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Zweiter Teil: Die liechtensteinische Grundrechtsordnung

I. Verfassungstheorie - Grundrechtstheorie - -Grundrechtsinterpretation

3. Subjektive Grundrechtsgehalte

Die Rechtsqualität der Grundrechte als subjektive Rechte steht heute ausser Frage.64 Mit Selbstverständlichkeit ist denn auch der Staatsge­

richtshof immer wieder vom Charakter der Grundrechte als Individual­

rechte ausgegangen.65 Ja: Der Staatsgerichtshof definiert die verfassungs­

mässig gewährleisteten Rechte der FL-Verfassung geradezu als subjek­

tive Rechte aufgrund einer Norm in Verfassungsrang.66

a) Die klassische Einteilung auf der Grundlage der Jellinekschen Statuslehre

Georg Jellinek hat in seinem System der subjektiven öffentlichen Rechte67 die klassischen Funktionen im Verhältnis zwischen Individuum und Staat nach Massgabe seiner wirkmächtigen Statuslehre68 eingeteilt.

Jellinek unterscheidet vier Status: den passiven Status oder den status subiectionis, den negativen Status oder den status libertatis, den positi­

ven Status oder den status civitatis und den aktiven Status oder den Sta­

tus der aktiven Zivität. Den Status umschreibt Jellinek als aeine das

Indi-" S. Jörg Paul Müller, Zur sog. subjektiv- und objektiv-rechtlichen Bedeutung der Grund­

rechte, Der Staat 29 (1990), 33 ff. J. P. M üller, Elemente, S. 5 f.; Rhinow, in: Festschrift Huber, S. 427 (436 ff.); Saladin, Grundrechte im Wandel, S. 293; Loebenstein, EuGRZ 1985, 365 (377, 388); Pemthaler, in: Festschrift Klecatsky II, S. 743 (755); Klaus Stem, Idee und Elemente eines Systems der Grundrechte, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd.

V, 1992, § 109 Rn. 138 ff.; Blcckmann, Staatsrecht II, S. 259 ff.; aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts s. z.B. E 39,1 (41); 50, 290 (327); 74, 297 (323).

w Zur dogmengeschichdichen Entwicklung ausführlich Sachs, in: Stem, Staatsrecht 111/1, S. 508 ff. m.w.Nachw.

« S. z.B. StGH 1984/14 Urteil vom 28. Mai 1986, LES 1987, 36 (38); StGH 1985/11 -Urteil vom 2. Mai 1988, LES 1988, 94 (101).

» StGH 1978/4 Entscheidung v. 12. Juli 1978, LES 1981, 1 (2); s. auch StGH 1978/16 -nicht veröffentlichte Entscheidung v. 11. Dezember_1978, S. 6; ebenso der österreichi­

sche VerfGH, s. schon VfSlg. 723/1926; ferner etwa Ohlinger, EuGRZ 1982, 216 (218).

w 2. Aufl. 1905, S. 87, 94 ff.

u Zu ihren vielfältigen Ergänzungen und Weiterbildungen s. nur die Nachw. bei Sachs, in:

Stern, Staatsrecht II1/I, S. 426 mit Fn. 181.

Grundrechtsfunktionen

viduum qualifizierende Beziehung zum Staate" Als eine das Individuum qualifizierende Relation soll der Status dabei ein Zustand sein.69

Auch der Staatsgerichtshof greift zu Kategorisierung der Grundrechte auf die Jellineksche Statuslehre zurück.70 Was immer ihr an Unstimmig­

keiten und Unklarheiten vorgeworfen werden mag, bleibt doch ihr ana­

lytischer Erkenntnischarakter von grosser Bedeutung. Das gilt vor allem für die Ableitung von subjektiven Grundrechtspositionen aus den drei zentralen Status. Vereinfachend lasse sich insoweit festhalten:

- Der status negativus bezeichnet den Zustand, in dem der einzelne seine Freiheit vom Staat hat. Ausgeformt und geschützt wird dieser Zustand durch die Grundrechte als Abwehrrechte.

