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4. Rahmenbedingungen der Untersuchung

4.4. Struktur der ProbandInnengruppe der Untersuchung

Durch die ausgeteilten Fragebögen (Siehe 3.1 und Anhang) wurden insgesamt 26 Deutschstudierende als Yorùbá-Muttersprachler identifiziert, 17 waren Studierende der Obafemi Awolowo Universität, während 09 an der Universität Ibadan studierten.

4.4.1.1. Volksgruppe, Geschlecht und Zahl der Deutschstudierenden

Unter den Studierenden beider Universitäten wurden die folgenden verschiedenen Volksgruppen aus den 45 Fragebögen ersichtlich: Yorùbá (26), Igbo (8), Hausa (1), Edo (3), Ibibio (1), Efik (1), Delta (2), Urhobo (1) und Igala (2). Von den 26 Yorùbá-Deutschstudierenden waren 11 Studenten und 15 Studentinnen.

4.4.1.2. Sprachkenntnisse und Selbstbewertung der Sprachfähigkeit der Yorùbá-Deutschstudierenden

In den Fragebögen wurden die 45 Deutschstudierenden gefragt, wie viele Sprachen (außer Englisch) sie sprechen. Sie wurden gebeten, ihre Kompetenz in diesen Sprachen selbst zu bewerten. Da diese Untersuchung sich nur mit Yorùbá-Deutschstudierenden beschäftigt, beziehen sich die weiteren Daten nur auf die 26 Yorùbá-Studierenden. Die folgenden Ergebnisse wurden aus den Antworten der Yorùbá-Studierenden ersichtlich:

An der Universität Ibadan gaben acht Studierende an, Kenntnisse in vier verschiedenen Sprachen Französisch, Deutsch, Yorùbá und Pidgin zu haben, während eine Person zwei Sprachen nannte, nämlich Deutsch und Yorùbá.

An der Obafemi Awolowo Universität hingegen wiesen elf Studierende Kenntnisse in den vier Sprachen Französisch, Deutsch, Yorùbá, Pidgin bzw. Deutsch, Yorùbá, Pidgin, Portugiesisch auf, während fünf weitere fünf Sprachen Französisch, Deutsch, Yorùbá, Pidgin, Hausa bzw. Deutsch, Yorùbá, Pidgin, Portugiesisch, Hausa bzw. Französisch, Deutsch, Yorùbá, Pidgin, Igbo zur Verfügung hatten. Ein Student gab sechs Sprachen an, nämlich Französisch, Deutsch, Yorùbá, Pidgin, Hausa und Igbo. Alle gaben an, Yorùbá sowohl zu Hause als auch in der Schule als Erstsprache erworben zu haben.

Aus den Daten geht hervor, dass alle Studierenden multilingual sind, d. h. sie sprechen neben Yorùbá mindestens zwei weitere Sprachen. Zusätzlich zu Yorùbá, ihrer Muttersprache, Englisch als Zweitsprache und Deutsch als Fremdsprache verfügen die meisten ProbandInnen über Kenntnisse von Sprachen wie Französisch, Pidgin, Portugiesisch, Hausa und Igbo. Jedoch haben sie nach eigener Einschätzung dabei schlechte oder sehr schlechte Kenntnisse in diesen Sprachen, denn sie haben sie nicht intensiv gelernt und verwenden sie auch kaum. Daher ist davon auszugehen, dass lediglich ein geringer Einfluss von diesen Sprachen auf den Erwerb einer weiteren Sprache, wie Deutsch, besteht.

Im Gegensatz dazu wiesen 25 aus den 26 sehr gute Kenntnisse im Englischen und im nigerianischen Pidgin auf. Dabei wird das nigerianische Pidgin von ihnen (wenn nötig) nur gesprochen, aber nicht schriftlich verwendet. Sie haben es weder in der Grundschule noch in der Sekundarschule gelernt. Im Gegensatz dazu haben alle ProbandInnen gesprochenes Yorùbá zu Hause erworben und sowohl das schriftliche als auch gesprochene Yorùbá als Fach in der Grund- sowie Sekundarschule gelernt.

