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1. Einleitung

1.3 Hitzeschockprotein-70 (HSP-70)

1.3.2 Struktur und Funktion von HSP-70

Das Hitzeschockprotein mit dem Molekulargewicht 70000 wird HSP-70 genannt.

HSP-70 ist das wohl bekannteste und am besten charakterisierte Hitzeschockprotein.

Da HSP-70 für die folgende Untersuchung eine übergeordnete Rolle spielt, soll dieses Hitzeschockprotein nachfolgend näher dargestellt werden.

HSP-70 kommt in zahlreichen Zellkompartimenten (wie Mitochondrien, Cytosol und dem Endoplasmatischen Retikulum) vor (NOVER 1991). Eine erhöhte Expression wurde bisher in Endothelzellen (ZHU et al. 1994), vaskulären glatten Muskelzellen (ZHU et al. 1995) und auf der Oberfläche von zirkulierenden Leukozyten nachgewiesen (FEHRENBACH u. NIESS 1999).

Bei HSP-70 handelt es sich um Adenosintriphosphatasen, die aus einer hochkon-servierten nucleotidbindenden aminoterminalen Domäne mit hoher Affinität zu Adenosin-5´-triphosphat (ATP) und einer carboxyterminalen Domäne bestehen.

Letztere ist zu Interaktionen mit verschiedenen Proteinstrukturen befähigt. Die aminoterminale Domäne besteht aus 385 und die carboxyterminale Domäne aus 145 Aminosäuren (FLAHERTY et al. 1990; ZHU et al.1996; MUN et al. 2000).

Funktion im ungestressten Zustand

In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass HSP-70 an der korrekten Faltung entstehender und partiell denaturierter Proteine, am Zusammenbau oligomerer Proteinstrukturen und am Transport von Proteinen durch Membranen beteiligt sind.

Von daher zählen sie zur Gruppe der molekularen Chaperone, die, zusammen mit weiteren Chaperonen und Enzymen, Interaktionen zwischen partiell denaturierten Proteinen unterbinden, die sonst zu irreversiblen Inaktivierungen durch Aggregat-bildung führen (RUTHERFORD u. ZUKER 1994; HARTL 1996). Nach heutiger Auffassung bindet HSP-70 mit der carboxyterminalen Domäne Proteinsubstrate und ändert oder bewahrt dadurch deren Konformation oder erlaubt Interaktionen mit anderen Proteinen. Die Hydrolyse von ATP ist Vorraussetzung für die Freisetzung der gebundenen Proteinsubstrate (LANGER u. NEUPERT 1991; HARTL et al. 1992).

Regulierung der Hitzeschockantwort

Die Aktivierung der Hitzeschockgene erfolgt durch den so genannten Hitzeschock-faktor (HSF), der an einem Abschnitt der DNA stromaufwärts vom Promotor des Hitzeschockgens bindet. Diese Bindungsstelle wird als Hitzeschockelement (HSE) bezeichnet. In ungestressten Zellen liegt der HSF in einer monomeren Form, die nicht an DNA binden kann, sowohl im Cytoplasma als auch im Zellkern vor. Der HSF bildet als Antwort auf Stress aktive Trimere, die im Zellkern akkumulieren, an das HSE binden und dadurch die Transkription der Hitzeschockgene aktivieren. Beendet wird die Hitzeschockantwort durch die Umwandlung der trimeren Form des HSF in die monomere Form (MORIMOTO et al. 1992).

Die Aktivität des HSF wird durch HSP, welches in Abwesenheit von Stress bevorzugt mit HSF-Monomeren interagiert und somit die Bildung der trimeren Form verhindert, reguliert. Durch Stress steigt die Konzentration an missgefalteten und aggregierten Proteinen, welche mit dem HSF um die HSP konkurrieren. Infolgedessen steigt die Menge an freiem Aktivator, es kommt zur Trimerbildung und somit zur Transkription der Hitzeschockgene. Nach der Reparatur der missgefalteten und aggregierten Proteine können die HSP wieder mit dem HSF interagieren, und die Hitzeschock-antwort wird beendet (CRAIG u. GROSS 1991; MORIMOTO et al. 1992).

Funktion im gestressten Zustand

Durch negative chemische oder physikalische Bedingungen kommt es aufgrund der Schwächung von bipolaren Bindungen und der daraus resultierenden Exposition von hydrophoben Gruppen zur Denaturierung von Proteinen. Es entstehen missgefaltete und aggregierte Proteine (sog. "Proteotoxizität") (HIGHTOWER 1991).

Insbesondere durch potenziell schädigende Ereignisse wie Ischämie und Reperfusion wird die HSP-70 mRNA-Expression erhöht (DOI et al. 2001; SCHUTTE et al. 2001), wobei diese in der postischämischen Reperfusionsphase vor allem durch Sauerstoffradikale, z.B. Hydrogenperoxide und Superoxide (SCHIAFFONATI et al. 1994), Denaturierung von Proteinen und eine erhöhte Druckbelastung (BERNELLI-ZAZZERA et al. 1992) induziert wird. Allerdings muss für die Aktivierung der HSP-70- Gene eine bestimmte Schwelle der molekularen Schädigung erreicht werden (TACCHINI et al. 1993). Der ischämische Hepatozytennukleus behält somit die Fähigkeit, bestimmte Gene, wie z.B. HSP-70, hoch zu regulieren (BROUGHAN et al. 1996), wobei die mRNA-Synthese mit der Expression von HSP-70 korreliert (FUJIO et al. 1987).