- Der status positivus ist dagegen der Zustand, in dem der einzelne seine Freiheit nicht ohne den Staat realisieren kann, sondern für die Schaf­

fung und Erhaltung einer freien Existenz auf staatliche Vorkehrungen angewiesen ist. Dieser Zustand wird rechtlich gesichert durch die Grundrechte als Leistungsrechte im weitesten Sinne.

- Der status activus umfasst schliesslich denjenigen Zustand, in dem der einzelne seine Freiheit in und für den Staat betätigt. Dieser Zustand wird durch die politischen Rechte (im engeren Sinne) konkretisiert.71

h) Drei subjektive Grundrechtsgehalte - Die Grundrechte als AbwehrLeistungs- und Bewirkungsrechte

Versucht man vor dem skizzierten Hintergrund eine Einteilung der Grundrechte als subjektive Rechte nach ihrer rechtstechnischen Struk­

tur, so lassen sich drei zentrale Grundrechtsgehalte unterscheiden:72

- Grundrechte als Abwehrrechte, - Grundrechte als Leistungsrechte, - Grundrechte als Bewirkungsrechte.

6S G. Jcllinek, System der subjektiven öffentlichen Rechte, S. 83.

70 S. StGH 1982/1-25 - Urteil vom 28. April 1982, LES 1983, 69 (70); s. auch Seeger, EuGRZ 1981, 656 ff. (656).

71 S. hierzu auch Bodo Pieroth/Bernhard Schlink, Grundrechte. Staatsrecht II, 9. Aufl.

1993, Rn. 72 ff.

73 Ähnlich Sachs, in: Stern, Staatsrecht IJI/1, S. 558 ff.; Stern, in: Handbuch des Staats­

rechts, Bd. V, § 109 Rn. 41 ff.

Subjektive Grundrechtsgehalte

aa) Grundrechte als Abwehrrechte

Besonders eng mit der Anerkennung grundrechtlicher Subjektivität ver­

knüpft ist die abwehrrechtliche Konzeption, die auf die wohl immer noch wichtigste Grundrechtsfunktion verweist.71 Ihrem rechtstechnisch-konstruktivem Gehalt nach sind Abwehrrechte durch Grundrechtsbe­

stimmungen gesicherte subjektive Rechtspositionen, deren Beeinträchti­

gung durch die Staatsgewalt verboten ist und die durch negatorische Ansprüche der Berechtigten gegen Verletzungen gesichert sind.74 Wich­

tigster Schutzgegenstand der Abwehrrechte ist die Verhaltensfreiheit i.S.

einer Beliebigkeit des Verhaltenkönnens.75 Daneben bilden Elemente der natürlichen Persönlichkeit - "Leib und Leben", das Persönlichkeitsrecht einschliesslich seiner verselbständigten Teilbereiche (Wohnung; Briefge­

heimnis.usw.) - und die Inhaberschaft an vermögensrechtlichen Berech­

tigungen (insbesondere Eigentum) Schutzobjekte'der Abwehrrechte.76

bb) Grundrechte als Leistungsrechte (1) Überblick

Die Rechtekataloge .der. Verfassungen haben von Anfang an,'wenn auch nur vereinzelt, neben Abwehrrechten auch Bestimmungen enthalten, die die leistungsbezogene Dimension des Staat-Bürger-Verhältnisses zum Gegenstand hatten. Dabei ist der Begriff des Leistungsrechts weit zu fas­

sen. Er umfasst alle Rechte auf eine positive Handlung des Staates und ist damit das terminologische Gegenstück zum Abwehrrecht. Die Skala der leistungsrechtlichen Ansprüche in diesem- rechtstechnisch-formalen Sinne reicht von staadicheri Schutzhandlungen über die Statuierung von Organisation- und Verfahrensnormen bis hin zur Erbringung von Geld- und Sachleistungen.77 Die letztgenannten kann man auch als Lei­

71 Jürgen Schwabe, Probleme der Grundrechtsdogmatik, 1977, S. 11; Bernhard Schlink, Freiheit durch Eingriffsabwehr - Rekonstruktion der klassischen Grundrechtsfunktion, EuGRZ 1984, 457 ff.; Gertrude Lübbe-Wolff, Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, 1988. '

