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Das Potenzial zur Deckung des städtischen und regionalen Personalbedarfs der Wirtschaft beginnt bei der Ausbildung. Durch die erfolgreiche Fokussierung der Stadt auf das Motto „Investition in Bildung ist Investition in Menschen“ wurde ihr vom bayerischen Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst das Gütesiegel „Bildungsregion in Bayern“ verliehen3. So bietet der Bildungsstandort Kaufbeuren neben allgemeinbildenden Schulen auch eine staatliche Berufsschule mit den Fachbereichen Wirtschaft und Verwaltung, Elektro-, Holz-, Metall- und Farbtechnik, die staatlichen Berufsfachschulen Hauswirtschaft, Kinderpflege, Krankenpflege, Glas und Schmuck, eine Fachschule für Altenpflege und die staatliche Technikerschule für Agrarwirtschaft. Seit dem Jahr 2009 verfügt Kaufbeuren über eine Außenstelle der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern und kann sich seitdem Hochschulstadt nennen. Auch im Oktober nahmen wieder Studentinnen und Studenten4 ihr Studium auf: Im Fachbereich Finanzwesen konnten im Oktober 150 neue Studenten in Kaufbeuren begrüßt werden.5 Erweitert wird der Kreis durch die Studenten der neuen Fachakademie für Sozialpädagogik. Seit Beginn des Schuljahres 2015/2016 leistet die staatliche Fachakademie ihren Beitrag den Bedarf an sozialpädagogischen Fachkräften zu decken, indem über die dreijährige Ausbildung in Kaufbeuren derzeit 29 dann „staatlich anerkannte Erzieher“ ausgebildet werden.6 Ergänzt wird die Bildungslandschaft durch vielfältige außerschulische und -berufliche Bildungsangebote und Aktionen.

In der Stadt Kaufbeuren gehen 17.177 Personen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach (Stichtag 30.06.2015)7. Einen Rückschluss auf die Anzahl der angebotenen Beschäftigungsverhältnisse und über die Herkunft der Beschäftigten in einer Kommune, lässt der sog. Pendlersaldo (= Anzahl der Einpendler abzüglich der Auspendler) zu.8 Im Gegensatz zu anderen Städten kommt es in Kaufbeuren mit einem Saldo von 876 Personen nur zu einem im Vergleich mit den Nachbarstädten Kempten (11.732) und Memmingen (12.364) relativ geringen, positiven Pendlersaldo9. Setzt man diesen noch in Relation zu den Stadtgrößen (Einwohnerzahlen), ergibt sich ein noch deutlicheres Bild:

3 Vgl. Stadt Kaufbeuren „Kaufbeuren aktiv“, unter http://www.kaufbeuren-aktiv.de/programme/bildungsregion-kf/, abgerufen am 07.03.2016

4 Aus Gründen der Lesefreundlichkeit wird im Folgenden nur noch die männliche Form verwendet. Gemeint sind – sofern nicht anderweitig angegeben – stets Männer und Frauen.

5 Vgl. Kreisbote „Willkommen in Kaufbeuren“, unter http://www.kreisbote.de/lokales/kaufbeuren/neue-studenten- kaufbeuren-begruesst-5652802.html, abgerufen am 07.03.2016

6 Vgl. Kreisbote „Kunstwerk geschaffen“, unter http://www.kreisbote.de/lokales/kaufbeuren/fachakademie- sozialpaedagogik-stellt-sich-5738048.html, abgerufen am 07.03.2016

7 Vgl. Bundesagentur für Arbeit „Arbeitsmarkt in Zahlen - Beschäftigungs- und Arbeitsmarktstatistik“, unter https://statistik.arbeitsagentur.de/nn_4236/SiteGlobals/Forms/Themenauswahl/themenauswahl- Form.html?view=processForm&resourceId=210342&input_=&pageLocale=de&regionInd=09762&

year_month=201512&topicId=910542&topicId.GROUP=1&search=Suchen, abgerufen am 07.03.2016

8 Vgl. Bundesagentur für Arbeit, „Methodische Hinweise zu Pendlern“ unter

https://statistik.arbeitsagentur.de/nn_280848/Statischer-Content/Grundlagen/Methodische-Hinweise/BST- MethHinweise/Pendler-meth-Hinweise.html#dl.4, abgerufen am 08.03.2016

9 Vgl. Bundesagentur für Arbeit „Arbeitsmarkt in Zahlen - Beschäftigungs- und Arbeitsmarktstatistik“, unter https://statistik.arbeitsagentur.de/nn_4236/SiteGlobals/Forms/Themenauswahl/themenauswahl- Form.html?view=processForm&resourceId=210342&input_=&pageLocale=de&regionInd=09762&

year_month=201512&topicId=910542&topicId.GROUP=1&search=Suchen, abgerufen am 07.03.2016