Jedoch haben sich viele nach der Sekundarschule wenig schriftlich auf Yorùbá ausgedrückt, denn die Sprache wird kaum schriftlich benötigt. Stattdessen wird Englisch als Schriftsprache im täglichen Gebrauch verwendet. Das heißt, Englisch ist hauptsächlich für die Studierenden das Sprachmittel, wenn es um schriftliche Kommunikation geht. Uzuegbu (2003) stimmt dieser Tatsache in ihrer Untersuchung der Igbo Muttersprachler zu und führt aus, dass Englisch „selbst im informellen Bereich für den Schriftverkehr verwendet“ wird.

Dazu Banjo (1996: 69) weiter:

... in bilingual families, where day-to-day interaction is in the mother tongue, all letters between members are written in English. The same is true of close friends who share the same mother tongue (Banjo, 1996: 69, zitiert nach Uzuegbu 2003)

Diese Situation führt zur Frage, welche Sprachen verantwortlich für eine Interferenz beim Deutschlernen sein können. Um diese Frage zu beantworten, werden die den Studierenden zur Verfügung stehenden Sprachen in aktive und passive Sprachen geteilt. Aktive Sprachen schließen Sprachen ein, von denen die Studierenden sehr gute Kenntnisse haben und die sie häufig, spontan und im Alltag entweder schriftlich oder mündlich verwenden können.

Passive Sprachen sind im Gegensatz dazu Sprachen, von denen die Studierenden wenig Sprachkompetenz haben. Sie verwenden die Sprachen kaum oder nur wenn unbedingt nötig.

In einem mehrsprachigen und multikulturellen Land wie Nigeria, in dem die offizielle Sprache auch die Sprache der Ausbildung und die dominierende Sprache ist, kann es einen Konflikt des Einflusses zwischen der Amtsprache des Landes und der Muttersprache der Studierenden sowie anderen bereits erworbenen Sprachen beim Sprachenlernen geben. In einigen Fällen ist der Einfluss der Muttersprache auf den Deutscherwerb verringert, und in anderen Fällen mischen sich beide Sprachen im Lernprozess der neuen Sprache. Im Falle Nigerias ist das Englische die dominierende Sprache geworden, die die Deutschstudierenden am besten beherrschen und oft sowohl in schriftlichen als auch in gesprochenen Ausdrücken verwenden. In Nigeria haben viele Studierende die englische Sprache direkt in der Grundschule gelernt und verwenden sie bis zum Ende der Sekundarschule weiter. Hier ist der Gebrauch der Muttersprache und anderer einheimischer Sprachen normalerweise unüblich oder wird sogar verboten. Auch an der Universität wird der Gebrauch der englischen Sprache vorausgesetzt.

Da Interferenz aus dem Zusammenwirken verschiedener zur Verfügung stehender Sprachen entsteht, kann man behaupten, dass nur aktive Sprachen aufeinander einwirken können.

Deswegen wird hier kein Einfluss der passiven Sprachen auf den Erwerb neuer Sprachen erwartet. In der vorliegenden Untersuchung sind gemäß den gesammelten Informationen aus den Fragebögen die passiven Sprachen Hausa, Igbo, Portugiesisch und Französisch, während die aktiven Sprachen Yorùbá, nigerianisches Englisch und nigerianisches Pidgin sind.

Nach der kognitiven Spracherwerbshypothese sollen dementsprechend Interferenzmöglichkeiten des Yorùbá, Englischen und Pidgin bestehen. Deshalb erwarten wir, dass die drei Sprachen gemäß der Interferenztheorie die Fremdsprache Deutsch beeinflussen.

Tabelle 2: Spracherwerbmuster für die ProbandInnen der Untersuchung

Landesprache des Umfeldes

Erstsprache hier auch die Sprache der Eltern bzw.

Muttersprache

Unterrichtsprache in den ersten Jahren der Grundschule

Zweitsprache und Unterrichtssprache der höheren Klassen der Grundschule, in der Sekundar- und Hochschule

Fremd-sprache(n)

Yorùbá Yorùbá Yorùbá nigerianisches

Englisch (NE)

Deutsch