74 S. auch Sachs, in: Stern, Staatsrecht IIl/l, S. 621.

74 Etwa.Dieter Suhr, Freiheit durch Geselligkeit, EuGRZ 1984, 529 (532); Schwabe, Grundrechtsdogmatik, S. 14.

74 Ausführlich hierzu Sachs, aaO, S. 622 ff.

77 S. z.B. Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 402 f.; Sachs, in: Stern, Staatsrecht Hl/1, S. 698 f., der allerdings auch noch negative Leistungsrechte anerkennt.

Grundrecktsfunktionen

stungsrechte im engeren Sinne, Teilhaberechte oder soziale Grund­

rechte78 bezeichnen.79

Notwendige Voraussetzung leistungsrechtlicher Grundrechtsgehalte ist die Existenz objektiver Grundrechtsbestimmungen, welche dem Grundrechtsadressaten, d.h. dem Staat eine positive Handlungspflicht auferlegen.80 Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt den Grund­

rechtskatalog der FL-Verfassung, so ist der Textbefund keineswegs uner­

giebig.

- Mehr oder weniger deutlich statuieren folgende Vorschriften einen Leistungsanspruch des einzelnen: Art. 32 III 1 LV (Anspruch auf Ent­

schädigung wegen erlittener Strafhaft); Art. 35 I LV (Anspruch auf Schadloshaltung bei Enteignung); Art. 37 II 1. Halbs. LV (Anspruch der römisch-katholischen Kirche auf vollen Schutz des Staates); Art. 43 II LV (Anspruch auf Begründung einer Entscheidung);

- Ausserhalb des IV. Hauptstücks der Verfassung gehören zum einen An. 109bis I LV (Amtshaftung), zum anderen grundrechtliche Gewähr­

leistungen aus dem Bildungsbereich,81 nämlich das Recht auf unent­

geltlichen Elementarunterricht (Art.16 III LV) und das Recht auf Stipendien zum Besuch höherer Schulen (Art. 17 II LV) hierhin.

- Der Anspruch auf rechtliches Gehör und allgemein auf ein rechtsstaat­

liches Verfahren ist ebenfalls in die Kategorie der Leistungsrechte ein­

zuordnen.

Bei einigen weiteren Grundrechtsbestimmungen lässt der Wortlaut -dass nämlich bestimmte Schutzgegenstände "gewährleistet" werden (so insbesondere Art. 32 I, 34 I, 37 I LV) - die Möglichkeit offen, insoweit staatliche Schutzverpflichtungen anzunehmen.82

70 Dazu etwa Luzius Wildhaber, Soziale Grundrechte, in: Gedenkschrift für Max Iniboden, 1972, S. 371 ff.; Jörg Paul Müller, Soziale Grundrechte in der Verfassung?, 2. Aufl. 1981;

Ernst Wolfgang Böckenförde/Jürgen Jekewitz/Thilo Ramm (Hrsg.)> Soziale Grund­

rechte, 1981; Josef Isensee, Verfassung ohne soziale Grundrechte, Der Staat 19 (1980), 367 ff.

79 Zur Problematik s. neben den in der vorangegangenen Fussnote Genannten vor allem noch Karl Heinrich Friauf, Zur Rolle der Grundrechte im Interventions- und Leistungs­

staat, DVBI. 1971, 674 ff.; Peter Häberle, Grundrechte im Leistungsstaat, WDStRL 30 (1972), 43 ff.; Wolfgang Martens, Grundrechte im Leistungsstaat, WDStRL 30 (1972), 7 ff. - Zur Terminologie s. Dietrich Murswieck, Grundrechte als Teilhaberechte, soziale Grundrechte, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, 1992, § 112 Rn. 5 ff.