7 Abb. 2: Einpendler laut Pendlersaldo pro 1000 Einwohner

Auch bei der Aufteilung der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten auf die drei Wirtschaftssektoren ergeben sich teils deutliche Unterschiede zu anderen Kommunen (siehe Tabelle 1). Auf Basis der aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2014 gehen rund 74% der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Kaufbeuren einer Tätigkeit im Dienstleistungssektor (sog. „Tertiärer Sektor“) nach. Der „Produktionsstandort“ Landkreis Ostallgäu bietet überwiegend Beschäftigungen in der Industrie („Sekundärer Sektor“). Die Landwirtschaft („Primärer Sektor“) ist mit weniger als 1% übergreifend von geringerer Bedeutung. 10

Bayern Kaufbeuren Ostallgäu Kempten Memmingen

Primärer Sektor < 1 % < 1 % < 1 % < 1 % < 1%

Sekundärer Sektor 34 % 26 % 48 % 20 % 41 %

Tertiärer Sektor 66 % 74 % 51 % 80 % 59 %

Tab. 1: Sozialversicherungspflichtig Anteilig Beschäftigte nach Wirtschaftssektor

Die Verteilung der Mitarbeiter auf die Sektoren spiegelt sich auch in den Wirtschafszweigen der ortsansässigen Unternehmen aus dem Unternehmensregister wieder. Den größten Anteil übernehmen hier in Kaufbeuren die Unternehmen aus dem Bereich Handel (22,6%), gefolgt von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen (11,7%) und Unternehmen aus dem Grundstücks- und Wohnungswesen (10,2%). Von größerer Bedeutung sind in Kaufbeuren auch die Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe (9,3%), dem Gesundheits- und Sozialwesen (8,5%) sowie dem Baugewerbe (7,8%).11 Bei der Analyse der Unternehmen hinsichtlich ihrer Größe zeigt sich weiter, dass es sich fast

10 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, „Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte: beschäftigte am Arbeitsort nach Geschlecht, Nationalität und Wirtschaftszweigen“, unter https://www.regionalstatistik.de/genesis/

online;jsessionid=C95D20D101B9F3F7D94C182BF9E39C58?operation=previous&levelindex=3&levelid=

1457420779888&step=3, abgerufen am 08.03.2016

11 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, „Unternehmen nach Wirtschaftsabschnitten“, unter https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/data..., abgerufen am 08.03.2016

21

180

296

0 50 100 150 200 250 300 350

Kaufbeuren Kempten Memmingen

Anzahl

8

ausschließlich um sehr kleine (bis max. 9 Mitarbeiter; Anteil: 88%) und kleine Unternehmen (bis max. 48 Mitarbeiter; 9%) handelt12.

In Bezug auf die Zukunftschancen attestiert die PROGNOS AG der Stadt Kaufbeuren in ihrem

„Zukunftsatlas“ einen ausgeglichenen Chancen-Risiko-Mix. Dies allerdings bei einem weit unterdurch-schnittlichen Arbeitsmarkt (Indikatoren hierfür u. a. die Arbeitsplatzdichte, Anteil der Hochqualifizierten, Schulabbrecherquote, Arbeitslosenquote etc.) und bei vergleichsweise geringer Dynamik. Im Ranking des Zukunftsatlas liegt Kaufbeuren im Ergebnis auf Platz 140 und damit deutlich hinter den beiden Nachbarstädten Kempten und Memmingen sowie dem Landkreis Ostallgäu (Platz 52 bzw. 56 bzw. 79).13 Auch von der Nähe zur Metropole München kann Kaufbeuren nicht übermäßig profitieren. So kommt die Studie „WAM - Wohnen, Arbeiten, Mobilität in der Metropolregion München“ von der technischen Universität München14 aus dem Jahr 2016 für Kaufbeuren zu dem Ergebnis, dass der Wohnort Kaufbeuren zwar für Familien attraktiv aber empfiehlt eine Maßnahmen zur Steigerung der örtlichen/regionalen Mobilität und die Schaffung neuer Arbeitsplätze, um Kaufbeuren die Chance zu einem regionalen Zentrum zu eröffnen.15

In naher Zukunft wird sich die wirtschaftliche Situation nochmals verschärfen: Der Wirtschaftsstandort Kaufbeuren ist und war lange geprägt durch den Luftwaffenstützpunkt, dem Fliegerhorst Kaufbeuren. Am 26.10.2011 wurde zunächst die Auflösung des Fliegerhorsts bis zum Jahr 2017 verkündet. Der größte Arbeitgeber der Stadt beschäftigte zum damaligen Zeitpunkt 1158 Mitarbeiter (darunter 641 zivile Mitarbeiter)16. Zwar wurde die Schließung im Laufe des Jahres 2015 noch zweimal zunächst auf 202017, dann auf 2022 verschoben und am 22.05.2015 verkündet, dass durch die Übernahme von Teilen der Bundeswehr-Infrastruktur die Deutsche Flugsicherung (DFS) Fluglotsen der deutschen und österreichischen Luftstreitkräfte zukünftig in Kaufbeuren ausbilden wird und somit immerhin rund 100 Arbeitsplätze in der Wertachstadt erhalten bleiben.18 Dennoch wird mit der Schließung des Standortes eine große Anzahl an Beschäftigten (derzeit noch ca. 750) - dann aber zeitlich verzögert - auf den lokalen und regionalen Arbeitsmarkt strömen. Die im Vergleich zur Einwohnerzahl große Anzahl an arbeitsuchenden Personen wird den Wettbewerb um die teilweise raren Arbeitsplätze zusätzlich befeuern.

