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4. Vermittlungsstrategische Ansätze

4.2 Einsatz der Haushaltsmittel für Eingliederungsleistungen

4.2.1 Eingliederung von Jugendlichen unter 25 Jahre

4.2.1.4 Sonderprojekte

Beschäftigungsinitiative Süd 50plus (BINS 50plus)

Gemeinschaftsprojekt BINS 50plus in Bayerisch-Schwaben und Oberbayern 19 Jobcenter mit Bildungsträgern zusammen. Das gemeinsame Ziel ist die Integration von eLb ab 50 Jahren in den Arbeitsmarkt, was durch Fördermaßnahmen im Vermittlungs- und Gesundheitsbereich erreicht werden soll. Die dabei entstehenden Personal- und Maßnahmenkosten werden über Bundesmittel finanziert. 192 eLb wurden in 2015 mit unterschiedlicher Teilnahmedauer und in unterschiedlichen Teilprojekten aktiviert bzw. auf eine Aufnahme in eines der Teilprojekte vorbereitet. Hieraus resultierten 37 Vermittlungen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Das Bundesprogramm endete nach einer Gesamtlaufzeit von mehr als sechs Jahren mit dem 31.12.2015. Das Programm ermöglichte eine intensive und vielfältige Unterstützung älterer Leistungsberechtigter auf ihrem Weg (zurück) in Arbeit. Diese Lücke gilt es im kommenden Jahr durch andere Förderinstrumente zu füllen, um auch dieser Zielgruppe weiterhin die erforderliche Aufmerksamkeit und Hilfe zuteil werden zu lassen.

Arbeitsgelegenheiten (AGH)

Bei den Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II handelt es sich um ein Angebot an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit erhöhtem Stabilisierungsbedarf, deren Beschäftigungsfähigkeit wiedererlangt oder erhalten werden soll, indem sie einfache und zusätzliche Hilfstätigkeiten übernehmen, die im öffentlichen Interesse liegen und wettbewerbsneutral sind. Durch Mithilfe in verschiedensten Bereichen wie etwa bei hauswirtschaftlichen, hausmeisterlichen, lagertechnischen und administrativen Hilfstätigkeiten in gemeinnützigen und/oder öffentlichen Einrichtungen sollen eLb an den Arbeitsmarkt herangeführt und der Aufbau bzw. Erhalt einer Tagesstruktur sowie das Einüben sozialer Verhaltensweisen gefördert werden.

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Im Jahr 2010 stellte das Jobcenter noch 200 Plätze für Arbeitsgelegenheiten zur Verfügung, im Jahr 2013 noch maximal 90 Plätze. Im Jahr 2015 wurde eine erneute Reduzierung beschlossen. Wegen der gesetzlichen Vorgaben zu den Arbeitsgelegenheiten (maximale Zuweisungsdauer: 24 Monate innerhalb von 5 Jahren), der komplexeren Problemlagen der Leistungsberechtigten und der immer geringeren finanziellen Ausstattung des Jobcenters mit Eingliederungsmitteln machten eine Beibehaltung der bisherigen 90 Kontingente weder erforderlich noch sinnvoll noch möglich. So stehen dem Jobcenter mit seinen Leistungsberechtigten ab dem 01.01.2016 noch 70 Plätze Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II zur Besetzung zur Verfügung.

Die Zusätzlichkeit als gesetzliche Anforderung an Arbeitsgelegenheiten bedingt und begründet sich allein dadurch, dass es bei der Zielgruppe häufig zu Ausfällen kommt, die nicht selten zum vollständigen Abbruch der Maßnahme für den eLb führen. So kam es bei den 170 zugewiesenen eLb im Jahr 2015 bei 91 Personen (das entspricht 54%) zu einem vorzeitigen Abbruch und damit zu einer noch größeren Anzahl als im Vorjahr mit einer Abbruchquote von 40%. Eine solche hohe Zahl an Ausfallzeiten verbunden mit dem stetigen personellen Wechsel ließe sich außerhalb der Zusätzlichkeit wohl nur schwerlich umsetzen. Die Gründe für den Abbruch einer AGH-Teilnahme sind dabei sehr vielfältig: In der Hälfte der Fälle sind es gesundheitliche Einschränkungen, die zum Abbruch der Maßnahme führen. Aber auch erfreuliche Gründe wie Arbeitsaufnahme (15%) oder die Aufnahme in eine weiterführende Maßnahme (8%) kann ein Beendigungsgrund sein. Die folgende Grafik zeigt die Abbruchgründe mi Anzahl und ihrem prozentualen Anteil im Detail.

