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1. Einleitung

1.2 Ischämie und Reperfusion

1.2.1 Allgemeines

Die Unterbrechung des Blutflusses zu einem Organ oder Gewebe (Ischämie) und die sich anschließende Wiederdurchblutung (Reperfusion) ist ein komplexer patho-physiologischer Prozess und führt zu einer akuten inflammatorischen Antwort. Diese verursacht signifikante Zellschäden und Organdysfunktionen. Insbesondere lösen freie Radikale eine komplexe Serie von biochemischen und physiologischen Ereignissen aus, die zu solchen Dysfunktionen führen können (SCHOENIGER et al.

1992; BZEIZI et al. 1997). Die Zellschäden in den verschiedenen Organen können temporär oder permanent auftreten, da die funktionellen Beeinträchtigungen reversibel sind, bis die Insulte eine bestimmte Schwelle überschritten haben (CAJONE et al. 1971; DELVA et al. 1984). Warme Ischämie der Leber spielt vor allem bei Leberresektionen, bei der die Blutzufuhr lediglich temporär unterbrochen wird, eine bedeutende Rolle. Es kommt hier vor allem zu einer Schädigung der parenchymalen Zellen (Hepatozyten) (MCKEOWN et al. 1988; CALDWELL-KENKEL et al. 1989).

1.2.2 Pathomechanismen der Ischämie und Reperfusion

Ischämie

Infolge einer Ischämie kommt es zu einer Hypoxie, die ihrerseits zu einer ver-minderten Zellatmung und in dessen Folge zu einer verver-minderten oxidativen Phosphorylierung und somit zu einem Mangel an Adenosintriphosphat (ATP) führt.

Durch diesen ATP-Mangel werden verschiedene Prozesse in Gang gesetzt. So werden etwa die energieabhängigen metabolischen Abläufe und Transportprozesse nachhaltig gestört und letztlich die Ionenhomöostase beeinträchtigt. Insbesondere ist die Na+/K+-ATPase betroffen die für den energieabhängigen Transport von Na+ und K+ auf ATP angewiesen ist. In der Folge wird das osmotische Gleichgewicht der Zelle

gestört, und es kommt zum Einströmen von Wasser und somit zur Zellschwellung.

Ein weiterer Vorgang ist die Entstehung einer intrazellulären Azidose, da Energie in Form von ATP nur durch anaerobe Glykolyse bereitgestellt werden kann. Letztlich führt die Degradation von ATP auch zu einer Akkumulation von Hypoxantinen, die die Umwandlung von Xanthindehydrogenase (XD) zu Xanthinoxidase (XO) begleitet.

Bei einer späteren Reperfusion, die wieder Sauerstoff zuführt, katalysiert diese Xanthinoxidase die Umwandlung der Hypoxanthine zu Xanthin und Harnsäure, wobei reaktive Sauerstoffradikale gebildet werden, die wiederum für verschiedene Zellschäden verantwortlich gemacht werden (CLAVIEN et al. 1992) (Abb.1).

O2

ATP-Verlust

Hypoxanthinakkumulation Wassereinstrom

XD → XO Störung des Na+/K+-Transports

Zellschwellung

Abb.1: Darstellung der wichtigsten Pathomechanismen des Ischämieschadens.

(Quelle: Eigene Darstellung)

Hypoxie

anaerobe Glycolyse

Azidose

Harnsäure + Xanthin

Radikale

Reperfusion

Die Reperfusion hat zwei gegensätzliche Effekte auf die Stressantwort. Zum einen werden Metaboliten für die Synthese der zytoprotektiven Stressproteine (z.B. HSP-70, HSP-71, HSP-72, HSP-85) geliefert, zum anderen werden reaktive Oxygene (z.B. Superoxid-, Hydroxyl-, Peroxidradikale und Nitritoxide) erzeugt, die zelluläre Schäden verursachen. Solche reaktiven Oxygene, die die Hepatozyten schädigen, können von intra- und extrazellulär kommen. Intrazelluläre reaktive Oxygene werden in der Leber zum einen durch Xanthinoxidase im Zytosol und zum anderen durch das Elektronentransportsystem in den Mitochondrien bereitgestellt. Extrazelluläre Oxy-gene werden durch Neutrophile und Kupffer-Zellen (Makrophagen der Leber) erzeugt. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Hepatozyten durch eine anti-oxydative Kapazität in der Lage sind, diese ungünstigen Effekte zu entschärfen (JAESCHKE et al. 1988).