Bereits jetzt kann in Kaufbeuren ein deutlicher Überhang von Bewerbern zu offenen Stellen festgesellt werden. Setzt man die Personen aus der Unterbeschäftigung, (d. h. alle Arbeitslose i. S. d. § 16 SGB III zzgl.

alle Personen, die im weiteren Sinne arbeitslos sind z. B. Teilnehmer an Maßnahmen zur Aktivierung und

12 Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, „Betriebe nach Beschäftigungsgrößenklassen“, unter https://www.regionalstatistik.de/genesis/online/data;..., abgerufen am 08.03.2016

13 Vgl. Prognos AG, „Prognos Zukunftsatlas 2013“, unter

http://www.prognos.com/fileadmin/pdf/Atlanten/ZKA_2013_Regionen/Zukunftsatlas_2013_Auf_einen_

Blick.pdf, abgerufen am 08.03.2016

14 Vgl. Technische Universität München, unter https://www.wam.tum.de/aktuelles/, abgerufen am 10.03.2016

15 Vgl. Allgäuer Zeitung, „Arbeitsplätze für Wachstum wichtig“, erschienen am 18.02.2016

16 Vgl. Allgäuer Zeitung, „Katastrophaler Einschnitt - Bundeswehr Fliegerhorst Kaufbeuren wird aufgelöst“, unter http://www.all-in.de/nachrichten/lokales/Katastrophaler-Einschnitt-Bundeswehr-Fliegerhorst-Kaufbeuren-wird- aufgeloest;art26090,1035787, abgerufen am 17.03.2015

17 Vgl. Allgäuer Zeitung, „Fliegerhorst Kaufbeuren soll erst 2022 schließen“, unter http://www.all-in.de/

nachrichten/allgaeuwirtschaft/Fliegerhorst-Kaufbeuren-soll-erst-2022-schliessen;art8119,2136297, abgerufen am 08.03.2016

18 Vgl. Süddeutsche Zeitung, „Fluglosten-Ausbildung in Kaufbeuren“, unter http://www.sueddeutsche.de/bayern/

fliegerhorst-fluglotsen-ausbildung-in-kaufbeuren-1.2533738, abgerufen am 08.03.2016

9

beruflichen Eingliederung, zzgl. Personen, die nahe dem Arbeitslosenstatus sind, z. B. Teilnehmer an Qualifizierungsmaßnahmen, Beschäftigte am 2. Arbeitsmarkt, kurzfristig Arbeitsunfähige; siehe auch unter

„Arbeitslosen- und Unterbeschäftigungsquote“)19 in Relation zu den gemeldeten Arbeitsstellen (d. h. alle Stellen, die den Agenturen für Arbeit und den gemeinsamen Einrichtungen mit einer vorhergesehenen Beschäftigungsdauer von mehr als 7 Tagen)20 lässt sich ein Eindruck über die Chancen von Bewerbern am Arbeitsmarkt und die Anzahl der vorhandenen Stellen gewinnen. Die folgende Tabelle 2 zeigt wie viele Stellen pro 100 Personen aus der Unterbeschäftigung im Jahr 2015 durchschnittlich zur Verfügung standen:

Tab. 2: Anzahl gemeldeter Stellen pro 100 Personen aus Unterbeschäftigung

Die Ergebnisse zeigen, dass – noch ungeachtet einer Bewertung der Passung von Bewerber- und Stellenanforderungsprofil – im Stadtgebiet Kaufbeuren deutlich mehr Bewerber auf eine offene, gemeldete Stelle kommen, als in den aufgeführten Vergleichskommunen oder dem Vergleichswert aus ganz Bayern.

Ebenfalls noch nicht berücksichtigt sind Personen, die nicht in die oben dargestellten Kategorien fallen:

Personen, die nicht arbeitslos gemeldet sind und/oder in einem Beschäftigungsverhältnis stehen aber auf der Suche nach einer Beschäftigung sind (sog. „ Stille Reserve des Arbeitsmarktes“). Diese erweitern den Kreis der Mitbewerber um offene Arbeitsstellen.

Umso bedeutender wird in diesem Wettbewerb der Stellenwert der Vermittlungsarbeit im Jobcenter Kaufbeuren: Sie zielt darauf ab, die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bedarfsgenau, umfassend und durch vielfältige Maßnahmen an eine Beschäftigung heranzuführen und letztendlich in Arbeit zu integrieren.