Abb. 7: Abbruchgründe AGH 2015

Unumstritten ist weiterhin die Notwendigkeit der Maßnahme Arbeitsgelegenheiten: Sowohl bei den Fachkräften Vermittlung als auch unter großen Teilen der Leistungsberechtigten wird sie als sinnvolles und nützliches Mittel zum Erhalt oder dem Erwerb einer Beschäftigungsfähigkeit gesehen.

47; 50%

14; 15%

8; 8%

9; 10%

11; 12%

0; 0% 1; 1%

Abbruch-Gründe

gesundheitliche Gründe Arbeitsaufnahme andere Maßnahme Weigerung Fortführung persönliche Gründe Verzicht auf Leistungen nie erschienen

JVA/ Psych. nicht tragbar, WfB Wegzug

Übergang Rente

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Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung (BIP)

Schon mit Umsetzung der Option plante die Stadt Kaufbeuren die Einführung eines Persönlichkeitstests, um zielgerichteter auf die Stärken und Schwächen von eLb eingehen zu können, indem weiterführende Kenntnisse über den eLb in Erfahrung gebracht werden. Ein Persönlichkeitstest sollte das dem Jobcenter bekannte Gesamtprofil des eLb abrunden, indem es neben der fachlichen Qualifikation auch Rückschlüsse auf die Persönlichkeit als wichtigen Faktor bei Stellenbesetzungen eingeht.

Um ein geeignetes und effizientes Verfahren zur Testung auszuwählen, wurden im Mai 2012 verschiedene Varianten analysiert und nach den Anforderungen des Jobcenters Kaufbeuren an ein solches Testverfahren bewertet. Weil das Testverfahren BIP die solidesten Antworten auf die Bewertungskriterien lieferte, fiel die Entscheidung auf das „Bochumer Inventar zur berufsbezogenen Persönlichkeitsbeschreibung“ der Ruhr-Universität Bochum.

Die Teilnahme am Online-Testverfahren BIP kann einerseits auf freiwilliger Basis durch Interessensbekundung des eLb erfolgen. Ein Durchlaufen des Testverfahrens ist für eLb andererseits zwingend, wenn sie ins Intensivkundenprogramm aufgenommen werden sollen oder eine Qualifizierung angestrebt wird. Darüber hinaus liegt es immer auch im Ermessen der zuständigen Fachkraft, ob ein eLb dem Testverfahren zugewiesen werden soll, z. B. wenn eine Förderung zur Existenzgründung beantragt wurde oder wenn sich im Integrationsprozess trotz eines scheinbar guten Bewerberprofils keine Erfolge einstellen.

Der Online-Fragebogen ermittelt anhand von ca. 260 zu bewertenden Aussagen vor Ort im Jobcenter Verhaltensweisen und Gewohnheiten des eLb. Direkt im Anschluss an die Testdurchführung erfolgt die Auswertung des Tests durch die Ruhr-Universität Bochum innerhalb von maximal 24 Stunden in Form eines mehrseitigen Ergebnisberichts. Der Ergebnisbericht beinhaltet neben einem Fließtext zu den 17 Persönlichkeitsskalen auch eine grafische Darstellung der Merkmalsausprägungen. Die Ergebnisse des BIP werden dem eLb im gemeinsamen Auswertungsgespräch von BIP-Betreuer, zuständiger Fachkraft Vermittlung und eLb besprochen, etwaige Hintergründe geklärt und auf den Testergebnissen aufbauende, ziel- und bedarfsgerechte Folgemaßnahmen festgelegt. Die folgende Darstellung zeigt die aufgrund der BIP-Durchführung ergriffenen Maßnahmen im Jahr 2015:

