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2. Organisatorischer Aufbau des Jobcenters Kaufbeuren

3.2 Struktur der Leistungsberechtigten

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Unterbeschäftigung nach BA-Konzept

Setzt man die Anzahl der Unterbeschäftigten in Relation zur sog. „erweiterten Bezugsgröße aller zivilen Erwerbspersonen“23, so erhält man die Unterbeschäftigungsquote. Mit einer Unterbeschäftigungsquote von 7,6% im Jahresdurchschnitt 2015 (Vorjahr: 7,7%) und mit beiden Rechtskreisen (SGB II und SGB III) lag Kaufbeuren deutlich über dem Landesdurchschnitt Bayerns (2015: 4,8%/2014: 5,0%), aber auch über den Werten der benachbarten Kommunen Ostallgäu (2015/2014: 3,5%), Kempten (2015: 6,1%/2014: 6,6%) und Memmingen (2015: 5,5%/2014: 5,4%).24

Für alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sollten Maßnahmen und Instrumente vom Jobcenter zur Verfügung gestellt werden, um sie beim Integrationsprozess zu unterstützen. Dabei können sämtliche Maßnahmen zur Stabilisierung, Aktivierung und Vermittlung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nur dann erfolgreich sein, wenn sie den tatsächlichen Bedürfnissen und Erfordernissen gerecht werden. Hierfür ist eine umfassende und detailliertere Kenntnis der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten unerlässlich. Als Basis für die Planung des Maßnahmenmix führt das Jobcenter regelmäßig unter den Fachkräften Vermittlung eine Auswertung der Einschränkungen und Hemmnisse der Leistungsberechtigten durch.

Anhand der Ergebnisse versucht das Jobcenter Kaufbeuren trotz (allein schon aufgrund der geringen Größe des Jobcenters) beschränkter Möglichkeiten, ein umfassendes und vielseitiges Angebot an Maßnahmen anzubieten und damit ein Handwerkszeug für alle Zielgruppen und individuellen Problemlagen anbieten zu können.

3.2 Struktur der Leistungsberechtigten

Um die Struktur der Leistungsberechtigten im Jobcenter Kaufbeuren abzubilden sind zunächst die sogenannten Bedarfsgemeinschaften im Sinne des § 7 SGB II zu betrachten. Die Zahl der Bedarfs-gemeinschaften in Kaufbeuren konnte im Jahresverlauf 2015 von Januar bis Dezember nochmals von 1.261 auf 1.211 und damit um rund 4% reduziert werden (Vorjahr: Reduzierung um 3%). Das Jobcenter leistet damit seinen Beitrag zur Reduzierung aller Bedarfsgemeinschaften im Freistaat Bayern. Landesweit konnte

23 Zur Definition und Zusammensetzung der „erweiterten Bezugsgröße aller zivilen Erwerbspersonen“ siehe https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Grundlagen/Berechnung-der-

Arbeitslosenquote/Berechnung-der-Arbeitslosenquote-Nav.html

24 Eigene Berechnung nach Daten aus https://statistik.arbeitsagentur.de/Navigation/Statistik/Statistik-nach- Regionen/Politische-Gebietsstruktur/Bayern-Nav.html, abgerufen am 08.03.2016

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hier der Bestand an Bedarfsgemeinschaften wie auch im Vorjahr um 1% reduziert werden. In den Kaufbeurer Bedarfsgemeinschaften lebten 2015 zuletzt 2.082 Personen, was einer Reduzierung des Wertes aus dem Januar desselben Jahres um 7% entspricht, also nochmals weitaus weniger als im Vorjahr, als im Dezember 2014 noch 2.217 Personen in den Bedarfsgemeinschaften lebten. Auch hier liegt die Stadt somit deutlich über den Werten des gesamten Bundeslandes, wo eine Reduzierung der Personen in den Bedarfsgemeinschaften um 0,7% (2014: Reduzierung um 0,2%) erreicht werden konnte.25

