Jahr Rechtsgrundlage Bundes-

ministerium

Aufgaben und

Vorgesetztenfunktion Generalsekretär

1986 Bundesministeriengesetz 1986 Außenministerium „zusammenfassende Behandlung“ ohne Vorgesetztenfunktion optional

1995 Beamten–Dienstrechtsgesetz 1979 Außenministerium „zusammenfassende Behandlung“ ohne Vorgesetztenfunktion verpflichtend (Leiterin bzw. Leiter der Sektion I) 1999 Bundesgesetz über die Aufgaben

und Organisation des auswärtigen

Dienstes – Statut Außenministerium „zusammenfassende Behandlung“ mit Vorgesetztenfunktion verpflichtend (Leiterin bzw. Leiter der Sektion I)

2018 Bundesgesetz über die Aufgaben und Organisation des auswärtigen

Dienstes – Statut Außenministerium „zusammenfassende Behandlung“ mit Vorgesetztenfunktion verpflichtend1 2000 Bundesministeriengesetz 1986 alle (übrigen)

Bundesministerien „zusammenfassende Behandlung“

ohne Vorgesetztenfunktion optional 2018 Bundesministeriengesetz 19862 alle (übrigen)

Bundesministerien „zusammenfassende Behandlung“

mit Vorgesetztenfunktion optional

1 Die Verbindung der Funktionen Generalsekretär und Leitung der Sektion I wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2018–2019, BGBl. I 30/2018, wieder aufgehoben. Die Situation im Außenministerium unterschied sich 2018 von jener in den übrigen Bundesministerien in weiterer Folge dadurch, dass einerseits die Betrauung als Generalsekretär auf „geeignete Beamtinnen bzw. Beamte oder Vertragsbedienstete des höheren Dienstes“ beschränkt war und andererseits eine Betrauung verpflichtend vorzunehmen war.

2 BMG–Novelle 2017, BGBl. I 164/2017; in Kraft getreten am 8. Jänner 2018

Quellen: BMG; BDG 1979; Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut

(a) Außenministerium

Das BMG sah in der Fassung seiner Wiederverlautbarung 1986 (BGBl. 76/1986) für dieses Bundesministerium die Möglichkeit der Betrauung mit der Funktion eines Generalsekretärs – ursprünglich ohne Vorgesetztenfunktion – vor und definierte die Aufgaben als „zusammenfassende Behandlung aller zum Wirkungsbereich des Bundesministeriums gehörenden Geschäfte“. 1995 legte das Besoldungsreform–

Gesetz 19947 fest, dass die Funktion des Generalsekretärs im Außenministerium verpflichtend einzurichten und von der jeweiligen Leiterin bzw. vom jeweiligen Leiter der Sektion I (Zentrale Angelegenheiten) wahrzunehmen war.

Die explizite Vorgesetztenfunktion kam der Generalsekretärin bzw. dem General­

sekretär seit Juli 1999 zu. Sie bzw. er war die bzw. der unmittelbare Vorgesetzte aller anderen Sektionsleiterinnen und Sektionsleiter sowie der Leiterinnen und Leiter aller nachgeordneten Dienststellen8 und somit die interne administrative Spitze in

7 BGBl. 550/1994

8 § 2 Bundesgesetz über die Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut, BGBl. I 129/1999

diesem Bundesministerium9. Laut den Gesetzesmaterialien war die Weisungsbefugnis zur Sicherung der Einheitlichkeit der Aufgabenerfüllung des auswärtigen Dienstes notwendig.

(b) Alle übrigen Bundesministerien

Die BMG–Novelle 200010 ermöglichte mit Wirksamkeit vom April 2000 die optionale Einsetzung einer Generalsekretärin bzw. eines Generalsekretärs auch in allen übrigen Bundesministerien. Die Gesetzesmaterialien enthielten hiezu keine weiteren Erläu­

terungen.