Abb. 8: Nächste Schritte nach Durchführung der BIP-Testung 8%

20%

3%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

AGH Qualifizierung Intensivkundenprogramm

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Das BIP als Instrument der persönlichen Standortbestimmung verhilft der Fachkraft Vermittlung zu schnelleren und objektiveren Einblicken in die Persönlichkeit des eLb und kann so zielgerichteter und nachhaltiger agieren. Darüber hinaus offenbarte das BIP in Fällen neue Erkenntnisse über eLb, die trotz mehrjähriger Betreuung durch das Jobcenter bisher verborgen blieben. Als vorteilhaft für die Fachkräfte Vermittlung erwies sich das BIP auch im Gespräch mit „kritischen“ eLb, da die Testergebnisse ausschließlich auf rein objektiver und sachlicher Basis beruhen, ohne Berücksichtigung der Beziehungsebene zwischen Fachkraft Vermittlung und eLb. So wurde das BIP inzwischen zu einem etablierten und gern genutzten Instrument der Vermittlungsarbeit, das mit seinen Ergebnissen nicht nur bundesweit für Schlagzeilen sorgte, sondern auch zu positiver Resonanz unter den Leistungsberechtigten führte.

Das eigentlich zur Personalauswahl und -entwicklung in Unternehmen entwickelte und entsprechend renommierte BIP wird nach wie vor ausschließlich in Kaufbeuren im Jobcenter genutzt. Bis zum 31.12.2015 haben im Jobcenter Kaufbeuren seit Einführung am 30.01.2013 insgesamt 358 eLb am BIP teilgenommen.

Das BIP erweist sich dabei für sämtliche Altersklassen und Profillagen als geeignet. Auch eLb mit Migrationshintergrund kamen mit dem Verfahren zurecht. Einzige Einschränkungen bei der Praxistauglichkeit stellen das Mindestalter von 20 Jahren und das Erfordernis von Berufserfahrung dar, um verifizierbare Ergebnisse zu erhalten.

Ansprechpartner Wirtschaft

Bis Ende 2011 hatte das Jobcenter Kaufbeuren gemeinsam mit der Agentur für Arbeit einen Arbeitgeber-Service. Eigene aktive Kontakte zu Arbeitgebern gab es nicht. Bereits in der erfolgreichen Konzeption zur Bewerbung als Optionskommune wurde die Notwendigkeit eines eigenen „Ansprechpartners Wirtschaft“

als wichtiges Merkmal für eine Optionskommune herausgestellt, um die erwerbsfähigen Leistungs-berechtigten nach dem SGB II (eLb) auf dem ersten Arbeitsmarkt integrieren zu können. Es bedarf besonderer Anstrengungen, ihre Stärken zu finden und diese den Arbeitgebern zielgerichtet anzubieten und dabei durch zielgenaue, schnelle, verlässliche und partnerschaftliche Zusammenarbeit zu überzeugen.

Auf dieser Basis erfolgte die Konzeptionierung und Installation des Ansprechpartners Wirtschaft im Jobcenter Kaufbeuren.

Eine der Hauptaufgaben des Ansprechpartners Wirtschaft ist der Kontakt zu Arbeitgebern vor Ort und in der angrenzenden Region. Dabei hat sich die Einrichtung eines Ansprechpartners Wirtschaft im Jobcenter in der Art bei Arbeitgebern etabliert und strategische Kontakte zu Arbeitgebern derart verfestigt, dass mittlerweile die Meldung deutlich zugenommen hat. Es ist unter Firmen also kein Selbstverständnis mehr, die Besetzung offener Stellen ausschließlich in die Hände des Arbeitgeber-Services der Agentur für Arbeit zu geben. So werden vom Ansprechpartner Wirtschaft des Jobcenters sogar Arbeitgeber betreut, die eine Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit ausdrücklich ablehnten, ergo nun eine Exklusivbetreuung für diese Arbeitgeber durch das Jobcenter erfolgt. Neben der Meldung offener Stellen bilden Förderanfragen seitens der Arbeitgeber (schwerpunktmäßig die Gewährung eine finanziellen Einstellungsförderung als sog.

„Eingliederungszuschuss“ und die Durchführung einer Probearbeit als sog. „Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung“) nach wie vor den größten Arbeitsanteil. Auch die strategische Kontaktwahrung im Sinne eines After Sales ist wichtig und bedeutend, um sich mittel- und langfristig als verlässlicher Partner am Arbeitsmarkt präsentieren zu können. Ziel des Jobcenters ist es dennoch weitere Arbeitgeber zu kontaktieren und bei der Mitarbeitersuche zu beraten und zu unterstützen. Aus diesem Grund werden

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weiterhin Arbeitgeber kontaktiert und die Dienstleistungsangebote des Bereichs Ansprechpartner Wirtschaft vorgestellt