Die Anzahl der Bedarfsgemeinschaftsmitglieder lässt allerdings keinen Rückschluss auf die in der Vermittlung zu betreuenden Leistungsberechtigten zu. Denn nach § 7 Abs. 3 SGB II i. V. m. § 19 Abs. 1 SGB II kann nicht bei allen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft von einer Erwerbsfähigkeit ausgegangen werden. So können z. B. auch nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte, wenn sie mit einer erwerbsfähigen Person in einer Bedarfsgemeinschaft leben und keine Leistungen zur Grundsicherung im Alter oder wegen Erwerbsminderung (SGB XII) erhalten, Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft sein und Leistungen nach dem SGB II beziehen (sog. Sozialgeld), spielen mangels der Möglichkeit einer Erwerbstätigkeit nachzugehen in der Arbeitsvermittlung aber keine Rolle. Auch Kinder im schulpflichtigen Alter werden in der Arbeitsvermittlung grundsätzlich nicht betreut. Ende 2015 handelte es sich bei 74% der BG-Mitglieder um erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Abbildung 5 zeigt nicht nur die Entwicklung der Bedarfsgemein-schaften und allen darin lebenden Personen, sondern auch einen Rückgang von 3,5% bei den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten (Rückgang in ganz Bayern: 0,8%) über das Jahr 2015 hinweg.26

25 Vgl. Bundesagentur für Arbeit, „Grundsicherung in Zahlen - Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ vom Februar 2016 unter https://statistik.arbeitsagentur.de/nn_4236/SiteGlobals/Forms/Themenauswahl/

themenauswahlForm.html?view=processForm&resourceId=210342&input_=&pageLocale=de&regionInd=09762&

year_month=201602&topicId=17578&topicId.GROUP=1&search=Suchen, abgerufen am 23.03.2016

26 Vgl. Bundesagentur für Arbeit, „Grundsicherung in Zahlen - Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende“ vom Februar 2016 unter https://statistik.arbeitsagentur.de/nn_4236/SiteGlobals/Forms/Themenauswahl/

themenauswahlForm.html?view=processForm&resourceId=210342&input_=&pageLocale=de&regionInd=09762&

year_month=201602&topicId=17578&topicId.GROUP=1&search=Suchen, abgerufen am 23.03.2016

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Abb. 5: Entwicklung von Bedarfsgemeinschaften, Personen in Bedarfsgemeinschaften und erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Jahr 2015 in Kaufbeuren

Die Relation der Anzahl der Bedarfsgemeinschaften zur Anzahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten lässt schon erahnen, dass es sich bei den Bedarfsgemeinschaften überwiegend um Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften handelt: In 57% der Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaften lebte zum 31.12.2015 nur eine Person.

Lebten in weiteren 23% zwei Personen, so waren es bei den Bedarfsgemeinschaften mit drei Personen nur noch 12% und mit vier Personen gar nur noch 5%. Alle anderen Größen spielen auch im Berichtsjahr 2015 mit insgesamt rund 3% nur eine untergeordnete Rolle.27 Die größte Anzahl von Personen erreichten in Kaufbeuren eine Bedarfsgemeinschaften mit jeweils 9 Personen (zwei Erwachsene und sieben Kinder).

Die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten stellen den bedeutendsten Faktor bei der Auswahl des Unterstützungs- und Förderinstrumentenmixes im Jobcenter Kaufbeuren dar. Hier gilt es gezielt auf die Anforderungen und auch Ansprüche dieser Zielgruppe einzugehen und daraus passgenaue Maßnahmen zu generieren. Anspruch ist es hierbei – trotz der begrenzten Möglichkeiten eines kleinen Jobcenters – ein vielfältiges Angebot an Maßnahmen zur Verfügung zu stellen, um Rüstzeug für alle erkannten und bekannten Problemlagen zur Verfügung zu stellen. Mit der Absicht ein umfassendes Bild über die Leistungsberechtigten zu erhalten, werden im Jobcenter Kaufbeuren seit geraumer Zeit jährliche Erhebungen unter den Fachkräften Vermittlung zu den Vermittlungshemmnissen der Leistungsberechtigten durchgeführt. Abbildung 6 zeigt die Ergebnisse der Erhebung für das Jahr 2015 auf Basis der Profile von

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Abb. 6: Vermittlungshemmnisse der eLb im Jobcenter Kaufbeuren 2015

Die Grafik offenbart, dass weiterhin ein bedeutend großer Anteil der Vermittlungshemmnisse im Bereich der physischen und/oder psychischen Gesundheit und damit nur im mittelbaren Einflussbereich des Jobcenters liegen. Dennoch lässt das Jobcenter seine Leistungen auch in diesen Bereich wirken, indem z. B.