Die Biosynthese von HSP-70 wird also in der gestressten Zelle verstärkt, um diese vor den proteotoxischen Schäden zu schützen. Dabei wandert cytoplasmatisches HSP-70 zum jeweiligen Zellkern und bindet an Pre-Ribosomen und andere Proteinkomplexe, um diese vor Denaturierung zu schützen (GETHING u.

SAMBROOK 1992). Außerdem verhindert HSP-70 die Bildung von unlöslichen Proteinaggregaten bzw. löst schon vorhandene Proteinaggregate auf. Zudem wird schon geschädigten Proteinen eine korrekte Faltung und somit die Erhaltung ihrer biologischen Aktivität ermöglicht (ELLIS 1990). Zusätzlich werden irreversibel geschädigte Proteine zum Abbau zu den Lysosomen transportiert (CHIANG et al.1989).

Die Zellen werden durch eine erhöhte HSP-70 Induktion sowohl zum Zeitpunkt der Schädigung als auch innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach der Expression durch eine Toleranzsteigerung der Zellen gegenüber Stress geschützt. Es wurde gezeigt, dass die Produktion von HSP, ausgelöst durch eine kurze Hyperthermie,

den Organismus gegen eine zweite, sonst lethale, Hyperthermie schützen kann, was als Thermotoleranzphänomen bezeichnet wurde (LINDQUIST u. CRAIG 1988).

Spätere Studien zeigten, dass der protektive Effekt der Hitzeschockproteine nicht nur positiv in Bezug auf Thermotoleranz wirkt, sondern auch zu einer verbesserten Resistenz des Organismus gegen allgemeinen Umweltstress wie Ischämie, Hypoxie, Tumornekrosefaktor und oxidativen Stress führt. Hierbei wurde vermutet, dass HSP oxidative Schäden, die durch freie Radikale verursacht werden, während der frühen Phase der Reperfusion reduziert (BURDON et al. 1987). Zudem werden HSP-70 zytoprotektive Eigenschaften zugesprochen, da es denaturierte Proteine bindet und deren Reparatur oder Neusynthese fördert (DOI et al. 2001). Nach TOMOHIKO et al.

(1997) hat die Expression von Stressproteinen zwei wichtige Aspekte. Zum einen die zytoprotektiven Eigenschaften gegen noxische Bedingungen und zum anderen die Markereigenschaft der zellulären Schäden. Er legt nahe, dass die Akkumulation von HSP-70 mRNA die Rate der Proteinsynthese reflektieren könnte und dass die vermehrte Produktion von HSP-70 Proteinen von den gestressten Zellen zur Funktionserhaltung benötigt wird. Folglich würde der HSP-70 mRNA Level die Stärke der zellulären Schäden reflektieren.

FUJIO et al. (1987) untersuchten die Induktion von HSP in Rattenlebern, die einer Hyperthermie, einer Ischämie oder einer partiellen Hepatektomie ausgesetzt waren.

HSP-70 wurde beim Anstieg der Körpertemperatur besonders stark induziert, wobei das Maximum 2,5 Stunden nach Hyperthermie erreicht war, in ungestressten Tieren aber nicht gefunden wurde. Die Ischämie führte zu einer Induktion von HSP-70, HSP-71 und HSP-85 mRNA. HSP-70 und HSP-71 mRNA wurden 2,5 Stunden nach einer 1-stündigen Ischämie induziert und nahmen danach ab. HSP-85 wurde dagegen bis 6 Stunden nach der Ischämie induziert. Bei der Leberregeneration, 6 Stunden nach erfolgter partieller Hepatektomie, waren die mRNA für 70, HSP-71 und HSP-85 induziert und befanden sich nach 24 Stunden wieder auf dem Kontrolllevel. HSP-70, -71 und -85 wurden jedoch bei Ischämie und Regeneration der Leber in einem geringeren Umfang induziert als bei Hyperthermie.

Auch THEOCHARIS et al. (2000) stellten zum Zeitpunkt maximaler Leberschädigung eine starke Expression von Hitzeschockproteinen besonders in den Hepatozyten in der Nähe von nekrotischen Gebieten fest.

BROUGHAN et al. (1996) zeigten, dass der Level von HSP-70 mRNA während der Ischämie steigt, seinen Peak bei 5 Stunden Reperfusion erreicht und sich nach 24 Stunden Reperfusion wieder am Ausgangsniveau einpendelt.

Diese Ergebnisse legen nahe, dass Hitzeschockproteine nicht nur protektiv gegen verschiedene Arten von Stress wirken, sondern auch physiologische Funktionen bei Wachstum und Entwicklung von Tieren haben. Sie sind folglich sowohl für den Schutz gegen Gewebe- und Zellschäden als auch für Regenerationsprozesse und die Zellproliferation von Bedeutung.

DOI et al. (2001) konnten den durch partielle Hepatektomie verursachten Leber-schaden durch ischämische Präkonditionierung verringern. Hierbei scheint die durch die Ischämie verursachte Induktion von HSP-70 die Leber zu schützen. Die Induktion von HSP-70 mRNA durch hyperthermische Präkonditionierung geht mit einer verbesserten sinusoidalen Perfusionsrate und reduzierter Leukozytenadherenz nach Ischämie und Reperfusion einher (TERAJIMA et al. 2000). Auch MATSUMOTO et al.

(2001) brachten ihr durch hyperthermische Präkonditionierung verlängertes Transplantatüberleben mit der Induktion von HSP-70 in Verbindung.