Die gesetzliche Aufgabendefinition der Funktion des Generalsekretärs lautete

„zusammenfassende Behandlung aller zum Wirkungsbereich des Bundesministe­

riums gehörenden Geschäfte“. Dem Generalsekretär kam somit keine Vorgesetzten­

funktion und damit auch nicht die Befugnis zu, mit Weisungen steuernd auf die Ministerialverwaltung einzuwirken. Die Aufgaben wurden vielmehr als kooperativ–

koordinierend im Sinne von Informationsgewinnung und der Moderation von Entscheidungsprozessen ausgelegt.11

Im 1. Quartal 2017 waren in fünf von insgesamt 13 Bundesministerien (Außen–, Bildungs–, Finanz–, Landwirtschafts– und Verkehrsministerium) Generalsekretäre eingesetzt.

2018 wurde im BMG12 die Stellung des Generalsekretärs als unmittelbarer Vorge­

setzter über die anderen Sektionsleiterinnen und Sektionsleiter sowie die Leiterinnen und Leiter der nachgeordneten Dienststellen des jeweiligen Bundesministeriums gesetzlich verankert. Auch hiezu enthielten die Gesetzesmaterialien keine weiteren Erläuterungen.

Im Mai 2018 war in allen zwölf Bundesministerien die Funktion des Generalsekretärs eingerichtet. Damit wurde eine zusätzliche Hierarchieebene in die Aufbauorganisa­

tion eines Bundesministeriums eingezogen. Darüber hinaus stellte das BMG klar, dass die Funktion eines Generalsekretärs die bundesverfassungsgesetzlich geregelte Verantwortlichkeit der Bundesministerin bzw. des Bundesministers nicht tangiert.

9 vgl. dazu Hartmann, Koordination und innere Führung in den Bundesministerien, in Ennöckl/Raschauer/

Schulev–Steindl/Wessely, Festschrift für Bernhard Raschauer zum 65. Geburtstag (2013), S. 147 ff.

10 BGBl. I 16/2000

11 vgl. dazu Hartmann, Koordination und innere Führung in den Bundesministerien, S. 152

12 mit der BMG–Novelle 2017, BGBl. I 164/2017; in Kraft getreten am 8. Jänner 2018

Laut Auskunft des für das BMG legistisch zuständigen Bundeskanzleramts sollten diese Änderungen die Stellung des Generalsekretärs im Ministerialgefüge durch die Anordnung der Vorgesetztenfunktion und das Weisungsrecht stärken.

2.2 Der RH stellte fest, dass die Leitung der Bundesministerien gemäß Art. 20 B–VG allein der jeweiligen Bundesministerin bzw. dem jeweiligen Bundesminister oblag.

Der RH stellte fest, dass die BMG–Novellen 2000 und 2017 in Bezug auf die allge­

meine Aufgabenbeschreibung zur „zusammenfassenden Behandlung“ keine weitere Klärung vornahmen. Auch die Gesetzesmaterialien zu diesen Novellen enthielten dazu keine weiterführenden Erläuterungen.

Nach Ansicht des RH waren die ursprünglich kooperativ–koordinierenden Aufgaben – im Sinne von Informationsgewinnung und der Moderation von Entscheidungs­

prozessen – nicht ausreichend, um Richtungsentscheidungen bei unterschiedlichen Zielen von einzelnen Sektionen zu gewährleisten oder um den Grad der Verantwor­

tung des Generalsekretärs im Rahmen der koordinierenden Tätigkeit zu definieren.

Die Ausstattung der Funktion des Generalsekretärs mit der Vorgesetztenfunktion durch die BMG–Novelle 2017 war daher eine Aufwertung dieser Funktion zu einer internen administrativen Spitze des jeweiligen Bundesministeriums. Als Klarstellung der Steuerungskompetenzen war sie grundsätzlich geeignet, Steuerungs– und Verantwortlichkeitsdefizite im Vergleich zum kooperativ–koordinierenden General­

sekretär hintanzuhalten.