80 S. auch Sachs, aaO, S. 706.

81 Zu deren Grundrechtscharakter schon S. 23 f.; s. ferner Seeger, EuGRZ 1981, 656 (657).

82 Vgl. auch Sachs, in: Stern, Staatsrecht II 1/1, S. 707.

Subjektive Grundrechtsgehalte

- In hohem Masse umstritten ist schliesslich das Problem, ob über die genannten punktuellen Leistungsansprüche hinaus den abwehrrecht­

lich strukturierten Grundrechtsbestimmungen auf interpretativem Wege allgemein leistungsrechtliche Gehalte zuzuordnen sind. Die Rechtsprechung des Staatsgerichtshofs schweigt sich insoweit weitge­

hend aus. Nur gelegentlich wird die Frage kurz angesprochen und ver­

neint.81

(2) Insbesondere: Der Anspruch auf staatlichen Schutz

Der verbreiteten Skepsis - nicht nur des Staatsgerichtshofs - gegenüber interpretatorisch erschlossenen Leistungsrechten84 wird man grundsätz­

lich zustimmen können. Wegen des bedrohten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers gilt dies namentlich im Blick auf die sogenannten ori­

ginären Teilhaberechte. Etwas anderes gilt jedoch für den grundrechtli­

chen Anspruch auf staatlichen Schutz. Auch wenn dieser im Verfas­

sungstext des Fürstentums Liechtenstein nur an einer Stelle, in Art. 37 II 1. Halbs. LV explizit statuiert ist, bestehen keine prinzipiellen Bedenken gegen eine darüber hinausgehende Anerkennung einer schutzrechtlichen Grundrechtsfunktion.85 Sie lässt sich zurückverfolgen bis in die frühen Verfassungstexte Nordamerikas, in denen als klassische Garantie das Grundrecht auf Sicherheit enthalten war. Abwehrrecht und Schutz­

pflicht bzw. Schutzrecht sind gegenläufige Funktionen der Freiheits­

grundrechte. Einerseits obliegt es dem Staat, die vorgegebene Rechtssub­

stanz durch Eingriffsverzicht zu schonen und zu respektieren, anderer­

seits obliegt ihm die positive Pflicht, sie gegen private Übergriffe zu sichern.86 Unter Berücksichtigung des bleibenden primären Sinnes der

» So zu Art. 41 LV Sc GH, Guiachten vom 27. Marz 1957, ELG 1955-1961, 118 (120);

schroff ablehnend namentlich die ältere Judikatur des österreichischen Staatsgerichts­

hofes, s. etwa das Fristenlösungserkenntnis (VfSlg. 7400/1974) und das Universitäts-organisationsgesetz-Erkenntnis (VfSlg. 8136/1977).

** D azu s. etwa Stern, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, $ 109 Rn. 45.

15 Zur vorsichtigen "Annäherung" des öVerfGH an diese Grundrechtsfunktion s. etwa Martin Schlag, Die Herausforderung der Biotechnologie an die österreichische Grund-rechtsdogmatik, ÖJZ 1992, 50 (52 ff.).

** U mfassende Bestandsaufnahme der Diskussion bei Klaus Stern, Staatsrecht III/l, 1988, S. 931 ff.; Johannes Dietlein, Die Lehre von den grundrechtlichen Schutzpflichten; Isen­

see, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, $ III Rn. 1 ff . und 77 ff.; grundlegend und wegweisend insoweit die erste Abtreibungsentscheidung des BVerfG aus dem Jahre 1975, E 39, 1 ff.; zu den Schutzpflichten der EMRK s. Dietrich Murswieck, Die Pflicht des Staates zum Schutz vor Eingriffen Dritter nach der Europäischen Menschenrechts­

konvention, in: H. J. Konrad (Hrsg.), Grundrechtsschutz und Verwaltungsverfahren,

Grundrechts/unktionen

Grundrechte als individueller Rechte spricht dabei vieles für die Annahme einer Subjektivierung der staatlichen Schutzpflicht. Es ist nur folgerichtig, dass der einzelne Grundrechtsträger, dem im Zuge des Ubergangs vom vorstaatlichen zum staatlichen Zustand das Recht zum Selbstschutz weitgehend genommen worden ist, einen kompensatori­

schen Anspruch gegen den Staat auf effektiven Schutz erhält.87

cc) Grundrechte als Bewirkungsrechte (1) Allgemeines

Abwehr- und Leistungsrechte prägen die subjektiv-rechtliche Bedeu­

tungsschicht der Grundrechte so stark, dass daneben anders strukturierte Grundrechtsgehalte kaum als besondere Kategorie Erwähnung finden.