Jaeschke et al. zeigten, dass die Leberschädigung durch Reperfusion in zwei Phasen eingeteilt werden kann (JAESCHKE 1991; JAESCHKE u. FARHOOD 1991;

JAESCHKE et al. 1991) (Abb.2).

In der frühen Phase sind Produkte der Komplementaktivierung an der Aktivierung von Kupffer-Zellen beteiligt (JAESCHKE et al. 1993). Diese Phase ist durch einen Zellen induzierten oxidativen Stress charakterisiert. Dabei führt die Kupffer-Zellenaktivierung und die Ausschüttung von reaktiven Sauerstoffradikalen (Super-oxidanionen und Hydrogenperoxide) zu einer Schädigung der Parenchymzellen (Hepatozyten). Dagegen spielt die durch die reaktiven Radikale ausgelöste Lipid-peroxidation vermutlich nur eine untergeordnete Rolle (MATHEWS et al. 1994). Die Aktivierung der Kupffer-Zellen führt zudem zur Produktion und Ausschüttung von proinflammatorischen Cytokinen, wie Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) und Interleukin-1β (IL-Interleukin-1β) (WANNER et al. 1996; JAESCHKE 2000). Zudem wird der Plättchen aktivierenden Faktor (PAF) vermehrt ausgeschüttet (ZHOU et al. 1992) und die redoxsensitiven Transkriptionsfaktoren Aktivatorprotein-1 (AP-1) und nukleärer Faktor-ĸB (NF-ĸB) in Endothelzellen und Hepatozyten aktiviert (JAESCHKE 1998;

KIEMER et al. 2000). NF-ĸB ist ein Hauptregulator der Genexpression für eine große Anzahl von proinflammatorischen Cytokinen, CXC Chemokinen (d.h. IL-8 und

Homologe) und Gefäßzelladhäsionsmolekülen (LENTSCH et al. 2000). Auch wird in der frühen Phase der Reperfusion verstärkt der potente Vasokonstriktor Endothelin-1 (ET-Endothelin-1) gebildet. Zum selben Zeitpunkt ist die Konzentration des vasodilatierend wirkenden Stickstoffmonoxids (NO) sehr niedrig, sodass es aufgrund des ent-standenen Ungleichgewichts zum mirovaskulären Perfusionsversagen kommen kann (JAESCHKE 1998; SERRACINO-INGLOTT et al. 2001).

In der späten Reperfusionsphase beginnt eine komplexe inflammatorische Reaktion, in deren Mittelpunkt die Aktivierung von neutrophilen Leukozyten sowie die Frei-setzung von Entzündungsmediatoren und die Bildung von reaktiven Sauerstoff-radikalen steht, deren Zusammenspiel zu einer Schädigung und einem Funktions-verlust des betroffenen Organs führt (JAESCHKE 1996). Die Freisetzung und Bildung von Entzündungsmediatoren sowie Adhäsionsmolekülen wird durch freie Radikale, deren Anzahl infolge der sauerstoffreichen Reperfusion signifikant steigt, induziert (BZEIZI et al. 1997). Diese Moleküle reagieren mit zirkulierenden Leuko-zyten und ThromboLeuko-zyten, führen zu Zelladhäsion und Hyperkoagulopathie (CLAVIEN et al. 1992), und es kommt zur Freisetzung weiterer Radikale und Proteasen.

Bei dem in der späten Phase durch Neutrophile verursachten Hepatozytenschaden sind also drei Schritte zu unterscheiden. Zunächst die Aktivierung der Neutrophilen sowie deren Akkumulation in den Lebergefäßen, gefolgt von der Transmigration in das Interstitium und letztlich die Adherenz an die Parenchymzellen (JAESCHKE u.

SMITH 1997).

Die rollenden und adherenten Leukozyten in den terminalen Lebervenuolen führen zudem zu einer Erhöhung der Leberenzyme (Aspartat-Amino-Transferase (AST) und Alanin-Amino-Transferase (ALT) und zu Gewebezerstörung (SAWAYA et al.1999).

Die Zunahme der Leberenzyme im Blut nach Revaskularisation spiegelt die parenchymale Schädigung der Leber während der vorherigen Periode der Ischämie und während der frühen Phase der Reperfusion wider (SAAD et al. 1995).

Superoxidanion;

Gefäßendothelzellen Ausschüttung von

CXC Chemokinen

Abb.2: Darstellung der wichtigsten Pathomechanismen des Reperfusionsschadens.

(Quelle: Eigene Darstellung)