vermehrt Bestandteile zur Gesundung bzw. Gesunderhaltung in Maßnahmen Einzug finden. Defizite bei Qualifikation, Motivation und Sprache sind hingegen „traditionelle“ aber noch immer aktuelle Ansatzpunkte der Jobcenter-Maßnahmen (siehe hierzu auch unter „Einsatz der Haushaltsmittel für Eingliederungsleistungen“). Von großer Bedeutung ist in der ländlich geprägten Region Kaufbeuren-Ostallgäu die Mobilität. Arbeitszeitmodelle und die (Nicht-)Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen (siehe

„Pendlersaldo“) im Stadtgebiet erfordern von den Leistungsberechtigten zeitliche und örtliche Flexibilität.

Diesem Erfordernis steht aber „urbane Immobilität“ gegenüber: Während sich Stadtbewohner mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu arrangieren scheinen, erfordert das Landleben von seinen Bewohnern offensichtlich eine größere eigene Mobilität ab. So sind in Kaufbeuren pro 1000 Einwohner 611,1 Kraftfahrzeuge zugelassen, wohingegen im Landkreis Ostallgäu 830,3 Fahrzeuge auf 1000 Einwohner kommen (Stand: 01.01.2015).28 Bei der Bewältigung einer Suchtproblematik bietet die Stadt Kaufbeuren ihre Unterstützung durch das Hilfeangebot des Caritasverband Kaufbeuren e. V. an, welche im Rahmen der kommunalen Eingliederungsleistungen (siehe dort) nach § 16a SGB II unterstützt wird.

Entsprechend des erforderlichen Unterstützungsbedarfs werden die Leistungsberechtigten im Jobcenter in so genannte Profillagen eingeordnet. Die Einstufung in eine der insgesamt sechs Profillagen ähnelt der Vorgehensweise der Bundesagentur für Arbeit29 und erfolgt anhand einer individuellen Stärken und Schwächen-Analyse mit dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sowie den konkreten

28 Vgl. Bayerisches Landesamt für Statistik, „Statistikatlas Bayern“, unter

https://www.statistik.bayern.de/statistikatlas/atlas.html, abgerufen am 10.03.2016

29 Siehe hierzu http://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mje1/

~edisp/l6019022dstbai613932.pdf

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bedarfen. Die Profillagen lassen einen Rückschluss auf die Arbeitsmarktnähe des Leistungsberechtigten zu und reichen von Unterstützungsprofilen (arbeitsmarktfern, sog. „komplexe“ Profillagen) bis zu Markt-profilen (arbeitsmarktnah). Die einzelnen Profillagen mit prognostizierter Integrationswahrscheinlichkeit und der Anzahl der eLb im Jobcenter Kaufbeuren kann der folgenden Tabelle 3 entnommen werden.

Profillage Integrationsprognose Anteil eLb

Marktprofil < 6 Monate 0,3%

Aktivierungsprofil < 6 Monate 2,2%

Förderprofil < 12 Monate 8,3%

Entwicklungsprofil > 12 Monate 23,2%

Stabilisierungsprofil Heranführung an Erwerbstätigkeit < 12 Monate 16,7%

Unterstützungsprofil Heranführung an Erwerbstätigkeit > 12 Monate 18,5%

Tabelle 3: Verteilung der Profillagen (01.01.2015)

Ergänzt werden die in der Tabelle aufgeführten eLb durch einen großen Anteil an Personen (16,7%), die trotz Erwerbseinkommen auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen sind (sog. „Erwerbsaufstocker“), weil der Verdienst für den Lebensunterhalt nicht ausreicht. Ebenfalls nicht in der Tabelle aufgeführt sind Personen, die aufgrund der Rahmenbedingungen (z. B. (Allein-)Erziehende mit Kind unter 3 Jahren, Personen mit pflegebedürftigen Angehörigen, Personen vor dem Ruhestand, Personen, die einen Tatbestand des § 10 SGB II erfüllen), dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Diese Voraussetzungen erfüllen 14,0% Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in Kaufbeuren (Stichtag: 01.01.2015).

Auch wenn diese Personengruppen für die tägliche Vermittlungsarbeit von untergeordneter Bedeutung sind, war und ist die Gesamtheit der Struktur der Leistungsberechtigten mit all seinen Facetten einer der Ansatzpunkte für die Ausrichtung der strategischen Vermittlungsarbeit.