Eine solche dritte Gruppe bilden jedoch die Bewirkungsrechte (Gestal­

tungsrechte).88 Ihre rechtstechnische Eigenart besteht darin, dass sie den Berechtigten in die Lage versetzen, durch sein Verhalten gezielt eine Ände­

rung der Rechtslage herbeizuführen ("zu bewirken"). Die Bewirkungs­

rechte gewährleisten also Befugnisse.89 Hierzu zählen zum einen die kom­

petentiellen Freiheiten,90 Eigentum zu erwerben, Vereine zu gründen, Ehen zu schliessen oder allgemein Vertragsabsprachen zu treffen.91 Vor allem aber sind in die Kategorie der Bewirkungsrechte als eigenständige Subkategorie die politischen Grundrechte im engeren Sinne92 einzuord­

nen.93 Wegen ihrer grossen Bedeutung für die liechtensteinische Verfas­

sungsrechtsordnung sollen sie kurz gesondert betrachtet werden.

1985, S. 213 ff.; Claus Dieter Classen, Die Ableitung von Schutzpflichten des Gesetzge­

bers aus Freiheitsrechten - ein Vergleich von deutschem und französischem Verfassungs­

recht sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention, in: JöR NF 36 (1987), 29 ff.

87 S. auch etwa Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 414 f.; Isensee, in: Handbuch des Staats­

rechts, Bd. V, § 111 Rn. 184.

88 Zum Begriff s. Sachs, in: Stern, Staatsrecht III/I, S. 571; aufgegriffen von Stern, in: Hand­

buch des Staatsrechts, Bd. V, § 109 Rn. 47.

89 Näher hierzu Sachs, aaO, S. 571 ff.; ferner Wolfram Höfling, Vertragsfreiheit, 1991, S. 20 ff.

Begriff bei Höfling, Vertragsfreiheit, S. 20 ff; dazu auch Michael Sachs, Rezension, AÖR 117(1992), 152 f. (152).

91 Vgl, auch Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 212, 220.

Vgl. hierzu vor allem Manfred Nowak, Politische Grundrechte, 1982.

93 Dazu vgl. auch Sachs, in: Stern III/l, S. 580 ff., der insoweit von Mitwirkungsrechten spricht; ferner Stern, in: Handbuch des Staatsrechts, Bd. V, § 109 Rn. 48.

Objektiv-rechtliche Grundrechtsgehalte

(2) Im besonderen: Die politischen Rechte

Der Staatsgerichtshof umschreibt die politischen Rechte der FL-Verfas-sung94 ganz im Sinne der vorstehend vorgenommenen Charakterisierung der Bewirkungsrechte als Befugnis gewährleistende Grundrechte. Der Begriff der politischen Rechte habe einen "ganz bestimmten engbegrenz­

ten Inhalt" und bezeichne "die Befugnisse der Mitwirkung an der Staats-willensbildung".95 Dazu gehören namentlich das aktive und passive Wahlrecht sowie das Referendums- und das Initiativrecht.96

Die spezifische Eigenart der politischen Rechte, nämlich rechtsgestal­

tend auf die Staatswillensbildung einzuwirken, führt auch zu einer besonderen dogmatischen Deutung: Die politischen Rechte sind als Bewirkungsrechte nicht nur verfassungsmässig gewährleistete Individu­

alrechte, also subjektive Grundrechte,97 vielmehr ermöglichen sie zugleich die Wahrnehmung einer Organfunktion durch Teilnahme am Rechtssetzungsprozess.98

Die dualistische Theorie der politischen Grundrechte kann heute für den gesamten deutschsprachigen Raum als herrschend bezeichnet wer­

den.99